142

in den Provinzen Westprcußen und Posen weiter 5 Millionen Mark, auf Grund des Gesetzes vom 28. März 1887 zu verschiedenen Eisenbahnzwccken weitere 4,321,500 otk und auf Grund der Gesetze vom 19. April 1886 und 1. April 1887 gleichfalls zu verschiedenen Eisenbahnzwecken 50 Millionen Mark. Der Gesamtbetrag der aus dem Hinterlegungsfonds zu 2>/z Prozent entnommenen Summen beziffert sich auf 48,549,376 »tL 18 H. Von den Überschüssen der Eisenbahnverwaltung in dem Etatsjahr 1887/88 ist die Summe von 43,431,482 66 L zur Deckung offen stehender Kredite ver­

wendet. Die Staatseisenbahnkapitalschuld betrug am 31. März 4,163,756,407 ^ 59 H. An 4>/,prozentigen Konsols waren am 31. Dezember 1888 noch rückständig 242,350 vtL. In dieser Höhe sind Stücke der 4prozentigen kon­solidierten Anleihe zum Umtausch der ersteren vorhanden.

Berlin, 17. März. Sozialdemokratische Klage. Bei der Beratung des Nachtragsetats hat man von sozialdemokratischer Seite wieder die Klage gehört, daß die Einverleibung von Elsaß-Lothringen ein Fehler gewesen und jeder dauernden Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich im Wege stehe. Derartige unpatriotische Aeußerungen finden in Paris immer ein lebhaftes Echo und werden als die wahre Gesinnung weiter Kreise in Deutschland ausgegeben. Wir möchten gleichwohlßbezrveifeln, ob sie auch nur innerhalb der Sozialdemokratie allgemein gebilligt werden. Jeden­falls würden die Sozialisten keines anderen Landes sich jemals zu so un­patriotischen Aeußerungen Herbeilaffen. Und dabei ist die Anschauung, als ob wir uns mit Frankreich dauernd und aufrichtig hätten verständigen können, wenn wir seiner Zeit die Annexion unterlassen hätten, gerade als eine kindische zu bezeichnen. Im französischen Volk wäre genau derselbe Stachel der Rach­sucht für die Niederlage zurückgeblieben, auch wenn wir keinerlei Gebietsab­tretungen verlangt hätten. Das bittere Gefühl, aus der Stelle der ersten Kriegsmacht verdrängt worden zu sein, hätten die Franzosen doch nicht ver­wunden. Feindseliger Bedrohung wären wir auf alle Fälle preisgegeben ge­wesen, nur hätten wir erheblich schwächere und ungünstigere Grenzen gehabt. Mit vollem Recht hat Fürst Bismarck in seinem Rundschreiben vom 31. September 1870 bemerkt:Es ist die Niederlage an sich, es ist unsere sieg­reiche Abwehr ihres frevelhaften Angriffs, was die französische Nation uns nie verzeihen wird. Wenn wir jetzt ohne alle Gebietsabtretung, ohne jede Kontribution, ohne irgend welche Vorteile als den Ruhm unserer Waffen aus Frankreich abzögen, so würde doch derselbe Haß, dieselbe Rachsucht wegen der verletzten Eitelkeit und Herrschsucht in der französischen Nation zurück- bleiben, und sie würde nur auf den Tag warten, wo sie hoffen dürfte, diese Gefühle mit Erfolg zur That zu machen." Frkf. I.

Ausland.

Rotterdam, 17. März. Der König hatte sich im Laufe der vorigen Woche einigermaßen erholt, er war im Stande, mehr Nahrung zu sich zu nehmen und konnte auch einige ihm vorgelegte Schriftstücke unter­zeichnen, aber seit gestern ist wieder eine Wendung zum Schlimmer» einge­treten und es soll namentlich die vergangene Nacht äußerst unruhig gewesen sein; auch treten die Symptome der Blutvergiftung wieder beunruhigender auf.

Belgrad, 18. März. Bei dem gestrigen glänzenden Fackelzuge beantwortete König Milan namens des Königs Alexander die Ansprache des Bürgermeisters und betonte, Alexander sei von Dankbarkeit und Liebe zu den treuen Belgradern erfüllt, zumal er der erste Serbenherrscher sei, der in Belgrad geboren wurde. Alexander sei von ebenso inniger Liebe zur ganzen Nation erfüllt, weil er als erster Serbenherrscher in einem freien und unabhängigen Serbien geboren sei. Milan beschwor die Nation einig zu bleiben, die Liebe zu Alexander durch Achtung vor dem neuen Rechtszustande und vor den Regenten zu bekunden. Die Stadt war glänzend beleuchtet. Der Bürgermeister überreichte eine prachtvoll ausgestattete Denkschrift.

Ga ges-Weuigkeiten.

