«1. Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtag«.
Preis vierteljährlich hier 1 mit Träges- krh» 1.20 ^,im Bezirks- and 10 dm-Berkrhr l.L 8 im übrige» Württemberg 1 LS MouatSaSonuementS «ach BerhältntS.
er GMWster.
Amis- nd LWgk-SIitt stl der OdkMs-Skftil ASPÜ.
Aevrrfprecher Flv. LS.
Aennfpvche» Mn. «V.
Auflage 2S0S.
Mnzeigen-Gebühr f. d. ispalt. Zeile miS gewöhn!. Schrift od« deren Raum bei 1 «al. Wnrückung 10 bei mehrmalig« entsprechend Rabatt.
Mit de« Plauderstübche» und
«chwäb. »«»»«.
NS
Neue Bestellungen
auf den „Gesellschafter" (Auflage 2600) für den Monat
—— Dezember --------
werden hier in der Expedition und von den Austrägerinnen, auswärts von den Postämtern, Post- agentnren und Postboten angenommen.
Preis hier in der Stadt ^ auswärts
per Post: im Nachbarortsverkehr 45 im sonstigen Württemberg 50 im übrigen Deutschland 55
Am 1. Dezember bringt der „Gesellschafter" im Feuilleton einen hübschen Beitrag der beliebten Schwarzwalderzählerin A. Supper: „Vater und Sohn" oder „s' Frieders Michel und s' Frieders Michels Bue".
Alle Abonnenten des „Gesellschafter"
erhalten im Lause des 4. Quartals einen in zwei Farben gedruckten
Wandkalender für 1908
mit Postporio- und Telephon-Tarif und Marktverzeichnis Unentgeltlich.
Amtliches.
Die Ortspolizeibehörde«
wollen in portopflichtiger Weise bis S. Dezember LSVV berichten
1) ob und welche größeren Beuzin-Tankanlage« sich in ihren Gemeinden befinden und wo dieselben liegen,
2) welches Fassungsvermögen diese Anlagen haben und wie hoch ihr durchschnittlicher Bestand ist.
Anlagen von Fehlanzeigen ist nicht erforderlich.
Nagold, den 26. Nov. 1907.
K. Oberamt. Ritter.
Me Schuldeulast des Reiches.
Der BundesraL ist mit seinen ELatsberatungen nunmehr zu Ende gekommen, so daß die finanzielle Lage des Reiches, wie sie sich nach dem Haushaltsentwurf für 1908 gestaltet hat, genau zu übersehen ist. Die gesamte Reichsschuld betrug am 1. Olt. 1907:
an 3>vroz. Schuldverschreibungen 1860000000 ^ „.3proz. Schuldverschreibungen . 1783500000 „
„ 3'/-vroz. Schatzanweiiungeu . 160000000
„ 4proz. Schatzanw-isimgln . . 200000000 „
zusammen 4003500000 ^
An neuen Anleihekrediten für 1908 treten Hinz 260506091 an offenen Krediten find noch realisierba 134163 334.53 Die Verzinsung dieser Reichsschul erfordert die Summe von 145 784 524 und zwar auße einem auf 3 Mill. geschätzten Betrage zur Verzinsung de für Betriebsmittel der Reichshauptkaffc aufzunehmende Mittel: 65100000 für die 3 /-prozentige Reichsschuli 53 505 000 ^ für die 3proz. Reichsschuld und 24179 524 ^ (-s- 9 992 524 zur Verzinsung der Mittel, welche außer dem zur Deckung des Anleihebedarfs bestimmt find.
Der Etat selbst schließt in Einnahme und Ausgab ab Nttt 2750 058 401 ^ (gegen das Vorjahr -j- 153 666 77! Mark). Der ordentliche Etat schließt in Einnahme uni Ausgabe mit 2484831156 ^ (->- 145 940537^). De außerordentliche Etat schließt ab mir 265227245 ^ (-s 7 726 235 ^). Es betragen im ordentlichen Etat die fort dauernden Ausgaben 2152154 755 ^ (-s-125 526148 ^) die einmaligen Ausgaben 332 676 401 ^ (> 20 414 389 ^) In der Denkschrift znm Etat wird ausgeführt: Für dw Rechnungsjahr 1908 würden die Matrikulacbeiträge die z, ihrer Deckung dienenden Ueberweisungen um den außer ordentlich hohen Betrag von 124266511 ^ übersteigen Abzüglich von 40 ^ auf den Kopf der Bevölkerung, d i von 24 266 511 würde die Erhebung deS Mehrbetrag! von noch 100 Mill. ^ nach Z 3 des Reformgesetzes von
Aagold, Mittwoch den 27. Hlovemöer
3. Juni 1906 auszusetzen sein. Wie bereits in der vorjährigen Denkschrift ausgeführt ist, haben die Verbündeten Regierungen mit der Feststellung des Etats nicht zum Ausdrucke bringen wollen, daß sie zur Uebernahme der ungedeckten, über die Summe von 34256511 (d. i. 40
auf den Kopf der Bevölkerung) hinausgehenden Matrikular- beiträge im Stande seien. Eine entsprechende Entlastung durch eine weitere Erschließung erhöhter Einnahmen des Reichs muß daher Vorbehalten bleiben."
