Auflage 2600 .

82 . Jahrgang.

Erscheint täglich «it Ausnahme der von«- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 »«, mit Träger« lohn 1.20 im «e,irtt- «nd 10 Km-Vertehr 1.LS im übrige» Württemberg 1.SS MsuatSabonnemenlS »ach Verhältnis.

K-rrrsprech-r Wr. LS. Aserrrfprech-rMr.

Nngrigen-GebKhr s. d. Ispalt. geil, a»S gewöhn! vchrist oder deren Rau« bei imal. Einrückung 1V bei mehrmaltger entsprechend Rabatt.

«it dem Plauderstübchen und

Echwäb. Landwirt.

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Berg esse« Sie «icht

rmsere Zeitung für das bald beginnende II. Quartal bei Ihrem Postamt oder Briefträger neu zu bestellen und zwar möglichst vor dem 20. d. MtS., damit eine Unterbrechung in der regelmäßigen Zustellung vermieden wird.

Amtliche».

Die Herren Ortsvorsteher

werden beauftragt, für rechtzeitige Vornahme von Neswahle« derjenigen öffurlicheu Rchne, deren Wahlperiode am 31. März ablaust, zu sorgen.

Die Neuwahlen find mittelst Vorlage von Protokoll- Auszügen unter Angabe des Berufs, sowie des Or:s, Jahrs nud TagS der Gebmt der neugewählteu Rechner, sowie der etwaigen Berwandtschastsverhältniffe derselben mit dem Ortsvorsteher spätestens bis 15. April d. I. dem Oberamt auzuzeigen.

Vor der Neuwahl find die Kantious- usd B soldnvgS »erhäitmsse ststz,letze». Bezüglich der Kautionsfestsetzung muß das abzufaffmde Protokoll eine genaue Berechnung enthalten, wobei die Vorschriften der §§ 95 ff. der Vollz.- Verf. z. G.-O. zu beachten find.

Behufs Ermittlung der Kautionshöhe ist der Betrag der ordentl. voranschlagsmäßigen Einnahmen der betr. Ver­waltung nach der ktztgestellten Rechnung und der Gemeinde­umlage, sowie der Gemeindeeinkommenstcuer zusammeuzu- stellen. Bei Gemeind Pflegern, denen zugleich der Steuer­einzug obliegt, ist außerdem noch der vierte Teil der auf die Gemeinde entfallenen Staatssteuern, sowie des Brand- fchadenS und der Umlage für die landw. Berufsgenoffenschaft hivzuzurechnen. Innerhalb des Rahmens von mindestens 4' o bis 8"/, der hiebei sich ergebenden Summe ist sodann die Höhe der Sicherheitsleistung zu bestimmen. Die gefaßten Beschlüsse find dem Oberamt spätesten« d,s 15. April d. I. zur Prüfung und Einholung der Genehmigung des BezirkS- rats vorzulegeu.

Die gewählten Rechner find zu beeidigen, bezw. auf den früher abgelegten Diensteid hinzuweisen, auch mit den Strafbestimmungen für öffentliche Rechner und den Vor­schriften über die Kaffen- und Rechnungsführung W180 ff. der B.-V. z. G.-O.) bekannt zu machen. Wenn dieselben Mitglieder des Gemcinderats find, so ist die Zustimmung des Bürgerausschufsrs zur Wahleinzuholen.(Art. 49Z.15d.G.-O.)

Nagold, den 14. März 1908.

K. Oberamt. Ritter.

Seine Königliche Majestät haben am 13. März d. I. aller­gnädigst geruht, dem Schullehrer Deuble in Obe jittmgen die Verdienstmedaille des Friedriche ordenS zu verleihen. , Am 18. d. M wurde Schullehrer Deuble in de« Ruhestand versetzt.

Die K. Regierung de- TchwarzwaldkreiseS hat am 17. März 1908 die Wahl des SemeinderatS Jalob Broßin Bvstngen, OberamtS Nagold, zum OrtSvorsteher der Gemeinde Böfingen bestätigt.

Fürst Bülow über die OrieMpolitik Deutschlands.

