«1. Jahrgang.
Auflage 2H00.
«rschetut täglich mit »«-»ahme d« Smm- und Festtag«.
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Mit de» Plauderstübch» und
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Nagold, Donnerstag den 5. Dezernöer
1-07
WoMifche Hlebevfichl.
Das dem Reichstag zngegaugeue deutfch eug- Usche Handelsabkommen verlängert das Provisorium, das auf der Grundlage der Meistbegünstigung steht, um wettere zwei Jahre, also bis zum 31. Dezember 1909. In -er Begründung zu der Vorlage heißt es u. a>: Der Handelsverkehr zwischen dem Deutschen Reich u. dem britischen Gesamtreich hat sich auch in den letzten beiden Jahren im allgemeinen in einer für beide Teile befriedigenden Weife entwickelt. Im deutschen Außenhandel nimmt der Verkehr mit dem britischen Reich in Einfuhr und Ausfuhr die erste Stelle ein. Auch der Verkehr mit den wichtigsten britischen Kolonien läßt im allgemeinen eine aufsteigende Entwicklung erkennen. — Die Petittonskommisston des Reichstags empfiehlt, über eine große Anzahl Petitionen mit dem Antrag um Aufhebung bezw. Abänderung des Jmpfgesetzes zur Tagesordnung überzugehen.
Die Sozialdemokratie kan« auch „anders";
das hat sie namentlich in Süddeutschlaud schon oft bewiesen und das beweist sie von neuem in Baden. Die sozialdemokratische badische Landtagsfraktion war davon verständigt worden, daß der neugewählte Präsident dem verstorbenen Großherzog einen Nachruf widmen und dem jetzigen Landesherrn Treue und Ergebenheit geloben werde. Die Sozialdemokraten waren zu der Sitzung erschienen und haben sich gleich den anderen Abgeordneten zu Beginn der Ansprache von ihren Sitzen erhoben und die Rede stehend angehört. Man steht also: Es geht auch so!
Das bayrische Abgeordnetenhaus hatte gestern eine lange Bierdebatte. Gegenüber den Beschwerden der Brauer und Wirte über den Ausschluß des Hofbräuhauses von der allgemeinen Bierpreiserhöhuug erklärte Finanzminister von Pfaff, daß das Hosbräuhaus keine Ursache zur Bierpreiserhöhung gehabt habe, da mit dem Pretsauf- schlag für Gerste eine bessere Ausbeutung des Materials Schritt gehalten habe. Auch bei rein kaufmännischer Bilanzierung rentierte das Hofbräuhaus bei einem Immobilien- und Mobilienkonto von 6600000 noch zu 10,4°/» für 1905 und zu 8,3°/» für 1906/07. Die Klagen der Wirte über ihren Erwerbsrückgang seien auf die Zunahme der Schankstätten in München zurückzuführen. Im Jahr 1885 habe der Schankdurchschnitt bei 900 Wirten noch 4*/» Hektoliter betragen; jetzt sei er auf 1°fl Hektoliter gesunken. Die Ausführungen des Ministers fanden die allgemeine Zustimmung des Hauses, zumal sie mit der Erklärung schloffen, das Hofbräuhaus werde der Bterpreiserhöh- ung auf keinen Fall folgen.
I» der russischen Duma ergriff Ministerpräsident Stolyptn am Freitag noch einmal das Wort, um sein Programm gegen Vorwürfe zu verwahren, die nach Verlesung -er Regierungserklärung von der Opposition erhoben wurden. Insbesondere wandte er sich gegen die Behauptung, die Regierung denke ihre gesamte Tätigkeit auf Repression zu beschränken und wolle schöpferischer Arbeit fernbleiben. Die Ziele der Regierung seien ganz andere. Neben der Nieder-
drückung der Revolution habe sich die Regierung die Auf
gabe gestellt, die Bevölkerung auf jene Höhe zu heben, auf der sie in Wirklichkeit der Segnungen, die ihr verliehen worden find, teilhaftig werden kann. In erster Linie soll der Bauernstand gehoben und selbständiger Kleingrundbesttz geschaffen werden. Weiter wandte sich Stolypin gegen die Forderungen der Polen auf größere Selbständigkeit und auf Beteiligung an der Regierung. Er lehne es ab, fremdländisches Reis auf russische Wurzeln zu pfropfen. Im übrigen brachten die Ausführungen des Ministerpräsidenten von neuem eine starke Betonung der selbstherrlichen Regierung des Zaren, die das Volk nur zur Mitarbeit auftufe. Die Debatte über die Regierungserklärungen rief in der Sitzung am Sonnabend stürmische Szenen hervor. Es kam zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen der Rechten und der Linken, der beinahe zu Tätlichkeiten geführt hätte. Die Sitzung mußte infolge des Lärms unterbrochen werden. Den Anlaß bildete die Bemerkung des Kadettenführers Roditschew, eine Galgenschnur werde man künftig ein Stolypinsches Halstuch nennen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung bedauerte Roditschew seine Entgleisung; es wurde trotzdem beschlossen, ihn für 15 Sitzungen von der Teilnahme an den Beratungen auszuschließen. — Im Staatsrat fand die Regierungserklärung günstige Aufnahme. In einer Tagesordnung erklärte der Staatsrat seine Bereitwilligkeit zur Mitarbeit.
