82. Jahrgang.

Auflage 2600.

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Mit dem Plauderstüdchen und

Echwäb. Landwirt.

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Mittwoch den 26. Aeöruar

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Verliehen wurde der Titel und Rang eines Geheimen Komme». zirnratS dem Kommerzienrat Paul Mauser, Generaldirektor der Waffenfabrik Mauser in Oberndorf.

Befördert wurde vr. Hehler Oberarzt im 3. Feldartillerie» Regiment Nr 49, (früher in Nagold) zum überzähligen Stabsarzt.

Die Finanzen des Reichs

werden nunmehr von einer neuen Hand der so bedürftigen Gesundung entgegengefnhrt werden. Der Deutsche Reichs­anzeiger veröffentlicht wäs folgt:

Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht: dem Saatssekretär des Reichsschatzamls Dr. Freiherr» v. Stengel unter Verleihung des Großkreuzes des Roten Adlerordens die nachgesuchte Dienstentlassung zu erteilen " den Uaterstaatssekretär im Reichspoftamt, Wirklichen Geheimen Rat Sydow zum Staatssekretär des Reichs­schatzamts zu ernennen und mit der Stellvertretung des Reichskanzlers in den F'-nanzangelkgenheiten des Reichs nach Maßgabe des Gesetzes vom 17. März 1878 (Reichs- gesetzblatt S. 7) zu beauftragen, und im Preußischen Staatsanzeiger heißt es weiter:

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Staatssekretär des Reichsschatzamts, Wirklichen Ge­heimen Rat Sydow zum Staatsminister und Mitglied des Staatsministerinms zn ernennen.

Damit ist der s. Z. aus Bayern berufene Freiherr v. Stengel, der schon seit Wochen von den Geschäften seines Amts sich zurückgezogen hatte, ersetzt. Er hatte wahrlich keine sehr angenehme Aufgabe. Als er ins Amt kam. waren die Reich zftaanzen nicht geordnet, wie sie denn überhaupt schon seit vielen Jahren der rechten Ordnung entbehrten. Man wird dem scheidenden Staatsmann vaLsagen muffen, daß er sich redliche Mühe gegeben hat, die Gesundung der Finanzen anzustreben. Cr hat ja auch zwei Erfolge erzielt: einmal die Umwandlung der Ueberweisvngssteuern und so­dann die Finanzreform von 1906. Mit der ersteren war sicherlich namentlich durch das Ausscheiden der ZSlle man­ches schwankende Moment mit dem finanziellen Verhältnis der Etazelstaaten zum Reich heransgebracht, nur war dieses Verhältnis nicht aus eine feste Grundlage gestellt. Mit der Finanzreform von 1906 wnrden mehrere neue Steuerqnellen erschlossen, aber ihr Ertrag reichte auch nicht entferne dazu aus, die Mehrausgaben des Reichs zu decken, wobei nicht übergangen werden soll, daß die Vorschläge Stengels im Reichstag Fassungen erhielten, die den Ertrag der neuen Steuern von vornherein abschwächtcn. So machten stch bald neue Steuern nötig und bei der Suche nach solchen ist Frhr. v. Stengel nicht zum Ende gelangt. Trotzdem liegt alle Veranlassung vor, dem verdienten Staatsmann bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst dafür zu danken, daß er den so wenig freudevollen Posten mehrere Jahre hindurch ver­waltet hat.

Sein Nachfolger findet die Finanzverhältnisse genau so wenig geordnet vor, wie Frhr. v. Stengel. Er fleht sich aber vor eine ganz andere politische Lage gestellt. Frhr. v. Stengel hat seine Finanzreform mit dem Zentrum zustand gebracht. Exzellenz Sydow wird sie mit der Blockmehr- hett dnrchzusührcn versuchen müssen. Die Schwierigkeit der Lage besteht darin, einmal eine Ueberetnstimmung zwischen den Parteien des Blocks einerseits und zwischen den Re­gierungen andererseits und daun zwischen beiden Faktoren

untereinander zustand zu bringen. Es gibt sicherlich eine ganze Anzahl von Steuern, die neu im Deutschen Reich ein­geführt werden könnten und auch Erträge verbürgen, die zur völligen Gesundung der Finanzen beitragen würden. Indessen gefällt vielfach nur die eine Steuer den Regierungen, die andere der Blockmehrheit und unter beiden Faktoren selbst find'die Ansichten auch verschieden. Um bei der preu­ßischen Regierung der Ansicht des Reichsschatzsekretärs ein größeres Gewicht zn verleihen, ist er zum preußischen Staats­minister ernannt worden. Sicherlich wird diese Ernennung mehrere Vorteile im Gefolge haben. Es dürfte aber die Hauptschwierigkeit kaum in der Erzielung eines Einverständ­nisses der Regierungen liegen. Weit beschwerlicher dürfte es sein, innerhalb der Blockmehrheit eine Einigung zustand zu bringen und diese Einigung so zu gestalten, daß sie mit den Anschauungen der Regierungen üSereinstimmt. DaS ist die hauptsächlichste Aufgabe, die dem neuen Reichsschatz­sekretär gestellt wird. Hier wird er hoffentlich das unbe­dingt notwendige Entgegenkommen der maßgebenden parla­mentarischen Persönlichkeiten erhalten.

