82. Jahrgang.

Auflage 2600.

»rschiiut täglich Att »«saahme der Goua« «»d Festtage.

HkriS vierteljährlich nrr 1 »P, mit Lräger« whu l. im Bezirks« »»d 1v iuL-Verkrhr 1.28 i« übrige« SSürtteurberg 1.S8 ^tz, MouatsabsNumuNtr «ach Verhältnis.

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«nzetgen-Gebüh» s. d. ispalt. gril» ««» grwöhnl. Gchrtst oder deren Rau« bet l«al. SimrSSuug 12 bei vr«hr»attzrr «utspr»che»d Rabatt.

«it de« Plauderstübche« u»d

«ch»Lb. Landwirt.

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Mittwoch dm 10. Juni

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Amtliches

Die Heere« Ortsschukirrspektoreu

werden veranlaßt, die durch Einberufung von Lehrern zu militärischen UeLungm den Gemeinden etwa erwachsenen Stellvertret««gSkofte» tunlichst f»f»rt nach Vorschrift der Konfist. Erlaffe vom 28. März 1890 und 22. Mai 1891 (Amtsbl. IX S. 4214 und 4317) hierher nachzuweiseu. Fehlanzeigen find nicht erforderlich.

Nagold,

Altenstetg-Dorf,

den 10. Juni 1908.

K. ge«. Oberamt in Schulsachen: Ritter. Schott.

Die K. Ortsschnlinspekterate

werden ersucht, die Herren Lehrer »«gesänmt darauf aufmerksam zu machen, daß Herr Sewinaroberlehrer Fant einen freiwilligen Bezirkszeichcnkurs in Nagold in den nächsten Wochen adhalteu wird. Der Kurs soll an 67 Samstagen je den ganzen Tag stattfinden, wobei die Oberschulbehörde ausnahmsweise gestattet hat, daß, soweit die Kurslage nicht in die Ferien fallen, außerordentliche Vakanz gegeben wird. Die Zahl der Teilnehmer soll in der Regel 20 nicht übersteigen; dabei find diejenigen Lehrer in erster Linie zu berücksichtigen, die Zeichenunterricht au Volksschulen zu geben haben.

Meldungen zu diesem Kurs bitte ich so rasch al» «öglich mir vorzulegrn.

Di» Kursteilnehmer erhalten eine Entschädigung nach bestimmten Normen. Das Nähere kann bei mir erfragt werden.

Altensteig-Dorf. 9. Juni 1908.

Bezirksschulinipekior Schott.

Die Morrarcheu-Begegmmg in Reval.

In zwei Hofzügen trafen aus Peter Hof der Kaiser mit der kaiserlichen Familie, die Königin von Grie­chenland, die Großfürstin Olga Alixaudrowua, Großfürst Michael Alexandrowitfch, Prinz Peter von Oldenburg und ein zahlreiches Gefolge, worunter sich Ministerpräsident Graf Stolypin. der Minister des Neuster«, JswolSki, Marine­minister Dtkow, der russische Botschafter in London mit dem Militärattache und dem Marineattachö befanden, in Reval ein. Alle begaben sich nach dem Hafen des neuen Beckens, wo ste von dem Geueralgouverneur und anderen Würden­trägern empfangen wurden. Die Bevölkerung begrüßte die Majestäten mit begeisterten Hurrarufen. Die Majestäten mit Gefolge bestiegen die Jachten Standart, Polarstern und «fia.

Um 9 Uhr wurde das englische Geschwader gesichtet. Während die Salutschüsse gewechselt wurden, fuhr das eng­lische Geschwader i» Bogen um das russische herum. Die englische Jacht Viktoria and Albert stellte sich dem Standart gegenüber, während die beiderseitigen Geschwader Kiellinie formierten. Der Kaiser fuhr mit seinem Gefolge in einem Kutter au Bord derViktoria and Albert" wo die gegen­seitige Legrüßung der Herrschaften um IlUhr lOMin.

stattfand. Der Kaiser verweilte kurze Zeit auf der Jacht Viktoria and Albert und begab sich daraus mit dem engli­schen Königspaar und der Prinzesst« Viktoria an Bord des Standort", wo ste von der Kaiserin nnd der Kaiserin- Witwe. den Mitgliedern des Kaiserhauses und den Mini­stern Stolypin, JswolSki und Dikow empfangen wurden.

