82 . Jahrgang.

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Samstag den 30. Juni

1-08

An unsere Leser und Areunde!

Der Gesellschafter

bietet schon Jahre lang das, was andere Amts­blätter sich erst nach und nach anschicken zu bringen.

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UoMifche Hleverftcht.

Die Anwesenheit des Herzog- von Cnnrber- laud irr München mw die Begegnung mir dem Prtnzregenten von Bayern vollzogen sich tu Formen, die den Gedanken nahe legen, daß in dem Eintritt des Cnmberlander Prinzen in das bayrische Heer tatsächlich der erste Schritt zu einer Aussöhnung deS Hauses Cumberland mit den neuen Ver­hältnissen in Deutschland zu erblicken ist. Der Kaiser von Oesterreich hat ein Telegramm nach München gerichtet, in dem er auf die Bundesbrüderschast der deutschen und öste reich­

Die weiße Nelke.

Kriminalroman von I. Ka«»bach.

(S-rtsetznn,.) (Nachdr. »erb.)

FüufzehuteS Kapitel.

Es war schon 7 Uhr morgens. Trotzdem rang das Tageslicht noch immer mit der trüben Frühdämmerunz. Wie wallende, graue Schleier wszte der feuchte Dunst hinauf and hernieder. Dicke Wolken Wülsten sich über die nassen Dächer, und wie unbestimmte, düstere Massin tauchten die Rethen der Häuser aus dem Nebel. Das Leven des Tages erwachte mehr und mehr. In vielen Fenstern ward eS hell -luter den Vorhängen. In der Mansardenwohnung Fried­rich Heuzens freilich war die Lampe die ganze Nacht hin­durch nicht erloschen; das Oel war jetzt ausgebrannt; die ersterbende Flamme schwelte auf dem geschwärzten Docht und vermochte die Schatten deS schwermütigen Zwielichts nicht mehr zu dmchdrtngen.

Meta Heuzen schlich auf den Fußspitze» heran, die Oel- taune in der Hand, füllte die Lampe frisch und zündete sie von neue« an. Sie sah bleich und übernächtig aas. Die großen Augen blickten trübe und waren tief umschattet. Ein Frösteln durchschauerte ihren Körper. Fester schlug sie das Tuch um ihre Gestalt, tu das sie sich die Nacht hin­durch eiugehüllt hatte; am Bette ihres Vaters hatte ste ge­wacht und sich vergeblich bemüht, ihm die langen, qual­vollen Styudeu zu erleichtern. Die furchtbarm Beklemm» Mgm hatten ihn oftmals dem Wahnsinn nahe gebracht.

ungarischen Armee hinweist. Dies sollte wohl ein zarter

Wink für die Cnmberlander sein.

Die Juusbrucker freiheitliche Studentenschaft

beschloß, im Streik zu verharren, um gegen die Beschlüsse der Rektorenkousermz zu demonstrieren. Die freiheitlichen Abgeordneten wurden aufgefordert, den klerikalen Gelüsten mannhaft entgegeuzutreten. Feiner wurde beschlossen, den Verkehr mit der akademischen Behörde abzubrechen. Der Rektor von Scala hat infolgedessen und ans anderen Grün­den seine Entlassung gegeben. In der Begründung führt er aus, daß er durch das Ergebnis der Rektoreukonfereur nicht mehr in der Lage sei, das vom ihm vertretene Kom­promiß durchzuführev. Nach der WienerReichspost" soll der Kaiser gegenüber dem Unterrichtsminister Marchet die Bemerkung gemacht haben:Machen Sie einmal dem Skan­dal ein Ende. Ihre Rektoren find eine Gesellschaft." Sollten diese Worte tatsächlich gefallen sein, find die Rek­toren entschlossen, gemeinsam zu demissionieren. Mm: wird aufrichtig wünschen müssen, daß die Meldung alsbald widerrufen wird, denn man Wörde die österreichische In­telligenz tief bedauern müssen, wenn sie tatsächlich in der Weise vor den Kopf gestoßen worden wäre. Die deutsch­radikale Vereinigung des Abgeordnetenhauses hat beschluß­weise erklärt, daß fie in der zwischen dem Unterrichtsmini­sterium und der Rektorenkonfereuz in der Wahrmuud-Affäre getroffenen Vereinbarung keine Bürgschaft für die Wahrung der Lehrfreiheit an den Hochschulen, vielmehr ein bedauer­liches Zurückweichen vor den Drohungen der Klerikalen erblickt.

