»ege« HSn-ltcher »her gewerblicher Verhiltnifie
erheben wollen, werbe» aufgesordert, chre diesbezüglichen Gesuche, über welche die verstärkte Ersatzkommisfiou im MnsternngStermiu entscheiden wird, innerhnlb 14 Lag-«, bezv. spätesten- noch vor dem Musterungstermin bei dem Ortsvorsteher ihres dauernden Aufenthaltsorts anzubriug«.
Weg« Behandlung der Gesuche werden die Ortsvorsteher auf 88 122 und 123 der Wehrordnuug (Reg.-Bl. 1901 S. 275 und die Mtnist.-Berf. vom 8. April 1876, Ziff. 3 (M.-sMSbl. S, 120) hingewieseu.
Nagold, den 16. Januar 1908.
K. Oberamt. Ritter.
«iiü,k« über Güterschlüchlerei.
Die Erhebungen, welche neuerdings von der württem- bergischeu Regierung in höchst dankenswerter Weise veranstaltet werden, um statistische Grundlagen über Güterschläch- terrieu in unserem Lande zu erhalten, gibt mir Veranlassung, Erfahrungen, die ich in dieser Hinficht zu machen Gelegenheit hatte, einem weiteren Kreise mitzuteilen. Wer im Zentrum des Landes lebt, wo es geschloffene, abgerundete Bauernhöfe fast gar nicht gibt, kann nicht recht begreifen, weshalb in Württemberg ein Gesetz besteht, welches das Zertrümmern und Zerstückeln von Bauernhöfen verhindern oder eiuschräukeu soll. Ganz anders ist dies auf der Alb und besonders in Oberschwaben und im Hoheulohisch«. Hier vererben sich die Höfe vom Vater auf den Sohn oder die nächsten Verwandten gerade so wie beim Adel ein Fidei- kommiß-Gut. Fragt man in einem Dorfe in Franken nach der Einwohnerzahl, so erhält man beispielsweise die Antwort: „Wir find 12 Bauern". Alle übrigen find „gringe Last". Die Morgenzahl ist bei noch ganz erhaltenen Höfen meist ziemlich groß. 200 Morgen große und darüber finden sich häufig, 40—70 Morgen find nur „Höfle". Wenn ein Bauer sich auf seinem Hofe nicht mehr halten kann, trifft sozusagen das Wort zu: „Wo ein Aas ist, sammeln sich die Adler". Man merkt bald, wenn etwas Derartiges los ist. Fast jeden Tag kommt eine Judengesellschaft ange- fahreu, um ein „Geschäft" zu machen. Schließlich wird der Handel fertig und schleunigst gehtS aufs Rathaus, um dem Kauf gesetzliche Gültigkett zu geben. Ist der Schultheiß gerade auswärts, so wird er mit Extrafuhrwerk herbetge- holt. Eine- schöne« TageS ist Tüterverkauf. Freibier stießt in Menge. Die Verkäufer machen Späße, Witze, animieren zum Trinken (trinken selber aber fast nichts), bis die richtige „Stimmung" da ist. Die besten Grundstücke werden zuerst ausgeboten und für diese Gegend fabelhafte Preise pro Morgen bezahlt, insbesondere von den großen Aasern, welche ihre Höfe vergrößern oder abruuden wollen. Die „Köbler" (Kleinbauer«) ergreifen die Gelegenheit Grundstücke zu erwerben, ebenfalls und bieten gleichfalls wacker dranf. Den tranigen Ueberrest, des einst so stolzen Hofes, darf mm der Güterschlächter erst nach drei Jahren verkaufen; aber das stört ihn wenig. Er hat ja schon bet der Zertrümmerung soviel erlöst, als ihn der ganze Hof gekostet hat. Bis die drei Jahre herum find, läßt er durch einen Knecht den Rest des HofeS umtreiben und dann find« sich Käufer genug, denen der kleine Hof eben recht ist. Aus diese Weise werden oft von den „Güterschlächtern" an einem Hof 10-15000 ^ verdient. Nur selten kommt es vor, daß die Bauern sich vereinigen und den Hof gemeinsam auS erster Hand kaufen.
Leider gibt es auch wohlhabende Bauern, die das Erbe ihrer Väter verschleudern, um in die Stadt zu ziehen. Manche von ihn« haben einen wahrhaft paradiesisch« Begriff vom Leben in der Stadt. Als „Privatör" zu leben, das erscheint ihnen daS Höchste. Um sofort bares Geld zu erhalten, wird der Hof an die Juden verhandelt und der Bauer zieht mit seinem Kapital in die nächste Stadt. In Rothenburg o. T. fitzt mehr als ein Dutzend solcher „PrivatörS". Die Reue kommt zwar bald, aber leider immer zu spät.
