82. Jahrgang.

Auflage 2««».

«scheint täglich «it Lu-nahme der Tonn» und Festtage.

Prei» vierteljährlich hier 1 mit Lräger-

lohn I SO »a, im B«tirk<- und 10 kw Berkehr 1.25 im übrigen

Württemberg 1.85 Monatsabonnementk nach Verhältnis.

Der Gesellschkstn.

Luils- md LiM-M str dc« MMs-SM ÜWld.

Jernfpvechev Wv. 29.

Jernsp^ccher Wv. 29.

Nn^gen-Gebühr f. d. 1s»alt. Zelle «G gewöhn!. Lchrist »der deren Raum bei Imal.

Einrückung 10 zj, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit de« Plandrrstübchen und

Schwäb. Landwirt.

Dienstag dm 7. Januar

1908

Am 8. Januar ist von der Evangelischen Oberschulbehörd» die 2 Echulstelle in Kuppingen dem Unterlehrer Gottlieb Schäfer am Waisenhaus in Stuttgart, übertragen worden.

Die Prüfung im Hufbeschlag haben u. a. mit Erfolg bestanden: Rometsch, Georg Friedrich von Altbulach; Schechinger, Johanne- von Sulz.

politische Meber-sicht.

U-ber die Konferenz der süddeutsche» Finanz- «inister, die in Stuttgart stattsand, wird amtlich mit­geteilt, daß besonders die Aenderung der Tabalbesteuerung erörtert wurde. Außerdem stand im Vordergrund die Frage einer Abänderung einer Branntweinbesteuerung, woran die süddeutschen Staaten wegen ihres Reservatrechts hervor­ragende gemeinsame Interessen haben. Bindende Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Eingehende Besprechungen über die schwebenden Reichssteuerfragen wurden bekanntlich in der letzten Zeit auch zwischen sämtlichen deutschen Finanz- Ministern gepflogen. Ueber ihr Ergebnis erfährt dieFranks. Ztg." jetzt aus offenbar bester Quelle folgendes: Um den von allen Finanzministern vertretenen ablehnenden Stand­punkt gegen eine Reichsvermögenssteuer formell zu wahren, soll eine solche Steuer, und zwar in der Höhe von V- Pro Mille, als bundesstaatliche Steuer allen Bundesstaaten vor­geschrieben werden. Es soll dann ferner dabei bleiben, daß die Bundesstaaten das Reichsdefizit durch Matrikularbeiträge zu decken haben. Die Verteilung der Matrikularbeiträge soll aber nicht mehr nach der Bevölkerungszahl, sondern nach der Stcuerkraft der Bevölkerung erfolgen. Diese Steuerkraft soll nicht auf der Basis der erwähnten Ver­mögenssteuer festgestellt werden. Die Sache würde also darauf htnauslaufen, daß die Bundesstaaten eine einheitliche Vermögenssteuer erheben und diese in der Form von Ma- trikularbeiträgen an das Reich abliefern.

Der Reichskanzler hat dem Präsidenten des Reichs­tags mitgeteilt, daß er vom 13. Januar ab bereit sein werde, die Interpellation des Grafen Kanitz über die Höhe des Bankdiskonts zu beantworten. Bis dahin dürfte be­reits eine Ermäßigung des Diskonts eingetreten sein, zumal die Bank van England gestern mit einer Herabsetzung des Diskonts von 7 auf 6°/° vorangegangen ist. Die Veran­lassung hierzu Lot freilich weniger eine nachhaltige Gesun­dung des Geldmarktes, als die Tatsache, daß der Privat­diskont in England in letzter Zeit auf 5°/» gesunken war. Die Bank hat wohl oder übel dieser Ermäßigung folgen müssen.

I» de« deutsch-türkische« Differeuzeu hat die

Intervention der deutschen Vertreter zu einem raschen Er­folg geführt. Den deutschen Kolonisten und den in ihren Diensten stehenden Bauern ist gestattet worden, daß sie in den ungefähr 25 Kilometer von Haifa entfernten, neuer­worbenen Landdistrikteu Um-el-Amed und Beilam die Be- ftellungsarbeiten ungehindert fortsetzen. Die türkischen Gendarmen find zurückbernsen worden.

