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Mit dem Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
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Amtliches.
Bekanntmachung betr. Maßregel» zur Bekämpfung der Maul- «ud Klauenseuche.
Die schnelle und sichere Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ist »ne möglich, wenn jeder Ausbruch der Seuche oder der Verdacht eines solchen der Ortspolizei- behörde sofort nach dem Auftreten der ersten KrankhettS- erscheiuuuaeu ohne jede» Verzug augezeigt wird.
Die Virhbefitzer «ud Vorsteher der Wirtschaft, zn welcher die Tiere gehören, stad zu dieser Anzeige verpflichtet und werden hiedurch auf diese Verpflichtung mit dem Ansügeu hingewiesen, daß die Unterlassung der Anzeige nicht nur den Eutzng der Entschädigung für die der Seuche zum Opfer gefallenen Tiere, sondern auch Bestrafung zm Folge hat. Dabei wird noch hervorgehobeu, daß nach dem Urteil des Reichsgerichts vom 27. April 1904 eine wissentliche Verletz«»- der Auzeigepsticht »ach 8 828 Nstgb. d. h. mit Gefängnis und nicht bloß «it Geldstrafe zu bestrafen ist.
§ 328 Rstgb. lautet folgendermaßen: Wer die Ab- sperrungS- oder AuffichtSmaßregeln oder Einfuhrverbote, welche von der zuständige« Behörde zur Verhütung des EiuführenS oder BerbreiteuS von Viehseuchen angeordnet worden sind, wissentlich verletzt, wird mit Gefängnis bis zn einem Jahr bestraft.
Ist in Folge dieser Verletzung Vieh von der Seuche ergriffen worden, so tritt Gefängnisstrafe von eine« Monat bis zu zwei Jahren ein.
Die Ort-polizeibehörde« wollen Vorstehendes ortsüblich bekannt machen. Im übrigen werden sie auf den Erlaß des K. Ministeriums deS Innern vom 9. Oktober 1908, Nr. 17 282, Mta.-AmtSbl. S. 273 ff. zur genauen Beachtung hingewiesen.
Nagold, den 30. Oktober 1908.
K. Oberamt:
Mayer, Reg.-Aff.
Die zweite Dienstprüsung für da» humanistische Lehramt habe» u. a. erstanden: vr. Graf, Jattn», aus Mühlen OL. Horb, Lautier, Wilhelm, au» Hrrnnberg.
ZUM Kesormativnssest.
Vergäße das deutsche Volk des 31. Okt., so vergäße eS seiner selbst. Er ist dem Gedächtnis Dr. Martin LntherS geweiht in Erinnerung an die welthistorische Tat, da er t« Jahre 1517 seine 95 Thesen au di- Schloßtür von Wittenberg auheftete. Heute wissen wir, daß er mit jenen Hammerschlägen eine alte Welt in Trümmer schlug und ein neues Z-italt-r begründete. Aber heute wie immer werden wir uns vor zwei Fehlern hüten müssen, wenn wir der Bollbedrutuug Luther's gerecht werden wollen: wir «äffen ihm fein Fletsch und Blut und den lebendigen Hauch seines Geistes für alle Gegenwart lasten, sein Wer! und Wesen nicht bloß zu einer historisch mehr und mehr verblüffenden Idee herabdrückeu, und vor alle«: wir müssen das Ganze sriaeS Genius umspannen, uaS nicht blos einseitig an eine« Teil seines Wirken« genug sein lassen. Mit vollste» Recht feiern wir au Luther in erster Linie den kirchlichen Reformator; ist darin doch die höchste und heiligste Mission auS- gedrückt, mit der der Geist Gottes einen Sterblichen betrauen kann. SotteSanschauuug ist das Fundament, anf de« sich W lt-, Lebens- und Selbstanschauuug erst klar und harmonisch gegliedert aufbamn können. Aber, daß Luther nun auch wirklich diesen geistigen Bau für uns Deutsche sozu- sagen bis zum luftigen Dachfirst aussührte, das macht ihn für alle Z:tt zu Deutschlands größtem Sohn. Luther hat mehr getan, a.s der Kirche die Wiedergeburt gebracht, er hat dem deutschen Volk die deutsche Seele vorgelebt bis in ihre tiefsten und feinsten