82. Jahrgang.
Auflage 2 ß« 0 .
«rschrist ttglich «tt »«»»ah«» der
T»a»« «»d ArAtaze.
Prri» »ierttljShüich hi« 1 «tt LrL,r-> iah» 1.S0 i« «e,ir»> «»h iv wl»-««krhr I.S» d» kbrisr» »ürttembng 1.8b «ouattab»»»»»»»« »ach «erhält»».
Der KchlljWrr
Ms- M Mche--IM flr i>e« AmÄs-SM ÜGck.
I«cnsp»«ch«c A». »S. M» »*.
NNi»t,e»'»ebLH« s. d. Ispalt. geil« «» ,«oöh«l. «chrtst ad« den» «au« dei l«al. Vimcks»»» I» d»t «,hr«av»« entspreche»» Nada».
«tt di« Plaudrrftttdch«» «>»
»ch«äd. »aMadtt.
Mittwoch dm 1. AM
u. a. eine Resolution, die die Errichtung einer deutschen Kunstakademie in Prag fordert. Hiedurch fühlten sich nun wieder Tschechen und Südslaven veranlaßt, in einen großen Spektakel auszubrechen. Am Schluß der 15'/,ständigen Sitzung ließ es sich dann Graf Sternberg nicht nehmen, die Sozialdemokraten noch einmal LanSbuben zu schimpfen, was ihm einen Ordnungsruf eintrug. — In Wien und Graz kam es am Sonnabend wieder zu Studenteukrawallen, weil die klerikalen Studenten in Couleur erschienen. In Graz, wo die freiheitlichen Studenten das UniversttätsgebSude belagerten und die Klerikalen mehrere Stunden hindurch eingeschloffen hielten, wurde infolge der Vorgänge das Semester vorzeiig geschloffen.
I« Haag find am Freitag von den Delegierten Deutschlands, Oesterreich-Ungarns und Italiens die auf der vorjährigen Friedenskonferenz vereinbarten Verträge gezeichnet worden; für Deutschland mit den Reserven, die in dem Reichstag vorgelegten Weißbuch angedentet waren, insbesondere mit Ausschluß der Erklärung über die Luftschiffe.
Die eaglische« Fraaearechtleriuueu scheinen, da ihre letzten großen Demonstrationen keinen unmittelbaren Erfolg in der Gesetzgebung hatten, wieder zu den militärischen Methoden greifen zu wollen, und kündigen neue Aktionen au. Auf der anderen Seite ist ein Bund gegen das Frauenstimmrecht ins Leben gerufen worden, der ebenfalls hauptsächlich aus Frauen besteht.
Die a«fstä»dische« Mexikaner haben am Freitag Los Barcas angegriffen. Dt? Garnison leistete hartnäckigen Widerstand. Gegen'40 bis 50 Personen fielen auf beiden Setten. Die Ofstziersqnartiere wurden uiedergebranut. Die mexikanische Regierung hat die Vereinigten Staaten ersucht, ihr zur Wahrung der Neatralitätsgesetze behilflich zu sein. Nach einer Meldung des amerikanischen Gesandten in Mexiko, Thompson, hat die mexikanische Regierung Truppen »ach Biesca in dem Staat Coahuila entsandt, wo am 34. d. M. etwa 200 Revolutionäre Unrrchen her- vorzurufen versuchten, indem sie von de« Ort Besitz ergriffen.
P«l«»eskrls-i Nachrichten.
