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rich in London und Frankfurt ausbezahlt worden ist. Die der Kaiserin Friedrich weiter vermachten Schmuckgegenstände sind außerordentlich zahlreich, es befinden sich darunter nicht weniger als 80 große Pellenschnüre. Die Schmuckgegenstände werden auf ungefähr 8 Millionen Franken bewertet und sind gleichfalls den Bevollmächtigten der Kaiserin Friedrich bereits überwiesen.

Berlin, 6. April. Die Vorgänge an der ostafrikanischen Küste. Die Nachricht, daß Reichrkommissar Wißmann die deutsche Flagge an den ostafrikanischen Küstenplätzen an Stelle der Deutsch-Ost» afrikanischen Gesellschaft und neben der Sultanrflage gehißt habe, wird, der Nat.-Ztg." zufolge, in allen kolonialsreuntlichen Kreisen freudig ausgenommen und besonders hat dieselbe innerhalb der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft selbst lebhafte Genugthuung hervorgerufen. Die Gesellschaft findet einen von Beginn ihrer Unternehmungen an gehegten Wunsch erfüllt, wenn sie heute den Platz ihrer Flagge, die Jahre hindurch in aufopferungsvoller schwerer Arbeit deutscher Kolonisation in Ostafrika die Wege ebnete, dem Symbole des Reiches räumen darf in dem Äewußlsein, daß das, was sie als Bahnbrecherin erstrebt und erkämpft, von machtvoller Hand jetzt gewahrt und fortgeführt werden wird. Die Deutsch Ostafrikanische Gesellschaft wird sich jetzt mehr und mehr ihren wirtschaftlichen Aufgaben zuwenden können.

Wilhelmshafen, 4. April. Die KreuzerkorvetteSophie" und das KanonenbootW o l s" sind, erstere von Sansibar, letzteres von der ostasiatischen Station aus, nach Samoa beordert.

Ausland.

Bei der Untersuchung der Züricher Bombenaffaire konnte der N. Z. Z." zufolge der Bestand eines nihilistischen Komplottes nicht erwiesen werden. Es werde daher vermutlich nicht zu einer gerichtlichen Anklage kommen, vielmehr dürfte die Angelegenheit mit einer Anzahl administrativer Ausweisungen ihren Abschluß finden.

Paris, 5. April. Tirard erklärt: Die Regierung wolle die ge­richtliche Verfolgung eines Mannes, der die Republik umzustürzen beabsichtige; sie müsse die bestehenden Institutionen verteidigen gegen Parteiumtriebe, sie werde alle erforderlichen Maßregeln ergreifen, um das Land gegen den Schrecken eines Bürgerkriegs zu schützen. Sie sei überzeugt, das Volk werde ihr recht geben. (Beifall.) Der Antrag auf Ermächtigung zu der gerichtlichen Verfolgung Boulangers wird mit 335 gegen 203 Stimmen angenommen. Vor der Abstimmung treten mehrfache tumultuarische Zwischenfälle ein.

Brüssel, 4. April. Die Anwesenheit Boulangers hat hier bis jetzt keinerlei Erregung hervorgerufen. Der General erklärte heute morgen, falls er vor den Senat geladen werde, gedenke er hier zu bleiben. Da er somit einem längeren Aufenthalt entgegensieht, hat er bei den Ministern und beim Bürgermeister seine Karte abgegeben. Laguerre, Le Hörisss und wahr­scheinlich auch Mtllevoie und der Vorsitzende des Boulangtstenausschusses in Nord kommen heute abend zur Beratung mit Boulanger nach Brüssel; ihre polizeiliche Ueberwachung ist angeordnet.

Brüssel, 4. April. Eine Depesche des Gouverneurs des Congo- staates an die hiesige Congoreaierung aus San Thome vom 3. April meldet, nach Gerüchten arabischer Quelle, dir an den Stanleyfällen umliefen und kongoabwärts am 28. Februar nach San Thome gelangten, befanden sich Stanley und Emin Pascha mit mehreren Tausend Männern, Frauen und Kindern und mit 6000 Elefantenzähnen auf dem Marsche in der Richtungnach Sansibar.