Das Reichskolouialamt hat eine eigene Dienstflagge erhalten. Im Zusammenhang hiemit hat Staatssekretär

von Tirpitz eine Aenderung der Flaggen-Salut- und! Besuchsordnung für die kaiserliche Marine verfügt. Zu der im Kolonialamt tagenden Gesundhettskommisston wird eine zweite Kommission einberufen werden, deren Aufgabe es ist, Feststellungen zu machen über die Wohnungsverhält- niffe und Lebenshaltungen der Eingeborenen sowie über die kulturellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten in oen Kolonien. Beide Kommissionen bilden eine Zentralinstanz für bestimmte Gebiete zur Ausarbeitung von Arbeitsplänen wie Anlagen von Bewässerungen, Wasserversorgung usw. zur Hebung der wirtschaftlichen Verhältnisse.

Zur Unterernährung auf dem Land und deren Folgeerscheinungen haben die Zentralstelle für Volkswohl­fahrt und der deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts­und Helmatpflege eine Eingabe an die Regierungen sämt­licher deutscher Bundesstaaten gerichtet. In dem Schrift­stück wird auf die Gefahr hingewiefen, die der Landbe­völkerung durch die sich immer steigernde Abgabe der land­wirtschaftlichen Erträgnisse an die Städte droht, weil da­durch der Landbevölkerung selbst notwendiges entzogen wird. Besonders betont wird in der Eingabe der Mangel an Milchernährung der Säuglinge auf dem Land, der eintritt, wo die Milch zum großen Teil an die städtischen Molke­reien abgegeben wird. Eine erhöhte Kindersterblichkeit und eine geringere Militärdiensttavglichkeit ist die Folge dieser Erscheinung. Deshalb wird in der Eingabe die Bitte an die Staatsregierungen gerichtet, durch Erhebungen in de» Bundesstaaten über den Wandel der Ernährung, der Mutierschafts- und Säuglingssürsorge, wie auch der Schul- ktndernot auf dem Land, im Hinblick auf die Erhaltung unserer Volks- und Wehrkraft Klarheit zu schaffen, damit auf Grund weiterer und erschöpfender Beläge die erforder­lichen Maßnahmen getroffen werden können

Im russische» Gouvernement Bessarabieu herrschen starke Unruhen, die durch das letzte Rundschreiben des Ministers des Innern betr. die sofortige Steuererhebung hervorgerufen wurden. Es kam zu blutigen Zusammen­stößen zwischen der Polizei und Bauern, bei denen elf Poli­zisten und Bauern getötet und viele verwundet wurden. ES find Dragoner nach dem Gebiet der Unruhen kommandiert worden.

Die zwischen Montenegro und der Türkei schwebende« Streitpunkte befinden sich auf dem Weg

einer gütlichen Beilegung. Ebenso dürften die ernsten finanziellen Schwierigkeiten, in denen der Fürst von Monte­negro sich befindet, in Konstantinopel nicht ungehört ver­hallen. Wie wiederholt früher, ist der Sultan auch jetzt geneigt, bei der Ottomanbank zwecks Aufnahme einer An­leihe von 600000 Frank für den Fürsten etnzutreten und für diesen zu garantieren.

Ruch Meldungen aus Marokko haben sich die französischen Truppen am Mittwoch mit geringen Verlusten in den Besitz des Kasbah der Mediunas gesetzt und richten sich dort ein. Die Verpflegung ist trotz der schwierigen Geländeverhälinisse sichergestellt. Da die Operationen gegen die Beni Snassen als beendigt angesehen werden, wird die Rückbeförderung der Truppen, welche daran teil-

Meister Martin

der Küfuer und ferne Kefellen von E. T. A. Hoffman«.

(Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)

Rosa verneigte sich in kindlicher Demut vor Paum- gartner, ergriff seine Hand und drückte sie an ihre Lippen. Die blaffen Wangen des alten Herrn färbten sich hochrot und wie der Abendschein im Versinken noch einmal auf- fiackernd das schwarze Laub plötzlich vergoldet, so blitzte das Feuer längst vergangener Irgend auf in seinen Augen. Ei, rief er mit Heller Slirame, ei, mein lieber Meister Martin, Ihr seid ein wohlhabender, ein reicher Manu, aber die schönste Hrmmelsgabe, die Euch der Herr beschert hat, ist doch Enre holde Tochter Rosa. Geht unS alten Herren, die wir alle im Rat sitzen, das Herz aus und können wir nicht die blöden Augen wegwenden, wenn wir das liebe Kind schauen, wer mag's denn den jungen Leuten verargen, daß sie versteinert vnd erstarrt stehen bleiben, wenn sie auf der Straße Eurer Tochter begegnen, daß sie in der Kirche Eure Tochter sehen, aber nicht den geistlichen Herrn, daß sie auf der Allerwiese, oder wo es sonst ein Fest gibt, zum Verdruß aller Mägdlein, nur hinter Eurer Tochter her find mit Seufzern, Liebesbltcken und honigsüßen Reden. Nun, Meister Martini Ihr möget Euch Euer« Eidam wählen unter unfern jungen Patriziern, oder wo Ihr sonst wollet."

Meister Martins Gesicht verzog sich in finstere Falten, er gebot der Tochter edlen alten Wein herzubringen und sprach, als sie über und über glühend im Gesicht, den Blick zu Boden gesenkt, fortgegangen, zu dem alten Paumgartner: ei, mein lieber Herr, es ist zwar in der Wahrheit, daß mein Kind geschmückt ist mit ausnehmender Schönheit und daß auch hierin mich der Himmel reich gemacht hat, aber wie mögt Ihr denn davon sprechen in des Mägdleins Gegen­wart, und mit dem Eidam Patrizier ist es nnn ganz und gar nichts. Schweigt, erwiderte Paumgartner lächelnd, schweigt Meister Martin, wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über! glaubt Ihr denn nicht, daß mir auch da? träge Blut im alten Herzen zu Hüpfen beginnt, wenn ich Rosa sehe, und wenn ich dann treuherzig heraus- sage, was sie ja selbst recht gut wissen muß, daraus wird kein Arges entstehen.

Roia brachte den Wein und zwei stattliche Trinkgläser herbei. Martin rückte dagegen den schweren mit wunder­lichem Schnitzwerk verzierten Lisch in die Mitte. Kaum hatten die alten Herren indessen Platz genommen, kaum hatte Meister Martin die Gläser vollgeschenkt, als sich ein Pferdegetrappel vor dem Hause vernehmen ließ. Es war, als hielte ein Reiter an, dessen Stimme im Flur laut wurde: Rosa eilte hinab und kam bald mit der Nachricht zurück, der alte Junker Heinrich von Spangeubrrg sei da und wünsche bei dem Meister Martin einzusprechcn. Nnn, rief Martin, so ist das heute ein schöner glücklicher Abend, da mein wackerer ältester Kundmann bet mir einkehrt. Gewiß neue Bestellungen, gewiß soll ich neu auflagern. Und

genommen haben, nach ihrem GarnisonSort sofort stattfinden.

Fünf Meilen südlich Casablanca ist der TranSportdampser Nive" mit etwa hundert Mann und einem Pferdetrans- Port gestrandet. Bon Tanger aus ist ein französischer Kreuzer zur Hilfeleistung eingetroffen.

Die »orda«erika»ische Bundesregierung sendet große Mengen Munition, Torpedos und submarine Mine« nach den Philippinen. Da gleichzeitig Japan in Chile um­fangreiche Ankäufe von Salpeter zur Herstellung von Spreng­stoffen voruimmt, bemühen sich die amerikanische und die englische SeusationSpreffe, ängstliche Gemüter zu alarmieren.

Bei einer Schlägerei zwischen Japanern und Weißen in Bancouver wurden drei Feuerwehrleute verletzt, einer davon tödlich. Professor John W. BurgeS, der erste Inhaber der Roosevelt-Profeffur in Berlin, befürwortete in einer Ansprache an die germanische Gesellschaft in Chicago lebhaft einen Bund zu Angriff und Abwehr zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland. Er begründete den Wunsch mit dem ethischen Baud, das sich zwischen beiden

Zn« Prozeß Harde».

