82. Jahrgang.
Auflage 2600.
Erscheint täglich mit AnSuahm« der Gönn- und Festtage.
Prriil vierteljährlich hier 1 »«, mit Lräger» lvh» 1.20 ^k» t« Bbjirkr- und 1V hm-vertehr 1 . 2 b im übrige» »ürttember, l.Sb MoriatSabon^ementr »ach Verhältnis.
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«tt dem PlauderstLdchrn
und
Schwäd. 8and«irt.
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»»««che«.
A» die OrtSpolizeibehörde«.
Es ist in letzter Zeit vorgekommen, daß seitens der Ortspolizeibehörden Stromer in betrunkenem Zustande aus Oberamt eingeliefert wurden.
Mit Rücksicht aus das unliebsame Aufsehen, welches das Benehmen derartiger Personen zu erregen pflegt sowie auf die dadurch hervorgerufene Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherhett und Sittlichkeit muß dies als unzulässig bezeichnet werden. Vielmehr ist jeder in betrunkenem Zustande avfgegriffene Stromer stets bis zu seiner Ernüchterung im Oltsarrest uuterzubringcv, wobei — nötigenfalls durch Fesselung — dafür Sorge zu tragen ist, daß derselbe keine Sachbeschädigung verübt und dann erst vor- zusühren.
Die Ortspolizeibehörden wollen Vorstehendes für die Zukunft beachten und die Polizeidiener entsprechend instruieren.
Nagold, den 28. März 1908.
^ ___K. Oberamt. Ritter.^
A« die Herren Ortsvorsteher ««d Ferrertvehr- k»»«a»da»te«.
Da das Postporto für die Versendung von Drucksachen innerhalb des Bezirks vom 1. April au 3 statt wie bisher uur 2 iZ beträgt, kann die FmerwehrzriMug a« die Feurrwehrköm« andante» »ur »och mit 3 -Marke» der- feudi werde».
Die Fe»erwthrko»«»»de»te« wollen nun die auf dm zugestellten Umschlägen aufgeklebten 2 iZ -Marken ablösen und dieselben ihren Herrn Ortsvorstehern gegen 3 -Marken übergeben.
Die Sch»ltheiße»i«ter wollen den Feuerwehrkomman- danteu ihrer Gemeinde entsprechend anwriseu und dafür sorgen, daß dieselbe die erforderlichen 3 ^-Marken gegen die abgelösten 2 ^-Marken erhält, welche die Schultheißen- ämter audrrweit verwenden können.
Bei diesem Anlaß werden die Schultheißenämter wieder beauftragt, sich davon zu überzeugen, ob die Beförderung der Feuerwehrzeitung unter den Feuerwehrkommandanten anstandslos erfolgt. Sofern Anstände und Unordnungen wahrgenommen werden, wolle anher Bericht erstattet werden.
Nagold, den 28. März 1908. K. Oberamt. Ritter.
Die Mitlelmeerreise des Kaisers.
Venedig, 29. März. Der deutsche Kaiser und die Kaiserin unternahmen heute vormittag eine lange Gondelfahrt durch die Stadt. Prinz August Wilhelm und die Prinzessin Viktoria Luise machten einen Spaziergang.
Später hielt der Kaiser an Bord der „Hohenzollern" Gottesdienst ab und hörte sodann die Vorträge der Chefs des Militär- u. Marinekabinetts, sowie des Geh. RegierungS- rats v. Berg vom Zivtlkabinett. Zur Frühstückstafel waren geladen die italienischen Kapitäne Principe die Bitello und Arton, der Kommandant der „Hamburg", Korvettenkapitän Ritter v. Mann, sowie der Kommandant des „Sleipner", Kapitänleutnant Freiherr von Paleske.
Abschied vo» Bmedig.
Venedig, 30. März. Die Hohenzolleru, mit dem Saiserpaar, dem Priuzm August Wilhelm und der Prinzessin Viktoria Luise an Bord, ist heute nachmittag unter dem Donner der Geschütze der italienischen Kriegsschiffe uud den begeisterten Kundgebungen der Einwohnerschaft in See gegangen.