Wien, 5. April. Heute abend 9 Uhr wurde in der Kapuzinerkirche die Leiche des Kronprinzen Rudolf definitiv beigesetzt. Um 8 Uhr brachte man den zur Aufnahme des Verewigten bestimmten Metall­sarkophag in die Gruft, wo er neben dem Sarge des Kaisers Maximilian von Mexiko, rechts von der Ruhestätte Maria Theresias aufgestellt wurde. Kurz vor 9 Uhr versammelte sich der gesummte Konvent mit dem Guardian

und dem Provinzial an der Spitze, alle große Wachskerzen tragend. Nach 9 Uhr öffnete der Pförtner die Thür, hereinschritten der Obersthofmeister Hohenlohe und der Burghauptmann Kirschner, und alle Anwesenden begaben sich in die Vorhalle der Gruft. Unter tiefem Schweigen gruppierte man sich um den mit Kränzen bedeckten, von Kerzen umgebenen Sammetsarg. Nach der Einsegnung wurde derselbe aufgehoben und rechts durch das geöffnete Gitter in den Grustraum getragen und sofort in den bereitstehenden Sarko­phag gestellt. Bevor der Deckel zum letztenmale geschlossen wurde, nahm der Guardian nochmals die Einsegnung vor. Alles entfernte sich, bis aus den Burghauptmann Kirschner und die Arbeiter, welche den Sargdeckel verlöteten; schließlich wurden noch mehrere Kränze aus den Sarg gelegt.

Aus London, 4. d. M., wird demBerliner Tageblatt" gemeldet: Aus der Schweiz treffen hier viele russische Flüchtlinge ein. Unter den hiesigen Nihilisten herrscht eine auffällige Erregung. Die hier stationierten russischen Detektives glauben, daß ein Anschlag geplant war, momentan aber durch die Züricher Entdeckung vereitelt worden sei. Aus Petersburg sind einige Geheimpolizisten in besonderer Mission hier eingetroffen."

London, 5. April. Times meldet aus Sansibar: Wißmann begab sich gestern an Bord des deutschen Flaggenschiffes, um die Küstenlinie zu besichtigen. Er soll erklärt haben, seine erste Pflicht werde sein, den Handel der deutschen Küste wieder herzustellen und die Karawanenwege zu schützen. Eingeborene in der Nähe von Lindi schossen auf ein Boot der englischen Schaluppe Reindeer; Niemand wurde verwundet. Die deutsche Korvette Sofie segelt morgen nach Samoa ab.

An der zu Ehren des Kaisers Wilhelm bei Spithead im Juli abzuhaltenden Flottenrevue werden 26 Panzerschiffe und ge­panzerte Kreuzer und 20 andere Kreuzer teilnehmen. Die Besatzung der Panzerschiffe und gepanzerten Kreuzer beläuft sich allein auf 12,000 Mann. Zu allen diesen Schiffen gesellen sich noch 5 Küstenverteidungs-Panzerschiffe, 30 Torpedoboote und 28 Kanonenboote. Die eigentlichen Flottenübungen werden drei bis vier Wochen dauern.

Petersburg, 2. April. Die Polizei machte wichtige Entdeckungen in Wilna, wo mehrere Personen verhaftet wurden unter dem Verdacht, an dem Züricher Komplot beteiligt zu sein. Es scheint fast gewiß zu sein, daß die Bomben für ein Attentat auf den Zaren während seines demnächstigen Besuches in Berlin Verwendung finden sollten.

Rom, 4. April. Die Frechheit der neapolitanischen Spitzbuben hat einen hohen Grad erreicht; mehrere von ihnen umringten am Hellen Tage auf offner Straße die Prinzessin Strongoli, Hofdame der Königin Mar­garethe, als sie eben in ihre Equipage einsleigen wollte. Der frechste Bursche riß der Dame einen diamantenen Ohrring im Werte von 2500 Lire ab und entfloh mit seinen Helfershelfern, ohne daß es auch gelang, nur einen der Strolche festzunehmen.

Kcrgss-Weuigkeiten.

Neubulach. Letzten Dienstag abend versammelten sich die Väter der Stadt und eine größere Anzahl der Bürgerschaft imRößle" zu einer Ab­schiedsfeier für den in den Ruhestand getretenen und nun nach Freudenstadt ziehenden Schullehrer Reinhardt. Stadtpfarrer G. von hier hob hervor, wie jedes Leben ein Kampf sein müsse, wie insbesondere ein Schullehrersleben ein steter Kampf sei und wie treu Schullehrer Reinhardt diesen Kampf ge­kämpft. Vikar W. bat den Scheidenden, die alte Reichsstadt Neubulach in gutem Andenken zu behalten, indem er es mit seinen Neubulacher Erinner­ungen mache, wie die Neubulacher mit dem Wasser: alles Trübe den Berg hinablaufen lasse, alles Klare und Erfrischende in seinen Erinnerungen stets heraussteigen" lasse. Stadtschultheiß H. hob hervor, wie der Scheidende nie sich in politische und andere Händel gemischt, sondern stets in seinem Amte

Gehen Sie ins Haus und holen Sie Hilfe; mein Platz ist 'hier, bis sein Leichnam fortgebracht wird. Sie können mich getrost hier lassen," fügte sie hinzu, als sie sah, daß Mr. Egerton zögerte.Ich fürchte mich nicht; denn der Tote ist mein Schutz!"