Nach dem Elatsgesetz soll der Reichskanzler die Ermächtigung erhalten, zur vorübergehenden Verstärkung der ordentlichen Betriebsmittel der Reichshauptkaffe nach Bedarf, jedoch nicht über den Betrag von 350 Mill. ^ hinaus, Schatzanwetsungeu auszugeben. Ferner soll die gesetzlich vorgeschriebene Tilgung der Reichsschuld für 1908 ander- weit geregelt werden. Es heißt darüber in der Denkschrift zum Etat: „So notwendig und dringlich der Beginn der Tilgung der Reichsschuld auch erscheint, so geht es doch nicht an, diese Tilgung der Reichsschuld durch Erhöhung der direkten Steuern oder durch Aufnahme von Au leihen in den einzelnen Bundesstaaten zu bewirken. Letz! eres ist aber die unabwendbare Folge eines Etats, der nach dem Entwürfe die Bundesstaaten mit mehr als 124 Mill. ungedeckter Matriknlarbeiträge belasten soll. So unerfreulich auch die Möglichkeit einer Hinausschiebung des Beginns der Schuldentilgung erscheint, so ist doch die vorgeschlagene Regelung angesichts der unerschwinglichen Belastung der Bundesstaaten insoweit geboten, bis die in der Denkschrift in Aussicht gestellte und vorbehaltene Entlastung eingetreten ist"
-Komische Hlsbevficht.
Der Seniorenkonvent des Reichstags hat am
Samstag beschlossen, am Donnerstag mit der Beratung des Etats zu beginnen. An den Tagen vorher sollen noch die Interpellationen über hohe Lebensmittelprcise, Kohlennot und hohen Diskont, sowie die Vorlagen über die Bau- fordcrungen und den Versicherungsvertrag zur Behandlung kommen. Nach der Eiatsberatung sollen das Vereins- und das Börsengesetz in erste Lesung kommen. Am 21. Dezbr. sollen die Wethnachtsferien beginnen. — Am Samstag gelangte im Reichstag der Gesetzentwurf betreffend die Erleichterung des Wechselprotestes zur Verteilung. — Ueber die dem Reichstag vorliegende Novelle zum Börsengesetz macht die „Nordd. Allg. Ztg." jetzt ausführliche Mitteilungen, die sich mit dem schon vor einiger Zeit in der „DZ." wiedergegebenen längeren Auszug decken. Die Novelle bringt nicht mehr, als was das Minimum für eine Besserung der Börsenverhältniffe darstellt. — Der weiter dem Reichstag zugegangene Handels- urld Schiffahrtsvertrag zwischen Deutschland und Montenegro räumt beiden Nationen das Recht der Meistbegünstigung ein. — Dem Reichstag find sodann noch drei sozialdemokratische Anträge betr. Aufhebung der Fahrkartensteuer, gänzliches Verbot der Beschäftigung jugendlicher Arbeiter unter Tage und reichseinheitliche Regelung der für industrielle Etablissements errichteten Penfionskafsen zugegangen.
Die Geld- «nd Kredit-Verhältnisse in Dentsch- land unter Mitwirkung von Sachverständigen einer umfassenden Untersuchung zu unterziehen, ist nach einer offiziösen Mitteilung in der „Nordd. Allg. Ztg." von der Reichsverwaltung schon seit längerer Zeit in Aussicht genommen. Die einleitenden Schritte hierzu sollen nunmehr erfolgen, um den Sachverständigen genügende Zeit für eine eingehende Prüfung und für Umfragen in weiteren Kreisen zu lassen. In gleicher Weise wird eine Enquette über Fragen des Bankwesens beabsichtigt, wie sie bereits in der vorigen Session des Reichstags von der Reichsverwaltung in Aussicht gestellt worden ist. Die Anhörung von Sachverständigen über diese Fragen ist auch zur Vorbereitung der Entschließungen erwünscht, welche anläßlich des am 1. Januar 1911 eintretenden Ablaufs der Reichsbankprtvilegien zu treffen sein werden.
Der englische Premierminister Campbell- Bannerma« wurde während des Kaiserbesuchs in England von einem heftigen Unwohlsein befallen, das ihn hinderte, an den letzten offiziellen Akten teilzunehmen. Man hielt damals die Erkrankung für eine schnell vorübergehende Erscheinung, jedoch stellt sich jetzt heraus, daß es sich um ein ernstliches Leiden handelt. In politischen Kreisen heißt es, der Premierminister habe einen Schlaganfall erlitten.