* * *
Venedig, 28. März. Eine Nachricht italienischer Blätter, wonach beim Einsteigell in ein Boot der General- adjutaut Graf Hülsen-Häseler ins Wasser gefallen sein soll, ist unwahr. Weder dem Grafen, noch einem anderen Mitgliede des kaiserlichen Gefolges ist irgend etwas derartiges passiert.
Eorf«, 28. März. Die Vorbereitungen zum Empfang des Kaiserpaares nahmen ihren Fortgang. Im Hafen «mkert bereits ein großes Kriegsschiff. Zwei Torpedoboote Mgeu heute. König Georg kommt Donnerstag oder Freitag hierher und wird der „Hohenzolleru" entgegenfahren. Alle Straßen der Insel find für die kaiserlichen Automobilfahrteu geglättet. Im Theater in Corfu wird zu Ehren des Kaisers eine Wagnersche Oper einstudiert. König Georg wird vom Ministerpräsidenten Theotokts begleitet sei».
Aus Bart meldet mau, daß der Kaiser dort am 15. April erwartet wird. Er wird vielleicht Automobilfahrten au der italienischen Küste unternehmen.
Dienstag den 31. My
Corf», 30. März. Prinz Oskar, der Sohn des Kaiserpaares, uud Prinz Wilhelm, der Sohn deS Pcinzen Heinrich, die auf ihrer Orientteise in Athen eiugetroffeu find, werden voraussichtlich Ende dieser Woche mit der griechischen Königsfamilie zu vorübergehendem Besuch in Corfu eintreffen. Gestern herrschte hier viel Leben im Hafen uud in der Stadt.
UoMifche Hleberflcht.
Die bayrische Abgeordnetenkammer erledigte am Dounerttaz das Fischereigesetz, das einstimmige Annahme fand. Das Gesetz zerfällt in Bestimmungen über die Fischereiberechtiguug, über die allgemeine Ausübung der Fischerei, über die Koppelfischerei, über die Ausübung der Fischerei durch Gemeinden, Bestimmungen über Pachtverträge und sonstige Rechtsverhältnisse, Fischereigenossenschaften, Schutz gegen die Schädigung der Fische und Strafbestimmungen. Es tritt am 1. Januar 1909 in Kraft. Die Kammer beriet sodaun Anträge des Wirtschaftsausschusses. Einstimmige Annahme fanden ein Antrag auf Eintragung aller Forstrechte in das Grundbuch uud ein Antrag, der auf die Beschaffung von Wetdegelegenheit, die Bildung von Weidegenoffenschafteu und die Vorlage eines Almschntzgesetzes abztelt. Gestern begann die Beratung des Etats für die Landwirtschaft.
Vor de«Pretz-Te«at desWiener Landgericht- fand am Donnerstag die Einspruchsverhaudluug des Professors Wahrmund gegen die Konfiskation seiner Broschüre statt. Bon den fünf inkrimiuierten Stellen wurde bezüglich dreier die Konfiskation aufgehoben, bezüglich der beiden anderen wurde sie bestätigt. Wahrmund war persönlich vor Gericht erschienen und hielt eine flammende antiklerikale Rede. Sein Eiowand, daß er eine rein wissenschaftliche Kritik an ultramoutanrm Wesen geübt habe, vermochte den österreichischen Richtern nicht einzuleuchten.
Die französische Deputierteukammer hat den Gesetzentwurf betr. die Einrichtung der Aemter von sechs Handelsattaches im Ausland angenommen. Hierauf begann die Beratung der Nachtragskredite für Marokko, die sich auf 16 Millionen Frank belaufen. Im Kommisfionsbericht über die Kredite heißt es u. a.: „Die Nachtragskredite allein erreichen bei weitem nicht die zur Herstellung der Ordnung in Marrokko vorauSgabten Summen. Die Gesamtheit der gebrachten Opfer aller Arten (auch an Menschenleben — Rd.) stellt eine Schuldforderung Frankreichs au Marokko dar. Sie muß zu den früheren und ständigen Rechten Frankreichs hinzugerechnet werden, welche Frankreich kraft seiner geographischen Lage uud seiner Geschichte besitzt." Das läßt etwas tief blicken. Bei der Beratung kam es zu erregten Zusammenstößen zwischen Jauräs, Clämeuceau uud Picquart, weil Jauräs behauptete, die französischen Soldaten hätten bei dem Kampf am 1b. d. M. ein Blutbad unter Frauen und Kindern angcrichtet.
