Aro. SS.
«4. Jahrgang.
Amts- mul IntekkigenMatt für äen Aezir^.
Erscheint Dienstag, Dsnnerstag L Samstag.
Die Stnrückungsgebühr beträgt 9 ^ p. Zelle r« Bezirk, sonst 12 H.
äen 9. Mai 1889.
AbonnementspreiS halbjährlich 1 „4L 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 ^ 30 sonst in ganz Württemberg 2 ^L 70 H.
Gages-WeuigLsiten.
fAmtlichesZ Am 16. April wurde von der evangelischen Oberschulbehörde die Stelle eines zweiten akademisch gebildeten Hauptlehrers an der städtischen Mädchenmittelschule in Stuttgart dem Helfer Dr. Salz- mann in Liebenzell übertragen.
sAmtlichesJ Im Vollmachtsnamen Seiner Majestät des Königs haben Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm am 15. April d. Js. die erledigte evangelische Pfarrei Wallhausen, Dekanats Blaufelden, dem Pfarrverweser Karl Lang in Deckenpfronn, Dekanats Calw, gnädigst übertragen.
— Der Verschönerungsverein in Hirsau, welcher mit Beginn des Frühjahrs seine von Jahr zu Jahr steigende Thätigkeit entfaltet, hat jüngst an der glatten Fläche einer prächtigen Steinwand, an der mit der Bahnlinie kurze Zeit gleichlaufenden Straße nach Neu« und Althengstett in 90 om hohen Buchstaben die Worte: „Kaiser Wilhelm l. 1871—1888" einhauen lasten. Die mit der Bahn von Stuttgart kommenden Reisenden gewahren die Inschrift zur rechten Seite, kurze Zeit nach Austritt des Zuges aus dem Tunnel, einige Sekunden später blickt man hoch hinab ins Hirsauer Thal.
Stuttgart, 6. Mai. In letzter Nacht ist H:rc Finanzrat Karl Mülberger, als C. F. Cotta'scher Erbe langjähriges Mitglied der Stuttgarter Buchdruckerei-Gesellschaft, nach langwierigem Leiden gestorben. Bis zu seiner Pensionierung war er Mitglied des statistischen Bureaus der General« dtrektion der Staatseisenbahnen.
Sulz a. N.. 5. Mai. Nachdem sich gestern abend zwischen 3 und 4 Uhr ein starkes Gewitter mit Regen und Graupenhagel über unsere Markung entladen hatte, ohne nennenswerten Schaden anzurichten, trafen heute Mittag um 12 Uhr 2 Gewitter von nördlicher und südöstlicher Richtung zusammen, welche von Hagel und einem so bedeutenden Wolkenbruch begleitet waren, daß die an den Bergen herumliegenden Hackfelder und die Länder im sogen. Unterwasser gegen Geroldseck bedeutend überschwemmt und verwüstet wurden. Der Schaden durch Hagel ist minderbedeutend, dagegen erleiden die betreffenden Felderbesitzer durch Fortschwemmen der Ecde und der bereits gesteckt gewesenen Kartoffeln teilweise empfindlichen Verlust. Den sog. Kappler Berg herunter, alte Hopfauer Straße, kam ein Wasserstrom, wie man ihn hier noch nie gesehen hat. Derselbe brachte Holz- und Stein- masten mit, welche sich auf der Eisenbahnbrücke lagerten, so daß die Betriebsbauinspektion genötigt war, sofort Arbeiter in Thätigkeit zu setzen, um
den Verkehr wieder frei zu machen. An der Brücke selbst wurden 2 Stützmauern durch das hinabströmende Wasser beschädigt.
Uhlbach, 3. Mai. Dieser Tage ist das Kober 'sche Anwesen, die früher Kurrle'sche Eisfabrik, nebst Einrichtungen für Früchtekonservierung, um die Summe von 64,000 vfL an die Stuttgarter Firma Benger Söhne übergegangen. Dem Vernehmen nach soll von den nunmehrigen Besitzern an Stelle der bisherigen Gebäude ein Landhaus erbaut werden, für das ein schönerer Punkt in unserem Thals kaum zu finden wäre.
Heidenheim, 4. Mai. Gestern gab es, veranlaßt durch betrunkene Rekruten aus Burgberg, dis von der Musterung zu Giengen kamen, in Hsrmarinzen eine großartige Schlägerei zwischen ihnen und Hermaringer Bürgern. Als Waffen wurden Holzstücke benützt. Ein Hermaringer Schmied wurde bewußtlos hinweg getragen und ist jämmerlich zugerichtet. Die Ursache des Skandals war ein 60jähriger Bauer, der mit seinem beladenen Streuwagen dem Rekrutenwagen nicht rasch genug auswich. Die Rekruten schlugen auf den bejahrten Mann ein, dem aber dann Hermaringer zu Hilfe kamen. Leider waren es zu wenige, denn es war fast alles bei der Feldarbeit. — Gestern fand der ForstschUtzwüchter Widmann von Bergenweiler in einem Walde, der seiner Hut übergeben ist, ein menschliches Skelett, da» ohne Zweifel von einem Selbstmörder herrühren dürfte.
