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Der Bnndesrat hat am Donnerstag dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Handelsbeziehungen zum Britischen Reich, zugestimmt. Es handelt sich in erster Linie nur um eine Verlängerung des Provisoriums.
Die russische Duma hat nach einer langen Beratung, für die sogar die Nacht zu Hilfe genommen werden mußte, die Adresse an den Zaren als Antwort auf die Begrüßung der Duma angenommen. An der Abstimmung nahmen die äußerste Rechte und die äußerste Linke nicht teil, elftere, weil in der Adresse nichts vom „selbstherrlichen Willen" des Zaren steht, letztere, weit nicht tiefes Bedauern über das neue Wahlgesetz ausgesprochen wird. In der Adresse spricht die Duma dem Zaren ihre Dankbarkeit für die Rußland verliehene „Volksvertretung, d!e durch die Grundgesetze befestigt ist", ans und legt daun das Gelöbnis ab, alle ihre Erfahrung und Kenntnisse anzuwenden, -um die durch das Manifest vom 30. Oktober erneuerte Staatsordnung zu befestigen, das Vaterland zu beruhigen, die Volksaufklärung zu entwickeln und das Vertrauen des Monarchen und des Volkes zu rechtfertigen."
Die Lage in Marokko gestaltete sich in den letzte« Lagen etwas kritischer. Truppen des Sultans Abdul AstS hatten einen zweitägigen Kampf mit einigen Schaujastämmeu, die von Truppen Mulay Hafids unterstützt wurden, zu bestehen. Im Lauf des Kampfs ging ein großer Teil des scheriftschen Stammes der Sja'tda zum Feind über. Die scherifischen Truppen mußten sich unter Zurücklassung von zwei Kanonen zurückziehen; die Verluste sind auf beiden Seiten bedeutend. Auch die Franzosen sind jüngst in eine etwas bedrängte Lage geraten. Eine Abteilung der gegen die Beni Snafsen operierenden Truppen hatte am Fluß Kitz eine Begegnung mit 1500 Marokkanern und sah sich zum Rückzug genötigt. Nach einem weiteren heftigen Feuer zog dann der Feind von selbst ab; die Franzosen hatten 8 Verwundete. Wie weiter gemeldet wird, haben sich 5 waro- kamsche Stämme, die sich bisher neutral verhalten haben, dm Beni Snaffen angeschloffen. Es heißt, die Lage sei kritisch. Falls nicht sofort Verstärkungen gesandt würden, laufe die französische Truppenabteilung Gefahr, den an Zahl überlegenen Gegner zu unterliegen. Unter der europäischen und eingeborenen Grenzbeoölkerung Algeriens herrsche lebhafte Beunruhigung. — Admiral Philibert telegraphier^: Die Marokkaner in Azemmour haben sich unterworfen. Der Kaid der Anflus ist südlich von Mogador auf ernsten Widerstand gestoßen und bittet den Gouverneur von Mogador um Unterstützung.
Eine sozialdemokratische Massendemonstration.
(Unber. Nachdr. Verb.) 8. u. 8. Berlin, 26. Nov.
Zu einem „Proteststurm gegendas Dreiklaffen-Wahlrecht" hatte der sozialdemokratische Parteivorstand für heute Dienstag abend das ganze preußische Proletariat aufgerufen. Im Anschluß an den soeben in Berlin zu Ende gegangenen Laudesparteitag der preußischen Sozialdemokratie sollten die „Genoffen Vorwärts" in Preußen gegen die „Drei-, klaffenwahlschmach" wie ein Mann aufstehen und besonders auf die Genoffen von Groß-Berlin war seitens des „Vorwärts" schon seit mehreren Lagen in der heftigsten Weise eingeredet worden, um in der Reichshauptstadt eine möglichst imposante Kundgebung an dem Tage zu erzielen, an dem das preußische Abgeordnetenhaus zu seiner neuen Tagung zusammentrat. Gegen Abend machte sich denn auch in den großen Arbeiterrevieren des Ostens und des Nordens eine größere Bewegung geltend. In Hellen Scharen strömten die Demonstranten in die verschiedenen Versammlungssäle, in denen Singer, Bernstein, Dr. Südekum, Ledebour, der „Zehngebote-Hoffmann", Stadthagen, Wurm, Molken- buhr, Zubeil, Scheidemann-Cafsel und andere Führer der Sozialdemokratie gegen das Wahlrecht^ Zum preußischen Landtag zu Felde zogen. Insgesamt hatte rnan in Berlin und seinen Arbeitervororten 48 Lokale mit Beschlag belegt. Die Polizei war natürlich auch auf dem Plane und obwohl