82 . Jahrgang.
Auflage 2600 .
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UoMifche Hlebsrstcht.
DaS de« Reichstag zugegangene Weißbuch über Marokk» behandelt in 14 Abschnitten die marokkanischen Vorgänge vom September 1906 bis zum April d. I. Die Darstellung beginnt in Kapitel 1 mit dem Vorgehen gegen Raisnli und der französisch-spanischen Flottendemonstration, behandelt in Kapitel 2 die Ermordung des Arztes Mauchamp in Marrakesch und in Kapitel 3 die Maßnahmen zur Unterdrückung des Waffeuschmuggels. Kapitel 4 schildert die Vorgänge, die, zum Vorgehen der Franzosen in Casablanca führten, worauf Kapitel 5 die Aktenstücke bringt über die Anrufung der kaiserlichen Regierung durch dte beiden Sultane. In Kapitel 6 wird die Frage der Entschädigungen aus Anlaß der Vorgehen in Casablanca erörtert, Kapitel 7 beschäftigt sich mit den Verhandlungen wegen des Leichterdienstes in Casablanca und Kapitel 8 wegen Einrichtung der drahtlosen Telegraphie in Marokko. Kapitel 9 bespricht die Wahl eines Ingenieurs für die öffentlichen Arbeiten und Kapitel 10 den Eintritt der deutschen Offiziere von Tschudi und Wolff in marokkanische Dienste. Kapitel 11 betrifft den Hafenbau in Larrasch, Kapitel 12 den Bau eines Sammelkanals in Tanger und Kapitel 13 die marokkanische Staatsbank. Das Schlußkapitel 14 gibt die in der AlgeciraSakte vorgesehenen Reglements wieder unter aktenmäßiger Darstellung ihrer Ausarbeitung. Irgend etwas Bemerkenswertes, das nicht im Lauf der Zeit schon bekannt geworden wäre, enthalten die Aktenstücke nicht, dagegen legt die aktenmäßige Darstellung der Zerstörung von Casablanca die Annahme nahe, daß Ansprüche an Frankreich in der Euischädigungsfrage mit Erfolg nicht gestellt werden können.
Rach Meldungen a«S Marokko haben die Truppen des Sultans Abdul Afis das vor einiger Zeit von Truppen Mulay Hafids besetzte Sasfi ohne Zwischenfall wieder zurückerobert. Dagegen durchzogen Hafidsche Truppen neuerdings, ohne angegriffen zu werde«, da- Gebiet der Beui Haffen und lagern bei Bab Tjuka, zwei Tagemärsche von Fez entfernt. Nach weiteren Meldungen heißt es in Ma- zagan, daß Si Aifsa, der Minister des Aeußern Mulay Hafids, vergütet worden sei. Ein anderes Gerücht besagt, er sei von Mulay Hafid gefangen gesetzt worden — Bon Mulay Hafid befindet sich eine Gesandtschaft nach Europa unterwegs, die schon in wenigen Tagen in Hamburg landen wird, um zunächst in Berlin die wiederholte Bitte um Neutralität in dem Thronstreit zwischen Mulay Hafid und Abdul Afis vorzutragen. Die französische Presse regt sich gewaltig in der Befürchtung auf. daß der Hafidschen Gesandtschaft ein offizieller Empfang beschieden sein möge. Das erscheint nun selbstverständlich ausgeschlossen, der französischen Presse aber sollte zu Gemüt geführt werden, daß es unpassend ist, auf das Verhalten Deutschlands einen Druck ausüben zu wollen.
Die Lage in Britisch Judien hat wieder eine sehr ernste Wendung genommen. Eine Streitmacht von
Die weiße Nelke.
Kriminalroman von I. Kanlbach.
(Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)
Die Beamten August FluthS waren nicht wenig er- staunt, als ihr Chef ihnen eines Tages erklärt hatte, daß er in einer Angelegenheit selbst nach Leipzig reisen wollte, anstatt, wie es gewöhnlich der Fall war, jemand anders mit der Detektivrolle zu beauftragen. Inzwischen wohnte einer der Beamten bereits seit einigen Tagen in den Räumen Richard Claaseus. Er hatte die Wohnung auf 14 Tage gemietet, und Fran Freytag, die sonst einen so kurzen Kontrakt niemals geschloffen hätte, war jetzt froh, daß fich für die Mordstätte überhaupt wieder ein Mieter fand. Wie hätte ihre arglose Seele ahnen können, daß unter der MaSke des friedlichen Malers', der bet ihr einzog und sie allabendlich in ein gemütliches Gespräch verwickelte, eine ganz verhängnisvolle Persönlichkeit steckte! Freilich, viel hatte der Beamte nicht in Erfahrung bringen können, was für die Angelegenheit Elisabeth Seydels von Nutzen gewesen wäre. Und so war August Fluth karz cutschloffen eines Tages in eigener Person nach Leipzig gereist, nachdem er auch Elisabeth von diesem Plan in Kenntnis gesetzt und ihr seine Adresse mltgeteilt hatte.
„Ihr sollt es erleben/ rief er seinen Beamten zn, „dort fitzt's! DaS ganze, unklare, verworrene Gerümpel, das die Vergangenheit dieses Mannes dort aufgehänft hat, werde ich durchwähle», — ich will nicht mehr August Fluth
Donnerstag den 7. Mai
13000 bis 20000 Afghanen überschritt Freitag nacht in
zwei Abteilung« die Grenze. Die größere und zugleich besser bewaffnete marschierte auf Laudi-Khotal, dte andere nach dem oberen Bazartal. Samstag nacht unternahm der Feind einen Hauptaugriff auf das Blockhaus von Michni Kandach und machte bis acht Uhr morgens verzweifelte Anstrengungen, es eiozuvehmeu. Dies gelang ihm aber nicht und die Garnison erlitt nun geringe Verluste. In der Nacht zum Sonntag bemühte fich der Feind ständig, die Karawanserei eiuzuuehmen, das heftige Feuer aus dem Blockhaus vereitelte jedoch auch hier sein« Versuch. Jetzt haben sie dte Afghanen nach Süden zurückgezogen. Inzwischen haben die Häuptlinge der Zakkakhels, die jüngst Unruhen hervorriefeu, dem Oberst Rooskeppel, dem Offizier der Khatbar-Region, ihre Dienste angeboten. Angesichts dieser Vorgänge spricht die Londoner Presse bereits von einem „««offiziellen Krieg mit Afghanistan". Sie behauptet, es sei absolut falsch, daß dte afghanische Regierung ihren Untertanen verbiete, gegen dte Engländer zu kämpfen. Offenbar liege die eigeuttiche Gefahr in Afghanistan selbst. Unter de« Angreifern befinde fich auch afghanische Meliz, welche dte erste Reserve der Armee des Emirs bilde. Alk Veranlassung zu der Haltung Afghanistans wird Verärgerung über den englisch-russischen Vertrag angenommen, zu dem Afghanistan auch noch nicht dte Zustimmung gegeben hat. — Zu der Bombeuaffäre in Muzaffapur wird noch berichtet, daß dte Behörden einer revolutionären Verschwörung gegen- übersteheu, die beschlagnahmten Dokumente enthüllten unter anderem einen Anschlag gegen das Leben Lord Kitcheners und anderer hoher Beamten.
Psrl>»euL«rischr Richrichteu.
Destfcher Neich-tag.
«er«», 5. Mai.
Der Abg. Schwabach (u.) hat sein Mandat uiedergelegt.
Das Berner internationale Abkommen über das Verbot der Nachtarbeit der gewerblichen Arbeiterinnen sowie über das Verbot der Verwendung von Weißem (gelben) Phosphor zur Anwendung von Zündhölzern, wird in 2. Beratung genehmigt, ebenso in 3. Beratung die Vereinbarung mit der Schweiz wegen Verlegung der Grenze bei Lepolds- höhe. — Die 3 am 17. Juli 1905 im Haag Unterzeichneten Abkommen über das internationale Privatrecht über gewisse eherechtliche Bestimmungen werden einstimmig augenommen.