Um 2 Uhr fand au Bord des Polarstern ein Früh­stück aller Fürstlichkeiten statt, an de« die Kaiserin infolge Ermüdung nicht teiluahm. Nach dem Frühstück zeichnete König Eduard Lea Ministerpräsidenten Stolypin durch eine lauge Unterredung aus. Der russische Minister des Auswärtigen, JswolSki, und der englische Uuterstaats- sekretär Hardiuge hatten an Bord der Almas eine einstün- dige Konferenz. Abends fand eine Serenade der Gesang­vereine statt, wobei Lieder in russischer und deutscher Sprache vorgetragen wurden. (Mpst.)

Uocitifchs dleSerstcht.

Ei« absprecheudes Urteil über die Fahrkarte»- fte«cr hat neuerdings wieder der badische Eiseubahummister in der Zweite« badischen Kammer abgegeben. Er erklärte, daß die badische Regierung niemals Freude an dieser Steuer gehabt nnd nur schweren Herzens im Bundesrat ihre Stimme dafür abgegeben habe. Die Erfahrungen hätten dargeiau, daß die von sämtlichen deutschen Elsenbahnverwaltungeu gehegten Befürchtungen begründet gewesen seien. Die badi­sche Regierung werde bestrebt sein, alle Tendenzen zu unter­stützen. die auf eine Beseitigung dieser Steuer oder wenigstens eine Reform hiuziellen.

Die mecklenburgische BerfaffrmgSreform darf nach dem jüngsten Votum der Staude noch nicht als ge­scheitert angesehen werden. Auf die ablehnende Haltung der Ritterschaft ging de« außerordentlichen Landtag die Antwort der Regierungen beider Reckleobnrg zu, in der eS heißt: -Die Großherzöge könne» sich nicht veranlaßt sehen, die in Aus­sicht genommene Antwort der Stände eutgegenzunehmeu. In der widersprechenden Stellungnahme der beiden Stände ge­genüber der Vorlage können die Großherzöge eine annehm­bare Erklärung auf diese nicht erblicken, müsse« vielmehr da­rauf bestehen, daß die LandtagSverhaudluugen ihren weiteren Fortgang nehmen. Die Großherzöge halten nach wie vor die Einführung einer repräsentativen Verfassung mit einer aus Wahlen hervorgegangenen Landesvertretuvg für ein un­abweisbar notwendiges Bedürfnis und lehnen es daher ab, den Ständen eine nene, auf rein ständischer Basis beruhende Vorlage herauszugeben." In der gestrigen Sitzung des außerordentlichen Landtags kamen zwei weitere großherzog­lich meckleaburg-schwerinische und mecklenburg-strelitzsche Re­skripte zur Verlesung. Das eine enthält die Bestimmung über die Einführung einer neuen Kircheuorduung, durch das andere wird der außerordentliche Landtag bis auf weiteres vertagt.

Der schweizerische B««deSrat hat mit den Ber­einigten Staaten von Amerika einen Schiedsgerichtsvertrag abgeschlossen und ihn der Bvndesversammlmg zur Geneh­migung unterbreitet.

Die «e«e Phase de- Sfterreichifche« H»chsch«l»