Frankreich i» der Nolle deS Friedeaseugels

zu zeigen, betrachtete der französische Minister des Aeußeru, Pichon, als seine Aufgabe, als er am Dienstag auf einem Bankett eine längere Rede über die auswärtige Lage hielt. Er führte u. a. ans: Die durch enge und solide Freund­schaften gestörte große Allianz Frankreichs hat Frankreich neue Autorität verliehen, die es einzig für den Frieden und die Versöhnung benutzt hat. Kein Kriegsgedankr hat sich in die vollzogenen Annäherungen and geknüpften Ententen ge­mischt. Die eine« wie die andern hatten kein anderes Ziel, als zur Erhaltung des Friedens betzutragen, ohne in einer Bildung von Gruppierungen, die von übelwollenden, auf die Schädigung dieser oder jener Macht hinzieleuden Ge­danken erfüllt find, augenblickliche, gefährliche, unnütze Ge­nugtuungen zu suchen. Wir haben nur im Hinblick auf die internationale Eintracht gehandelt und mit dem aufrichtigen Wunsch, die Garantien zu vermehren, ohne irgendwo Un­ruhen oder Feindschaften hervorzurufeu. Mr haben unr den einen Wunsch, geschützt vor Komplikationen und indem wir uns vor Abenteuern hüten, unsere demokratische Arbeit fortzusetzeu. Wenn unsere Truppen zeitweilig in Marokko, wo str unser Prestige wahrten und unser Land ehrten, engagiert waren, so war das nötig wegen des Schutzes unserer Jutereffeu, wegen unserer internationalen Verpflich­tungen, unserer Autorität und nuferer Würde und wegen der Sicherhett uvsirer afrikanischen Besitzungen. Wir find «ns aber unserer Pflichten und Obliegenheiten bewußt und wissen, was wir uns und Europa schulden, und keine Ge­

fahr kann für den Weltfrieden aus unserer provisorischen

Intervention entstehen, die sich auf unbestrettbare Rechte stützt und die wir in der Unabhängigkeit und in der Ausüb­ung unseres Rechts begrenzen werden. Pichon scheint bei seinen Ausführungen durch gewisse Gerüchte beeinflußt ge» wese» zu sein.

DaS serbische Kabinett hat definitiv um seine Ent» laffung gebeten. In der Begründung des DemisstonSgesuchS heißt eS: Obgleich die Regierung über eine Mehrheit in der Skupschtina verfügt, unterbreitet fie ihre Demission de« König aus patriotischen Rücksichten, um in dieser ernsten Zell für die serbischen Natioualintreffen eine rasche und und ersprießliche Tätigkeit der Skupschtina zu ermöglichen.

Rach Meldnnge« a«S Marokko wurden in Fez Bnchta den Bagdadi und sein Bruder auf Befehl Mulay tzafids gefangen gesetzt und ihre Güter mii Beschlag belegt. Oeffentliche Ausrufer verkünden die Wiedereinführung der Tabak- und Torsten». Widerspruch wurde nicht erhoben. Mit Bucht« ben Bagdadi und seinem Bruder Modaui find elf Notabelu aus dem Stamm der Bagdadi als Gefangene nach Marakesch gebracht worden. El Glani wurde zum Großwestr, Benkelbonz zum Justizmiuister, der Bruder GlauiS zum Kriegsminister und Ben Daud zum Gouverneur von Marakesch ernannt. Mulay Hafid hat sich mit seiner Cousine, der Tochter Mulay JSmailS, vermählt. Er ließ die elektrischen Anlagen, die Automobile und alle Gegen­stände europäischen Urspmugs, die Abdul gehörten, zerstören. Die Nachricht, daß Mulay Hafid auch in Arzilla zum Sultan ausgerufen wurden soll, unrichtig sein. Nach einer Meldung des LondonerDaily Telegraph" aus Tanger bildet unter den Eingeborenen die Abreise des Kaid Mac Lean nach England, wo er nach ihrer Meinung für Abdul AfiS, der als entthront angesehen wird, einen Wohnsitz besorgen soll, das Hauptgesprächsthema._

P«liu>«t«rsche RLchrichtru.

