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Hages-Werrigksitsn.
* Oberkollwangen. Seit einigen Tagen befinden sich Hos- marschall v. Plato, Hofmaler Reck von Stuttgart und noch einige Jagd- freunde hier. Die hohen Herren haben Glück, indem am ersten Ostertage 5 feiste Auerhähne im Keller von Hirschwirt Mönch Aufbewahrung fanden.
Alten steig, 18. April. Der 50jährige Bauer Seid von Beuren (eine Stunde von hier entfernt) verlor gestern mittag durch einen Unglücksfall sein Leben. Derselbe stürzte bei der Hochdorfer Sägmühle von einem Stege, der über die Nagold führt, in den gegenwärtig stark angeschwollenen Fluß und ertrank. Zu erwähnen ist noch, daß voriges Jahr ein Bruder des Verunglückten ebenfalls durch einen Unglücksfall umkam.
Stuttgart, 22. April. Ihre Königlichen Majestäten empfingen am letzten Samstag den Besuch Ihrer Kaiserlichen Hoheiten des Großfürsten Wladimir, des Großfürsten und der Großfürstin Michael und des Großfürsten Alexander Michailowitsch von Rußland. Höchstdieselben nahmen mit Sr. Kaiser!. Hoheit dem Herzog Georg von Leuchtenberg das Diner bei Ihren Majestäten ein und begaben sich sodann auf da« im Hafen von Villefranche liegende russische Kriegsschiff Rynda, um an der daselbst stattfindenden Osterfeier teilzunehmen.
— In letzter Zeit haben in der auswärtigen Presse allerhand sensationelle Nachrichten über Württemberg und seine Residenz manchem Leser Schrecken eingejagt. So brachte in den letzten Tagen die „Frankfurter Zeitung" die Nachricht, gegen Oberbürgermeister Hegelmaier sei eine Untersuchung wegen Urkundenfälschung eingeleitet. Die „Heilbronner Neckarzeitung" fühlt sich nun in der Lage zu erklären, daß diese Nachricht durchaus unwahr ist. „Eine diesbezügliche Denunziation wurde von der Kgl. Staatsanwaltschaft als unbegründet zurückgewiesen. Wie man hört, wird Herr Hegelmaier Strafklage gegen die „Franks. Zeitung" und deren Korrespondenten Wilhelm Widmann in Stuttgart erheben." Die allem Anschein nach sehr leichtsinnig in die Oeffentlichkeit gebrachte Nachricht enthält gegen einen Beamten eine Beleidigung, deren Schwere der Autor derselben wohl kaum überlegte. Es scheint sich bei uns ein ganzer „R i n g" gebildet zu haben, der lediglich die Fabrikation von solchen „Sensationsnachrichten" betreibt. W. Landesztg.
Eßlingen, 18. April. Wie wir hören, beabsichtigter 1. Württ. Hundezüchter-Verein, Sitz in Eßlingen, bei der vom 23.-26. Mai stattfindenden Sportausstellung in Köln, Speziasabteilung für Hunde, sich mit einer Collek- tiv-Ausstellung zu beteiligen, so zwar, daß sämtliche Mitglieder des Vereins, welche auszustellen beabsichtigen, ihre Tiere hierzu zur Verfügung stellen. Um auch Nichtmitgliedern entgegenzukommen, ist der Verein gewillt, auch deren Hunde, wenn solche rasseächt sind, mit in die Collektion aufzunehmen, jedoch nur unter der Bedingung, daß die jeweiligen Besitzer sich bereit erklären, Mitglied des Vereins zu werden. Bei dem eminenten Wert, den eine derartige Kollektivausstellung, wobei der Verein noch nebenbei offiziell vertreten wird durch mehrere Delegierte, für die Aussteller in sich faßt, dürfte sich jeder Züchter und Liebhaber von Hunden veranlaßt fühlen, seine Tiere anzumelden, und übernimmt die Vermittlung der Sekretär des obigen Vereins. Letzter Anmeldungstermin 25. April.
Tübingen, 18. April. Ueber das Duell zwischen den 2 Justiz- referendären Keppler und von Späth, welches am 18. August v. I. in der hiesigen Kaserne im Zimmer des Lieutenant Roschmann ausgefochten wurde, hat gestern die Strafkammer das Urteil gefällt und dem Antrag des Ersten Staatsanwalts gemäß, in Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Duells, auf das zulässig niedrigste Strafmaß, nämlich gegen die Duellanten auf je 3 Monate Gefängnis und gegen Lieutenant R. auf 23 Tage Festungshaft erkannt.