ko«flikte» führte am Donnerstag auch i« österreichischen Abgeordnetenhaus wieder zu einer Wahrmund-Debatte. Bemerkenswerterweise war es ein Tscheche, der besonder warm für Wahrmuud eiutrat. Er sagte, der Fall Wahr- muud sei ein typisches Beispiel, wie eis freier Forscher a«S seiner (deutschen) Partei und aus der Kirche hinan-geekelt, wie er verhetzt und ungerecht verurteilt werde. Der Redner protestierte dagegen, daß das Ministerium und die Jaus- brucker Fakultät die wissenschaftliche Betätigung Wahrmund» selbst am Seminar behindere, und erklärte, es handle sich gar nicht um eine Angelegenheit WahrmuudS, sondern um den unüberbrückbaren Gegensatz zwischen der orthodoxe« Religion und der modernen Wissenschaft, um jenen auch in Oesterreich unaufhaltbaren historischen Kampf, der zur Trennung von Staat und Kirche und zur Trennung^ von Schule und Kirche führen müsse. Alle Freidenkeuden müßten mit ihren Sympathien auf Seite der freien Forschung und der fortschrittlichen Studentenschaft stehea. Was die Klerikalen unter der Religion des Herzens verstünden, sei religiöser AlkoholismuS. Uebrtgens führte die eigen­artige Stellungnahme der deutschen Parlameutsgruppen zu arges Verstimmungen in den Parteien. Biele Austritte, selbst von Mitgliedern des Parlaments, find bereits er« folgt. Der Hochschulstreik hat i« den letzten Tagen noch an Ausdehnung gewonnen. Im Hinblick auf die Lage wurden gestern sämtliche Wiener Rektoren und Dekane zum Ministerpräsidenten berufen.

Die französische Dep«tierteuka«mer hat eine« begrüßenswerten Schritt ans sozialem Gebiet getan. Sie nahm mit großer Mehrheit einen Gesetzentwurf über die Legitimierung unehrlicher Kinder au.

In der «outenegriuische« Hauptstadt findet seit einigen Tagen der Prozeß wegen der angeblichen Ver­schwörung gegen das Leben des Fürsten statt. Hierbei kam es am Donnerstag zu einer unerwarteten Sensation. Ein Zeuge erklärte, daß Bomben in der staatlichen serbischen Waffeusabrik in Kragujevatz unter der Oberleitung des serbischen Thronfolgers und mit Wissen des Königs Peter emacht worden seien. Der Leiter der ganzen Aktion sei er Havptmaun Nenadovitch, ein naher Verwandter des serbischen Königs gewesen, welcher im Palais wie in seinem eigenen Haus ein- und ausgehe. Offenbar im Zusammen­hang hiermit steht es, daß der serbische Geschäftsträger in Cetivje gestern von der serbischen Regierung telegraphisch Ms unbestimmte Zeit beurlaubt wurde und die montene­grinische Hauptstadt bereits verlassen hat.

Die auffällige «Preise de» Schah» MS Teheran ist vielfach als Flucht gedeutet wordm. Etwas ähnliches kann immerhin vorliegen. Zwar meldet Reuter, der Schah habe sich nur nach seiner Sommerrefidenz begeben, wie er es alljährlich, wenn auch früher als im Juni, zu tan pflege. Die diesjährige Verzögerung seiner Ueberstedelnug werde dem am 28. Februar gegen ihn verübten Bomben­anschlag zugeschrieben. Im Gegensatz hierzu berichtet jedoch die St. Petersburger Telegrapheu-Ageutur: Meldungen von eine« vorbereiteten Anschlag gegen den Schah hatten

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Die weiße Nelke.

Kriminalroman von I. Ka«ldach.

(Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)

ES find ein paar Personen der Tat verdächtigt wor­den," fuhr Elburg fort,die man aber wegen Mangels au Beweisen wieder ans freien Fuß setzen mußte: die Wohn­ung t« Hintergebäude zunächst der deS Ermordeten hatte damals ein Mann namens Henzeu iuue; ein seltsamer Kauz. Man hielt Haussuchung bei ihm; er wurde mehrfach ver­nommen, aber aus ihm Var nichts berauszubrtugeu; auch konnte er sein Alibi Nachweisen. Außerdem bürgte ei» Rechtsanwalt Glaubitz für ihn, beide« er Schreiber war."

Glaubitz?" warf Flnth eia.Verzeihen Sie, ist daS derselbe Rechtsauwall Klaubitz, der später nach Berlin zog und noch jetzt dort wohnt?"

Das weiß ich nicht," gab Eiburg zurück,ich kenne ihn nicht. Es gibt übrigens viele dieses Namens, soviel ich weiß; es war ein noch junger Mensch ich erinnere mich seiner ungefähr; nun, wie gesagt, dieser bürgte für den Henzen und stellte ihm ein selten vorzügliches Zeugnis aus."