Wurzelsasera hinein. Darum ist das LrbeuSwerk L tthers auch nimmermehr für eine ein- zelne Konfession getan, es gilt bis zur Stuade de« ganzen deutschen Volkstu« und macht sich in ih« wirksam. Auf religiösem Gebiete ward Luther der große Herold der Freiheit eines Ciristeumeuscheu. Er machte das Gewiss:» wieder frei für Gott und löste eS aus Meuscheu- -waug und GetstrSbaun, indem er eS der Vergebung aller Sünden allein durch den Glauben au Jesu« Christum gewiß machte; er gab jedem einzeluen dawtt seine prtefterliche Würde, aber anch Verantwortung vor dem Angesicht Gottes wieder. Daun aber, im Lichte und der Kraft dieser Freiheit, ward Luther auch.der Bannerträger einer neuen Kultur. Er beschwor sie herauf, iude« er dem deutschen Volk die deutsche Bibel gab und da«it für jeden Einzeluen den unermeßlichen
Samstag dm 31. Hktoöer
Schatz aller kulturellen Kräfte, die in dem Bibelbuch beschlossen find, eröffnet«. Gleichzeitig da«it „begann für die Geschichte der deutschen Sprache ein neuer Zeitraum/ und fügen wir nur ruhig hinzu: auch für die Geschichte der Weltnacht, Publizistik und Preffe, die in Luther ihren eigentlichen Begründer hat. Dem Staat uud der Politik wies Luther neue Pfade. Er heiligte die Pflicht derWelt- betätiguug deS Christen gegenüber der Wellflacht. ES ist im letzten Grund aus Luther zurückzuführeu, wenn Friedrich der Große später das Wort Präger konnte, daß jeder Fürst nur der erste Diener seines Volkes sei, und auf Luther führen alle Grundlinien der großen sozialen Bewegung unserer Tage in ihren Anfängen zurück. Luther ist eS sodann, dem die deutsche Familie ein neues, trautes uud tiesiunereS Gepräge verdankt, uud er faßte recht eigentlich den reichen Born au Geselligkeit, au kerniger und geistreicher Uarerhaltuug, au Musik und Liedern, au allen schönen Künsten uud jeder edle« Fröhlichkeit, für ihren Kreis. Uud endlich ist eS Luther, der uns wie selten ein anderer Heu Weg zur Höhe aller individuellen Entwicklung wies, der Durchsetzung uud AuSreifung der Persönlichkeit. So finden Gottes-, Welt-, Lebens- uud Selbstanschauuug ihren deutschesten und kernigsten Ausdruck in Martin Luther. DaS evangelische Volk dankt ihm alles, Unberechenbares die gesamte Nation!
HNitische HleSerfichl.
Die Unterredung des Kaisers «it eine« englischen Diplnmate« steht gegenwärtig im Vordergrund aller Preßrrörterungen. Besonders die englischen Zeitungen besprechen die Angelegenheit aussührlich uud verhehlen nicht, daß der Eindruck deS Gesprächs anhaltend sei. Wenn «an jedoch erwartet aus dieser augenblicklichen Stimmung eine erhebliche Umwandlung folgern zu solle», so dürste daS keinesfalls zntreffeu. Die wirtschaftlichen Gegensätze zwischen Deutschland und Euglaud sind so groß und werden durch den scharfen Wettbewerb Deutschlands so stark genährt, daß mar in ein dauerndes Freundschaftsverhältnis begründeten Zweifel setzen darf. DaS geht schon a«S einer Erörterung des „Standort" hervor. Der „Standort" lobt, wie alle englischen Blätter. Er bemerkt jedoch recht vielsagend: „Die wahre Schwierigkeit des Problems bleibt unberührt, nämlich das rasche Anwachsen oer deutschen Flotte." Das ist'S, wa? den Engländern Grimm uud Gräme« bereitet, was sie immer uud immer wieder zu heftigen Ausfällen gegen Deutschland vrraulaffeu wird. Das Gespräch deS Kaisers und die darau ankuüpfeuden Erörterungen haben also nur augenblicklichen Wert. Deutscherseits wird eine amtliche Aufklärung erwartet, wenn de« Kaiser der Wortlaut deS Gesprächs vsrliegt.
