Aro. 39.

64. Jahrgang

Amts- uml IntekkigenMatt Eür äen Aezir^

Erscheint Alenrtag, Januerrtag L Famsta-.

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8am«tag, äen ZO. März 1889.

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Red. K Erped. des Calwer Wochenblattes.

Deutsches Reich.

Berlin, 25. März, lieber das A b g e o r d n e t s n e s s e n bei Bismarck am Dienstag abend berichtet ein Telegramm der Fikf. Ztg.: Zu dem Essen waren 40 Abgeordnete aller Fraktionen, mit Ausnahme der Freisinnigen, geladen. Gegen 6 Uhr erschien unter den Gästen der Kaiser, unterhielt sich mit Einzelnen und nahm dann neben der Fürstin Bismarck an der Tafel Platz. Zu seiner Linken saß ReichslagSpräsioent v. Levetzow, ihm gegenüber Fürst Bismarck zwischen den beiden Vicepräsidenten Buhl und v. Unruhe-Bomst. Das Esten unterschied sich von den früheren nur dadurch, daß Tafelmusik gehalten wurde. Der Kaiser trank freundlich einigen Ab­geordneten zu; Toaste wurden nicht ausgebracht. Nach Tisch gruppierte sich in den Nebensälen bei Bier, Wein und Cigarren die Gesellschaft zu dem oft beschriebenen Bilde. Mit den Worten:Bismarck, jetzt nehmen Sie ihre Pfeife, sonst gehe ich!" veranlaßte der Kaiser den Reichskanzler, in gewohnter Weise mit seiner langen Pfeife an dem bekannten Kneiptisch Platz zu nehmen. Der Kaiser blieb bis gegen 10 Uhr, er unterhielt sich sehr lrebenswücdig mit sämtlichen Anwesenden, namentlich mit Levetzow, Frankenstein, Hüne, Bennigsen, Miguel und Buhl. Hrn. v. Hüne überreichte er mit den Worten: Ihnen habe ich etwas mitgebracht", den Roten Avlerorden 2. Klasse.

Berlin, 28. März. Zu der Nachricht, daß das Kaiserpaar heute bei dem englischen Botschafter speist, bemerkt dieNordd. Mg. Ztg.": Im Publikum, das für alle neuen Erscheinungen Empfänglich­keit besitzt, steht man diese lebhafte Berührung mit den außerhalb des Schlosses liegenden Gesellschaftskreisen mit sehr günstigen Augen an.

Ein von Berlin datierte« Telegramm eine« Pariser Nachrichten- Bureaus enthielt die Mitteilung, daßdie seit einiger Zeit schwebenden

Unterhandlungen zwischen den Kabinetten von Paris und Berlin in Bezug auf die Aufhebung des P a ß z w a n g e s an der elsaß-lothringischen Grenze auf dem Punkte stehen, zum Abschlüsse zu gelangen. Dies sollte in einer Weise geschehen, wodurch Frankreich die vollste Genugthuung gewährt würde." Mit Bezug auf diese Meldung erklärt nun der der französischen Regierung nahestehendeTemps", der Botschafter Herbette habe in der That Unterhandlungen über diesen Punkt mit der deutschen Regierung ein­geleitet und habe auch keine abschlägige Antwort erhalten, die Verhandlungen hätten jedoch bis jetzt kein greifbares Ergebnis gehabt. Von anderer Seite verlautet, die französische Regierung begründe die Unterhandlungen mit dem Wunsche, während der Ausstellung den Verkehr zu erleichtern.

Ausland.

Paris, 27. März. Bei einem Herrn Antoine von Studenten ge­gebenen Punsch beschwor er diese, allezeit einig zu sein, da ohne Einigkeit E ls a ß-L o t h ri n g en weder auf Kongressen, noch auf Schlachtfeldern zurückerhalten werden könne. Es handle sich nicht um Eroberungen, fügte er hinzu, sondern lediglich um die Herstellung der alten Grenzen. DerGaulois" bemerkt hierzu sehr richtig:Entweder glaubt Antoine, seine Worte werden in Deutschland gehört, dann darf man fragen, mit welchem Rechte er die Beziehungen zum deutschen Nachbar zu stören sucht, oder er hat nicht die Absicht, Schwierigkeiten herbeizuführen, dann ist seine kriegerische Sprache einfach Mumpitz."

Die Züricher Bombengeschichte veranlaßt die Petersb. Wjsdomosti eindrücklichst auf die Gefahren aufmerksam zu machet», welche noch immer der russischen Staaalsordnung durch den Nihilismus drohen. Die dunklen Mächte der internationalen Revolution machen wieder von sich reden, und abermals ist zu unserer Schande der russische Name in die Sache verwickelt. Die russischen Flüchtlinge in der Schweiz hören mit ihren schmäh­lichen Versuchen, den friedlichen Gang russischen Leben» zu stören, nicht auf. Es handelt sich wieder um Sprengbomben, die zuernsten" Zwecken an­gefertigt wurden. Die revolutionären Fabrikanten in Zürich haben dieses Mal ihr Unternehmen mit dem Leben büßen müssen, aber wir müssen mit tiefem Kummer der frechen Hartnäckigkeit jener Bande kopfloser Taugenichtse gedenken, die noch immer davon träumen, Rußlands Geschicke und Geschichte leiten zu können. In ganz Rußland rief das Ereignis von Borki den tief­st«« Eindruck hervor und schloß das Volk enge an die Zarenfamilie. Dort aber, jenseits der Grenze, da fahren der Abschaum und die Hefe des russischen Volkes kaltblütig fort in ihrer Thätigkeit, dem Wohlergehen Rußlands neue

Zeuilletoa.