Der Fall Tower-Hill d. h. die angebliche Ablehnung des amerikanischen Gesandten im Haag, Hill, als Nachfolger des amerikanischen Botschafter in Berlin, Tower, hat einen etwas rätselhaften Anstrich erhalten. In maßgebenden Berliner Kreisen wird erklärt, daß von der amerikanischen Regierung überhaupt noch gar nicht amtlich angefragt worden sei, ob Hill genehm wäre, vertraulich aber habe sich die deutsche Regierung s. Z. in einem für Hill durchaus freundlichen Sinn geäußert. Das Rätselhafte des Falls liegt zunächst darin, daß man noch nicht weiß, auf was die Nachricht von der angeblichen Sinnesänderung der deutschen Regierung fußt. In Washingtoner diplomatischen Kreisen gewinnt die Auffassung Boden, daß Botschafter Tower eine scherzhafte Aeußerung des Kaisers und andere mehr oder weniger künstlich erdachte Vorwände gebrauchte, um seinen Rücktritt rückgängig zu machen.
Prrlimerüirische Nachrichten.
Deutscher Neich-t«g.
Vertt«, 28. März.
Zum Etat liegt ein von allen Parteien «tt Ausnahme der Sozialdemokraten unterschriebener Antrag Arendt vor, sämtlichen Bureaubeamtev der dem Reichsamt des Junem nnterstelltev Behörden sowie der ReichSdrnckerei, soweit ihr Moxtmalgehalt bisher nur 4200 ^ beträgt, dieses auf 4800 ^ zn erhöhen Md entsprechende Beträge schon tu dm Etat für 1908 einzustellen.
Singer (Soz.) erklärt, daß auch seine Fremde diesem Anträge beiträteu.
Graf Car wer (kons.) spricht sich gegen eine weitere
1S08
Ausdehnung der Sonntagsruhe offener Verkaufsstellen ms im Interesse der ländlichen Bevölkerung. Das uur sehr schwach besetzte HauS ist trotzdem zeitweilig so unruhig, daß der Präsident zur Glocke greifm uud für den Redner um Gehör bitten muß.
Staatssekretär Bethmaun-Hollweg: Sicher sei, daß große Städte, mittlere Städte md plattes Land nicht über einen Kamm geschoren werden könnten. (Bravo rechts.) Sicher sei aber auch, daß aus ethischen Rücksichten, da, wo es möglich ist, also hauptsächlich in dm größeren Städten, das Bestreben der Haudelsangestelltm, einen vollen freien Tag in der Woche zu verschaffen, gefördert werden sollte. Er habe deshalb zunächst ein Rundschreiben m die Regierungen erlassen, um erst festgestellt zu sehen, inwieweit den Angestellten in offenen Ladengeschäften eine erweiterte Sonntagsruhe verschafft werden könne.
