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MevnfpvecHev Ar. 8V- 88. Jahrgang. I<rnsprech»r Wr. 8V.
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Mit dem Plauderstübchen * und
Schwäb. Landwirt.
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Me IlmwSkzung auf dem Balkan.
Türkisch-bulgarische BerKäadiguug iu Sicht.
Paris, 19. Okt. Der bereits gestern abend gewonnene Eindruck, daß der drohende Kciegssturm einstweilen, beschwöre.: sei, findet iu den heutigen Morgenblättern seine Bestätigung. Die Rückkehr des Fürsten Ferdinand nach Sofia hat die Kriegspartei zum Schweigen gebracht und einen Weg zum Einlesen gegenüber der Pforte eröffnet. Welcher Art diese von der bulgarischen Regierung gemachten, beruhigenden Zusicherungen find, ist nicht bekannt, jedoch liegt schon in der Tatsache des direkten diplomatischen Verkehrs beider Mächte miteinander trotz der Fortdauer einer gewissen Spannung eine gewisse Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens.
Berlin, 19. Okt. Nach einem Telegramm des „Lok.- Anz." aus Sofia wurde zwischen deu jüngtürkischeu Delegierten und dem bulgarischen Eiuigungskomitee folgende Erklärung vereinbart, die morgen in Koustantiuoprler nnd Sofioter Blöfter erscheinen soll:
„Bulgaren und Türken find gegen den Krieg und hoffen, daß weder die eine noch die andere Regierung den Frieden stören werde. Die beiderseitigen Regierungen werden ersucht, durch offizielle Bevollmächtigte baldigst in die Verhandlungen zum Zweck der Annäherung beider Länder einzutreteu."
Das Protokoll über die Vereinbarung wird heute dem Ministerpräsidenten übergeben werden, der bis jetzt den Empfang der jungtürkischen Delegierten verschoben hat.
Frankreichs Werk?
Berlin, 19. Oktbr. Nach einem Pariser Telegramm der „Voss. Ztg." erfährt der „Mattu" aus Konstautinopel, der französische Botschafter Constans habe auf Grund besonderer Ermächtigung im Namen Ferdinands von Bulgarien dem Großvefir friedliche nnd versöhnliche Zusicherungen überbracht, die Kiamil Pascha befriedigten, worauf er den erteilten Befehl zur Mobilmachung der auatolischeu Truppen widerrief. Die eingetretene Beruhigung sei also Frankreichs Werk.
Serbisch-montenegrinische Provokationen.
Wie«, 19. Okt. Aus Cattaro wird gemeldet: Der österreich. Konsul iu Anttvart wurde im Kousulatsge- bände von zwei Montenegrinern tätlich angegriffen. Zwei Panzerschiffe und 6 Torpedoboot: find «ach Cattaro abgegangeu. Ein Dampfer unter englischer Flagge wurde von einem österreichischen Torpedoboot eingeholt und beschlagnahmt, weil er Waffen für Montenegro an Bord hatte. (Mpst.)
Budapest, 19. Okt. Hier tauchen fortwährend Gerüchte ans, Serbien habe Oesterreich-Ungarn deu Krieg erklärt und es stehe der Beginn der Feindseligkeiten bevor. Es verlautet jedoch authentisch, daß diese Gerüchte vollkommen unbegründet stad und die Entscheidung vorder Rückkehr Milowauowttschs nicht za erwarten ist. (Mpst.)
Dienstag dw 20. HKLoöer
Prag, 19. Okt. An der Grenze bei Eger wurden gestern zwei Waggons, die für Serbien bestimmte Munition enthielten, mit Beschlag belegt. (Mpst.)
Die Haltung Montenegro«.
Cetti«je, 19. Okt. Bon hier wird gemeldet: Der Fürst von Montenegro hat den Beschluß der Skupschtiua, welcher sich für den Krieg aussprach, durch ein Handschreiben an deu ParlameutSprästdentru inhibiert.
Paris, 19. Okt. Der König der Hellenen empfing heute den Minister Jswolskt in längerer Audienz.
Berlin, 19 Okt. Wie der „Vosfischen Zeitung" ans Wien gemeldet wird, hat Italien den drei anderen Schutzmächten Kretas angezeigt, daß es iu Bezug ans die Au- nexionsfrage selbständig vorzugehen gedenkt.
Berlin, 19. Okt. König Georg von Griechenland wird in den ersten Tagen des November zum Besuch des Kaisers Franz Joseph in Wien eintreffeu und offiziell empfangen werden.
Komische Hleöersichl.
Die vo« einige« Blättern wiedergegebene
Meldung, daß die Gesetzentwürfe über deu U«- und Ausbau der staatlichen Arbeiterversicheruug dem Reichstag schon km November unterbreitet werden würden, ist unrichtig. Die Konferenzen über die Revision der Krankenversicherung, über die Umgestaltung der anderen Zweige der Arbeiter- verficherung und über die Verhältnisse der Krankenkassen zu den Zahnärzten nnd Apotheken finden erst Ende Oktober statt. Es ist selbstverständlich, daß die Prüfung und gegebenenfalls Berücksichtigung dabei geäußerter Ansichten eine längere Zeit als einen Monat in Anspruch nehmen wird. Man wird gut tun, anzunehmeu, daß die hier in Rede stehenden Gesetzentwürfe dem Reichstag überhaupt nicht mehr im laufenden Jahr werden unterbreitet werden. Der Reichstag wird ja aber auch im November und Dezember auf anderen Gebieten so umfassende Arbeiten vor sich haben, daß seine Zeit mit deren Beratung voll besetzt sein wird.