Man sollte nun meinen, alle Bauern würden nach einem strengeren Gesetz gegen das Güterzertrümmern verlangen. Weit gefehlt. Die Güterschlächter haben es verstanden, manche Bauern von der Schädlichkeit dieses Gesetzes zu überzeugen. Sie sagen: In Württemberg kaufen wir nicht gern Höfe (wie spröde!) und wenn wir kaufen, so müssen wir wmiger bieten. Wenn dein Hof in Bayern läge, würden wir gleich 5000 mehr bieten." Mancher Bauer schließt dam weiter: Also schadet ms dieses Gesetz! Sr bedenkt nicht, daß doch schließlich der Mehrerlös wieder aus des Bauern Tasche geht. Sehr betrübend ist auch, daß manche Bauern so wenig Stolz besitzen, daß sie stch als Handlanger („Schmuser") zu derartigen Geschäften hergebeu. Statt vieler nur ein Beispiel:
Im Dorfe B. will ein Bauer nicht an einen Güterschlächter, sondern an einen andern Bauern verkaufen. Ein anderer Bauer im Dorf ist nun vom Juden aufgestellt und dafür bezahlt (aber wie!), ihm beim Erscheinen eines Käufers sofort zu telephonieren. Ist der Handel zwischen den zwei Bauern im schönsten Gang, so kommt der Jude wie zufällig angefahren, steigt ab md mischt sich in den Handel (schmust). Ohne Schmuser gehts hier fast nie ab. Kommt nun der Handel zustande, so schiebt er schmunzelnd — womöglich von beiden Seiten — den Schmuserlohn ein, der sich ganz nach der Höhe der Kaufsumme richtet und oft in die Hunderte geht.
Auch Ehen werden durch diese Schmuser gestiftet und ein schönes Geld dabei verdient.
Daß mit Gesetzen allein solchen traurigen Zuständen
kein Ende gemacht werben kam, ist eiuleuchteub. Gründliche Aufklärung tat hier vor allem not. Wem au einem selbständigen, wohlhabend« Bauernstand gelegen ist, der helfe mit, ihn von diesem modernen AuSbmtertum zu befreien. (Dtsche. ReichSpost.)
NoMische AlsSerficht.
G-ge« die AbSndernng der Fernsprechge- bühre» hat sich auch die Breslauer Handelskammer bereits einstimmig ausgesproche». Die Vorschläge des Reichs- Postamts würden eine derartige Verteuerung des Fernsprechverkehrs zur Folge haben, daß dadurch der wirtschaftliche Nutzen des Fernsprechers stark beeinträchtigt wird. Die Handelskammer Hannover beschloß, beim Staatssekretär Krätke vorstellha zu werden, da die Reform eine Schädigung von Handel und Industrie zur Folge haben müsse.
Der G-niorenkouv-nt des N-tch-tag- stellte folgendes Arbeitsprogramm für die nächste» Wochen fest: Heute sollen die noch vorliegenden Interpellationen über Polenvorlage, Wahlrecht usw. erledigt werden. Daran schließt sich die zweite Lesung des Etats. Die Verhandlungen werden kontingentiert. Am 24. März soll die zweite Lesung beendet sein. In der Zwischenzeit sollen auch die ersten Lesungen der noch ausstehenden Gesetzentwürfe stattfinden, mit Ausnahme der HilfSkassenvorlage die zurückgestellt worden ist. Vom 25. d. M. ab bis zu den Osterferien sollen die Samstage und Montage freibleiben. Da am Montag, den 27. Januar Kaisers Geburtstag ist, bleibt auch der 28. Januar fitzungsfrei.
Die Pole» firme» «mrrter Wetter a«f Rache für die in Preußen und im Reich eingeschlageue Polenpoli- ttk. Neuerdings hat stch eine Vereinigung der polnischen Kommissionäre gebildet, die sich bemüh« wird, die polnisch« Saisonarbeiter in erster Reche bei polnischen Grundbesitzern unterzubringen und den Ueberschuß nach Süddeutschland oder Dänemark zu leiten. Damit ist bezweckt, die deutschen Grundbesitzer des Ostens zu boykottieren und so die Schwierigkeiten, die den deutschen Großgrundbesitzern, aber auch den kleinen Landwirten durch die Leutenot erwachs«, noch um ein Erkleckliches zu verschärfe».
I« russischen Ministerin« find einige Veränderungen eingetreten. Der Minister für Bolksaufklärung von Kaufmann ist seines Amtes enthoben worden unter Be- laffuug der Würde eines Senators und Ernennung zum Oberhosmeister. An seiner Stelle ist der ehemalige Kurator des Moskauer Bezirks, ReichSratsmitglied Schwarz, zum Minister ernannt Word«. Ministerpräsident Stolypin erhielt ein kaiserliches Reskript, durch das er in Anerkennung seiner „außerordentlich« Verdienste um die Beruhigung des Landes" zum kaiserlichen Staatssekretär ernannt wird. Einige andere Minister erhielten Ordensauszeichnungen.