Reutlingen, 19. Apnl. Nach dem an Obst ungemein fruchtbaren vorigen Jahre wagte niemand der Hoffnung Raum zu geben, daß der Stand der Bäume auch für 1889 Aussicht auf einen reichen Obstsegen eröffne. Der Blütenansatz an den Apfelbäumen, insbesondere an den verschiedenen Reinettenarten, überwiegt zum Teil den vorjährigen bei weitem. Das Er
trägnis an Birnen dürfte ein kaum nennenswertes werden, da die Blüte äußerst dürftig auszufallen scheint. Die Getreide- und Kleesaaten sind infolge des lang andauernden und strengen Winters noch ziemlich schwach, aber durchaus gesund und der Eintritt wärmerer Witterung, welche der Landmann mit Sehnsucht erwartet, wird auch ihrem Wachstum förderlich sein. Während die Reben und Hopfen gut überwintert haben, ist dieselbe Wahrnehmung in Beziehung auf Rosen, deren Züchtung die Handelsgärtner unserer Stadt und Umgegend seit einigen Jahren eifrig betreiben, nicht gemacht worden. Eine Masse feinerer Noisette- und Theerofen ist der Unbill des Winters zum Opfer gefallen. Daß trotz des strengen Winters die Vorräte an Futter nicht so gelichtet sind, wie anfänglich befürchtet wurde, beweist der Umstand, daß der Zentner Heu gegenwärtig 3 20 L kostet, während er im vergangenen
Herbst bei einem Preis von 3 80 H bis 4 willige Abnehmer fand.
Gmünd, 19. April. In große Gefahr gerieten heute nacht die Bewohner eines Doppelhauses in der Bocksgasse. Um Mitternacht brach in dem Dachraum desselben Feuer aus und zerstörte den Dachstuhl und die Mansardenwohnungen. Die Mieter der letzteren konnten nichts retten und schwebten in großer Lebensgefahr. Mannschaften von der nahen Kaserne und Feuerwehrleute retteten noch rechtzeitig den Vorrat von Pulver und Munition, die der Waffen, die Munitionshändler Bader auf dem Dachboden aufbewahrt hatte. Das Haus hat nicht nur durchs Feuer, sondern auch durch zugespritztes Wasser großen Schaden erlitten. Die Entstehung des Feuers ist noch unbekannt.
Kleinbottwar, 23. April. Gestern abend wurde hier ein 3jährige» Kind von einem jungen Mann, der auf den Straßen des Orts ungebührlich sein Pferd laufen ließ, überfahren. Zwei Räder gingen über die Brust de» unglücklichen Kindes und dasselbe soll nach Aussage des Arztes bedeutende innere Verletzungen erhalten haben. Der Tod wird zweifellos eintreten.
Forchtenberg, 21. April. Am Gründonnerstag ging ein Steinhauer aus Heilbronn, der einem hiesigen Steinhauer beim Fertigen und Aufsetzen von Grabsteinen behilflich war, in des letzteren Abwesenheit auf den Kirchhof, wo er auf eine den Vorübergehenden, die sein Geschäft kannten, unauffällige Weise sich an den Grabsteinen zu schaffen machte, bis ein Schreiner kam und sah, baß schon viele von den Grabsteinen vollständig zertrümmert waren. Es gelang nicht sofort, den Mann festzunehmen, da derselbe mit geöffnetem Messer auf die Leute, welche ihn fassen wollten, eindrang, dann aber wandte er sich schnell zum nahen Kocher, in welchem er fortwatete, bis er verschwand. Er war ein tüchtiger, geschickter Mann und hinterläßt eine Frau mit mehreren Kindern. Was ihn zu dieser That bewog, kann man nicht sagen.
Berlin, 14. April. Einen etwas kräftigen Arzneiversuch hat kürzlich, wie die „Pharm. Ztg." berichtet, ein Arbeiter einer Berliner chemischen Fabrik unbeabsichtigt am eigenen Körper gemacht. Derselbe hatte wohl davon gehört, daß das von der Fabrik hergestellte Sulfonat ein Schlafmittel sei, und um seiner Frau, die an Schlaflosigkeit litt, die neuesten Erfindungen zu Gute kommen zu lassen, entwandte er eine gewisse Menge Sulfonat». Als ein mit der Dosologte der neueren Arzneimittel indes nicht ganz vertrauter Mann beschloß er, die schlafmachende Wirkung des Sulfonats zunächst an sich selbst zu erproben und nahm — zwei Eßlöffel voll davon, etwa 30 Gramm, ein! Die Wirkung war gut, der Mann schlief volle 90 Stunden, erwachte dann auf einige Stunden und schlief abermals 24 Stunden in einem Zuge fort. Anderweitige nachteilige Wirkung hat das Mittel nicht geäußert.
Laudw. Consumverein Calw.
