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«scheint täglich mit AsSsahme der Evv»- und Festlegt.

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GesklWstrr.

Auflage 2soa.

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Irettag den iS. Juni

1»S8

politische Meberftcht.

Der Verband der bayrischen Metallind«. ftrielle» hat seine Stellungnahme zu den Angestellten- Organisationen schnell einer Revision unterzogen. Infolge einer sehr verschiedenen Intervention des Nürnberger kauf­männischen VereinsMerkur" kam der Vorstand des Ver­bands vorgestern zu einer neuen Besprechung zusammen, in der folgender Beschluß gefaßt wurde:Der Beschluß vom 21. Mai und die an die Mitglieder htnausgegebeae Warnung vor den Angehörigen der im Schreiben vom 3. Juni 1908 bezeichnten Verbände beruht nach Ueberzeugung des Vorstands aus einer reiflichen Prüfung der Tendenzru der einzelnen Verbände auf Grund vorliegender Acußknmgen derselben. Mittlerweile ist von verschiedenster Seite dem Vorstand Material erbracht worden, welches denselben ver­anlaßt, in eine wiederholte Prüfung der Frage einzvtrcten und bis zu deren Eiledignvg seinen Mitgliedern einen Aufschub im Vollzug des Rundschreibens vom 3. Juni 1908 zu empfehlen. Der Vorstand wi.d gleichzeitig den im Rundschreiben bezeichn eten Verbänden Gelegenheit geben, über ihre prinzipielle Stellungnahme dem Arbeitgeber gegenüber sich zn äußern und allenfalfige irrig' Ansichten hierüber zu berichtigen. Bemerkt wirb, daß der Techuikcr- Berbünd in den Beschluß niemals mit einbezogen war."

Der kürzlich im schweizerische« Nationalrat gestellte Antrag aus Einführung des Gctreidemouopols ist dahin abgeändert worden, laß d r BundeSrat so rasch wie möglich Bericht darüber erstarren soll, ob nicht die Bundes­verfassung im Sinn der Einführung des Buudesmouopols für den Handel mit Getreide und Mehl zn revidieren sei.

Das österreichische Ackerbaaministeri«« ver­bot bis ans weiteres unbedingt die Einfuhr van Rindvieh nach Oesterreich aus nachstehendes von der Lungensenche betroffenen S per: gebieten des Deutschen Reiches: Aus dem Stadtkreis Berlin, den Regierungsbezirken Posen, Brom­berg Md Düsseldorf, den Kreishauptmauvschaftm Leipzig und Chemn tz, endlich ans dem Herzogtum Gorhs.

Zum österreichische« Hochsch«lko«flikt wird gemeldet, daß der Untrer; chtsnnnister erklärte, Professor Wahnnund werde im Sommersemester nicht mehr, im Wintersemester an der Grazer Universität seine Vorlesungen wieder aufnehmerr. Auch in der Resolution der Rektoren- Konserenz wird ausdrücklich festgestellt, daß die Wieder­aufnahme der Lehrtätigkeit Wchrmunds im Wintersemester verbürgt sei. Die Studentenschaft ist hiermit jedoch nicht zufrieden; sie fordert die sofortige Wiederaufnahme der Vorlesungen Wahrmunds. Sie beschlos darn« auch, trotz der Mahnung der Rektoren, dm Strük weiterdanern zu taffen, da es ohne Wah'mund im Sommersemestcr keine Vorlesungen mehr geben könne. In Wien veranstalteten

die Studenten gestern große Dcmoustratioueu vor dem Parlament.

A«s T«matra find wegen der Einführung einer Steuer Unruhen ansgebrochen, bei denen von der Bevölke­rung 90 Personen getötet, bezw. verwandet wurden. Die Truppen hatten 9 Tote und 13 Verwundete. 4 Gendar­merie-Abteilungen wurden nach den Aufstandsorten abgesandt.

