82 . Jahrgang.
Auflage 2600 .
Erscheint tLgltch «it ÄnSrrahme der E,»n. «nd Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1 mit rräger-
i»h» 130 im BezirtS-
«nd 10 tw-Bsrkehr 1.LS »i, i« übrigen Württemberg > SS ^e. MonatSabonneWentr »ach «erhält»».
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Luzeigea-Wedühr f. d. Isp-lt. Zell» an» gewöhn!, Gchrtst oder deren Raum bet l«al> Einrückung 10 < bet mehrmalig« entsprechrnd 0t-»dan
Mit dem Plauderstübch«» n»d
Schwäb. Landwirr,
117
Mittwoch den 20. Mai
1S08
Amtliches.
Nekauvtmachung der A. Zentralstelle. Landesausstellung von Lehrttugsarbeite» LS«8.
Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 8. April 1908 bringen wir zur Kenntnis der Beteiligten, daß die Ausstellungsgegenstände in der Zeit vor» IS. bis 2«. Mai an das Wollhaus i« Heilbrou» einzuseuden find, soweit nicht die Verfertiger der Gegenstände bis zum 18. Mai von der Nichtzulassung benachrichtigt worden sind.
Bei der Einsendung sind folgende Vorschriften genau zu beachten:
1. Die Einsendung erfolgt nicht durch jeden Aussteller gesondert, sondern durch die örtlichen gewerblichen Vereinigungen. Nur wenn sich die nächst erreichbare gewerbliche Vereinigung weigern sollte, eine Arbeit weiterzugebeu, kann diese unmittelbar eingeschickt werden.
2. Die gewerblichen Bereinigungen befördern sämtliche bei ihnen eingelaufenen Ausstellungsstücke in einer Sammelseudung.
3. Jeder Lieferung ist ein Verzeichnis der Ausstellungsgegenstände anzuschließen, das die Namen der Aussteller und eine Aufführung der sämtlichen, von jedem Aussteller gefertigten Arbeiten enthält. Vordrucke für diese Verzeichnisse gehen den Vereinigungen, von denen nach den Anmeldungen Arbeiten einza- !enden sein werden, von hier aus zu.
4. An den Ausstellungsgegenständen find vor der Abfindung die Kärtchen mit der Angabe des Namens des betreffenden Lehrlings usw. gm zu befestigen.
5. Bäcker, Konditoren und Gärtner, die Arbeiten auS- stellev, werden je besonders benachrichtigt, an welchem Tape sie die Arbeiten elnzuscndm haben.
Die Einlieferung dieser Arbeiten erfolgt durch die Aussteller unmittelbar an das Wollhaus in Heilbronn. Im übrigen find jedoch auch von ihnen die allae- metnen Vorschriften zu beachten.
6. Die Einlieferung der sämtlichen Ausstellungsgegenstände erfolgt entweder durch die Post (als portopflichtige Dienstsache) oder mit der Bahn unfrankiert. Besondere
. Fuhrwerk: dürfen nur insoweit verwendet werden, als der hierdurch verursachte Aufwand die Kosten der Beförderung mit der Baim nicht erheblich übersteigt. Angesichts der großen Zahl ganz gleichmäßiger Gegenstände, die bei der Ausstellung zusammenkommeu, ist die genaueste Einhaltung vorstehender Vorschriften unumgänglich notwendig, da sonst Verwechslungen und andere Jrruugm nicht zu vermeiden sind.
Ausstellungsstücke, die erst nach dem 26. Met ein- kommen oder die nicht zuvor für die Teilnahme an der Ausstellung angemeldet worden find, können nicht angenommen werden.
Die Eröffnung der Ausstellung wird noch bekannt gemacht werden.
Stuttgart, den 14. Mai 1908. Mosthaf.
Die weiße Nelke.
Kriminalroman von I. Kaulbach.
(Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)
„Muß ich denn gewußt haben, wer der Herr Claasen war? Er hieß früher anders, er hieß —"
„BruuS, ganz recht." fiel ihm der Untersuchungsrichter ins Wort. „Sie haben diesmal ausnahmsweise die Wahrheit gesagt. Claasen, wußten Sie, daß dieset Mensch in Berlin war?"
„Nein, ich habe ihn seit Leipzig nie wieder gesehen." „Nun, warten wir ab. Wir werden das alles schon herausbringen. Vorläufig haben wir festgestellt, daß Sie, Markworth, den Besitzer der Wohnung, in dem der Diebstahl und der Mord geschahen, aus früherer Zeit genau kannten. Vielleicht find Ihnen auch noch andere Leute ans dem fraglichen Hause bekannt. Die Dicustmagd hat von einem gesprochen, der am Tage des Mordes dort gebettelt hat; die Beschreibung könnte auf Sie stimmen. Rusen Sie einmal Ricke Müller herein," fügte er, zu dem einen Beamten gewendet, hinzu.
Es war, als weun Markworth etwas sagen wollte. Er machte eine Bewegung mit der Hand, wie u» den Beamten zurückzuhaltcn. Hagenberg beobachtete ihn genau.
„Wollten Sie etwas bemerken," fragte er mit bedeutsamer Betonung.
Einen Augenblick rang Markworth abermals mit sich, dann siegte wieder sein Trotz.
Die Herren Ortsvorsteher
werden darauf aufmerksam gemacht, daß über jeden Fall der Zerstörung oder Beschädigung eines Gebäudes oder seiner Zubehörden durch Blitzschlag, mag letzterer gezündet haben oder nicht, «nd dir Beschädigung noch so geringfügig sein, umgehend hieher Anzeige zu erstatten ist.
Nagold, den 19. Mai 1908.
_ K. Oberamt. Ritter.
«u die Ortsbehörde«,
betr. die Veranstaltung von Wanderkochknrse«.
Die Ortsbehörden derjenigen Gemeinden, tu welche« die Veranstaltung von Wanderkochkursen im Laufe des nächsten Winters beabsichtigt ist, wollen hierüber binnen 4 Wochen Bericht erstatten, damit für die Gewinnung der Lehrerin rechtzeitig Fürsorge getroffen werden kann. In den Berichten ist die ungefähre Zahl der Teilnehmerinnen, sowie die gewünschte Zeit zur Vornahme des Kochkurses anzugeben.
Man vertraut zu den Herren Ortsgeistlicheu, Ortsvorstehern und Lehrern des Bezrks, daß sie in ihren Gemeinden fortgesetzt auf die Abhaltung von Wanderkochkurseu hin- wirkeu, damit die so segensreiche Einrichtung immer mehr Boden gewinnt und die weibliche Jugend in hinreichender Weise für ihre künftigen Aufgabe» heraugebildet wird.
Nagold, 19. Mai 1908.
K. Oberamt. Ritter.
Eine parlamentarische Kayrt nach dem Osten.
Noch drm „Schwäbischen Merkur".