Wann und wie der neue Herr in die Gesundungsar- beit praktisch hiaeinsteigen wird, bleibt abzuwarteu. Was darüber in einzelnen Zeitungen schon erzählt wird, beruht auf Gerüchten. Jedenfalls ist es durchaus richtig, daß die Arbeit gründlich vorbereitet wird. Nur, wenn alle in Be­tracht kommenden Faktoren bearbeitet find, kann etwas Er­sprießliches zustand kommen. Das Gebiet der ReichSftnauz- polttik ist an sich schon schwierig, die gegenwärtige irmer- poltttsche Lage erhöht aber noch diese Schwierigkeiten. Wir wünschen dem neuen Schatzsekretär, daß er alle Schwierig­keiten überwinde und die Gesundung der Finanzen tatsäch­lich erziele, deren Herbeiführung dem Frhr. v. Stengel ver­sagt geblieben ist.

UoMschs KeSsrkicht.

Der «e«e Staatssekretär des Reichsschatz­amtes, Staatsminister Sydow, übernahm am Montag die Dienstgkschäste.

Der bayrische J«stiz«i»ister veröffentlicht einen Erlaß, der die Staatsanwaltschaften zn schärferer Behand­lung der Roheit?- und Uistttltchkeltsdeltkte auffordeit.

Z« de» neulichru Terroristen-Bekhaftnuge» i« Petersburg wird noch gemeldet: Bei den Verhaftungen glaubt die Polizei die Organisation des nördlichen sozial- revolutionären und des russisch-revolutionären Kreises in Finnland unschädlich gemacht zn haben. Es handelt sich um sehr junge Leute zwischen 16 und 20 Jahren, nur sehr wenige find älter. Während der Nacht zum Sonntag wurden die Verhaftungen fortgesetzt. Augenscheinlich in Verbindung mit den Verhaftungen stehen szwei Selbstmorde, der eines Studenten und einer Studentin.

I» England ist mas der Asficht, daß sich Oesterreich-Ungarn der Türkei gegenüber für die Konzession zum Ban der Sandschak-Bahn verpflichtet fühlen müsse und deshalb nicht mehr mit der nötigen Energie auf die Durchführung der von den europäischen Mächten für not­wendig erachteten Reformen dringen könne. Dieser Auf­fassung entsprang ein Beschluß des Balkanausschusses des Unterhauses, die Regierung auszufordern, nicht zuzulassen, daß das mazedonische Reformwerk zugrund gehe. In An­betracht, daß Oesterreich-Ungarn durch sein Eisenbahnuuter- »ehmen gehindert sei, die ihm und Rußland anvertraute Aufgabe durchzuführen, müsse England verlangen, daß die Verpflichtung, Reformen zu unternehmen, an solche Mächte übertragen werde, die bereit sind, den erforderlichen Druck auf die Pforte auszuüben.

Die Lage i» Portugal. Der seitens der Franciste» der Mtgueltftcn und Nationalisten geplante reaktionäre Staatsstreich wurde durch die von der Regierung rechtzeitig getroffenen Maßregeln verhütet. Die gesamte Lissabons Garnison blieb eine» großen Teil des Tages über und die ganze kritische Nacht hindurch alarmiert. Die Kriegsschiffe ergänzten ihre Kohlenvorröte und blieben unter Dampf.

Asch Griechenland soll dsrch eise Bah» vo« PiräsS «ach Larissa an das türkische Essenbahnnetz angeschloffen werden. Das Offiziöse Organ der serbischen Regierung begrüßt das Projekt und sichert den Griechen die Unterstützung Serbiens zu.

Die serbische Skupschtisa hat um Samstag in einer stürmisch verlaufenen Sitzung die vtftumstrittene Apanage für den Kronprinzen und die übrigen Mitglieder des könig­lichen Hauses im Betrag von 360000 Dinar angenommen. Die Opposition schloß sich von der Abstimmung aus, nachdem es beinahe zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre. In einer der vorhergegangenen Sitzungen hatte die Regierung einen

Antrag auf Abänderung der Geschäftsordnung eingebracht.

Durch die Vorlage soll der Obstruktion das Wasser abge­graben werden. Die Opposition ist sehr entrüstet übn die Maßnahme und hat sich entschlossen, ste bis aufs äußerste zu bekämpfen. Man darf fich also auf eine lebhaste.Aus- einandersetzung gefaßt machen.