Becker-Arnsberg (Z.) beleuchtet die Bedeutung des § 153 der Gewerbe-Ordnung, der nur gegen dm Terrorismus von Arbeitern, wirklichen oder vermeintlichen, ange- wmdet werde, nicht aber gegen gleichartigen Terrorismus von Arbeitgebern. Wen mau den § 153 nicht lieber einfach beseitigen wolle, so muffe er wenigstens ohne Ansehen der Person, ob Arbeiter oder Unternehmer, angewendet werden. Wetter beleuchtet Redner die übergroße Neigung zur Wiederentziehung von Invalidenrenten, die in dm letzten Jahren Platz gegriffen habe. Früher möge mau ja vielleicht gegenüber Rentenanträgen etwas zu liberal gewesen sein, jetzt aber sei mau zweifellos viel zu rigoros. Früher seien auch die Sozialdemokraten für ArbeitSkammeru gewesen, jetzt dagegen beständen sie auf Arbeiterkammern. Seine Freunde hielten grade die Arbeitskammern für das richtige. Zu den Uufall-Berufsgmoffmschaften hättm die Arbeiter, weil sie ganz einseitig zusammengesetzt seien, gar kein Verträum. Eine Reform der Uufallverstcheruugsgesetze sei deshalb viel dringender als die Reform des Krankeu- verstcherongsgesetzes. Redner schließt mit einer Verurteilung der Geschreis über sog. SchnapSrmtm — die kleinen Reuten Md über die sog. -Reuteusucht".
Hoch (Soz.): Eine Hauptsache werde bei der Unfallversicherung immer bleibm, daß neben dem Vertrauensarzt der Berufsgenossenschaften auch der behandelnde Arzt und zwar ausschlaggebend Mitwirken müßte. Redner kommt dann auf die Aerztefrage im Rahmen der Krankeu-Verficherung und auf seine bezügliche Polemik mit Mugdau zurück. Die Zahl der Unfälle bei der Seeberufs-Genoffenfchaft habe zugeuommen, weil die Verstöße gegen die Unfallverhütungs- Vorschriften zu zahlreich seien. Redner verbreitet sich über eine Anzahl von Fällen, wo der Beweis für diese seine Behauptung von dem Seeamt erbracht worden sei.
Gtesberts (Z.): Die massenhafte Wiederentziehuug von Invalidenrenten sei in der Tat höchst auffällig, aber die Anstalten als solche, ihre Vorstände seien dabei außer Schuld. Es wäre sehr wünschenswert, ein brauchbares Verfahren zur Feststellung der Invalidität zu finden. Redner behandelt dann noch die Wohnungsfrage.
Staatssekretär Bethmaun-Hollweg dankt dem Vorredner für dm Hinweis darauf, daß für das Wohuurgs- bedürfnis lediger Arbeiter besser gesorgt werden müsse. Etue praktische Fürsorge auf diesem Gebiet bringe «ehr Segen als der Erlaß eines WohnnngSgesetzeS vom Reiche oder von des Einzelstaateu aus. Er werde noch die Versicherungsanstalten grade auf dieses Gebiet Hinweisen.
Heckscher (frf. Vg.): Die Vorwürfe des Abg. Hoch richteten sich höchstens gegen die betreffenden einzelnen Kapitäne, aber nicht gegen die SeeberufSgenosseuschaft. Und was bedmtetm solche paar Etnzelfälle gegmüber den so gewaltigen Ziffern unserer gesamten Handelsmarine. Wir können stolz sein auf unser Material au Seeoffizterm.
Stadthagen (S.) verbreitet sich, wie schon bei der 2. Lesung über dm preußischen Legitimationszwang für ausländische Arbeiter. Derselbe sei uud bleibe Verfassung?- und gesetzwidrig.
Der Antrag Dr. Arendt wird angenommen.
Behrens (w. Vg.) wünscht Förderung des deutschen Obstbaues und ObsthaudelS. Der deutsche Pomologen- Verein müsse tatkräftig unterstützt werden.
Lehmann (S.) fragt an, ob durch die Verstaatlichung der Aichämter die bisherigen Beamtm brotlos werden sollen.
Direktor von Jouquteres: Die Regierung hoffe, die Beamten in dm Reichsdimst übernehmen zu können.
Dr. Faßbeuder (Z.): Das Gesundheitsamt sollte sich mehr um Fragen der allgemeinen Gesundheitspflege kümmern, besonders um die Eruähruugsfrage und Säug- ltugsfürsorge.
Staatssekretär Bethmanu-Hollweg: Der Weiv- gesetzeutwurf sei von der preußischen Staatsregieruug bereits dnrchberateu worden und befinde sich jetzt i« Schoße