Ostmarkmpolitik, Enteignungsgesetz, Spracheuparagraph hatten iu deu Parlamenten die Volksvertreter sattsam beschäftigt u. ernsthaft erregt. Fünf ReichstagSabgeordnete der natioualliberale» Partei, darunter Prof. Wetzel-Eßlivgen, folgten einer Einladung ihres Kollegen, des Reichsbankdirektors Oriel ü Thorn, dteOstmark ans eigenerAuschauug kennen zu lernen. Es wu.^. ' ^ Posen, welches stark poloui-
stert erschien, daun Bromberg; hier wie iu Posen geschieht sehr viel, um das Deutschtum dem Polentum gegenüber zu stärken. Wetter wurde besucht Thorn, welches bedeutungsvolle Faktoren deutschen Kulturlebens anfwcist. Man fuhr von hier zur Anstedlung Vulkan. Magdeburger Bauern sitzen hier seit 10 Jahren, auch einen schwäbischen Landsmann aus Schwieberdingen begrüßte ich iu seiner Wohnung und beglückwünschte ihn zu seinem siebenten Buben. Sonst fitzen die Schwaben, die Fetzer, Storz, Lang, Häberle, Mohr, Blum, Schlech, seit den Zetten Friedrichs d. Gr. meist im Kalmer Land. Leute mit 300—400 Morgen Landes und einem Vermögen von 40—60000 ^ find unter ihnen nicht selten. Der Oberverwalter der Bezirke Thorn und Briefen, etliche 50 Austcdlungev belehrte uns eingehend über die Tätigkeit der Anfiedlungskommisfion. Der Bezirk Briefen ist zu 29 °/° des Areals deutsch besiedelt worden. Die Ansiedler kommen aus deu verschiedenen
Ländern, nicht eben zur Freude der Deutsche« und mit
zweifelhaftem Erfolg wurden neuerdings auch Versuche gemacht, deutsche Rückwanderer aus Rußland und Rumänien mit anzustedelu. Die Kommission verlangt eine Anzahlung von 5000—10000 je nach Güte des BodeuS. Zum Bau und zur Einrichtung werde» bis zu 50 "/» der Anzahlung, die hinterlegt wird, Ergänzuugsdarleheu gewährt. Zu Anfang wurden Güter bis zu 300 Morgen und mehr abgegeben. DaS bewährte sich nicht. Sie mußten mit polnischen Arbeitern bearbeitet werden. Jetzt werden Güterstellen mit 5 bis 50 Morgen gebildet. Ein wohltueudes Bild, diese sauberen, einfach, solid gebauten Höfe, neuerdings lieber iu der Form des geschloffenen Dorfes angelegt, mit Kirche und Schule und „Krug". Alles kommt bet dieser Tätigkeit der Ostmarkenpolitik darauf an, daß die richtigen Persönlichkeiten als Beamte angestellt werden; keine Bureaukrateu, sondern praktische volksfreuudliche Männer. Die Ansiedler bringen es, wenn sie fleißig und bescheiden leben, alle zu etwas. Die Abzahlung leisten die Ansiedler iu 3"/, Skonto im Jahr; iu 50—60 Jahren stehen sie frei; 10°/» können überhaupt nicht abgezahlt werden, da sich die Anfiedlungskommisfion gewisse Rechte des Eingreifens Vorbehalten muß. Um deu Gürtel der deutschen Aufiedluugeu zu schließen, wird das Enteiguuugs- gesetz dl besonders dringende« Fällen gute Dienste tun. Kein Zweifel, daß dieses Gesetz die Gegensätze verschärft hat. Es wird jetzt ein gesellschaftlicher Kleinkrieg in deu Städten zwischen Deutschen und Polen geführt, der für viele finanzielle und gesellschaftliche Nachteile bringt. Für die am meisten angefeiudeteu Lehrer der Volksschule ist die Ost- markeuzulage ein geringer, aber immerhin dankenswerter Beitrag. Die Reise ging daun nach der preußischen Grenzstadt Gollub, wo eine Volksschule besucht uno au polnische Kinder deutsche Fragen gerichtet wurden, die recht nette Antworten zur Folge hatten. In der russischen Kreisstadt Rypin wurden die Reisenden sehr gastfreundlich ausgenommen. Unterwegs dahin traf mau auf Armut und Unkultur aas dem Land, in der Stadt Kultur ja Ueberkultur; daneben aber wieder Züge halbbarbarischer Unkultur. Nach der Rückkehr in die deutsche Heimat grüßen die Reffenden ihre deutschen Brüder aus der Ostmark und versprechen thue« ihre Unterstützung in ihrem schweren Kampf für deutsche Kultur und Art und Sprache.
UolAifcHs Hl eb er ficht.