man keinerlei Ruhestörungen befürchtet, waren doch in der Nähe eines jeden Versammlungslokals etwa 50 Schutzleute zn Fuß und zu Pferde stationiert, um bei etwaigen Ansammlungen sofort einschretten zu können. An den Vororten hatte die Gendarmerie mobil. gemacht. In allen Versammlungen gelangte folgende Res olution zur Annahme: „Die Versammlung betrachtet das preußische Abgeordnetenhaus als ein Klaffen- und Privilegien-Parlament, das entsprechend seinem Klaffencharakter nur Klaffengesetzgebung machen kann. Die Versammlung betrachtet das Dreiklaffenwahlrecht, das der Wahl der preußischen Klaffen- Parlamente zugrunde liegt, als den bittersten Hohn aus Recht und Gerechtigkeit und dessen Existenz als eine Schmach für Preußen, das, nach der Behauptung des Fürsten von Bülow, angeblich in Deutschland vorangehen soll, tatsächlich aber, wie das Beispiel der süddeutschen Staaten zeigt, längst von diesen überflügelt worden ist. Die Arbeiterklasse Preußens trägt in erster Linie die Lasten der Wehrpflicht und auf ihren Schultern liegt hauptsächlich die Last der indirekten Steuern und der ungeheuren Zölle und Preissteigerungen der Lebensmittel. Durch ihre Arbeit ermöglicht die Arbeiterklasse erst, daß die herrschende Klasse Vermögen und Einkommenerrafft, die sie zu Wählern erster und zweiter Klasse stempeln und damit zum Herrn des Staats und seiner Gesetzgebung machen. Die Versammlung protestiert auf das nachdrücklichste gegen diese Entrechtung, die sie als eine Vergewaltigung und Brutalisierung verurteilt. Die Versammlung verlangt im Namen der Arbeiterklasse, daß endlich und unverzüglich für die nächsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus das allgemeine, gleiche und direkte und geheime Wahlrecht nach Maßgabe der Verhältniswahl für alle über 20 Jahre alten Staatsangehörigen ohne Unterschied des Geschlechts eingeführt wird. Die Versammlung fordert die Anwesenden auf, sich, soweit es noch nicht geschah, der Sozialdemokratie anzuschließeu als der einzigen Partei, die stets für alle Volksrechte eintritt und einen Zustand sozialer Gerechtigkeit herbeiführen will für alles, was Menschenantlitz trägt. — Auch heute beteiligte sich, ebenso wie beim preußischen Parteitag, Bebel nicht an den Kundgebungen gegen das Wahlrecht.
Gages-Hleuigkeiten.
Aus Stadt Md Land.
Nagold, 30. November
Eisbahnsache. Die städt. Eisbahn ist frisch geebnet, die Kälte kann jeden Tag einsetzen und dann hätten wir eine Eisbahn, wenn — ja wenn — wir nur Wasser hätten. Die städt. Wasserleitung kann dieses Jahr für die Zwecke der Eisbahn noch wmiger Wasser abgeben als in den letzten Jahren und so find die Aussichten auf eine Schlitt- fchuhbahn trüber als je. Bester wird es damit nur, wenn Vorkehrung getroffen wird, daß genügend Wasser aus der Nagold in die Eisbahn gepumpt werden kann. Wie wir hören, besteht bei vielen Freunden des Körper nud Geist stärkenden Eislaufs die Abficht, eine Eingabe an die Stadtgemeinde zu richten um Beschaffung einer Pumpe zu diesem Zweck. Eine solche Eingabe wird umsomehr Erfolg haben, je deutlicher das Interesse weiter Kreise an einer guten Eisbahn hervortritt. Es wäre deshalb vollzähliges Er
scheinen der Eisfreunde zu der auf heute abend in den Gasthof zum Rößle ausgeschriebenen Besprechung erwünscht.
Herrenberg, 29. Nov. In der gestrigen Amtsversammlung wurden in den Bezirksrat gewählt, als Mitglieder: Stadtschulthetß Haußer, Schultheiß Gärttner-Gärt- ringen und Schultheiß Schlayer-Bondorf, Landtagsabg. Guoth, Oekonomierat Ruoff-Niederreutin und Bauführer Egeler-Tailfingen; als Stellvertreter Schultheiß Reichert- Pfäfftngen und Zinngießer Geiß-Herrenberg, sowie Hirschwirt Neuffer-Kuppingen und Kaufmann Rüdiger-Herrenberg. — Bei der Einteilung der Verwaltungsaktuariatsbezirke fielen die Orte Mötzingen und Oeschelbronn in den Bezirk N Verwaltungsassistent Notier von Hildrizhausen; in den Bezirk VI Unterjettingen Schultheiß Rummler Oberjettingen.