Mr. Egerton erkannte, daß ihm nichts Anderes übrig blieb, als zu gehorchen; es mußte nicht nur der Leichnam ins Haus geschafft, sondern auch unverzüglich nach der Polizei geschickt werden, sollte Licht in dieses Geheimnis kommen.

34. Kapitel.

Als Jsabella Farquhar mit dem Toten in der Finsternis allein zurückblieb, verharrte sie noch eine Weile in derselben Stellung, in der Mr. Egerton sie zurück- gelassen hatte. Ihr Kopf war gesenkt, ihre Hände verschlungen; all ihre Gedanken warm nur auf die Lösung der einm Frage gerichtet, wer diese schändliche That voll­bracht habm konnte.

Trotz der schrecklichen Lage, in der sie sich befand, beschlich kein Schatten von Furcht ihre Seele. Ihr erstes Gefühl, als sie ihren Bruder ermordet auf dem Bodm liegm sah, war natürlich ein heftiger Schmerz gewesen, aber demselben folgte sofort, nicht minder heftig, der Gedanke an die Rache.

Ja, sie wollte den Thäter ausfindig machen und der Gerechtigkeit überliefern; sie wollte es; sie mußte es um jedm Preis!

Sie erhob sich plötzlich aus ihrer kniendm Stellung, nahm die Lampe, di« auf dem Boden stand, und beleuchtete das Mos rings umher, hoffend, eine Spur zu finden, die zu einer Entdeckung führen könnte.

ES war nirgends Etwas zu entdecken; in dem ungemein dichten und üppigen Mose, das dm Boden bedeckte, ließen selbst Schritte keine Spuren zurück.

Obwohl der Leichnam auf einer mehr offenen Stelle lag, war dieselbe doch ringsum von Gebüsch und Bäumen hinlänglich umgeben, so daß, angmommm, Far­quhar habe sich auf das Brückengeländer gestützt, der Mörder gmügmde Gelegenheit gehabt hatte, sich hinter demselben zu verbergen, um sicher auf ihn zielen zu können.

Wenn ihn der Schuß eines Wildschützen traf, so war es nur ein Flinten­schuß, und man kann sich darüber leicht Gewißheft verschaffen," sagte Jsabella.

Sie neigte sich wieder über den Toten und untersuchte die Wunde auf seiner Stirn. Obgleich dieselbe stark geblutet hatte, war es doch leicht zu erkennen, daß die ganz kleine, runde Oeffnung nicht von einem Flintenschuß herrühren konnte.

Nein," rief Jsabella laut für sich,das ist kein unglücklicher Zufall, sondern eine wohlüberlegte That gewesen!"

Wieder suchte sie zwischen dem Gebüsch und auf dem Boden, ohne jedoch Etwas zu finden, bis sie plötzlich an einen Baum kam, der einen hohlen Stamm hatte, in welchem sich etwa drei bis vier Fuß oberhalb des Bodens ein mehrere Zoll breiter Spalt befand.

Sie hob die Laterne in die Höhe und leuchtete in dm Spalt hinein und eS kam ihr vor, als fiele das Licht auf etwas Blinkendes, Stahl oder ein anderes glänzendes Metall, das auf einem Haufen welker Blätter lag, die sich in der Höhlung angesammelt hatten.

Entschlossen, sich Gewißheit darüber zu verschaffen, was dies wohl sein mochte, schaute sie sich nach einem gebogmen Holze um, mit welchem sie den glitzernden Gegenstand herausziehen konnte; da sie nichts Anderes fand, griff sie nach dem Spazierstock ihres Bruders, der unweit von dem Leichnam lag und seinem ge­bogenen Griff sich vortrefflich für ihren Zweck eignete.

Sie fuhr damit in dm Spatt hinein und nach einigen vergeblichen Versuchen gelang es ihr, dm Gegenstand, der ihren Blick gefesselt hatte, zu erfassen. Derselbe erwies sich als eine ganz kleine, mit Silber beschlagene, außerordentlich elegant ge­arbeitete Pistole.

DaS Metall war wunderschön ciseliert und auf einer klemm Platte befand sich rin verschlungenes Monogramm, bei dessen Anblick Jsabella heftig erschrak. ES waren die Anfangsbuchstaben des Namens ihres Bruder». Ja, es war dies eine Pistole von einem Paar ganz gleicher, die sie selbst einmal ihrem Bruder geschenkt hatte, und sie erinnerte sich an einm kleinen Zwischenfall, der sich vor einigen Tagen «reignet hatte.

(Fortsetzung folgt.)