Und wer wurde sonst noch vernommen?" forschte Flnth.

Der Landgertchtsdirektor zog die Uhr; er -begann ein wenig ungeduldig zu werden.

ES wird Ihnen nichts, gar nichts helfen," sagte er, indM er mit der Fußspitze nervös auf den Boden klopfte; man hat die jetzt ermordete Goladtka damals auch ver­nommen, da sie Vorleserin bei Bruns gewesen war, und

«an sagte so allerlei über das Verhältnis, doch auch dies Verhör blieb ohne Erfolg. Der Sohn deS Bruns, der in schlechtem Einvernehmen mit seinem Vater stand, wurde am stärksten verdächtigt, anfangs; doch ist nachgewieseu, daß dieser erst nach dem Morde von auswärts eintraf. DaS ist alles, was ich Ihnen über die damaligen Vorfälle Mit­teilen kann."

Flnth erhob sich.Ich danke Ihnen für Ihre gütige, Auskunft." sagte er.Freilich, viel Neues habe ich nicht erfahren," dachte er enttäuscht.

Der Landgertchtsdirektor zuckte die Schultern mit einem Ausdruck, der auzudeuten schien, daß Flath sich vergeblich bemühen werde in einer Sache, die er ein erfahrener, gewiegter Jurist mit aller Mühe schon nmsoast durch­forscht hatte. Immerhin war es lobenswert, eine so streb­same Kraft gefunden zu haben.

Ich wünsche Ihnen Glück in Ihrer Karriere, »ein Herr," sagte Elburg sehr gönnerhaft beim Abschied zu August Flnth.Sie sollten in den Staatsdienst treten, der Staat schätzt solche Beamten, die es gewissenhaft nehmen und die. .

Ich danke verbindlichst," entgegnete Flnth mit Ge­nugtuung;ich habe gearbeitet drüben im neuen Erdteil beinahe mit Pferdrkrast, damit ich mein eigener Herr wurde; jetzt bin ich mein eigener Herr, ein himmlisches Ge­fühl, Herr Landgerichtsdtrektor, selbst Ge könnten mich darum beneiden."

Ein halb spöttisches, halb mitleidiges Lächeln zog um die Lippen des LaudgerichtSdirektorS.

Daun freilich" erwiderte er,werden Sie keine Lorbeeren ernten."

Nicht in Ihre« Sinne," sagte Flnth frei,aber hoffent­lich in de« «einigen, Herr Laudgerichtsdirektor. Ich habe die Ehre, mich Ihnen zu empfehlen."

Noch nie in seiner Stellung als hoher Beamter war es dem Landgerichtsdirektor begegnet, daß ein junger Mensch ohne Titel, ohne hochkltugendeu Namen sich so stolz von ihm verabschiedet hatte. Er empfand so gar nicht die innere Größe, die ihm sonst nach einem Besuche niederer Beamte» die Brust geschwellt hatte.

Ein wenig enttäuscht über die geringen Anhaltspunkte, die er von dem Laudgerichtsdirektor erhallen hatte, schleu­derte Flnth durch die belebten Straßen nach dem alten Kanfhaase BruuS. Er war so sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, daß er das Menschengewoge gar nicht sah, sondern nur mechanisch immer auf einen bestimmten Punkt starrte, etwa einen Laterueupfahl, de« er vermeiden mußte, oder «tue Straßenecke, wo er eiubiegeu wollte.Die Tür, die Tür, die verdammte Tür!" rief eS immerzu in ihm; er ertappte sich daraus, daß er eS schon im Takt des Wagenrolleus. nach dem Rhythmus deS Pferdegetrappels vor sich hin sagte. Dann fragte plötzlich seine Vernunft: WaS willst du eigentlich mit der Tür? Was geht ste dich au?"Ja, ja," kombtnterte er dann,wenn ich erst weiß, daß diese Tür nach dem Hintergebäude wirklich vorhanden ist, daun ist kein Zweifel «ehr, daß der Mörder deS alten BrunS ein genauer Senner deS Hauses und vielleicht ein Bewohner des RückgrbändeS gewesen ist. Und wem ich daS