Zn« Entwurf eine- «eneu Wein-efetzes hat
nun auch die Vereinigung der württ. Weinhändler Stellung genommen. Es wird in dem geplanten Gesetz eine schwere Schädigung des württ. WeiuhandelS gesehen; insbesondere wendet die Vereinigung sich gegen die Bestimmung, wonach die Zuckerung nur innerhalb des Weiugebiets vorgenommeu werden darf, aus dem die Trauben stammen. Es wird vielmehr die Forderung erhoben, daß die Zuckerung solcher Weine für das ganze deutsche Reichsgebiet unter geeigneter Kontrolle freigegeben werde. Schließlich wird noch hervor- gehobeu, daß das Weiugesetz von 1901 sich gut bewährt
„Nein," antwortete er kurz.
Die nun folgende Scene strafte ihn jedoch von neue« Lügen. Die Dieustmagd Rieke trat, von de« Beamten geleitet, ins Zimmer. Sie war heute ganz mutig und sah aus, als ob fie sich vorgenommen hätte, durch kühle Unerschrockenheit ihre Unschuld an allen schreckliche« Vorfälle« zu bekräftigen. Doch kaum hatte sie einen Blick auf ,Franz Markworth geworfen, als ihr rundes, rotes Gesicht dm Ausdruck der Kaltblütigkeit völlig verlor und deu des namenlosen Schreckens auuahm.
„O, du jrundjütiger Himmel! Franz! Du! — Du!" schluchzte die Magd ans, — „und du willst mir lieb jehabt haben?"
„Das find ja hübsche Sachen," sagte Hagenberg; „um, denke ich, werden wir wohl endlich einmal vorwärts kommen. Markworth, in welchem Verhältnis standen Sie zu dem Mädchen?"
Markworth schwieg, und sein Gesicht verlor keinen Augenblick deu finsteren Trotz.
„Nun, wollen Sie nicht endlich einmal reden?"
„Sie war meine Braut," gestand er.
„So. Rieke, und nun antworten Sie einmal wahrheitsgetreu. Wenn Sie Ausflüchte machen, kann Ihr Geliebter womöglich auch tu deu Verdacht des Mordes gelangen. Merken Sie sich das. Rieke Müller."
„Liebe is blind! o je. o je! Franz," jammerte Rieke ans, „wer hätte das iu deinem ehrlichen Aeußeren vermutet, daß du eine Schlange in deinem Herzen trägst, Franz!"
Der Untersuchungsrichter ließ ihr aber keine Zeit zu
weiteren Gefühlsäußerungen. Er unterzog fie einem peinlichen Verhör, brachte heraus, daß Markworth verschiedene- male bei ihr in der Wohnung gewesen war, die HauSge- legeuheit also genau kannte, und schloß mit der Frage:
«Jetzt sagen Sie mir genau, ob Sie wissen, daß Ihr Bräutigam am Mordabend bei Ihnen tu der Wohnung war?"
„Das weiß ich jewiß, daß er »ich da war. Er hatte mir jeschrieben, ick sollte ihn am Abend um dreivtertel neune au der nächsten Straßenecke erwarten; da hatten wir unS schon öfter jetroffeu, mein Jott, «an will doch ooch was sorS Herz! Da hat er häufig bei mich jestaudeu und jejammert und hat jesagt: ,O, Rieke — mich is alleus quer jejangen ins Lebe»!' Da Hab' ick denn jesagt: .Franz, habe ick jesagt, daS kommt davon, daß du ein Sozialdemokrate bist!' Dadrum haben wir unS oft beinah verzürut. Aber au dem bewußten Abend, da habe ick überhaupt nichts zu ihm sage« können, denn er is »ich jekommeu."
„Ist nicht gekommen?" fragte Hagenberg überrascht.
„Keine Spur; ick habe jewartet und jewartet, aber kein Franz is jekommeu."
Des Untersuchungsrichters Gesicht war sehr ernst geworden.
„Das ist ja ein höchst interessanter Aufschluß. Verstehen Sie, Markworth, was diese Aussage bedeutet? Sie habe« au dem betreffenden Abend Ihre Braut durch ein angebliches Stelldichein auf die Straße gelockt, — damit war die Wohnung verlassen und leer; denn auch Freytag war fort, vaS Sie vermutlich wußten, also hatten Sie