Nach a«s Japan vorliegenden Nachricht-» ist dort eine bedenkliche Finanzkrists ausgebrochen. Zwölf große Firmen haben die Zahlungen eingestellt, drei Banke« in Tokio sind in gleicher Lage und bet anderen Geldinstituten werden die Kaffen gestürmt.

DieTimes" berichtet, Präsident Roosevelt verlangte in einem Briefe au de« Handelsausschuß eine Untersuchung über die Herabsetzung der Arbeitslöhne und betreffend die Arbeitsbedingungen. Weiter kündigt der Präsident eine neue Botschaft an, worin er eine Untersuchung über die Martnekrise verlangen wird. Zweck der erstereu Enquete ist, die Essenbahnarbeiter für die Kandidatur Taft« günstig zu stimmen.

Eine Rede über De«tschl«»dS wirtschaftliche Kraft hat der deutsche Botschafter in Washington, Freiherr Speck von Sternburg in Tampa auf einem von der dortigen Handelskammer aus Anlaß des Geburtstages Washingtons veranstalteten Festessen gehalten. Der Botschafter wies darauf hin, daß während bis zu den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Deutschlands wirtschaftliche Kraft als schwach gegolten habe, die Welt jetzt eines Besseren belehrt worden sei. Die wirtschaftliche Lage eines Landes, das trotz der Verteuerung des Lebensunterhaltes imstand sei, 62 Millionen Menschen zu ernähren, könne nicht als eine schwache gelten. ES müsse i« Gegenteil ein wohl- habendes Land sein und seine Prosperität müsse auf einer so gesunden BaflS stehen, daß sogar eine wachsende Pro- duktivität gesichert sei. Deutschlands Ausfuhrhandel habe den Nordamerikas, Belgiens und Frankreichs bei weitem überstiegen. Hinsichtlich des in Eisenbahnen angelegten Kapitals nehme Deutschland unter allen Ländern die dritte Stelle ein. Der Botschafter besprach sodann den Ausbau des Postwesens, des Telegraphen- und Telephounctzes, die Erträgnisse aus Ackerbau und Viehzucht und den Reichtum an natürlichen Bodenschätzen. Redner betonte ferner die Strebsamkett des deutschen Volkes, seine gute Schulbildung, die technische Güte seiner mechanischen Hilfsmittel zur Förderung der industriellen Produktion, besonders aber die Entwicklung des Bergbaues.

Aus «»laß de- Geburtstages Washingtons hielt Kciegssekretär Taft in Buffalo eine Ansprach, in der er ausführte, die amerikanische Flotte werde mit jedem Jahr mächtiger. Vom Kongresse hoffe er, daß er die Armee zum eigentlichen Kern der VerteidigungSstrettkräfte mache« werde und sie auf eine Stärke bringen werde, die der Be­völkerung und der Ausdehnung des amerikanischen Gebietes entspreche. Die BerteidigungSwerke von Hawai, der Philip­pinen und des Panamakanals genügten noch nicht. Die nationalen Verteidigungswerke würden allmählich verbessert werden, und wenn ein Krieg für das nächste Jayr abge- wendet werde, würden ste sich in eine besseren Verfassung

A«S Marokko.

Die Franzose« habe« jüngst i» Marokko eine Niederlage erlitte«, die anfangs in Paris entschieden in Abrede gestellt wurde, jetzt aber ihre unanfechtbare Be­stätigung findet. Es handelt fich um die Kolonie Tauptn, die am 17. d. M. südlich von Ber Reba auf einem Umgeh­ungsmarsch von Eingeborenen angegriffen wurde, denen ste am Tag vorher ein siegreiches Geplänkel hatte, die je­doch inzwischen durch Truppen Mulay Hastds verstärkt worden waren. Der Kampf dauerte bei der großen numerischen Ueberlegenhcit des Gegners sehr lange. Die Kolonne Tauptn wurde überrannt und mußte, da ihr die Munition aos- gegangen war, zum Bajonettangriff übergehen um fich zu befreien, und völlig erschöpft den Rückzug nach Buznika antreten, ohne daß ste ihren Zweck erreicht hätte. Die Verluste der Franzosen waren: Zwei Offiziere und sieben Mann tot, drei Offiziere und 29 Manu ver­wundet. Man ist allgemein der Ansicht, daß die Einge­borenen die den Stab der Kolonne begleiteten, dem Feind Spionagedienst geleistet haben. Die Rückkehr des Generals d'Amade nach Casablanca wird mit dieser Niederlage in Verbindung gebracht. Von dem KriegsschiffKleber" wurden 150 Mann gelandet. Es werden bedeutende Zu­sammenrottungen in der Richtung von Azemmur gemeldet, die auch in den bisher neutral gebliebenen Gegendm eine erregte Stimmung hervorzurnfeu scheinen. Im französi­schen Mtntsterrat teilte Minister Pichon mit, in einem vom