Die englische Kanalflotte hat in den letzten Tagen interessante Schießversuche vorgenommen. Sie beschoß das alte Schlachtschiff „Hero", um festzustelleu, welche Wirkung das Geschützfeuer auf verschiedene empfindliche Ausrüstungsgegenstände, wie sie an Kriegsschiffen gebraucht werden, ausüben werde. Die kürzeste Schußweite betrug 7000 Aard, während Treffer auf eine Entfernung von 13000 Dard gemacht wurden. Die Panzerung des Schiffes war nicht durchbohrt, aber alles andere war zu Stücken zerrissen, die Vorrichtung zur Kontrolle des Feuers wurde fast unmittelbar nach Beginn der Beschießung zerstört.
Rach Meldungen ans Marokko stehen die Beni Snaffen noch immer bei Aghal, indessen «acht sich bei ihnen Mangel an Lebensmitteln und Munition bemerkbar. — Ein Deputierter von Oran erklärte, daß die französischen Truppen Scherar besetzen mußten, da man nur «ms diesem Weg mit Erfolg der marokkanischen Stämme Herr werden könnte.
Wege» des Pirateunuwesens in China wurden zwei englische Kreuzer und sechs Torpedoboote zum Schutz des englischen Handels und Hongkong nach Rikaschikjang entsandt. Diese Maßregel wurde angesichts der Untätigkeit getroffen, welche die chinesische Obrigkeit trotz mehrfacher Vorstellungen des englischen Gesandten beobachtete.
Der neue Moltke-Harden-Prozetz.
Berlin, 3. Dez. Die Beweiserhebung im neuen Moltke-Harden-Prozeß vor der Strafkammer des Berliner Landgerichts wird sich nach dem Berl. Tageblatt in viel engeren Grenzen halten als in der Verhandlung vor dem
Schöffengericht. Ws Zeugen sind um Personen geladen, die
den Grafen Moltke näher kennen, Frau v. Elbe, seine geschiedene Gattin, eine Wirtschafterin und Dienerschaft. Polizeibeamte find nicht geladen. Auch der aus der «Pen Verhandlung bekannte Zeuge Bollhardt hat keine Ladung erhalten. Das Gerücht vou der Verhaftung des Grafen Lynar, gegen den bekanntlich ein Verfahren eiugeleitet worden ist, ist in Potsdam verbreitet. Wie jedoch das Berl. Tagebl. vou den zuständigen Behörden erfährt, entspricht daS Gerücht nicht den Tatsachen. Graf Lynar hält sich noch immer in der Schweiz auf._ (Mpst.)
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 3. Dez.
Der Handelsvertrag mit Montenegro wird an' genommen. — Etat.
Kreth (kons.) widerspricht dem Verlangen von links nach direkten Reichssteuern, dabei den teilweise« Frontwechsel der Natioualliberalen bemängelnd. Die Blockpolitik des Reichskanzlers würden seine Freunde soweit es sich mit ihren Grundsätzen vertrage, unterstützen. Mit besonderer Genugtuung habe es seine Freunde erfüllt, daß Wiemer trotz allem Beharren auf seinen Grundsätzen jede Schärfe gegen die Konservativen vermieden habe. Schräder habe sich jedenfalls viel unzufriedener über den Block geäußert. Bedauerlich sei, wie sich Baffermaun über das Verhalten des Staatsanwalts gegen Gädke ausgesprochen habe. Ihm selbst sei das ganze Verhalten Gädkes unverständlich. Weiter wendet sich Redner besonders gegen Bebel und trägt sozialdemokratische Lesefrüchte vor.
Gothein (frs. Vp.) hält daS Vorgehen gegen einen Manu, wie Gädke, der eine tadellose dienstliche Vergangenheit hinter sich habe, für verkehrt. In der Beurteilung des Falles Liebknecht stimme er mit Bassermann überein. Die Beamten an Vereinigungen zu sozialen und wirtschaftlichen Zwecken zu hindern, das ist ein unberechtigter Eingriff in die bürgerlichen Rechte der Beamten. Wenn wir unter unserer Schutzzollpolitik vorwärts gekommen find, so ist dies nicht wegen, sondern trotz dieser Schutzzollpolitik geschehen. Die Tüchtigkeit unserer Ingenieure, unserer Kaufleute hat uns vorwärts gebracht. Solange wir die Nahrungsmittel-Zölle haben, find wir für weiteren Ausbau der direkten Steuern nicht zu haben, umsomehr für den Ausbau der Erbschaftssteuer und für Vermögenssteuer. Die Monopole lehnen wir schon politisch ab wegen der ungeheuren Vermehrung der Beamtenzahl. Wir von der freisinnigen Vereinigung haben in Heeresfragen nie gekvM- sert. Aber wie ist die polttische Lage heute? Rußland kommt als Macht nicht in Frage, Frankreichs Bevölkerung bleibt ständig zurück, sein Schwert ist stumpf und schartig. Wer ist der Verbündete Frankreichs? Unter diesen Umständen ist also vollkommen die Möglichkeit vorhanden, für eine Verminderung der Rüstungen und wenn nicht auf dem Wege internationaler Vereinbarungen, so können wir sogar
Water und SoHn
von A. Supper. (Nachdr. verb.) (Schluß.)