Der Gesetzgebende Rat vo« Papua hat eine Verordnung angenommen, nach der jeder Eingeborene vr-- pflichtet sein soll, aus den Regierungsplantagen zu arbeiten, wenn er nicht sein eigenes Land bebaut oder für andere Arbeitgeber arbeitet. Die Verordnung, die in Australien auf starken Widerstand stößt, bedarf der Bestätigung des GeneralgouvernemS.

Die Hafidisier««G Marokko- «acht weitere Fortschritte. Fast alle Stämme der Andjera uud der Arzila riesen Mulay Hafid zum Sultan auS. In gleicher Weise wurde letzterer aus einer von Raisuli im Gebiet von Gharb'm veranstalteten Versammlung zum Sultan ausge- rufeu. Avch der Kaid der Nnflus hat sich nach einer englischen Meldung mit dem Haha-Gebiet für Mulay Hafid erklärt. Mulay Hafid schrieb dm Gesand schastm einen Brief, in dem er bat, daß die Europäer sowie die Konsuln nach Fez zumckühcen möchten. Wie es weiter heißt, find Mißhelligkeiten zwischen den Chefs der Mahalla von Abdul Asis, die sich gegen ihn empört hatte, ausgebrochen. Ueber Paris wird gemeldet, daß Mulay Hafid, um seinem Geld­mangel abzuhelfeu, zur Wiedereinführung von Stenern greife, die er s. Z , um sich bettelst zu machen, aüfgehoben . habr. Ein Pariser Blatt erfährt von zuständiger Sette, daß die Politik Frankreichs Mulay Hafid gegenüber selbst­verständlich vos dessen eigener Haltung abhängen werde. Falls Mulay Hafid die Befreiung der in El Ksar gefangen gehaitcum sraazöfische».Schützbefohlenen auordnen uud se»ne Truppen eme korrekte Haltung beobachten würden, werde Frankreich sich von des Gesichtspunkt leiten lasten, daß die Anerkennung Mulay Hafids nicht von Frankreich allein, sondern von allen. Signatarmächten der Algcctrasakte ab- häage; auch könne die Anerkennung ganz gut aufgeschoben werden, ohne daß Frankreich Mulay Hafid bekämpfe oder als Feind betrachte, solange er nur selbst kette feindselige Handlung gegen Frankreich unternehme. Wenn beispiels­weise die Truppen Mulay Hafids in eine der Hafenstädte einrücktm, so könne Frankreich jeden Zwist, jede Einmischung in die marokkanischen Angelegenheiten vermeiden uud ruhig zulassen, daß beide Parteien ihren Streit untereinander austrügen; Frankreich werbe keinem Thronbewerber Beistand leisten. Falls Vertreter Mulay Hafids in einer Hafenstadt, in der Frankreich den Polizeidieust zu versehen habe, als Behörde anerkannt werden sollten, könne Frankreich sich auf die ihm durch die Algccttasakte zuoewiesene Aufgabe, für den Schutz der Europäer zu sorgen, beschränken. Die

Die weiße Nelke.

.ttrimiualrmnan van I. Karcjöach.

lNllchdr. vrrb.)

»3ch gebe nichts veiloren. Vaie^," antwortete sie fest, doch mit der gewohnten Weichheit ihrer Stimme.Sei »ir nicht böse, dieses Vertrauen auf Richards Unschuld bedeutet ra mein Leben, Vater. Und um sie vielleicht end­lich ans Licht zu dringen, werde ich heute tun, was ich be­reits gestern gesagt habe: ich werde zum Rechtsanwalt Glaubttz gehen."

Seydel zuckce unwillig mit den Schultern.Und wenn ich dir das verbiete?"

Das wirst du nicht Lim, Vater, du weist viel zu gut daß du mir einen neuen Schmerz m:t solchem Verbot ra­ssigen würdest."

Sie sprach diese Worte mit so herzlich bittendem Tose, daß Seydel ihr, wenn auch seufzend, nachgebeu wußte.

