82 . Jahrgang.

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«st in Nagold: Mai. 9 Uhr -2 Uhr Andacht.

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Kai. V'IOUHr Predigt.

Ihr Gebetstunde. »lichst eingeladeu.

Nagold: ial», 10 I. alt, :ts Johann Geor> Nai.

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Erscheint täglich mit Lninahme drr Ton»« «ni» gesttage.

Preis virrteljShrlich hie« 1 ^r, mit Träger» loh» 1.20 ^k, t« BrztrlS» «nd 10 Icw-Brrlehr r.LS im Sbrige» Württemberg 1.S5 »M, «onatSabonnementS »ach Verhältnis.

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Montag den 11 . Wat

1908

P«ls»e»r«r-che Rrchrichtev.

WSrttLmhergischcr Landtag

Stuttgart, 8. Mai.

Das »e«e Vereiusgesetz im Landtag.

Diejenigen, die bet der heute begonnenen Beratung der verschiedenen Anträge zum Reichsvereinsgesetz einen »großen Tag" erwarteten und es waren ihrer nicht wenige, wie die dicht besetzte Zuschauertribüne bewies find wohl nicht ganz auf ihre Rechnung gekommen. Es kamen zwar die Redner sämtlicher Parteien, welche Anträge edlgebracht hatten, zum Wort, und schließlich sprach auch «och der Minister des Innern, dessen Ausführungen ent­schieden den Höhepunkt des Tages bildeten, aber im all­gemeinen hatte Man doch den Eindruck, daß der heutige Tag mehr dem strategischen Aufmarsch der Parteien für die für morgen zu erwartendeAbrechnung" war, die nach den Andeutungen verschiedener Blätter im württembergischen Landtag noch als Nachspiel zu den Reichstagsverhandluugeu folgen sollte.

Eröffnet wurden die viereiuhalbstündigen Verhand­lungen mit einer frischen Rede des Abg. Dr. Elsas zur Begründung des dringlichen Antrages der Volkspartei. Dr. Elsas wies darauf hin, daß die verschiedenen Vorbe­halte, die im Reichsveremsgesetz zu Gunsten des freiheit­licheren Südens gemacht wurden, auch in den demnächst zu erwartenden württembergischeu Vollzugsverfügimgeu zum Ausdruck kommen muffen. Eine liberalere Handhabung des Gesetzes in Süddeutschland werde nicht ohne günstigen Einfluß auf den Norden bleiben. Mit schlechtverhohlener Bescheidenheit bezeichnte der Redner den Antrag der Bslkspartei als den besten von den vier Anträgen, die dem Hause unterbreitet wurden; nud er glaubte dieses Lob mit der Behauptung rechtfertigen zu können, daß der volks- parteilicke Antrag am genauesten uud erschöpfendsten zum Ausdruck bringe, was von den Ausführungsbestivimungeu verlangt werden muffe. Sodarn übte Dr. Elsas au den anderen Anträgen kurze Kritik, um darauf die verschiedenen Forderungen, die die VolkSpartei an die Vollzugsverfügung des neuen Verüvsrechtes knüpft, im einzelnen aufzusühren Md zu begründen. Er verlangte namentlich, daß die Regierung auch unter dem neuen BereinSgesetz auf ihrem bisherigen Standpunkt einer wohlwollenden Neutralität gegenüber den Gewerkschaften verharre, daß in der Ueber- wachuug von Versammlungen an der seitherigen liberalen Praxis sestgehaltm uud daß die Beschwerden gegen Ver- sammlungsaLftösrmgen im kontradiktorischen Berwaltungs- streitserfahrm sollen verfolgt werden können.