Der Staatssekretär vo« Elsaß-Lothringen, vo» Kölle«, hat seinen Abschied elngereicht. Als sein Nachfolger wird schon seit den Tagen der Kaisermanöver Unterstaatssekretär Freiherr Hugo Zorn von Bulach genannt.
Wege« der Auslösung des böhmischen Landtag- Haben die beiden tschechischen Minister, Handelsminister Dr. Fiedler und Laudsmarmmiuister Praschek, ihre Demission gegeben.
Im englische« Uuterhans verursachte der Sozialist Grayso« einen neuen Spetakel. Nachdem er doch gewissermaßen sein Mandat niedergelegt hatte, erschien er am Freitag plötzlich wieder im Haus, als man gerade das Schaukstättengesetz beriet, um dagegen zu protestieren, daß man sich noch immer nicht mit der Arbeitslosensrage beschäftige. Da er sich sehr renitent benahm, wurde er auf Antrag AsqaKhS einstimmig von seinem Amt als Deputierter
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suspendiert. Als er daun noch immer nicht schwieg, wurde er direkt aus dem Haus gewiesen. — Gegen den sozialistischen Abgeordneten Thorne ist ein Verfahren wegen Aufreizung eingeleitet worden, weil er vor einigen Tagen in einer Rede zu deu Arbeitslosen gesagt hatte, sie sollten lieber die Bäckerläden stürmen als Verhungern.
Zwischen China und Japan droht eine ernste Verwicklung zu entstehen infolge eines Zusammenstoßes zwischen chinesischen und japanischen Truppen in Kautoo (Nordkorea). Die Chinesen eröffnet«« die Feindseligkeiten durch Beschießung einer von japanischen Soldaten besetzten Polizeistatiou. Das Gefecht dauerte mehrere Stunden. Die Zahl der Getöteten und Verwundeten ist unbekannt. Das japanische Auswärtige Amt erhob Vorstellungen iu Peking, und wofern nicht unverzüglich Genugtuung gegeben wird, werden japanische Truppen wahrscheinlich die Grenze überschreiten._
Bismarcks Einzug in die Walhalla.
Negensdnrg, 18. Oktbr. Heute früh °/.8 Uhr traf der Reichskanzler Fürst Bülow hier ein und wurde von den bundesstaatliches Ministern und Gesandten empfangen. Um 10 Uhr begann die Abfahrt der offiziellen Persönlichkeiten nach der Walhalla. Man bemerkte den Reichskanzler Fürsten Bülow, Staatssekretär von Bethmauu-Hollweg, de« Ministerpräsidenten Freiherr« von Podewils und fast sämtliche bayrische Minister, den jungen Prinzen von Bismarck, Reichstagsprästdeutru Grafen Stolberg-Werui- gerade, die Präsidenten und Vizepräsidenten der bayrischen Reichsrats, und Abgeordnetenkammer sowie den preußischen und sächsischen Gesandten am Münchener Hofe. Als die offiziellen Persönlichkeiten gegen 11 Uhr au der Walhalla vorfuhren, wurden sie von Professor Kurz, als dem Schöpfer der Bismarckbüste empfangen. Unter feierlichem Chor- gesange betraten sie die Walhalla, wo sofort der Festakt begann. Reichskanzler Fürst Bülow erteilte die Genehmigung zur Enthüllung der Büste und hielt eine Fest au- spräche. Fürst Bülow wies zunächst auf die gewaltigen Erinnerungen hin, welche u« die iu der Walhalla vereinigten Denkmäler der edelsten Geister des deutschen Volkes schweben und betonte, daß die Aufstellung des Bildes des deutschesten aller Deutschen der Höhepunkt der Geschichte der Walhalla sei, da durch ihn der nationale Traum König Ludwigs, ihres Schöpfers erfüllt worden sei. Der Reichskanzler gedachte im Laufe seiner Rede dieses Fürsten, der in den Zeiten der tiefsten Erniedrigung Deutschland deu Plan der Walhalla gefaßt und unermüdlich an die nationale Einigung des deutschen Volkes geglaubt habe. Der Kanzler wies daun auf den Anteil des bayrischen Fürstenhauses an dem neuen Reiche hin, dankte dem Priozregen- teu für die Errichtung des Denkmals und fuhr dann fort: Und wenden wir nun de« Blick zum Bild des Fürsten Bismarck, so wird auch die Erinnerung au die Sorgfalt wach, die der erste Kanzler seinen Beziehungen zu Bayern und zum bayrischen Königshaus zuwaudte. Er war stolz darauf, daß seine Ahnen von Kaiser Ludwig Md seinen
Abenteuer des Sherlock Holmes
von C»na« Doyle.