WKrttemSergischer Landtag.
r. Stattgart, 30. Juni. Die Zweite Kammer
hat in ihrer heutigen NachmittagSfitzung die Beratung über den Gesetzentwurf betr. die Kost- uud Pflegekinder fortgesetzt uud zunächst die Abstimmung über den Artikel 1 und die dazu gestellten Anträge vorgenommen. Diese Abstimmung nahm 40 Minuten in Anspruch uud erforderte auch vier namentliche Abstimmungen. Das Ergebnis läßt sich kurz dahin zusammeufaffen, daß nur ein Antrag angenommen wurde, nämlich der des Zentrums, wonach für Kinder, die vou ihren nächsten Anverwandten, wie den Großeltern, in Kost und Pflege ausgenommen werden, eine
1-08
Erlaubnis der Ortspolizeibehörde nicht eingeholt zu werden
braucht. Die Annahme dieses Antrags erfolgte mit 66 gegen 18 Stimmen der Sozialdemokraten vnd einiger Mit» glieder der Bolkspartei. Abgelehnt wurden tu uameuüicher Abstimmung folgende Anträge des Zentrums: Herabsetzung der Altersgrenze für die der polizeilichen Kontrolle unterstehenden Kinder vou 13 ans 6 Jahre (mit 57 gegen 23 Stimmen), Uebertragusg der Kontrolle an den Gemeindewaisenrat anstelle der Ortspolizeibehörde (mit 59 gegen 25 Stimmen) sowie der Antrag Beißweuger (BK.) Ersetzung der Ortspolizeibehörde durch die Ortsbehörde (mtt 44 gegm 39 Stimmen.) Bei Artikel 2 rief eine längere Debatte ein Antrag Mayer-Ulm hervor, der für diejenigen Fälle, in denen die Erlaubnis zur Aufnahme vou Kindern nicht notwendig ist, die polizeiliche Ueberwachuug beibehalteu wissen wollte. Gegen den Antrag wandten sich namentlich die Abg. Gröber und Minister v. Pischek. Er wurde abgelehut, dagegen ein Antrag Gröber angenommen, wonach über die Anstalten uud Vereine, die nach Art. 1 vou der Einholung einer Erlaubnis entbunden find, das Ministerium des Innern die Ueberwachuug zu führen hat. Die wetteren 3 Artikel wurden ohne Debatte erledigt. Die Schlußab- stimmuag findet später statt. (Fortsetzung folgt.)
Hage»-Neuigkeiten.
A»« Gtstzt «rd Lmck.
Ragold, den 1. J«lt 1SVS.
Bauernregel« für Juli. Die erste Bim' bringt Margareth (13.), drauf überall die Erut' angeht. — Nur in Juliglut »erden Obst mW Wein dir gut. — WaS Juli und August nicht vermocht, wird auch im September nicht gar gekocht. — Sankt Kilian (8.) stellt die Schnitter au. — Wie der Juli war, wird der Januar. — Fällt vor Jakobi die Blüte vom Kraut, auf keine guten Kartoffeln mm baut.
— Im Juli will der Bauer schwitzen uud nicht hinter'« Ofen fitzen. — Ist der Juli kühl und naß, dann bleibt Scheune leer und Faß. — Wenn gedeihen soll der Wein, muß der Juli trocken sein. — Weun's an Mariä Heimsuchung regnet, find wir 40 Tage mtt Regen gesegnet. — So golden die Sonne im Juli strahlt, so golden sich auch der Roggen mahlt. — ES donnert, es blitzt in einem fort uud drohend »ahn die Wolke« dort, wer stch vou jeder Schuld fühlt rein, den schrecket nicht der Blitzen Schein. — Dmnpft das Strohdach nach Gewitterregen, kehrt» Gewitter wieder aaf andern Wegen. — Dem Sommer find Donnerwetter nicht Schande, sie nützen der Lust uud dem Laude.
— Merkt, daß heran Gewitter zieh«, schnappt auf der Weid nach Lust das Vieh; auch weuu'S die Nasen aufwärts streckt und in die Höh' die Schwänze reckt. — Gibt Ring oder Hof sich Sonn' oder Mond, bald Regen und Wind
isi
JortwäHrend kann der
Gesellschafter für das III. Quartal 1908
abonniert werden.
Amtliches.
Die Schultheitzeuautter
wollen darauf hiuwirkeu, daß die Viehbesttzer ihrer Gemeinden, welche ihre Tiere zu der am Do»«er-tag de« 1«. Juli d. I. in Nag»ld stattsiudeude» staatliche« Bezirksriudviehschau anmelden wollen, diese U««el» d«uge« in aller Bälde durch Vermittlung der Schultheißenämter an das Oderamt eir»fe«de«.