WSrttemtergifcher Landtag.

r. Stuttgart, 19. Juni. Der Zweiten Kammer

ist heute der Entwurf eines Gesetzes betr. die Bereinigung von Degerloch mit Stuttgart zuzegangen.' In der fort­gesetzten Beratung der Bauordnung wurde zu Art. 70k, der die polizeiliche Entscheidung über die Zulässigkeit einer Bauausführung, soweit fie nicht der Gemeindebehörde zu- steht, dem Oberamt überträgt, ein Antrag Keßler (Ztr.) angenommen, wonach auch die Genehmigung für die Hebung und Schiebung von Häusern de« Oberamt unterstellt werde« soll. In der Debatte über den Antrag wurde mehrfach an das Hirschuuglück in Nagold erinnert. Der Bezirks- abgeordnete Schatble (B.K.) zog daraus die Lehre, daß bei solchen gefährlichen Bauunternehmer: nicht die Genehmigung, sondern die peinlichste Kontrolle der Vorbereitungen und der Ausführung maßgebend ist. Minister v. Pischek stimmte dieser Auffassung zu und stellte anheim, eine Bestimmung zu treffen, wonach die Aufficht über diese Bauausführungen dem Oberamtsbautechuiker anstelle des OrtsbautechntkerS übertragen würde.

Seit einer kurzen Welle erst lag er still, «it geschloffenen Augen; sein Gesicht trug die Farbe des Todes.

Jetzt trat Meta ins Wohnzimmer, öffnete das Fenster und sah in den traurigen Morgen hinaus; ein paar nasse, welke Blätter, wirbelten durch dir schwere Luft und schlugen gegen die Scheiben. Mit »öden Bewegungen ging sie an ihre Tagesarbüt; doch während der gewohnten Verrichtungen war ihr zu Mute, als ob ein schweres Unheil über fie kom­men wüßte. War es dieser trostlose Morgen vielleicht, der ste so beängstigte? Oder die Folgen der schlaflosen Nacht mit ihrer Not «ad Sorge? MetaS lebhaftes Gemüt ließ sich stark von dem Einfluß äußerer Stimmungen beherrschen; es hätte fie erleichtert, wenn ein Lichtstrahl durch die Nebel- maffen draußen gedrungen wäre.

Als fie mit dem Frühstück in das Krankenzimmer zurückkehrte, schlug ihr Vater die Augen wieder ans und sah fie hilfesuchend au. Sie setzte das Brett auf ein Tisch­chen und löschte die Lampe, weil eS endlich hell geworden war. Auf ihr Zureden nahm Heuzen ein wenig Nahrung zu sich, die ste ihm einflöste, wie einem Kinde. Eine große Mattigkeit lähmte ihn jetzt, da die Unruhe von ihm ge­wichen war. Dennoch hörte Meta nicht auf, sich vor ih» zu fürchten, vor ihm und vor seinen seltsamen Reden. Lauge schon war er ihr unheimlich. Und nar aus kindlicher Pietät tat ste sich Gewalt an und pflegte ihn mit der größten Hin­gabe und Pflichttreue.

Der starke Wein, von dem ste ihm einige Tropfe« eingeflößt hatte, darchrau« seinen Körper mit ueaer Lebens­kraft.

Du hättest mich htaüberschlummern lasten solle«,

Meta," begann er mit matter Stimme, doch mit seiner ge­wohnten, eintönig singenden Art zu reden,warum sollen Körper und Seele mit Gewalt zusammeugehalte» werden, wenn fie sich beide gegeneinander aufbäumen? Mein Körper will Ruhe, Meta, endlich Ruhe, und mein Geist foltert mich, martert mich"

Er hielt tune; zwei rote Flecken brannten auf seinen stark vortretetrudeu Backenknochen.

Warum sprichst dv dich nicht ein eiuzigeSmal aus, Bater?" fragte Meta, von neuer Furcht ergriffen.Warum redest du verworrene Dinge, die deine Pein nicht erleichtern, sondern nur .

Schweig, Mädchen, schweig," flüsterte er erregt und heiser,das verstehst du nicht-"

Mehr, als du ahnst vielleicht, verstehe ich dich," murmelte Meta, während fie leise aufstöhnte; er hatte fie nicht gehört «nd fuhr nun ruhelos, mit immer leiserer Stimme fort:Sterben will ich endlich, sterben, hindere mich nicht mehr daran, Meta. Ob eS da droben wohl einen Ausgleich gibt? Hier in dieser verrückten Well wird mau zum Wahnsinn getrieben, zum Wahn­sinn?" _ (Fortsetzung folgt.)

A»S de» Meggrndorfer-Blätter». Biel verlangt. «Schi«: .Besitzen Str wohl ein Militärsirasgrsetzbuch?" - Buch- Händler:Ja, wag «ächte» sie denn wissen?» Köchin: .Welch« Strafe auf militärisch» Untreu« steht!" Wintrrsatson. »Run, in diesem Winter viel mttgrmacht?" »Und od! Bälle, Konzert«. Wohltätigkettgveransialtungrn, Lheat«, Gesellschaften, Influenza!"