Herschkungeue Jaden.

Roman aus dem Englischen von Hrrmine Franken st ein.

(Fortsetzung.)

31. Kapitel.

Es schien Natalie Egerton, als wäre die Zeit niemals so rasch entschwunden, als während dieser letzten Wochen- Obgleich jede Stunde, die vorüberging, für sie von einem Kummer erfüllt war, den sie nur mit dem Aufgebot ihrer ganzen Kraft zu ertragen vermochte, konnte sie sich doch in das rasche Dahineilen derselben kaum hineinfinden und ihr Hochzeitstag rückte immer näher und näher, bis endlich der Vorabend desselben angebrochen war.

Wie ruhig Sie sind!" sagte Jsabella Farquhar zu ihr, als sie an diesem verhängnisvollen Tage nach der Tafel miteinander in dem Salon saßen.Ich glaube, wenn ich morgen heiraten sollte, würde ich etwas mehr Aufregung bekunden, und dennoch bin ich um einige Jahre älter als Sie."

Macht das irgend einen Unterschied?" fragte Natalie, sich zu einem schwachen Lächeln zwingend.

Gewiß; wenigstens nimmt man es an."

Die Temperamente sind eben sehr verschieden," versetzte Natalie, ans Fenster tretend und auf die untergehende Sonne hinaussch«W»d.Vielleicht bin ich phleg­matischer veranlagt als Sie."

Jsabella zuckte fast verächtlich die Achseln.Vielleicht hängt auch viel davon ab, welchen Mann man heiratet," sagte sie leise.

Glühende Röte stieg in Natalie's Wangen, um gleich darauf wieder einer tiefen Bläffe zu weichen. Sie wußte, daß Jsabella's Scharfsinn nur zu bald er­raten hatte, daß ihre Heirat mit Gilbert keineswegs auf Neigung geschlossen würde, la, mehr als das, sie glaubte auch, daß die Schwester ihres Bräutigams sehr wohl

von ihrer Liebe für Hugh Cleveland wisse, und Jsabella's Zunge war eben so erbarmungslos, wie ihr Neid gegen Natalie bitter war.

Nein, Jsabella hatte durchaus keine Neigung für Natalie. Selbst wenn sie dieselbe nicht als Rivalin betrachtet hätte, würde sie noch immer eine Abneigung gegen sie empfunden haben, denn die Charaktere der beiden Mädchen waren zu ver­schieden und konnten sich nie und nimmer verstehen. Die eine war großmütig, edel opferfähig, stolz und vornehm, dabei schön, wie der junge Morgen, aber ohne sich dieser Schönheit selbst bewußt zu sein; die Andere war falsch wie eine Schlange, aber voll äußerlicher Anmut, selbstsüchtig, anspruchsvoll, launenhaft, nicht ohne groß­mütige Anwandlungen, indes vollkommen unfähig, für irgend Jemanden auch nur das geringste Opfer bringen zu können. Sie erkannte aber die Hoheit von Natalie's Wesen und haßte sie wegen ihrer Ueberlegenheit, denn sie mußte sich eingestehen, daß sie trotz all ihrer Bemühungen Das nie und nimmer sein oder werden konnte, was Natalie war. Sie hatte keinen Wunsch, die Heirat ihres Bruders zu ver­hindern; im Gegenteil, sie wünschte sie, denn mit derselben war Natalie auf immer für Hugh verloren und sie konnte vielleicht selbst noch dessen Gattin werden. Aber ihre kleinliche Natur konnte sie doch nicht ganz verleugnen und sie machte sich hie und da in boshaften Bemerkungen gegen die junge Braut Luft.

Was Natalie betraf, so war sie genötigt, zu schweigen, denn die Klugheit verbot cs ihr, die verschleierten Andeutungen ihrer künftige» Schwägerin abzuwehren, und überdies sagte sie sich mit einer gewissen stolzen Demut, daß sie auch kein Recht dazu habe; denn, heiratete sie diesen Mann nicht wirklich einzig um seines Geldes willen und verdiente sie nicht jeden Hohn, mit dem sie sie überschüttete?

Aber dmnoch that ihr das Alles in innerster Seele wehe und fast sehnte sie sich danach, doch der HochzeüStag überstanden und ihr Geschick endlich besiegelt sei. Sie antwortete nicht sogleich auf Jsabella's letzte Bemerkung. Farquhar's Eintritt in den Salo» überhob sie jeder Entgegnung.

Ich möchte Dich bitten, in die Bibliothek zu kommen, Natalie," sagte er, ihren Arm in den seinen ziehend.Der Rechtsanwalt ist da und wir müssen den Ehevertrag unterschreiben. Komme Du auch als Zeugin mit, Jsabella."