Stuttgart, 17. März. In Stuttgarter Blättern wird dem Plane das Wort geredet, es dem ganzen württembergischen Volke zu ermöglichen, in Form eines Festzuges, König Karl zu seinem bevorstehenden Jubiläum seine Huldigungen darbringen zu können. Wem das Glück beschieden war, jenen Feldzug vom 28. Sept. 1841 mitzufeiern, der dem Regierungsjubiläum König Wilhelms galt, der kann dieser neuesten Anregung beipflichten. Von Interesse mag bei diesem Anlaß ein kurzer Rückblick auf den Festzng vom Jahre 1841 sein. Der Zug umfaßte 12 Abteilungen, die sich jeweils in verschiedene Untergruppen zergliederten. Als Kernpunkte glänzen die Dar­stellungen von Land- und Forstwirtschaft, von den Gewerben und vom Handel. Erster« wurde mit der Zentralstelle, dem Institute Hohenheim und der Tier­arzneischule eröffnet. Dann folgen in 16 Zügen die landwirtschaftlichen Vereine, je einen besonderen Zweig darstellend, so z. B. Cannstatt mit dem Volksfest, Leonberg mit Erzeugnissen des Getreidebaues, Calw mit Flachs, Stuttgart Amt mit Filderkraut, Stuttgart Stadt als Repräsentantin des Obstbaues, Göppingen, und Geislingen des Wiesenbaues, Markgröningen der Schafzucht und so weiter. Dann folgten die Landleute in den verschiedenen Trachten aller Gegenden und Kreise. Den Schluß bildete die Waldkultur. Der Handel zeigte sich mit der Darstellung der Dampfschiffahrt, Schiffahrt, Postanstalten. Diesen drei Hauptabteilungen gingen andere Zweige des württembergischen Stadt- und Landlebens voraus oder folgten ihnen nach. Von Fahnen, welche dabei vorangetragen wurden, nennen wir die des Landes, der 4 Kreise, der 7 guten Städte und der Städte überhaupt. Es folgten hierauf die Veteranen, Bürger und Militär, Festjungfrauen, Geistliche, Schulen, Künste und Wissenschaften. Landesuniversität, Wohlthätigkeitsvereine, Stände, ein Zug, welcher die Verfassungsurkunde trug, Hofbeamte und Staatsdiener. Zum Schlüsse kamen die Liederkränze aus den Oberämtern, Schützengesellschaften, Herolde, Musikkapellen re.

Stuttgart, 19. März. (Landgericht.) Gestern wurde ein kaum 16jähr. Mädchen wegen Diebstahl an ihrer gleichaltrigen Freundin zu 2 Mon. Gefängnis verurteilt, welche in der Anstalt für jugendliche Gefangene zu verbüßen sind. Die Verhandlung warf ein bedenkliches Licht auf die beiden Mädchen, welche trotz ihrer Jugend schlimme Wege wandeln, über­mäßig geputzt erscheinen, während ihre Eltern sehr einfache Leute sind, die, wie es scheint, nicht darnach frugen, woher der Putz und der viele Gold­schmuck ihrer Töchter kam. Erst als über das Leben der Töchter durch hand­greifliche Beweise ihres Leichtsinns den Eltern die Augen aufgingen, verboten sie beiden den Umgang miteinander. Trotzdem kam die jüngere Angeklagte noch in die Wohnung der andern, wo sie aus deren Kasten Goldschmuck und Handschuhe im Werte von 5062 herausnahm und damit den Diebstahl beging, wegen dessen sie unter Annahme mildernder Umstände verurteilt wurde.

Leonberg, 17. März. Die gesundheitsnachteiligen Einflüsse der extremen Witterungsverhältnisse machen sich gegenwärtig auch bei uns geltend. Während am Anfang des Winters die roten Flecken unter der Kinderwelt epidemisch auftraten, hat in letzter Zeit die Diptheritis einige Opfer gefordert» so daß die Schließung der Kleinkinderschule angeordnet wurde. Auch sind mehrere Fälle von Schleimfieber, deren Entstehen von sachver­ständiger Seite auf Verunreinigung des Trinkwasiers zurückgeführt wird, diesen Winter vorgekommen.

Reutlingen. 18. März. In der zwischen Bezingen und Wann­weil längs der Echaz sich hmziehenden Thalmulde halten sich zur Zeit Schwärme von Kibizen auf, die als Watvögel auf den feuchten Wiesen ihrer Nahrung nachgehen. Diese Vögel, die durch ihren schwalbenähnlichen Flug, ihr schwarzweißes Gefieder und ihre Hellen, kurzen Rufe auffallen, stellen sich alljährlich beim Eintritt des Frühlings in unserer Gegend ein. Die

Augm hinwelken sehen, wie eine Blume, die ohne Wasser verschmachtet, und ich werde fühlen, daß ich die Schuld daran trage. Aber der Himmel ist mein Zeuge, daß ich nur in der uneigennützigsten Absicht gehandelt habe."