Augefügt wird, daß bis jetzt verhältnismäßig wenig Anmeldungen ciugekommen sind.
Nagold, d.n 30. J-mt 1908.
K. Oberamt. Ritter.
NoMilche HieSerfichi.
Der B»«deSrat hat am Samstag dem Ausschußbericht betr. den Entwurf ciuS Gesetzes für Elsaß-Lothringen über die Bergwcrksbesteuerung zngestimmt.
Die »e»e GehaltSordmnrs i» Bayer« schien eine Zettlang durch die Haltung des Zentrums gefährdet, das zam Ausgleich einiger Verbesserungen in den unteren Gehaltsstufen die oberen Gehaltsstufen kürzen wollte. Bei der zweiten Lesung der Vorlage ist es nun aber im Ausschuß noch zu einer Verständigung gekommen, und zwar auf Grund eines von der Regierung vor geschlagenen Kompromisses. Das Ergebnis ist eine Ersparnis von 900000 ^ in den ersten sechs Jahren bei den oberen Gehaltsstufen.
I« österreichische» Ab-e»rd«ete«ha»s verschaffte man sich am Freitag durch eine solenne Prügelei wieder einmal eine kleine Abwechslung. Den Anlaß bo' selbstverständlich das Enfant Lerrtble des Hauses, der Graf Sternberg, der die Sozialdemokraten wegen eines nicht unberechtigten Angriffs auf einen Priester hart angerempelt hatte. Die Prästdentenglocke blieb in dem längere Zett dauernden Tumult machtlos, so daß die Sitzung unterbrochen werden mußte. Ju der später wieder aufgenommeuen Beratung wurde dann endlich über einige wettere Zwischenfälle hinweg das Budget angeuommeu. Gleichzeitig angenommen wurde
Die weiße Nelke.
Kriminalroman vou I. Ka«U»ach.
(Fortsetzung.) (Rachdr. vrrb.)
„O, Herr Staatsanwalt," sagte sie, „wenn ich die geringste Schuld trüge au diesem UuglückSfall, dann könnte ich nie wieder ruhig werden."
»Ich danke Ihnen für Ihre wahre Freundschaft, die Sie meiner Tochter in hingehendster Weise erzeig! haben. Was wäre aus ihr geworden, wenn Sie nicht gekommen wären! Ich mag nicht daran denken. Zeitlebens bleiben wir in Ihrer Schuld!"
»O, — nein, — nein, — nein, —" wehrte sie fast schroff ab. „Sagen Sie mir das nicht, Herr Staatsanwalt; denn Sie kennen mein Leben nicht, können nicht wissen, daß Fräulein Elisabeth mein rettender Schutzgrist gewesen W"
„Sagen Sie mir eins, Fräulein Henzeu: Haben Sie irgend jemand im Verdacht, der das Verbrechen an meiner Tochter begangen haben könnte?"
„Ich habe diese ganze Nacht hindurch darüber nachge- gräbelt," erwiderte sie, „es ließ mich nicht zum schlafen kommen. Fortwährend kam ich auf denselben Schluß zurück. Herr Staatsanwalt, ich kann den Gedanken nicht los werden, daß nur ein Mensch, der sie za fürchten hatte, dieses Verbrechen an ihr beging. Und zu fürchten hatte sie doch nur der, dessen Spur sie seit Monaten mit dem heißesten Eifer focht: der Mörder der Schauspielerin Goladtka, Herr Staatsanwalt."