Aar Umsatzsteuer für Getreidemühle« deren Einfügung von agrarischer Sette gewünscht wird, hat eine große Anzahl von Handelskammern Stellung genommen. Die meiste« Kammern haben ihre Stellungnahme ausführlich begründet und in Eingaben an die Regierung und Volksvertretung gebeten, den vorliegenden Anträgen auf Einführung einer Mühlenumsatzsteuer nicht staftz igebeu. Von 84 Handelskammern, die sich in letzter Z:tt mit der Mühleunmsatzsteuerfrage beschäftigten, haben sich nicht weniger als 79 Kammern als entschiedene Gegner des Projekts erklärt. Für die Mühleuumsatzsteuer stad nur die Kammern: Aachen, Ravensburg, Würzbnrg, Stollberg und Wesel.
In Prag dauern die tschechische« Exzesse fort,
trotzdem die R-gierung mit der Verhängung des Ausnahmezustands gedroht hat. Seit Militär für einen größeren Schutz der Deutschen sorgt, geht der tschechische Pöbel sogar dazu über, die bewaffaete Macht anzugreifen «ud hie uud da Barrikaden zu bauen. Die Regierung wird hoffentlich bald erkennen, daß es mit Drohungen allein nicht geschehen ist.
Die Lage ans dem Balkan ist nach wie vor unverändert. Bemerkenswert ist, daß die Türkei die direkten Verhandlungen mit Balgarieu uud O-sterretch wieder auf- zunehmeu gedenkt. Kriegerische Absichten scheint kein Bal- kaustaat, einschließlich der Türkei, zu hegen. Die namhaftesten türkischen Blätter raten entschieden vom Krüge ab und verlangen eine Verständigung auf Grund der geplanten Ortentkouferevz. Die Türket wird za dieser friedlichen Haltung gedrängt durch die Unsicher heit, wie sie sich neuerdings wieder bemerkbar macht. DaS Hrrrenvolk, die OS- «anen, find tu zahlreichen Landschaften nur als düvue Oberschicht der Bevö.kernug vertreten, uud auf die Nicht- oS»aueu ist nicht zu bauen, von den Albanesen vielleicht abgesehen. Die Furcht vor Unruhen bildet daS LageSge-
1908
spräch. Aus Mazedonien wird gemeldet, daß die dortigen
Bulgaren neuerdings zur Bildung von Bauden übergegaugeu seien; auch die Karden, die südlich der armenischen Berge fitzen, zeigen starke N igung zu Uaruhen. In Sofia scheint «au die ganze Lage klar erkauot zu haben. Mau hat dort die Eutlaffavg der tu großer Zahl eiuberufeuen Reservisten auf heute SamStag augeordnet. Die Vertreter der Mächte find versichert worden, daß Bulgarien die friedlichsten Absichten habe. Die Serben uud Montenegriner zeige« immer noch die alte Kriegslast, die dadurch genährt wird, daß die russische Volksstimmung entschieden auf der Sette der Südslaven ist. Mau erhofft tu Serbien uud Montenegro im ungünstigen Falle eine Gebietserweiterung und glaubt, Rußland werde diese Forderungen unterstützen. So hat sich wenigstens der frühere serbische Minister Pasitsch in Petersburg ausgesprochen. Was eine Kouferevz beschließt, daran will sich Serbien anscheinend nicht kehren, denn Pasitsch äußerte sich dahin, wenn die Wünsche Serbiens nicht erfüllt würden, werde es seine eigenen Wege gehen. In Belgrad ist wieder lustig demonstriert worden, uud die slavische Phrasenhaftigkett hat abermals ihre Triumphe gefeiert.