Petersburg, 17. März. DieNowoje Wremja" veröffentlicht ein langes Interview mit dem Reichskanzler Fürsten Bülow. Fürst Bülow erklärte in demselben kate­gorisch, daß die Regierung von Oesterreich-Ungarn gleichzeitig die Kabinette von Petersburg und Berlin über das Sandschakbahnprojekt benachrichtigt habe. Daher seien die Behauptungen der russischen Presse, das Projekt sei von Berlin angeregt worden, vollkommen irrig. Die österreichisch-ungarischen Pläne stimmen durchaus mit dem Berliner Vertrage überein. Sie verfolgen nur Handels­ziele. Daher konnten sie von deutscher Seite nur ebenso freudig begrüßt werden, wie jedes andere gleichwertige Unternehme«. Die russische Erregung darüber sei ganz un­verständlich. Deutschland verfolge auf dem Balkan seine Handelsintercffeu und die Herstellung der Ruhe in Ver­bindung mit den anderen Mächten. Deutschland hinter- treibe durchaus nicht das mazedonische Reformwerk. Der deutsche Botschafter in Konstanttnopel erhob lediglich einige sachliche Einwendungen zu den Vorschlägen über die maze­donische Gerichtsreform, um ernsten Schwierigkeiten voMbeugen. Die anderen Botschafter stimmten einstimmig zu. Deutschland halte au der Gemeinsamkeit der Aktion der Mächte fest, und falls gelegentlich deutsche Vorschläge nicht die Billigung Europas fänden, würde Deutschland den mehr interessierten Mächten den Vortritt lasten.

Donnerstag den iS. März

Sodann geht das Interview auf die persische Frage ein. Dabei erklärte der Reichskanzler, Deutschland verfolge dort kommerzielle Ziele. Die anglo-rusfische Verständigung spreche das Prinzip der offenen Tür aus, was Deutschland benutzen werde, gemäß seiner allgemeinen Politik, die darauf abziele, das Prinzip der freien Konkurrenz in den unab­hängigen, zukunftsreichen Ländern aufrechtzuerhalten. In der Angelegenheit der Bagdadbahn wies der Reichskanzler die phantastischen Gerüchte zurück, daß Deutschland beabsich­tige, die Hand an Persien zu legen. Die Linie endige au der persischen Grenze und durchziehe nur türkisches Gebiet. Im türkisch-persischen Streite spielte Deutschland eine beruhigende Rolle. Es riet der Pforte, ihre Truppen zu- rückzuztehen und alles zu vermeiden, was zu einem Kon­flikte führen könnte. Das deutsche Kapital nehme in der Bagdadbahngesellichaft die erste Stelle ein. Deutschland habe doch niemals die Teilnahme fremden Kapitals ge­hindert. Daher stehe das Unternehmen, obwohl es dem Sinne nach deutsch sei, unter türkischer Flagge. Es be­halte einen internationalen Charakter. ES werde von Deutschen geleitet, es sei jedoch auch fremdes Kapital in der Administration vertreten. Deutschland denke weder an eine Kolonisation Kleinasiens, «och an die Erwerbung eines Hafens im Persischen Meerbusen, es hoffe aber, daß die Bahn M sopotamien wirtschaftlich heben werde, was von Nutzen für die Allgemeinheit sein werde. Wir wollen nur unserer Industrie Arb itSmärkte schaffen. Es sei durchaus verstäub.ich, daß das Unternehmen die deutsche Etikette be­wahre, da eS auch ohne Teilnahme fremden Kapitals demscher'seits durchführbar sei. Die Angriffe der rus­sischen Presse seien in jeder Hinsicht ungerechtfertigt. Einst habe Fürst B smark diese Angriffe mit dem Worte Druckerschwärze" abtun können. Inzwischen aber habe sich der Einfluß der russischen Presse vergrößert, auch in Rußland selber, weßhalb die immer feindlichere Haltung der russischen Presse gegen Deutschland nicht länger igno­riert werden könne. Deutschland beabsichtigte niemand an- zugretfen. Der Ausbau seiner Flotte sei gegen niemand gerichtet; nur müsse Deutschland als Großmacht für jede Eventualität gerüstet sein und seine Grenzen zu schützen wissen. Die Gerüchte von einer Einmischung Deutschlands in die innerrusstschen Verhältnisse seien lächerlich.