Den dringlichen Antrag der Deutschen Partei begrün-

dete der Abg. Dr. Hieb er mit dem Hinweis auf deu im

ganzen Volk geteilten Wunsche, daß auch unter der Herr­schaft des neuen Reichsvereiusgesetzes die seitherige liberale Praxis i« Württemberg fortgesetzt werden soll. In rein formeller Beziehung sei das bisherige württemb. Recht nichts weniger als liberal gewesen, was der Redner im einzelnen ausführte und was später auch Minister v. Pischek bestätigte. Daß das württemb. Gesetz den guten Ruf, den es genoß, nicht verdiente, wies Dr. Hieber nach mit dem Hinweis auf eine» Vorgang bet der Stuttgarter Heils­armee. deren Versammlungen eine Zettlang einfach verboten wurden, weil es durch das Eindringen fremder Elemente in das Versammlungslokal zu Lärmszmm kam, über die die Nachbarschaft sich beschwerte. Hieber polemisierte schließ­lich noch gegen das Verhallen des Zentrums uud der Sozialdemokratie gegenüber dem neuen Vereinsgesetz und schloß mit dem Ausdruck der Ueberzeugung, daß es in Württemberg nach wie vor bei einer liberalen Handhabung des Vereinsrechtes verbleiben und daß es das württ. Volk nur begrüße« werde, wenn jetzt auch die übrigen Teile des Reiches ein hochwichtiges politisches Recht erhalten.

Der bekannte Antrag des Zentrums wurde durch Dr. v. Kiene begründet, der mit einigen ironischen Anspie­lungen der VolkSpartei und der Deutsche« Partei zu Ge- müte führen wollte, daß es der dringlichen und der übrigen Anträge gar nicht bedurft hätte, wen« die Vertreter dieser Parteien im Reichstag dem Zmtrumsautrag zugestimmt hätten, wonach den süddeutschen Staaten ein Reservatrecht Ms ihre freiheitlicheren Bestimmungen eiugeräumt werden sollte. Uebergeheud zum Sprachenparagraphen, bezeichnet der Redner es als beschämend, ja eines KulmrstaateS un­würdig, fremdsprachlichen Bewohnern des Landes den Ge­brauch ihrer Muttersprache zu verbieten. Dr. v. Kiene brachte sodann noch eine Reihe von Eiuzelwüuschev zu der neuen Bollzugsverfügung zum Ausdruck, denen der

Abg. Keil (Ssz.) noch eine weitere Reihe anfügte. Keil machte insbesondere auch das Verhalten der Volks- Partei gegenüber dem Vereinsgesetz zum Gegenstand einer scharfen, zuweilen sarkastischen Kritik, indem er, die Rede von Dr. Elsas zum Ausgangspunkt nehmend, es als eine erheiternde Erscheinung bezeichnete, daß diejenigen, die das Lob des neuen Reichsvereinsgesetzes im Reichstag am lautesten gesungen, nun i« württ. Landtag sich als die größten Nörgler erweisen.

Minister Dr. v. Pischek führte Machst die über­schwänglichen Lobreden des alten württ. VereiusgesetzeS von 1848, das als die waZu» odarta deS württ. Vereins­und Bersammlungsrechtes gepriesen wurde, Ms das richtige Maß zurück uud legte dar, daß es mit dieser Freiheit, lediglich formell betrachtet, nicht weit her war. Die Praxis sei, namentlich auch was die Ueberwachuug von

Versammlungen aubelauge, allerdings eine liberale ge­

wesen, und er sehe auch gar nicht ein, warum die künftige Praxis nicht ebenso liberal sein soll, wie die bisherige. Insbesondere soll von der UeberwachungsbefnguiS um dann Gebrauch gemacht werden, wenn vermöge besonderer Umstände eine polizeiliche Ueberwachuug geboten erscheine. Der Minister stellte sodann die Fortschritte dar, welche das neue Vereins­recht gegenüber dem bisherigen im einzelnen bringt, und er versicherte bet dieser Gelegenheit auch, daß die Regie­rung ebenso wie das württ. Volk von dem Wunsche er­füllt sei, ein möglichst freies Vereins- und Bersammluttgs- recht zu schaffen und zu erhalten. Geleitet von diesem Wunsch werde er bestrebt sein, die Vollzugsverfügung, wie auch die Praxis und die Handhabung derselben so zu ge­stalten, daß ein Unterschied in der Zukunft gegenüber den seitherigen Verhältnissen nicht zu verspüren sein werde. Schließlich ging der Minister noch auf die von einzelnen Rednern geäußerten Md auch tu den Anträgen zum Aus­druck gebrachten Wünsche des Näheren ein. Er sagte u. a. zu, daß die mtt drr Ueberwachuug von Versammlungen be­ttauten Polizetorgaue in der Regel nicht in Uniform er­scheinen sollen, daß aber au der Genehmigung von größeren öffentlichen Um- und Aufzügen, wie Maifestzüge und der­gleichen, festgehalten werden muffe im Interesse der Berkehrsficherhett. Der Sprachenparagraph spiele in Würt­temberg nur eine ganz untergeordnete Rolle; die einschränkenden Bestimmungen des Reichsgesetzes sollen aber auch hier durch die württ. Vollzugsverfügung proch insofern erleichtert werden, als wenigstens einzelnen Rednern der Gebrauch einer fremden Sprache gestattet sei« soll.