Hart und spröd kam's aus seiner trockenen Kehle heraus: „O Gott, ich schäme mich vor dir wegen meines geführten Lebens. Viel Böses habe ich getan, viel Gutes
verabsäumt."-Er hielt an. Es war ihm, als sei er
nicht an der richtigen Stelle. Weiter glitt sein suchender Finger, und jetzt hieß es: „Ach Gott Vater, ich bin ein großer Sünder und habe nicht den Himmel, sondern die Hölle verdient." —
„Michele," klang es ganz schwach vom Doppelbe herüber, „wen mei'sch denn?
Der Lesende verlor den Faden. Sein tastender Fing glitt vom Buch herab. Ja, wen meinte er denn?
»Do stoht's" — sagte er leise und betroffen.
Der Alte hob den müden Kopf ein wenig.
„Des ischt bloß fürs Wetter," murmelte er heiser.
„Ja, aber was no*)?" fragte hilflos der Michele.
Ein letztes flüchtiges Lächeln glitt über das fahl verfallene Gesicht im Doppelbett. „Nix anders als mein Mueter ihr Versle: ,Ueb' immer Treu und Redlichkeit b an dein kühles Grab' —"
*) Dann.
Der Alte sprach nicht fertig. Das Wort war ihm im
Mund erstorben.
* * *
In aller Gottesfrühe, als man sah, daß der neue Tag ein Tag zu guter Arbeit werden würde, kamen aus drei, vier Bauernhöfen die Boten, die sich den Michels Frieder und 's Michels Frieders Bue für den Taglohn sichern wollten. Aber der Michels Frieder tat nicht mehr mit. Er streikte, der Alte. Lang, steif, eckig lag er im Doppelbett und ließ am Hellen Werktag die lederharten Hände feiern. Und auch der Bue konnte heule nicht.
Der mußte auf den Pfarrer warten.
Der Pfarrer sah lange über den Alten hin. Ungewöhnlich lange.
»Wie ist er denn gestorben?" fragte er dann leise.
Der Michele kratzte sich im graumelierten Haar und sagte nichts.
„Ich meine: ist er ruhig gestorben?"-drängte der Pfarrer.
„Jo, jo," murmelte der Michele.
Wieder betrachtete der geistliche Herr den steifen Alten.
„Warum habt Ihr denn mich nicht geholt?" fragte er dann, ohne deu Blick von dem starren Gesicht zu wenden.
's Michels Frieders Bue warfroh, daß er wenigstens hierauf eine Antwort hatte.
„Er hot's net wölle hau. Er Hot g'meint, Sie seiet SbertagS au plogt geuueg — wer soll Sie schloff lasse."
Der Pfarrer strich ganz leise über die lederartigen Hände.
„Hat er noch beten wollen?" fragte er nach langer Zeit Md sah immerzu in das Totengeficht.
„Sell grad net," entgegnete langsam Md ungern der Michele, „bloß des Versle Hot 'r no' herg'sait vo' sei're Mueter her: ,Ueb' immer Treu Md Redlichkeit bis an dein kühles Grab'."
Der Pfarrer drehte sich zum Michele um; aber sagen tat er nichts.
* *
*
Eine große und eine schöne Leiche hatte 's Michels Frieder. Sie fiel auf einen Sonntag.
Sogar der reiche Johannes Pfrommer in Person war dabei, und er sagte, daß man's hören konnte: „Recht wär' mir's gwä', wenn mei' Gerst' no' g'schnitte g'wä wär'; aber d'Leich fallt wenigstens uf 'n Sonntich."
Der Pfarrer sprach viel und lang, das muß wahr sein; aber eines wunderte dm Michele doch: daß er sagte, der Tote sei mit dem schönsten Gebet auf den Lippen zur Ruhe des Volkes Gottes entschlafen.
Un der Michele hatte es dem Pfarrer doch so deutlich erzählt, daß der Vater nur ein altes Verslein hergesägt hatte.
»«s de« M«g-e»dorf«r-Bliitter». Nur »eg. — „Dr. A. Hai mir heiß», Dr. B kalt» Umschläge vrrorduet; wa» soll ich nun tun?" — „Damit 'S kein' verdrießt, nehmen S' halt' lauwarm« * Im Zweifel Förster (brr bei einem Gang durch den Wald überall den «öden aufgewühlt findet): „Jetzt waß i net, war da a Wildsau in der Näh' oder a Botaniker!"