2) Eia Fall geschickter Täuschung.
(Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)
„Waren Sie zu der Zeit mit dem Herrn verlobt?"
„Jawohl, Herr Holmes, wir verlobten uns auf snsrr« ersten Spaziergang. Hosmer — Herr Angel war Kassier eines Geschäftes in Leadenhallstreet — und . . ."
„In welchem Geschäft?"
„Leider weiß ich das nicht."
„Wo wohnte er denn?"
„Er schlief im Geschäftshaus."
„Uad Sie haben seine Adresse nicht?"
„Nein — ich weiß unr, daß er in Leadenhallstreet wohnte."
„Wohin adressierten Sie Ihre Briefe?"
„Postlagernd Lsadenhallstreet-Post. Jas Geschäft sollte ich nicht adressieren, weil er behauptete, die andern Angestellten würden ihn Häuseln, daß er Briefe von einer Dame erhalte. Ich wollte th« mit der Maschine schreiben, wie er eS selbst tat. doch er mochte nichts davon wissen und erklärte, geschriebene Briese seien ihm lieber, sie kämen ihm viel natürlicher vor, während er bei deu andern das Gefühl habe, als träte eine Maschine zwischen uns. Sie sehen daraus, wie sehr er «ich liebte» und wie feinfühlig er selbst iu Kleinigkeiten war."
„Ja, es läßt tief blicken," meinte Holmes. „Ich lege von jeher besonderen Wert auf solche kleine Umstände. Erinnern Sie sich vielleicht anderer geringfügiger Merkmale bei Herrn Hosmer Angel?"
„Er war sehr schüchtern Md ging lieber abends als am Tage mit mir aus, weil er es nicht leiden konnte, beobachtet zu werden. Er benahm sich sehr wohlerzogen und zurückhaltend; seine Stimme war schwach, und er erzählte mir, er habe als Kind au geschwollenen Mandeln gelitten, wovon ihm eine Schwäche iu deu Stimmbändern zurückgebliebenen sei. Auf seine Kleidung hielt er viel und sah stets nett nnd sauber ans; er hatte, wie ich, schwach.» Augen und trug dunkle Gläser zum Schutz."
„Und was geschah, als Ihr Stiefvater, Herr Wiudi- bank, abermals nach Frankreich reiste?"
„Da kam Hosmer wieder ins Hans und schlug mir vor, noch vor Vaters Rückkehr zu heiraten. Er nahm die Sache sehr ernst, legte meine Hände auf das Testament und ließ mich schwören, ihm treu zu sein, komme, was da wolle. Meine Mutter metute, er könne diesen Schwur mit Recht verlangen, es sei nur ein Beweis seiner heiße« Liebe. Der Matter hat er es gleich bei der ersten Begegnung angetan, sie mochte ihn fast noch lieber als ich. Als die beiden von der nahe bevorstehenden Hochzeit zu sprechen aufingen, meinte ich, wir sollten damit auf deu Vater warten. Doch ste erklärten, wir brauchten vns n cht um th» zu kü«mern, er werde alles noch früh genug erfahren, und die Mutter versprach, die Angelegenheit mit ihm inS reine zu bringen. Mir gefiel das nicht sonderlich, Herr Holmes. Es kam mir
freilich komisch vor, um die Einwilligung «eines Stiefvaters bitten zu müssen, da er ja nur wenige Jahre älter ist als ich; aber da ich keine Heimlichkeiten leiden mag, so schrieb ich au ihn nach Bordeaux und adressierte deu Brief au die französische Firma — doch erhielt ich dieses Schreiben am Hochzeitsmorgen zurück."
„Demnach kam eS nicht in seine Hände?"
„Nein, denn er war schon wieder nach England abgereist."
„Das traf sich allerdings höchst ungeschickt! „Wurden Ste in der Kirche getraut?"
„Ja, in aller Stille. Die Trauung sollte iu der St. Saviours-KIrche stattfiudeu und das Frühstück danach im St. Pancras-Hotel. Hosmer holte nus im Wage« ab nnd ließ Mutter und mich eivsteigen; er selbst setzte sich in eine Droschke, die bald vorfuhr. Doch — niemand stieg auS, und als der Kutscher vom Bock herabkam und den Schlag öffnete, faß niemand im Wagen! Der Kutscher begriff nicht, was aus dem Fahrgast geworden war, da er ihn selbst hatte eivsteigen sehen. DaS alles geschah vorigen Freitag, Herr Holmes, nnd seitdem habe ich keine Ahnung, was aus meinem Bräutigam geworden ist."
„Mir scheint, mein Fräulein, Ihnen wurde übel mitgespielt.
„Ach nein! HoSmer meinte es viel zu gut mit mir, um »ich so verlassen zu können. Noch am HochzeitSworgeu bat er mich, ihm immer treu zu bleiben, und sollte uns auch ein ganz unerwartetes Schicksal trennen, so dürfe ich nicht vergessen, daß ich ihm wein Wort gegeben habe; früher oder später würde er seine Rechte geltend machen. DaS