Dian kann sich vorstellen, wie sehr alle diese Gedanken ihn niederdrückten, und was das Schlimmste dabei war, er hatte Niemanden, dem er sie anvertrauen, vor dem er sein Herz erleichtern konnte.

Adrienne sah oft, wie seine Augen mit ergreifend traurigem Ausdruck auf ihr ruhten, so daß sie sich der Thränen nicht erwehren konnte, und da sie die Ursache davon nicht kannte, bildete sie sich ein, ihn irgend wie gekränkt zu haben, war aber zu schüchtern, um ihn nach der Ursache zu fragen; so trat nach und nach eine Ent­fremdung zwischen den beiden Gatten ein.

Selbst die Dienerschaft bemerkte die Verändemng, welche Platz gegriffen hatte, und sie bedauerten sie sowohl um ihres Herrn willen, an dem sie alle mit großer Verehrung hingen, als auch um Lady Lynwood's halber, die seit den wenigen Monaten ihrer Verheiratung zum allgemeinen Liebling in Lynwood-Hall geworden war.

Otto allein beobachtete mit heimlicher Befriedigung, die er jedoch aufs sorg­fältigste verbarg, alle diese Vorgänge.

Das Schicksal selbst hilft mir," dachte er für sich, während er über die Lage der Dinge nachdachte.Die Aussichten stehen Zehn gegen Eins, daß Onkel Ralph ohne Testament stirbt, denn in seinem Eigensinn wird er seine Absichten nicht ändern, so lange die Pachtverträge nicht erneuert und gewisse Grundstücke verkauft worden sind, und wenn seine Kräfte weiter so abnehmen wie jetzt, so wird er, ehe er eS sich versieht, aufgehört haben, zu leben. In diesem Falle aber gehen Titel und Besitzung auf mich über; ich habe dann nicht umsonst gestrebt und werde dennoch Herr hier!"

Eines Morgens begegnete Adrienne ihrem Gatten in der Vorhalle, als der­selbe sich eben zum Ausgehen anschickte.

Gehst Du aus?" ftagte sie etwas schüchtern.

Ja, der Morgen ist wunderschön."

Soll ich Dich begleiten?"

Nein," antwortete er nach einigem Besinnen.Ich gehe in das Dorf, weil

ich Einiges mit dem Kirchenaufseher zu besprechen habe, und ich werde mich wahr­scheinlich längere Zeit bei ihm aufhalten."

Aber ich kann unterdessen vor seinem Hause spazieren gehen," meinte sie.

Es würde Dir wahrscheinlich zu lange dauern."

Er zog seine Handschuhe an, und Adrienne faßte sich ein Herz und fuhr fort: Ich glaube wirklich, daß Du den weiten Weg ins Dorf nicht zu Fuß machen solltest. Es könnte Dich zu sehr ermüden."

Ich weiß recht gut, wie viel Bewegung ich mir zutrauen darf," versetzte er etwas gereizt.Ich wünsche, Du würdest es nicht immer versuchen, mich als Kranken zu behandeln, während Du ja weißt, wie furchtbar mir das zuwider ist."

Adrienne sagte Nichts mehr und er ging fort, gefolgt von ihren angstvollen Blicken.

Es wird jeden Tag schlimmer mit ihm, und ich weiß nicht, ob ich recht thue, ihm die Tropfen noch länger zu geben," dachte sie bekümmert.Sie scheinen ihm gar nicht gut zu thun. Wenn ich nur mit Jemanden anders als Otto beraten könnte, was ich thun soll!"

Ihre Gedanken schweiften sofort zu Lionel, dem sie nur zu gern vertraut hätte, aber er war in der letzten Zeit sehr wenig nach Lynwood-Hall gekommen, und sie hatte überdies eine gewisse Zurückhaltung in seinem Wesen bemerkt, wenn er mit ihr beisammen war, welche sie nicht zu verstehen vermochte.

Sonst aber gab es Niemanden, an den sie sich in ihrer Bedrängnis hätte wenden können; sie selbst besaß weder Freunde, noch Verwandte, und von Sir Ralph's Seite war nur Otto da, gegen den sie neuerdings ein gewisses Mißtrauen fühlte, das sie nicht zu bannen vermochte.

Nach langem Ueberlegen beschloß sie, an diesem Nachmittag selbst heimlich zu Doktor Seaport zu gehen und ihm zu sagen, daß die Tropfen, die er ihr durch Otto geschickt hatte, Sir Ralph nicht gut thäten, und ihn um ein anderes Mittel zu bitten.

(Fortsetzung folgt.)