Schussenried, 5. Mai. Nach den letzten zwei überaus schwülen Tagen zogen heute über die Mittagszeit an verschiedenen Punkten de» Horizontes fast zugleich 3 Gewitter herauf, die sich in kurzer Zeit vereinigten und über unsere Gegend sich entluden. Nahezu l'/e Stunden blitzte und donnerte es fast ungesetzt und oft so, daß die Fenster heftig klirrten; dabei kam es unter sehr starker Temperaturniedrigung 2mal zu Hagelschlag, der indes keinen oder nur unbedeutenden Schaden angerichtet haben dürfte.
WertmiscHLes.
— „Der Schwarzwald v. Wilh. Iensen", Verlag von W. Rsuther in Berlin, betitelt sich ein illustriertes Werk, wovon uns der Prospekt vorliegt. Bereits haben wir uns bemüht, die ersten Lieferungen zu erlangen, als wir auch schon ein Urteil über das litter. Produkt im Freuden- stadter „Grenzer" zu lesen bekommen. Wir freuen uns, daß das genannte Blatt in dem Nachstehenden sich Mühe giebt, damit das Jensen'sche Kind wenigstens für uns Württemberger ein „totgeborenes" bleibe:
„Seit kurzem wird ein eben beginnendes illustriertes Werk: „Der Schwarzwald" von Wilh. Jsnsen, in Berlin in Lieferungen erscheinend,
Keuillrton.
Nachdruck verböte«.
Verschlungene Jaden.
Roman aus dem Englischen von Hermine Franken st ein.
(Fortsetzung.)
40. Kapitel.
Und was war in all dieser Zell aus Lionel und Adrienne geworden, die wir am Abend, als Farquhar ermordet wurde, in dem unterirdischen Gewölbe von Kings- Dene zurückgelaffen haben?
Die junge Frau war mit romantischer Vorliebe der Jagend für derartige Unternehmungen in den dunklen Raum eingetreten und ihr fröhliches, silberhelles Lachen tönte von den Steinwänden wieder, während sie in dem unterirdischen Gang dahinschritten. Lionel beleuchtete abwechselnd die beiden Sellenwände eingehend untersuchend, ob nirgends ein Vorsprung oder irgend ein anderes Zeichen vorhanden sei, das eine Thür, die in einen anderen Raum führte, andeuten könnte.
Sie waren etwa fünf Mnuten lang durch den Gang geschritten, als sie sich vor einer Pforte befanden, die ihnen den Weg versperrte.
Es waren eine Menge Schlösser und Riegel an derselben, aber die elfteren waren nicht gesperrt und die letzteren nicht vorgeschoben; ein großer, dicker, ganz mit Rost bedeckter Schlüssel stak in dem Schlüsselloch, schien aber seit vielen Jahren nicht mehr umgedreht worden zu sein.
„Der Eingang zu einem geheimnisvollen Gelaß!" sprach Lionel. „Oeffne Dich, Zauberpsorte!"
Er hatte den Schlüssel kaum gedreht, als die Thür sich auch schon in den rostigen Angeln bewegte und eine kleine Zelle sich vor ihnen aufthat, die nicht einmal «in Fenster hatte und in der Luft well dumpfer war, als in dem well besser ventilierten äußeren Gang.
In vergangenen Tagen mochte dieser Raum wohl kaum etwas Anderes als
eine Kerkerzelle gewesen sein, und Lionel schauderte bei dem Gedanken, was die Unglücklichen gelitten haben mußten, die hier Jahre ihres Lebens hinzubringen verurteilt gewesen waren.
Seine Laterne war klein und beleuchtete Alles nur mit einem ungewissen Lichte. Dennoch entging eine große, mit eisernen Bändern verschlossene Kiste aus Eichenholz, die in einer Nische stand, ihren Blicken nicht.
„Ich möchte wissen, was sie enthält," rief Adrienne, darauf zuschrellend. „Ist sie offen?"
Lionel versuchte, die Kiste aufzuheben, aber sie war sehr schwer, fast zu schwer, um sie nur vom Platze zu rücken.
„Wer weiß," flüsterte Adrienne ihm sehr ernst zu, „wer weiß, ob die Kiste nicht den verborgenen Schatz enthüll?"
Derselbe Gedanke hatte sich auch Lionel's bereits bemächtigt und sein Herz schlug erwartungsvoll, obgleich er aus Furcht vor einer Enttäuschung sich keinen allzugroßen Hoffnungen hinzugeben wagte.
„Vielleicht ist sie nur mit Steinen angefüllt," antwortete er in leichtem Tone, während er ein Stemmeisen aus der Tasche nahm, mit dem er sich versehen hatte, und den Deckel aufzusprengen versuchte.
Das war nun keineswegs eine so leichte Arbeit und sie wäre vielleicht überhaupt erfolglos geblieben, wenn nicht der Rost so vieler Jahre dem Eisen seine Widerstandsfähigkeit geraubt hätte. Mit hochklopfendem Herzen riß Lionel endlich den Deckel auf.
Adrienne, welche in athemloser Spannung seiner Arbeit zugesehen hatte, stieß einen leisen Schrei aus, als das Licht der Laterne auf den Inhalt der Kiste siel; denn kein Märchen war es, wie es fast klang, — da lagm vor ihnen die Reichtümer Cyrus Egerton's des Verschollenen.
„Ja, die alle Rebecca hatte Recht gehabt; hier war der Schatz, von welchem sie gesprochen hatte, und es war Lionel bestimmt gewesm, ihn zu entdecken.
„Ist das nicht wie ein Märchen Ms tausendundeiner Nacht?" sprach Adrienne