r. Stuttgart, 10. Mai. Die Erste Kammer wird in Bälde ihre Tätigkeit auch wieder ausuehmen. Sie ist auf Samstag deu 16. Mai vormittags 10 Uhr zu einer Schuug einberufen worden: Die Tagesordnung umfaßt außer der Verlesung des Einlaufs einen Bericht der Legt- timationskommrsston, verschiedene ErgänzrmgSwahleu zu deu Kommissionen und Leitung mehrerer Petitionen. Der Ge­setzentwurf betr. die Landwirtschaftskammer liegt zur ersten Behandlung derzeit bei der Ersten Kammer uud wird wohl noch in dieser Tagung aus der Kommisston auS Plenum gelangen.

Hages-Ueuigkeiterr.

A»e »ud Lrud.

Nagold, den 11. Mai 1S0ö,

L. Missio»-sache. Im Anschluß an dm heutigen Vor- mittagSgottesdieust fand die Einsegnung der beidm BaSler- Misfiouszögliuge Ernst Gutekunst von hier und Richard Held aus Berlin statt. Herrn Dekan Römer, der schon in

Friedrich Schiller als Humorist.

Bon Dr. Adolf Kohnt, Berlin.

(Schluß stakt Fortsetzung.) (Rachdr. verb.)

In der ersten Sammlung der lyrischen Gedichte Schillers, von denen nur ein Teil später in der Gesamt­ausgabe Aufnahme fand, zeigte er bereits, daß ihm der Schalk im Nackm saß. Die von ihm herausgegebeue An­thologie, die die erste Sammlung der jugendlichen Lyrik Schillers enthielt, wurde angeblich in der Druckerei von Tobolsko in Wahrheit aber bei I. P. Metzler in Stutt­gart gedruckt und von dem Herausgeberfeinem Prinzipal, dem Tod", gewidmet. Thanatos wird von Schiller in der Dedikatiou mit den persiflierenden Worten angesprocheu: Großmächtigster Zar alles Fleisches, allezeit Vermindere! deS Reiches, unefgrösdlicher Nimmersatt der ganzen Natur, auch an Dir wird das Sprichwort nicht zum Lügner:Ge­stohlen Brot schmeckt gut". Nein, dedizicren will ich Dir's lieber, so bin ich doch gewiß, daß Du's weit liegen lassen werdest. Doch Spaß beiseite, ich denke, wir zween kennen Ms genauer, wenn auch nur vom Hörensagen. Einverleibt dem äskulaptschm Orden, dem Erstgeborenen ans der Büchse der Pandora, der so alt ist wie der Sündeufall, bin ich gebunden an Deinen Altar, habe wie der Sohn Hamilkars den 7 Hügel, gsschwore« unsterbliche Fehde Deiner arg­listigen Natur."

Der Dichter macht sich in seiner Anthologie über das schlappeKastratm-Jahrhundert" weidlich lustig. Im Voll- bewußtscin seiner männlichen Kraft erhebt er sich mit trium­phierenden Hohn und Spott über das Heer der überspannten, weibisch gewordenen Schwächlinge. Männer verhalten sich zu Kastraten wie echter feuriger Weiu zu künstlichHergestelltem:

Zum Teufel ist der Spiritus,

Das Phlegma ist geblieben."