Rach Meldnn-e» n«S Marokko herrscht in sämtlichen Hafenplätzeu noch vollkommene Ruhe. General d'Amade ist ermächtigt, vorkommenden Falles bis zu einer Entfernung von 35 Kilometern von Rabat vorzudringen. Dort könnte er leicht mit der europäischen Kolonie zu- sammmtreffev, falls diese die Stadt verlassen müßte, eine Möglichkett die man gegenwärtig nicht voraussteht. — Ans Paris wird noch berichtet: Der Berliner Botschafter Cambou hatte hier lange Unterredung« mit Clemeuceau und Pichon über die Marokkofrage. Er ist dann nach Berlin zurückgereist, um der deutsch« Regierung wichtige Mitteilungen über die französischen Pläne in Marokko zu Überbringer«. _
Die „Vorherrschaft i« Stille« Ozean".
Rewyork, 15. Jan. Die Flottenfrage ist wieder ganz iu den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückt. Bon allen Settm komm« Stimm«, die eine bedeutende Vermehrung der Flotte fordern und stch dabei bald auf daS Beispiel Europas, bald auf die „Japanische Gefahr" berufen. Am lautesten bemerklich macht stch augenblicklich der bekannte Politiker Richter Harlan vom oberst« Reichs- gerichtshofe, der nicht weniger als eine jährliche Mehrausgabe für neu zu erbauende Kriegsschiffe von zweihundert Millionen Mark fordert und zwar auf zehn Jahre hinaus.
Er gibt dabei zu, daß die gegenwärtige- Regierung Japans ganz friedlicher Natm und überhaupt ein bewaffneter Konflikt mit Japan auf Jahre hinaus noch nicht zu fürchten sei, da dazu Japan die Mittel fehlten. Aber deshalb, behauptet er — Md ein großer Teil der Presse und öffentlichen Meinung teil« offenbar diese Auffassung — wird unS dieser Konflikt doch nicht erspart werdm. Der EntscheidungSkampf zwischen der weiß« und gelben Raffe um die Vorherrschaft im Stillen Ozean wird kommen; er ist unvermeidlich, gleichviel wie friedlich immer die Intentionen der beiderseitigen Regierungen sein mögen. Daher müssen wir uns auf diesen Kampf rechtzeitig vorbereiten, und, damit wir nicht zu spät kommen und dann mit einem Schlage ruinöse, ungeheuerliche Summ« in unsere Kriegsflotte und Verteidigung stecken müssen, ist es unsere Selbst- erhaltungSpflicht, bei Zeit« damit zu beginnen und die nötig« Summen über eine Dekade zu erteilen. Japan wird ein gleiches tun usd hat unS gegenüber den großen Vorteil eines starken, gutgedrillten und vorzüglich bewaffneten, überdies erprobt« Heeres, daS es iu wmig« Jahr« auf das drei- und vierfache leicht bringen kann.
Richter Harlan steht bereit» eine japanische bewaffnete Invasion Amerikas voraus, wenn dieses stch nicht eine unüberwindliche Flotte schaffe . . .
P«lr»e»tarlscht Rschrichwr. Demtscher Neich-t«-.
Verli«, 15. Ja«
Interpellation betr. Bankdiskont.
Mayer-Kaufbeurm (Z.) polemisiert gegen die Ausführungen des Abgeordneten Kämpf, al» ob unsere Wirtschaftspolitik eine Mitschuld an der Gestaltung der Dinge auf dem Geldmärkte habe. Schuld trage vielmehr allem oder doch hauptsächlich die überaus gedehnte industrielle Entwickelung. Die Erhöhung der Zahlkraft von Silbermünzen über den jetzigen Betrag von 20 hinaus, würden seine Freunde ablehnen, dagegen würden sie einer Erhöhung der Kopfquote für den Silberumlauf zusttmmen.
Unterstaatssekretär Twele stellt fest, daß die Außerkurssetzung der Taler nicht das geringste Bedauern erweckt habe, sondern vielfach mit besonderer Freude begrüßt ward« sei. Die Außerkurssetzung der Taler am 1. Oktober 1907 habe bewirkt, daß so viele Taler eingegangen seien, daß die Neuprägung von Silber-Scheidemünzen im Betrag von 20 Millionen schon jetzt gedeckt erscheine. Gegenüber dem Abgeordneten Kämpf teilt Redner mit, daß der preußische Finanzminister stch vor Begebung der neu« preußischen Anleihe mit dem Reichsschatzsekretär in Verbindung gesetzt habe und sodann legt er, da gestern von dem niedrigen Kursstand der Reichsanleihe gesprochen worden sei, die Gründe hierfür dar: 1. ungenügende Mittel des Reiches, 2. zu häufige Begebung von Anleihen durch Reich, Staat, Kommunen, 3. Ungenügender Kreis für Aufnahme der Anleihen durch Reich, Staat, Kommunen, 3. ungenügender Kreis für Aufnahme der Anleihen und 4. viel zu viel Kategorien mündelficherer Papiere überhaupt.