Was die Bereinigung Kretas mit Griechenland aulaugt, so werden, wie eS heißt, die Mächte geneigt sein, die Frage wohlwollend zu erörtern, wenn die Ordnung auf der Jüsel aufrecht erhalten bleibt uud die Sicherheit der muselmännischen Bevölkerung gewährleistet wird. Die Kreter werden fraglos diese Bedingungen erfüllen. Sollten jedoch wider Erwarten die Mächte Schwierigkeiten mache» uud Kreta aufs neue der Türket anzuglieder« versuchen, daun darf man sicher sein, daß die ganze christliche Bevölkerung der Insel in Hellen Aufruhr gerät. Die Folgen eines derartigen Vorgehens könnten, insbesondere auf die Haltung Griechenlands, unberechenbar sein.
Die Balkauwirre».
Wie», 30 Okt. Aus Oedeuburg wird gemeldet: 5 mit Patronen beladene Wagen wurden mit der Raab Orden- burgrr Bah« nach Peterwardeiu befördert. Die Bahn- direkiion erhieü bezüglich der Mobilisierung vertrauliche Mitteilungen.
Lendon» 30. Oktober. „Daily News" melden aus PttrSvurg, JSwolSkl habe perMlich untersagt, die Waffen, welche vom Zaren au Montenegro zum Geschenk gemacht worden find, in Antivari zu landen.
Pari-, 30. Okt. Der „Times" meldet aus Sofia, daß ein vorläufiges Einvernehmen zwischen der Türket und Bulgarien hergestellt sei. Die Türket werde die Unabhängig- keil Bulgariens anerkennen und Bulgarien die Entschädigung für die Eisenbahn und den ostrumelischeu Tribut zahlen. Doch werde der Ausdruck Tribut vermieden werden. Fest- znsetzru sei nur noch die Höhe der Entschädigung.
Belgrad, 30 Okt. Mit großer Spannung werden dir Nachrichten über die Missionen deS Kronprinzen uud deS Ministers Milovauowtlsch erwartet, da mau endlich wissen möchte, woran Serbien ist. Aus der aufgeregten Stimm- uug in Belgrad sowie auch aus der gereizten Sprache der Blätter in Belgrad scheint mau von dieser Reise nicht mehr vitl zu erwarten. Mit Rücksicht auf diese diplomatischen Mißerfolge ist die kriegerische Stimmung wieder im Steigen.
Ra-'aid,»d Serbien.
Petersburg, 30. Okt. Heute nachmittag 2 Uhr fand der Empfang des serbischen Kronprinzen nebst Suite beim Zaren iu Pcterhof statt. Dazu erfahren wir aus zuverlässiger Qielle, daß Serbiens Wunsch um Rußland» moralische Uaterstützuug, die darin bestehen soll, daß Rußland die Avn xiou Bosniens und der Herzegowina nicht sanktioniere, momer tau keine Hoffnung auf Erfüllung habe. Dementsprechend sollte auch der heutige Empfang kühl ansfalleu. Sestern hatte Paschttsch ein längeres Gespräch mit JSwolSki, tu dem dieser deutlich die Unerfüllbarkeit deS Wunsche» Serbien» durchbltSen ließ. (Mpst.)
Kommissiousberatuug der württembergischeu Schuluovelle.
r. Gtuttgart, 30. Ott. Die V»lksschulko»«isfi»n
der Zweiten Kammer trat gestern vormittag iu die Beratung de» Art. III der BolkSschuluovelle ein, der die Frage der Zulassung der Kinder der MtuderheitSkoufesfion in Hilf»- und Mittelschulen der MehrhritSkoofesstou behandelt. Der Artikel, dessen Beratung die Kommission ans Zweck- mätztgkettSgrüvdeu bis zur Beratung des Art. Xil der Novelle zmückgestellt hat, lautet rach dem RegieruugSrut- wmf: Nach Art. 8 a. Wenn tu Orten, wo sich Einwohner