Das die heiterste Lebeusphilosophie jubelnd verkündende Poem schließt mtt dm Worten:

Drum tret' ich frei nud stolz einher

Und brüste mich uud finge:

Ich bi» ein Mann, wer ist es mehr,

Der hüpfe hoch und springe.

Mit der ganzen ätzenden Lauge seiner Satyre über­schüttet er die Tugendheuchler und Pharisäer, die Schein­heiligen uud falschen Moralisten in dem Gedicht:An einm Moralisten". In de« PoemBacchus im Triller" hält er dem Gott des Weines seine Sünden vor, dabei auf die verschiedenen Geschlechter, Stände nud Alter satirische Aus­fälle machend. Besonders belustigend ist er, wenn er lite­rarische Fehden durchkämpft uud Epigramme uud Lenken gegen seine Feinde und perverse Richtungen auffahren läßt. Het, wie fallen da die Rutenstreiche und seine Geißelhiebe rasch hintereinander! Bald mokiert er sich über jene Schreiberseelen, jene nach Dichterruhm gierige Zunft, die mit ihren Tinleufedern den Styx assschöpft und die Unter­welt in Wassersnot versetzt, bis endlich Minos Abhilfe schafft und den Journalisten ihre schreibfertigen Daumm durch den Zerberus abbeißen läßt, bald verhöhnt er die Phrenologm L 1» Lavater, die sich in der Beurteilung der Getstesgaden der von ihnen Untersuchten oft so grausam irren, bald nimmt er die Aerzte, seine Kollegen, aufs Korn, und bald find es die gesellschaftlichen Mtßstände uud Aus­wüchse, die er durchhechelt. Doch nicht allein der Satiriker, sondern auch der gemütvolle Humorist kommt in der An­thologie zur Geltung. Aus der Fülle der Beispiele mag hier nur die allerliebste Liebesklage erwähnt werden, in die ein junger Bauerubursche mit der Laterne bei schlechte« Wetter zu Kiltgang schleichend ausbricht:

Ach! ich bitte guck heraus,

Klecken nicht zwo Stunden,

Steh' ich so vor deinem Haus,

Stehe mtt deu Hunden,

'S regnet, was vom Himmel mag,

'S g'wittert wie zum jüngsten Tag,

Pudelnaß die Hosen!

Platschuaß Rock Md Mantel, ei

Rock und Mantel nagelneu,

Alles dieser Losen!

Draußen, draußen, Saus und BrauS!

Ach, ich bitte guck heraus . . . ."

Nicht so stark wie in seiner Jugmd, in der Zeit seiner überschäumenden Lebenslust und Lebenskraft, floß die Quelle deS Humors des Lyrikers in seinen späteren Lebensjahren, doch versiegte der Born nie. Auch dann noch hatte er so manches Humoristisch-Satirische geschrieben, was au Derb­heit uud Urwüchsigkeit dm frühesten Erzmgnissm seiner Ruse tu keiner Weise nachgibt, ja sogar durch seine ge- retftere Form Md seinen tieferen Gedankminhalt noch jetzt Beachtung verdient. Hier nur einiges aus dieser zweiten nud dritten Periode seines dichterische« Schaffens.

Obschon er ein begeisterter Verehrer deS weiblichen Geschlechts, ein schwärmerischer Md glühender Sänger der Anmut und Würde und des HerzeusadelS der Frauen war, zeigte er sich der Fraumemauzipation abgeneigt und die ge­leerten Blaustrümpfe und geistreichelndeu Damen seiner Zeit, die, sich um ihre Gatten uud Häuslichkeit wenig oder garuicht bekümmernd ausschließlich ihrer Eitelkeit uud Ehr­sucht lebten, warm ihm ein Greuel. Diese merkwürdige Spezies des Ewig-Weiblichen hat er in dem GedichtDie berühmte Frau", Epistel eines Ehemannes an einm anderen, mtt großer Schärfe verspottet. Ein solches Mannweib nennt