Kurz nach 6 Uhr nachmittags machte sich Elisabeth auf den Weg nach der Wohnung des Rechtsanwalts Glaubitz. Die Dämmerung senkte sich schon über das Häuscrmeer der Stadt, als sie die lange, lärmende Potsdamerstraße entlang schritt. Mit de« Gefühle tiefster Einsamkeit im Herzen ging sie durch daS betäubende Gewühl dahin, als gehörte ste gar nicht zwischen diese auf uad niederwogmde, schwatzende, hastende Menschenmenge. Tas endlose Wogeugeraffel, das Klingeln der vorübersausendeu Straßenbahnen, dieses ganze Getöse der Großstadt berührte fie so fremd, so seltsam heute. Und doch war ihr dies bunte, laute Leben sonst lieb uud vertraut gewesen! Aber ihr war, als schiede das Unter­nehmen. dem ste eutgegenschrttt, fie von der übrigen Menschheit.

Die Bäume tu der Bülowstraße, wo der Rechtsanwalt wohnte, ließen bereits gelbe, dürre Blätter falle«, uud ein­

zelne Beste ragten kahl zu dem dunkelnden Himmel hinauf; schon nahte der Herbst, uud seit dem Sommer hielt man den Geliebten in enger Zelle gefangen! Bei dieser Vor­stellung rüttelten Schmerz, Erbitterung und Kamvfesmut wie ein Orkan au Elisabeths Herzen. Sic ging schneller vorwärts, um ihr Ziel so bald als. möglich zu erreiche».

Endlich stand fie im Bnreau des Rechtsanwalts. Noch nach langen Jahren, wenn ste sich diese schwere Stunde wieder ins Gedächtnis zurückrikf, sah fie dies nüchterne Zimmer, erhellt von dem ruhiger-, kalten Lichte einer elekt­rischen Hängelampe.

Jedes Möbel, das mit sichtlicher Pedanterie auf seinen Platz gerückt schien, jeder Gegenstand, der in größt«! Ord­nung auf dem breiten Schreibtische lag, prägte sich ihr un­auslöschlich ein. Sie stützte sich ans die Lehne eines Sessels Md wartete auf Glaubitz' Erscheinen. Ein leichtes Frösteln durchlief ste zuweilen, wenn ihr Buge über diesen Raum schweifte, der etwas von dem steifen Wesen seines Be­wohners besaß.

Der Rechtsanwalt erschien nach einer kleinen Weile «nd betrachtete Elisabeth mit seinen stahlgrauen Augen scharf uud gespannt. Es ging etwas Eisiges von ihm aus, das ihr wie ein kalter Hauch ins Herz hineindrong.

Kann ich Ihnen dienlich sein?" fragte er endlich mi: seiner hartklingendeu Stimme.

Ja, bitte" preßte Elisabeth heraus.

Womit?" gab er zurück, befremdet über die sichtliche Befangenheit der sonst so sicheren Dame.

Mit der ihr eigenen Energie, die noch gesteigert war durch daS Bewußtsein der Wichtigkeit dieser Stunde, raffte Elisabeth sich zusammen.

Ich möchte Sie bitten," begann fie ruhig uad fest, mir beizusteheu i« dem Prozeß Richard ClaaseoS oder

Politik Frankreichs kaffe sich mit einem Wort als Politik

der Nicht-Einmischung kennzeichnen. Hier ist sonderbarer­weise immer nur davon die Rede, was Frankreichkönnte , falls" usw. Was aberwill" Frankreich tua?_

Hage»-Aeuigketten.

«»4 «M «a Sw».

Nagold, den IS. J«nt 1S0S.

* Zeichevk«»-. Morgen beginnt ein ZetchenkurS unter der Leitung des Herrn Seminaroberlehrer Fant für die H irren Lehrer des Bezirks, welche Zeichenurttrricht geben.