Zweite Beratung der Postdampfer-Subveuttons- Vorlage. Die Kommission beantragt unveränderte Annahme der geforderten halb« Million. Ein Antrag von Liebermaun-Lattmann-Vogt (Hall) will nur 230000 Mark bewilligen und die Verbindung von Nen-Guynea nach Japan auSschetden lassen.
Ein Antrag Albrecht und Gen. (Resolution) verlangt für dte subventionierten Postdampfer Festsetzungen über eine Bemannungsskala, ferner vertragliche Verpflichtung des Lloyd, für dte Ausreise der Dampfer so viel weiße SchisfS-
heißeu, wenn ich's da nicht wieder ans Tageslicht ziehe, — das ganze Geheimnis dieses Mordes nämlich. Ihr seid allesamt keine Spürhunde. Wo säße ich wohl mit meinen Kenntnissen, wenn ich nicht durch die dickste Dunkelheit sehen könnte. Adieu."
In Leipzig hatte er nach mühelosen Nachforschungen bald das ehemalige Haus des Kommerzienrats BruuS gefunden.
Es lag in der Srimmaischeu Straße Md war ein altes, weitläufiges Gebäude mit vielen Stockwerken. Die Fassade war reich verziert und verschnörkelt. Von Säulen getragene Giebel und Erkerchen sprangen vor, und der Rundbogen des Haupteingangs ruhte auf zwei Karyatiden. Im Innern dieses Hauses befanden fich außer den Lagerräumen auch dte Komptoirs und die Privatwohuung des heutigen Besitzers der Firma, Herrn Balthasar Bäuerle. Fluth führte fich bei diese« als kleinerer Kaufmann ein und ruhte nicht eher, als bis er dem Chef in dessen Komp- toir selbst gegenöberstaud.
Sobald er mit dem gemütlichen Leipziger die ersten Worte gewechselt hatte, wußte er, daß er von diesem harmlosen Gemüt eine Menge in Erfahrung bringen könne. Herr Balthasar Bäuerle, Inhaber der Firma der verstorbenen Kommerzienrats Bruns, war ein kleiner, dicker Mann, der im Leben stets das Prinzip verfolgt hatte: ,Nur keine Aufregung/ Diese Grundsatz schien seiner ganzen Persönlichkeit ausgeprägt zu sein. Schon in der Art, wie er auf seinen karren Beinen am Schreibpalt stand, das breite, stets wohlgefällig schmunzelnde Gesicht mit dem Ausdruck tiefen
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leute auSzumustern, als zu einer ausreichenden Besatzung erforderlich ist.
Graf Kanitz (Kons.) hält die große Verschuldung des Reiches für eine schwere Kalamität. Er, Redner, stimme geg« die Vorlage. Dagegen werde er für den Antrag Lattmau» stimmen.
Hormauu (fts. Vp.) empfiehlt unveränderte Annahme der Vorlage.
NoSke (S.) bekämpft die Vorlage.
Staatssekretär Deruburg weist dte Behauptung zurück, daß die Vorlage um dem Großkapital dime. Redner betont weiter, die Regierung wolle, daß die deutsche Flagge den Halt und dar Ansehen, das sie auf dieser Inselwelt habe, nicht verlieren wegen ein paar Hunderttausend Mark.
Ltebermauu v. Souneuberg (w. Vg) befürwortet den von ihm und Lattmauv gestellten Antrag.
Er z b erg er (Z.) erklärte namens seiner Freunde, daß sie den Antrag der wirtschaftlichen Vereinigung ablehueu würden.