UoMische Hleberficht.

Eine «e«e Reife des KolouialsekretärS. Staats­sekretärs Demburg gedenkt im Mat abermals eine längere Reise nach den Kolonien auzutreten, diesmal nach den west­afrikanischen Schutzgebieten.

Z« de« Wahle«te«, die im Angesicht der kommenden preußischen Landtagswahleu bereits ausgelassen wurden, gehörte auch eine Mitteilung derWeser-Zeitung", daß Regierung, Konservative, Freikonservative und National­liberale sich auf Anregung eines Ministers im Geheimen verbunden hätten, um den Freisinn kaltzustellen. Die Nordd. Allg. Ztg." bezeichnet die törichte Meldung jetzt in aller Form als eine Erfindung, aber auch dieWeser- Zeitung" selbst gibt bereits zu, daß sie angeführt worden sei.

Die Wirre« i« Haiti. Zu den blutigen Vor­gängen auf Haiti erhält die Köln. Ztg. einen schriftlichen Bericht aus Puerto Plato, wonach bereits im Januar ein blutiger Aufstand in den Haupthascnplätzen ausbrach, der sich auch auf das Hinterland ausdehnte. In Gonaives. allein wurden an einem Tag 46 Revolutionsführer erschossen. Hunderte flüchteten in die ausländischen Konsulate. Nur durch die Anwesenheit der amerikauischeu und französischen Kriegsschiffe, welche Truppen landeten, wurden die Regier- ungSgeneräle verhindert, die Stadt in Brand zu stecken und die Flüchtlinge zu ermorden. Tagelang dauerten die ent­setzlichen Metzeleien, snd es sei seltsam, daß die Großmächte derartigen Bluttaten ruhig zugesehen hätten. (Mpst.)

A«s Port a« Prince wird telegraphiert: Der bri­tische Kreuzer Jndefattgable traf gestern abend hier ein, heute morgen der deutsche Kreuzer Bremen. Die Ankunft der ausländischen Kriegsschiffe war eine Uebrrraschung für die Bevölkerung. Das Leben der Ausländer gilt nicht als gefährdet. Die Lage ist heute ruhig. Der Jndefattgable dampfte abends 8 Uhr in den Hafen und kündigte sich durch 3 Kanonenschüsse an. Der Donner derselben erregte eine kleine Panik in Port au Prince, doch wurde die Ruhe wieder hergestellt, sobald man den Grund der Schüsse er­fuhr. Bei den Haussuchungen in den Häusern der am Sonntag Erschaffenen soll die Polizei Pläne für eine neue Revolution gefunden haben; dieselben sollen dev Präsidenten bestimmt haben, die Auslieferung der Flüchtlinge in den Sesandtschaftm zu verlangen. Die Zahl der Flüchtlinge

1908

soll 189 betragen; davon solle« 85 im französischen Konsu­lat in Gonaives, 63 im spanischen Konsulat daselbst, 33 in der französischen Gesandtschaft in Port au Prince und 8 in der deutschen Gesandtschaft sein.

I« Marokko

hat ein neues Gefecht stattgefuuden. General d'Amade meldet unter dem 15. ds. Mts. aus Med Fatima, daß er auf die Meldung von erheblichen Ansammlungen bei Uled- el-Urimi gegen die dortigen Höhen marschierte, von denen etwa 2000 Marokkaner, Reiter und Fußvolk, zum Angriff vorg'ngeu. Die französischen Truppen warfen die Angreifer zurück und verfolgten sie über ihre Lagerplätze und Dörfer hinaus. Die Marokkaner erlitten bedeutende Verluste; viele find durch das Bajonett gefallen. Die Zelte und Herden wurden von den Truppen erbeutet, die aber, wie d'Ämade hervorhebt, jegliche Plünderung unterließen und Greise, Frauen und Kinder schonten. Die französische Verluste waren sehr gering. _

Der L8. März.