Seydel zuckte uumerklich zusammen. Was im innersten Grunde seiner Seele aufgedämmert war in einsamen, angstvollen Nachtstunden, das vernahm er nun von den LippeU des Mädchens mtt deutlichen, mutigen Worten. Einen
Augenblick noch lehnte stch seine Beamtevwürde auf gegen die Wahrscheinlichkeit eines Irrtums, der ihu uud das Gericht monatelang genarrt hatte. Aber der Mensch tu ihm war doch stärker; er hob den gebeugten Kopf entschlossen und stolz empor uns sagte zu Meta: „Die Untersuchung soll so scharf wie möglich noch einmal vsrgevommeu werden in der Sache Richard LlaasenS. Mir scheint auch, daß der Man«, der das Verbrechen au meiner Tochter beging, irgend eine Entdeckung fürchten mußte; dessen Spur zu verfolgen, soll mein nächstes Ziel sein. Wie heißt doch der Detektiv, der meiner Tochter mit Rat und Tat zur Sette stand?"
„Herr Fluth, Herr August Fluth," gab Meta, erregt von HoffuuugSsreudtgreit. zurück; „er ist eben iu Leipzig. O, Herr Staatsauwalt," rief sie aus, „weuu daS Unglück, das Fräulein Seydel vetroffen hat, stch zum Glück für sie gestaltete!"
„Wir dürfen nicht zu früh hoffen," meinte Seydel bedächtig; „der Berg ist sehr steil, den wir zu erklimmen habe«, uav wir wissen nicht, wie viele Hinderuisse unseren Weg noch hemmen."
Trotz alledem ging Meta iu zuversichtlicher Stimmung zu ihrem traurigen Heim zurück. Eine leise Bitterkeit freilich wischte sich in die Empfindung ihrer Freude; ganz frei vou Selbstsucht war sie nicht, dafür schlug ein viel zu heißes, verlangendes Herz iu ihrer Brust. Mit träumenden Augen sah ste die Stämme des Tiergartens in den blauen Himmel htnetustrebeu. Die Sonne lag breit auf den Zweigen; uud unter ein paar mächtigen Eiche», die stolz uud selbstbewußt ihre Zweige auSbreiteteu, bemerkte ste ein bescheidenes Bäumchen, über dem kein Streifen des goldenen Lichtes zitterte; es stand im Schatten, ganz im Schatten; — ein wehmütiges Lächeln glitt über des Mädchens Züge; ste biß die Zähne aufeinander, wie sie immer tat, wenn die Leiden
schaftlichkeit iu ihr emporflutete; bestegen mußte ste die brausenden Wogen, wenn ste nicht darin versinken uud sterben wollte. —
Siebzehnte- Kapitel.
Soeben hatte Dr. Weudtler Elisabeth verlassen und dem Staatsauwatt die beruhigende Versicherung gegeben, daß die Heilung der Wunde gut vou statten ginge. Elisabeth war völlig fieberfrei und bei klarer Besinnung, doch eine große Schwäche lähmte ihr Denken und Fühlen.
Selbst die Sache, um derentwillen ste leiden mußte, war nicht imstande, ste mtt Unruhe oder Besorgnis zu erfüllen, wie bisher. Sie lag mit geschloffenen Augen tu ihrem Bett, sehr blaß uud sehr schmal im Gesicht; ste sprach nicht, ste mußte stch dieser unendlichen Mattigkeit überlassen, die sie wie mit einem Traum umspann und die wirklichen Dinge und Tatsachen iu eine wette Ferne zu rücken schien. Die barmherzige Schwester, ein mildes, sanftes, freundliches Wesen, verbreirete den Frieden, den ste in sich trug, und sorgte dafür, daß die Außenwelt die Stille des Krankenzimmers nicht störte.
Au einem solchen ruhevollen Morgen kam Angust Fluth zum Staatsanwalt Seydel, der ihn ans Leipzig zu stch berufen hatte.
Frisch, lebendig uud humorvoll, wie iwmer, folgte Seydel in dessen Zimmer. Und ohne Umschweife, wie gewöhnlich, redete er den Staatsanwalt nach der Begrüßung sofort mtt der Hauptsache an: „Daß Sie es find, der mich ruft, Herr Staatsanwalt, hat mtt seit dem Empfange Ihres Briefes zu raten anfgegeben. Sie find doch unser Widersacher, — Hab' ich nicht recht?"
„Nehmen Sie Platz, Herr Fluth," erwiderte Seydel