I» Portugal bereitet sich offenbar der Ausbruch einer sehr ernsten Krisis por. Trotz der strengen Nachrichtenzensur, die schon seit längerer/Zeit gehandhabt wird,
1807
sind jetzt doch einige Mitteilungen ins Ausland gelangt,
die eine außerordentliche Verschärfung der durch die Diktatur geschaffenen Situation erkennen lassen. Das Verbot der Abhaltung politischer Versammlungen, dann die Explosion einer Bombenfabrik und neuerdings der Konflikt zwischen dem König und dem Kronprinzen sind Zeichen, die auf schwere Stürme vorbereiten. Daß die Unruhe und Unzufriedenheit in der jüngsten Zeit in bedenklichem Maße zugenommen hat, wird in letzter Linie auf Erklärungen zurückgeführt, die der König einem ausländischen Interviewer gegenüber abgab und die als eine Herausforderung der Opposition angesehen werden. Der König übernimmt darin voll die Verantwortung für den konstitutionslosen Zustand, spricht dem Diktator, mit dem er zusammen arbeitet, sein vollstes Vertrauen aus und weist darauf hin, daß ja daS Militär auf seiner Seite stehe. Die Korteswahlen sollen vorgenommen werden, wann eS der Regierung paffen wird. Also eine Diktatur ohne Termin! Daß die Äeußernngen den höchsten Unwillen selbst bisher treu monarchisch gesinnter Kreise erregt haben, geht daraus hervor, daß die republikanische Partei in den letzten Tagen einen ganz außerordentlichen Zulauf verzeichnen konnte. Auch im Heer scheint es trotz der Zuversicht des Königs zu gären, und die allgemeine Unruhe hat einen Höhepunkt erreicht, auf dem sie leicht in eine revolutionäre Bewegung Umschlagen könnte. Von amtlicher Seite wird zwar in Abrede gestellt, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen dem König und dem Kronprinzen bestehen und daß die übrigen pessimistischen Gerüchte auf Wahrheit beruhen, es liegt jedoch die Vermutung nahe, daß auch in jdiesen Dementis nur ein Versuch liegt, den wirklichen Ernst der Lage zu verschleiern.
I« Marokko ist es wieder z« einige» Kämpfe» gekommen. Ja den Schluchten am Fluß Kiß ist eine französische Regoknoszierungsabtetlung von einer große« Anzahl Marokkaner angegriffen worden, wobei sechs Franzosen verwundet wurden. Nach vierstündigem Kampf zogen sich die Marokkaner schließlich zurück, den Platz und viel Vieh in den Händen der Franzosen lassend. Weiler ist eine größere französische Truppenmacht in das Gebiet der Beni Snaffen lingedrungen, um den Stamm zur Zahlung einer Kontribution von 5000 Frank zu zwingen, die er wegen einer im Oktober ausgesührtm Angriffs zu entrichten versprochen hatte. Sonnabend früh begann ein ununterbrochenes Kanonen- feuer. Ueber den Ausgang der Expedition liegen Berichte noch nicht vor. — Der Bau der französischen Verteidigungswerke um Casablanca neigt seiner Vollendung entgegen. Forts werden einen vollständigen Ring um Casablanca bilden und die Stadt und das Lager vor den Angriffen der Eingeborenen schützen. Die Spanier beginnen mit dem Bau von Winterbaracken.
Folge» deS Harde« Prozeffes.
Berlin, 25. Nov. Die Untersuchung gegen den Generalleutnant z. D. Grafen Hohenau, über die wir wiederholt berichtet haben, wird, wie wir hören, vom Kriegsgericht Grünwald im Geschäftszimmer der 1 Gardedivifion Potsdam, Garde-du-Corpsstraße, geführt. Auch Herr Maximilian Harden ist als Zeuge geladen, um das Material, das ihm gegen den genannten Grafen zugegaugen ist, zur Verfügung zu stellen. Die Untersuchung wird auch gegen den Major v. Lynar geführt. Die Lebensgewohnheiten des Major a. D. v. Lynar find bekanntlich im Moltke-Harden-Prozeß zur Sprache gekommen, in jenem Teil der Verhandlungen, der unter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattfand. Das unerhörte Treiben in der Adlervilla, die' Graf Lynar seinerzeit in Potsdam bewohnte, wird vermutlich den Hauptgegenstand der Untersuchung bilden. Graf Lynar war Major beim Regiment des Gardekorps, als der Kronprinz mit der Führung einer Schwadron in diesem Regiment beauftragt war. Graf Lynar wurde plötzlich ohne Uniform, aber mit Titel und Pension verabschiedet, weil es sich herausstellte, daß er sich sittliche Verfehlungen gegen Untergebene hatte zu schulden kommen lassen. Die nun eingeleitete Untersuchung dürfte volle Klarheit bringen. In Zwangshaft wurde der aus dem Moltke-Harden-Prozeß bekannte Johann Bollhardt genommen, weil er sich in dem Ermittlungsverfahren gegen den Grafen Hohenau der Zeugenvernehmung entzogen hatte.
(Mpst.)
* * *
Berlin, 26. Nov. Der Termin der Hauptverhandlung im Prozeß Harden ist auf den 16. Dezember V-10 Uhr vormittags anberaumt worden. Den Vorsitz der vierten Strafkammer des Landgerichts I, wo die Sache zur Verhandlung kommt, führt Landgerichtsdirektor Lehmann.
(Mpst.)