Berlin, 18. März. Die heutigen Kundgebungen der Sozialdemokratie zum 60. Erinueruugstage der Märzgefallenen haben bisher einen durchaus ruhigen Ver­laus genommen. Das Straßenbild hat sich in nichts ge­ändert. In den Arbeiterquartiereu des Nordens und des Ostens war nicht das Geringste zu bememerkeu. Auf dem Friedhof der Märzgefallenen war der Andrang nur mäßig und jedenfalls schwächer als in manchen früheren Jahren. Das unfreundliche Wetter mit Schneetreiben brachte die Menschen bald auseinander. Die Polizei hatte umfassende Vorkehrungen getroffen, doch kamen diese äußerlich wenig zur Geltung. Die Zahl der auf dem Friedhose uiederge- legten Kränze betrug mehrere Hundert; etwa 60 Schleifen der Kränze verfielen der polizeilichen Zensur. Die der Schleifen entkleideten Kränze wurden von den Trägern nach­träglich mit Zetteln versehen mit der Aufschrift:Der Po­lizei zum Opfer gefallen". Die Feuerwehr holte von einer Anzahl Telegraphen- und Telephonleituugeu mehrere rote Fahnen herunter. (Mpst.)

Berlin, 18. März. Nur bis gegen 3 Uhr wurde der Friedhof der Märzgefallenen von einer größeren Menge be­sucht, da zu dieser Zeit 14 Versammlungen von sozialdemo­kratischer Sette eiaberufen waren. Diese Versammlungen ver­liefen insgesamt ruhig. Luch auf der Straße vor den Ver­sammlungslokalen kam es nicht zu Ruhestörungen. Nur au einer Stelle war die Polizei gezwungen, gegen die johlende Menge vorzugehen, die aber »hne weiteren Zwischenfall zer streut wurde.

P«l»»mt»rische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

B-rlt«, 17. März.

Etat. Der Alttrag Graf Hompesch, in dem DiS- pofitiv zu vermerken, daß als hilfsbedürftig alle Veteranen anzusehen seien, deren steuerbares Einkommen nicht über 900 beträgt, wird mit 167 gegen 128 Stimmen bet 3 Enthaltungen abgelehut.

Staatssekretär Deruburg: Zweifellos sei eS, daß das Interesse des deutschen Volkes au den Kolonien sich in aufsteigeuder Richtung bewege. Sein Programm sei iu Kurzem Folgendes: Eine Regierung müsse eine solche der Gerechtigkeit und des Wohlwollens gegen Weiße und Far­bige sein, eS müsse eine größere Stabilität in den Person« eintreten, da nur dadurch Erlangung von Kenntnis der Personen und des Landes möglich sei. Ein besonderer Kolonialbeauttenstand müsse geschaffen werden. Betont müsse werden, daß die deutsche Herrschaft beruhe auf dem Ansehen der Weißen. Nötig sei daher ein Rassen-Justiz, da nur mit Hilfe der Weißen die Kolonien aufgeschlossen werden könnten, so müsse auch eine Unterstützung der Wei­ßen in wirtschaftlicher Beziehung stattfind«, aber nur inner­halb der Grenzen der Achtung auch der Rechte der Einge­boren«. Aber auch die Interessen der Farmer werde die Regierung wahr«. Zwischen ihren und den Ginge- borenm-Jntereffen werde sich ein Ausgleich find« lassen. Was die Aufgaben der Regierung aulange, so werde sie uach wie vor dm Missionen Förderung augedeihen lass«. Die Produttion der Neger sei das Rückgrat unserer Kolo­nialpolitik. In Aussicht geuommm seien die Einsetzung einer Eingeborenen-Kommisfion und ferner eines LandeS- Kulturamtes. Alle diese Programmsätze seien so klar, daß er sich gewundert habe, dabei auf den Widerspruch in der Presse gestoßen zu sein. Wetter wendet sich der Staats­sekretär zu verschiedenen Denkschriften über unsere Kolonien,