Gewerbeverei« Nagold. Der neue Borstaud, Privatier Klatß, hielt gestern imRad" d e erste Aus- schußsitzung ab, die sich zunächst mit der Prüfung der Ausschußwahl zu beschäftigen hatte. Der neue Ausschuß weist nun, nachdem Kfm. Fr. Schmid eine Wiederwahl abgelehnt hat folgende Namen aus: G. Benz, Düttling, Gabel, E. Günther, W. Kapp. Kehle seu,. A. Koch von Rovrdocf, Köbele, H. Lang. F. Rentschler, Rinderkuecht, Schaible, P. Schmid. Wohlbold. Der Ausschuß wählte seinen Vorstand Klaiß zum Schriftführer und Uhrmacher Günther zum Kassier. Mitgeteilt wurde, daß in nächster Zeit von Handwerkskammersekretür Freytag ein Vortrag über das reue Scheckgesetz zu erwarten sei. Aach der ge­meinschaftliche Besuch der Banausstellung wurde angeregt, es kam aber zn keinem bindenden Beschluß, da aach keine pekuniären Vorteile mehr mit einem gemeinschaftlichen Be­such verbunden find. _

-l- «lteufteig, 18. Juni. Ettt Siück Kriegsleben konnten wir gestern hier beobachten. Ein Test der in Karlsruhe in Garnison liegenden 4. Telegraphen-Abteilnug legt von der Turnhalle ans nach mehreren umliegendes Ortschaften Telegraphenlettungen, und es war interessant, zu beobachten, wie rasch die Lettunqsdrähte an Baumästeu, Telegraphenstaugeu, Riegeln und Kloben der Häuser und andern Gegenständen befestigt und so dir Verbindungen her­gestellt wurden. Die Truppen wurden in der Hauptsache in den hiesigen Wirtschaften einqnartiert und haben heute Rasttag. Morgen sollen die Hebungen von Teiuach aus fortgesetzt werden.

6t. Tim«ersfeld, 18. Juni. In den letzten 3 Tagen ging es in nuferem Dorf und der ganzen Umgegend ziemlich militärisch her. Die IV. Telegraphenabteiluvg au» Karlsruhe in Baden kam auf einer Uebrmgsretse hier durch. Am 15. dS. MS. wurde eine Leitung von Wildbad bis Gompelschener gelegt, welche auch mit unserem Orte ver­bunden war. Andern Tags wurde eine Leitung von hier nach Schönmünzach über Beseuseld gelegt. Gestern kam wieder eine Abteilung, um Simmer Sfeld mit Alteusteig zu

Richard BruuS', wie er ja eigentlich heißt. Ich behaupte, daß er unschuldig ist, und Sie sollen deu Beweis zu führen suchen."

Ich, ich soll, mich haben Ste dazu auSersehen?" fragte Glaubttz tu höchstem Erstaunen.Wissen Sie denn auch, daß ich, ob ich Ihre Ansicht teile?"

DaS weiß ich nicht, es kommt hier auch nicht iu Frage," fuhr ste unbeirrt fort.Ich ersuche Eie einfach um Jhrm Rechtsbeistand in der Sache Richard Clausens; sein Schicksal ist das weinige; er ist mein Verlobter."

Ihr Verlader? Claasea?"

Ja; kurz vor dem schmachvollen Unglück, das ihn be­traf, hatten wir uns verlobt; und ich, Herr Rechtsanwalt, ich ruhe nicht eher, als bis ich seine Unschuld an den Tag gebracht habe. Ich wende mich an Sie mit der Bitte um Beistand, da ich weiß, daß Sie sein Freund sind, daß Ihnen daher sew Geschick am Herzen liegen muß."

Elisabeth hatte langsam gesprochen, jedes einzelne Wort genau betonend. Dabei hielt fie ihre Augen fest auf des Rechtsanwalts Gesicht gerichtet und fie bemerkte, daß eiu leises Zucken über seine Züge ging.

Ich stehe Ihnen zu Diensten," entschied Glaubttz nach kurzem Besinnen.

Fräulein Seydel neigte nur leicht den Kopf.

Nicht wahr," sagte fie dann,die Borgäuge des Mordabends find Ihnen genau bekannt?"

Jawohl, soweit daS eben bisher möglich ist."

Sie wiffeu auch, welches die Motive find, die Richard Claaseu in den Verdacht der Schuld gebracht haben?"

Jawohl," erwiderte der Rechtsanwalt mit düstere« Gesicht; er sah au der jungen Dame vorüber; seine Blicke hefteten sich starr auf eiu Bild, das ihm gegenüber an der Wand hing.