Nach weiterer kurzer Debatte schließt die Erörterung. Dte in der Vorlage augeforderte Summe wird gegen Nationalliberale, Freisinnige Md den größten Teil der Konservativen abgelehut und sodann den Antrag Lattmam, für den fich auch die übrigen Konservativen, wirtschaftliche Vereinigung und das Zentrum erheben, angenommen. Die sozialdemokratische Resolution wird abgelehnt.
Zweite Beratung des Nachtrags-Etats für die Kolo- uialbahuen. Die Kommission beantragt der« Genehmigung mit der Maßgabe, daß die Deckung durch Kolouialau- leihen zu Lasten der betreffenden Schutzgebiete aufgebracht werden soll.
Ledebour (S.) Seine Freunde lehnten alle diese Bahnen ab, denn diese dienten um wieder großkapitalistischen Interessen.
Der Nachttagsetat wird genehmigt.
Zweite Beratung des Nachtragsetats über die Ost- markeu-Zulagen.
Pachnicke (fts. Vg.) befürwortet einen Antrag der liuksliberaleu Gemeinschaft (Antrag Ablaß), die angesor- derte Summe um 210000 ^ zu kürzen. An den Schatz» sekretär richtet Redner die ausdrückliche Frage, ob derselbe bereit sei, wenn für das oder die nächst« Jahre der jetzt nur für das Jahr 1908 zu fassende Beschluß der Gewährung von widerrufliche« Zulagen wiederholt werde, nach demselben Grundsatz zu verfahr« wie jetzt pro 1908.
General Sixt von Arnim bittet, die Zulage auch den älter« Unteroffizier« zu gewähren.
Reichsschatzsekretär Eydow erklärt, daß er dte Frage des Abgeordneten Pachnike bejahen könne.
Gröber (Z.) hält au der Auffassung fest, daß die Zulagen einen politisch-tendenziösen Hintergrund hätten.
Schatzsekretär Sydow bleibt dabei, daß der Nachtrags-Etat keinen politisch« Zweck verfolge.
Liebermauu v. Sonueuberg (w. Vg.), erklärt, diese Verquickung der Unteroffiziere mit den Ostmarkeu-Zulagm hielten auch seine Frwude nicht für richtig. Sie würden also für d« Antrag Ablaß stimmen.
Behagens auf d« Besucher gerichtet, bot er ein Bild be- schtmlicher Ruhe.
Er drückte jetzt auf dm dicht uebm dem Pult äuge- brachten Knopf der elektrisch« Glocke. Sogleich erschien der Hausdiener, dem immer das einmalige Klingeln galt.
„Hören Se, bringen Se mal 'ne Flasche Rüdesheimer und zwei Gläser," befahl er dem Dimer, der mit diese« Aufträge verschwand. „Meinen Se nich ebenfalls, Herr Fluth," wandte er fich wieder au diesen, „daß mau fich überhaupt erst «ü einander eiulebeu kann, wenn mau die FreÄe an einem rechtsschöneu Tropfen mitsammen empfunden hat?"
Er holte bei dies« Wort« Zigarren herbei, und beide Herr« ließen fich behaglich rauchend auf dem Ledersopha nieder.
„Zweifellos, Herr Bäuerle," erwiderte August Fluth mit einem UeberzeugungStoue, der so ernsthaft klang, al» ob es sich mindestens um die Bestätigung eines juristisch« Punktes von Wichtigkeit handelte. Innerlich hätte er fich vor Lachen über diesen seelmvolleu Sachs« ausschüttm mögen, der ihm in aller Unschuld selbst ein Mittel gab, mit Hilfe dessen er ihm die Zunge lös« konnte.
Der Wein erschien, und mit eine» Lächeln, das au Seligkeit grenzte, goß Herr Balthasar Bäuerle das goldene Naß in dte grünen Römer.
„Auf daß unsere Bekanntschaft und Ihre mir werte Kundschaft von langer Dauer sein möge!" Mit diesem Wunsche stieß Bäuerle au das Glas des verkappt« Detektivs Md trank das seine dann tu einem laug« Zuge MS.