Wir empfehlen ab unserem Lager:
Knochenmehl, Superphosphat, Chilisalpeter, Thomasmehl und Kainit, Kochsalz und Viehsalz, getrocknete Biertreber, sowie Rotkleesamen, Hanfsamen, Saatwicken.
Der Vorstand: Kugo Wau.
daher das Wichtigste sein, ohne weiteren Zeitverlust selbst die unbedeutendste Spur, die sich darbietet, zu verfolgen. Dazu aber wird es der Hilfe eines geschickten Detektivs bedürfen und ich weiß schon den rechten Mann, dessen Hilfe wir brauchen. Ich werde ihm telegraphieren, unverzüglich hierher zu kommen."
Hugh sah nach der Uhr.
„Noch ist es nicht Mittag, und wenn ich ihm augenblicklich telegraphiere, hat er Zeit, mit dem Zwei-Uhr-Zug hierher zu fahren. Weißt Du," fügte er mit bebender Stimme hinzu, „für welche Stunde die gerichtliche Leichenschau festgesetzt ist?"
„Sie soll samt dem Verhör um zwei Uhr stattfinden."
„Sie wird hier abgehalten werden?"
„Ja, in der Bibliothek und ich werde Alles rückhaltslos aussagm, was ich zu sagen habe." Sie hielt einen Augenblick inne, dann fügte sie hinzu: „Glaubst Du, daß die Imp gleich am Nachmittag nach der Leichenschau ihren Ausspruch fällen wird?"
„Wahrscheinlich," antwortete Hugh.
, „Und derselbe wird lauten: Natalie Egerton ist de» Meuchelmorde» schuldig?"
„Hugh wandte sich ab, unfähig, diese Frage Natalie'» zu beantworten. Sie aber legte ihre Hand auf seinen Arm und zwang ihn, sie anzuschauen.
„Ich fürchte mich nicht, Hugh." sagte sie leise. „Die Vorsehung wacht über Unschuldige und schützt sie. Ich kann Dich versichern, daß ich in west größerer Angst und Sorge um meinen Bruder und Adrienne bin, als um mich selbst, und wenn ich hören könnte, daß sie zurückgekehrt find, würde ich ganz ruhig sein. Willst Du mir die Liebe thun und Dich bemühen, Kunde von ihnm zu bekommen?"
„Mein armes Lieb, meine Nachforschungen würden mir wenig nützen. Siehst Du denn nicht ein, daß es sich hier um nichts Anderes als die ewig alt« Geschichte zweier Herzen, die sich lieben und getrennt sind, handelt?"
„Nein, nein," rief sie leidenschaftlich, „ich kann e» nicht glaubm! Lionel ist
die verkörperte Ehrenhaftigkeit und Adrienne die Reinheit selbst; ich würde eher von einem Engel Böses glauben, als von ihr."
Hugh schaute sie noch immer zweifelnd an; er war nicht wie sie überzeugt.
„Ich will die weitgehendsten Erkundigungen einziehen," sagte er, „aber hat nicht Dein Vater dies bereits gethan?"
„Ja, indes ohne den geringsten Erfolg. Das Einzige, was er in Erfahrung bringen konnte, war, daß ein Wagen unweit vom Parkgitter gestern abend wartete und daß zwei Personen in denselben eingestiegen und fortgefahren sind; es war aber bereüs so finster, daß es unmöglich gewesen ist, sie zu erkennen. Er meint, daß diese beiden Personen Lionel und Adrienne waren, während ich fest überzeugt bin, daß eingehendere Erkundigungen Nachweisen werden, daß sie es nicht gewesen sind."
„Ich will nachforschen, so viel ich es vermag, aber heute nachmittag wird es nicht sein können, denn es wird unbedingt notwendig sein, daß ich bei der Protokollaufnahme anwesend bin und Alles höre, was ausgesagt wird, damit ich mir über die einzelnen Zeugen meine Meinung bilden und sie Healp — das ist der Name des Detektivs, denn ich herbeirufe — müteilen kann. Und das erinnert mich daran, daß ich das Telegramm unverweilt abschicken und deshalb Dich verlassen muß. Lebe wohl, meine Einziggeliebte und verliere den Mut nicht, denn ich werde Dich retten um jeden Preis!"
Er schloß sie in seine Arme und ein langer, leidenschaftlicher Kuß einte ihre Lippen.
Sie ahnten nicht, daß diese Szene nicht unbeachtet war. Jsabella Farquhar hatte vernommen, daß Hugh Cleveland angekommen sei und sich zu Natalie begeben habe. Draußen auf der Terrasse stand sie nun und schaute mit vor Eifersucht funkelnden Augm auf die Beiden, die schweres Leid wieder zusammengeführt hatte und die sie haßte, nur — well sie sich liebten!
(Fortsetzung folgt.)