Dr. Suedekum (S.) tritt der Auffassung entgegen, als sei die Begebung umfangreicher Auleihm seitens der Gemeinden sehr bedenklich.
Gotheiu (frs. Vg.) hält eine Ausdehnung des Scheckverkehrs und andere Ausgestaltung des Abrechnungsverkehrs für notwendig. Ein Antrag auf Schluß der Besprechung gelangt zur Annahme. -
Interpellation So yda (Pole) betr. Enteignungs Vorlage in Preußen.
Der Reichskanzler lehnte die Beantwort»»! der Interpellation vtze» UnzustLndigkeit de» Reichstage« i« dieser rein preußisch« Angelegenheit ad.
Staatssekretär Nieberding verliest eine Erklärung, iu der ausgeführt wird, daß das Vorgehen der preußisch« Regierung weder mit der Reichs Verfassung noch mit irgend einem Reichsgesetz in Widerspruch stehe. Da» Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch behalte die Materie ausdrücklich der Landesgesetzgebung vor. Sie unterliege daher nicht der Einwirkung des Reichstages.
Auf Antrag des polnischen Abgeordneten Korfanth wird durch eine Mehrheit aus dem Zentrum, den Freisinnigen, Sozialdemokrat« Md Polen die Besprechung der Interpellation beschlossen.
Soyda (Pole). In seiner Heimat solle etwas nn- mmschltches geschehen. Die Enteignungsvorlage wäre eine traurige Berühmtheit in der ganzen Welt. Es sei eine Mißachtung des Reichstages, daß der Reichskanzler die Antwort ablehne. Jene Vorlage sei Angriff auf die geheiligten Rechte der Polen, (Sehr wahr). Mit der preußischen Verfassung ist sie unvereinbar. Die Enteignungsvor- läge sei der schwerste Rechtsbruch, d« man stch vorstelle. Während aller dieser Ausführung«, ja fast nach jedem Satz fallen Rufe aus dem Zentrum und bei dm Pol«: Sehr wahr. Redner schließt damit, seine Freunde würden eine entsprechende Resolution noch zum Etat einbringm. (Lebhafter Beifall).
Graf Hompesch (Z.) beschränkt stch darauf, im Wortlaut die Erklärung zu verlesen, in der das Zentrum schon im Abgeordnetenhause zu der Enteignungsvorlage Stellung genommen hat. die Vorlage sei ein Vorstoß gegen die Unverletzlichkeit des Eigentums, sie sei ein Schritt zum sozialistischen Staat und sie fördere nicht die Versöhnung, sondern vielmehr die Verschärfung der Gegensätze usw.
Nachdem stch noch die Abgeordneten von Gersdorsf, von Gamp (Rp.) und Sieg (N.) dahin ausgesprochen, daß der Gegenstand der Interpellation nicht zur Zuständigkeit des Reichstags gehört, vertagt stch das Haus.
Tages-Meuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 17. Januar.
-ä. Gedenket der Vögel! Unseren lieben Vögeln wird von der niedrig« Temperatur sehr übel mitgcspielt. Der alles deckende Schnee hat ihnen die Möglichkeit, ihre Nahrung selber zu such«, größtenteils genommen. So gesellt stch zu der grimmen Kälte auch noch der Hunger, und Hunger macht die Kälte bekanntlich noch empfindlicher. Zahlreich finden sie sich bet unseren Wohnungen ein und bitten um Futter. Zeigen wir uns doch da nicht hartherzig, sondern kommen wir ihnen in ausgiebigster Weise zu Hilfe. Es ist ja in unserem eigenen Interesse, und auch die Pflicht der Dankbarkeit sollte unS hier zur Mildtätigkeit anspornen. Lassen wir fie daher nicht vergebens bitten. Erfüllen wie vielmehr ihr rührende? Flehen, welchem Reinick in seinem Gedichte „VögeleinS Klage und Bitte im Winter" in folgend« zu Herzen gehenden Worten Ausdruck verleiht:
„O, so habt mit mir Erbarm«,
Merkt auf meine bittre Not;
Helft! — ihr könnt's so leicht — mir Arm«, Schützt mich vor dem Hungertod.