Herrenberg, 29. Novbr. Hier wurde ein Kranken- pflegerinneuvercin gegründet. Der Mitgliedsbeitrag ist auf 2 ^ pro Jahr festgesetzt worden. — Dem von Kuppingen nach Schwüngen versetzten Schullehrer Mienhardt wurde am Mittwoch nachmittag von seinen Kollegen ein schöner Abschied bereitet. Es wurde ihm gedankt für seine tüchtigen Leistungen in der Schule, seine Ratschläge in der Naturheilkunde und sein wackeres Eintreten für die Rechte der Lehrerschaft. Männerchöre, Klavier- und ViolinVorträge, sowie Deklamationen verschönten die Feier.
Deckenpfron», 28. Nov. Tot in ihrem Bette aufgefunden wurde heute die 68jährige, alleinstehende Margarete Wacker. Aeußere Anzeichen und Umstände lasten darauf schließen, daß die Fran schon in der Nacht vom letzten Samstag auf Sonntag gestorben ist, und zwar an einem Herzschlag. In dem auf dem Tische liegenden Gebetbuch war das Samstaggebet aufgeschlagen.
Horb, 30. Nov. In der Amtsverfammlung wurden als Mitglied des Bezirksrats u a. gewählt: Bierbrauereibefitzer Teufel in Baiflugen, Alois Kläger in Eutingen.
Gesellschaftsreise« der Dentfcheu Landwirtschafts-Gesellschaft im Gommer LS«8. Alljährlich veranstaltet die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft Studienreisen ihrer Mitglieder im In- und Auslande, um auch auf diese Weise belehrend zu wirken. Für den Sommer 1908 ist im Anschluß an die 22. Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, welche vom 25.—30. Juni in Stuttgart stattstndeu wird, eine Studienreise nach der Schweiz vorgesehen, um die Schweizer Originalzuchten mit den süddeutschen Zuchten, welche auf der Ausstellung in Stuttgart gezeigt werden, zu vergleichen, dann aber auch, um die großen Meliorationsarbeiten, welche in der Schweiz ausgeführt werden, zu studieren. Außerdem soll eine Jn- landsreise durch die Anfiedlungsgebiete in den preußischen Provinzen des Ostens ausgefiihrt werden. Diese zweite Reise soll sich aber auch auf die Besichtigung des Großgrundbesitzes der dortigen Gegend erstrecken.
r. Tübingen, 29. Nov. Heute nachmittag find der König und die Königin von ihrem Jagdaufenthalt in Bebenhausen wieder hier eingetroffen und nach Stuttgart zurück- gekehrt. — Die von der Studentenschaft erbaute Bismarcksäule soll am Samstag, den 7. Dezember feierlich eiugewetht werden. Alle studentischen Korporationen werden sich sammeln und im Fackelzug nach dem hochragenden Turme ziehen. Nach Abschluß des FackelzugS wird sich ein großer Kommers aller Bete ligten im Museum anschließen. — Der gestern im- Ochsen abgehalteue Vortrag der Privatdozentin Dr. Gertrud Wocker aus Bern war sehr gut besucht.
Heilbron«, 29. Nov. Ein Eifersuchtsdrama hat sich heute früh in einem Hause der Karlsstraße hier abgespielt. Ein bei Prof. Braun bedienstetes Mädchen namens Christiane Häfele von Willsbach hatte mit dem Schmied gesellen Siegele von Weinsberg ein Verhältnis unterhalten, das die Häfele zu lösen beabsichtigte, weil ihr eine zusagende Heirat mit einem andern in Aussicht stand. Als der Geselle davon Kenntnis erhielt, verfolgte er das Mädchen mit Vorwürfen und Drohungen. Heute früh schlich sich nun Siegele in die Kammer des Mädchens und schoß ihr eine Kugel in den Unterleib. Hierauf tötete sich der rabiate Liebhaber durch einen Schuß in die Schläfe. Das Mädchen wurde schwerverletzt ins Krankenhaus gebracht.
«rrichtßsssl.
Tübingen, 30. Novbr. Strafkammer. Dienstknecht Jakob Christein von Nebringen, welcher beschuldigt war, im Juni nachts in ein Schlafzimmer der Pflugwirtschaft in Nagold eingefchlichen zu sein und Kleidungsstücke gestohlen zu haben, wurde wegen Diebstahls im Rückfall zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. — Der iu der spaut- scheu Weinstube in Reutlingeu beschäftigt gewesene Kellner