Der Angeklagte wurde, wie schon gemeldet, zu 4 Monaten Gefängnis, Tragung der Kosten mit Einschluß der dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Ausgaben verurteilt. Außerdem ist auf Einziehung der Exemplare derZukunft", Unbrauchbarmachung der Platten und PublikationsbesugniS für den Nebenkläger in derZukunft" und einer Anzahl Zeitungen erkannt worden. In der Be­gründung des Urteils wird der Einwand des Angeklagten auf Unzulässigkeit des gegenwärtigen Verfahrens als hin­fällig bezeichnet. In materieller Beziehung hätten die mündlichen Verhandlungen ergeben, daß der Angeklagte den Grafen Moltke als homosexuell hingestellt habe. Anders seien auch die Ausdrücke in der Oeffentlichkeit nicht aufge­faßt worden. Schließlich habe Harden dem Frhrv. von Berger und dem Grasen v. Moltke gegenüber zugegeben, daß er dev Nebenkläger für homosexuell halte. Strafbar sei der Angeklagte nach § 186 nur, wenn die verbreiteten Tatsachen nicht erweislich wahr seien. Die mündliche Ver­handlung habe aber ergeben, daß sie sogar unwahr seien. Die Beweisaufnahme habe auch nicht den geringsten Anhalt gegeben, au der Richtigkeit der eidlichen Erklärungen MoltkeS und EnlenburgS zu zweifeln. Der Angeklagte habe die Ehre des Nebenklägers durch Nachrede verunglimpft und sei nach § 185 zn bestrafen. Eine Verjährung sei auch nicht eingetreten und der Schutz des § 193 könne dem An­geklagten nicht zugebilltgt werden. Bet der außerordentlichen Schwere der Beleidigung könne aber von einer Geldstrafe nicht die Rede sein. Es könne auch der Verdacht nicht zurückgewlesen werden, daß bei den Veröffentlichungen Sen­sationslust mit im Spiele war. Die schärfste Rüge ver­diene die Leichtfertigkeit, mit der der Angeklagte oorge- gangen sei. Die Grundlagen der schweren Beschuldigungen seien einige Aeußerungen, die Fürst Bismarck in der Er-

damit eilte er, so schnell als es gehen wollte, dem will­kommenen Gast entgegen.

Wie Meister Marti» sei» Handwerk überall: andere erhob.

Der Hochheimer perlte in den schmucken geschliffenen Trinkgläsern und erschloß den drei Alten Zunge und Herz. Zumal wußte der alte Spangenberg, bet hohen Jahren noch von frischem Lebensmut durchdrungen, manchen lustigen Schwank aus froher Jugendzeit aufzutischen, so daß Meister Martins Bauch weidlich wackelte und er vor ausgelassenem Lachen sich einmal über das andere die Tränen aus den Augen wischen mußte. Auch Herr Paumgartner vergaß mehr als sonst den ratsherrtichen Ernst und tat sich gütlich mit edlem Getränk und lustigem Gespräch. Als nun aber Rosa wieder etntrat, den säubern Handkorb unter dem Arm, aus dem sie Tischzeug laugte, blendend weiß, wie frtschge- fallener Schnee; als sie mit häuslicher Geschäftigkeit hin und her trippelnd den Tisch deckte und ihn mit allerlei würzreichen Speisen besetzte, als sie mit holdem Lächeln die Herren einlud, nun auch nicht zu verschmähen, was in der Eil' bereitet worden, da schwieg Gespräch und Gelächter. Beide, Paumgartner und Spangenberg wandten die leuch­tende» Blicke nicht ab von der lieblichen Jungfrau und selbst Meister Martin schaute zurückgelehnt in den Sessel, die Hände zusammengefaltet, ihrem wirtlichen Treiben zu mit behaglichem Lächeln. Rosa wollte sich entfernen, da sprang aber der alte Spangenberg rastz.auf wie ein Jüng­ling, faßte das Mädchen bei beiden Schmtern und rief, in­dem die Hellen Tränen ihm aus den Augen rannen, einmal