Mo. 29.
«4. Jahrgang.
Amts- unä Intelkigenzbkatt für äen Oezirß.
Erscheint Menstag, Donnerstag L Kanrstag.
Die EinrückungSaebühr beträgt 9 p. Zelle l« Bezirk, sonst 12
Donnerstag, äen 7.
1889.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch
die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 X- 70 H.
Amtliche Wekcrnntwachungerr.
Bekanntmachung.
Durch hohe Ministerialentschließung vom 28. Februar d. I. ist dem Seiler Ludwig Schlotterbeck in Calw, Mitglied der freiwilligen Feuerwehr daselbst, das Ehrenzeichen für langjährige treugeleistete Dienste tu der Feuerwehr verliehen worden.
Calw, 5. März 1889. K. ^Oberamt.
S u pper.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend eine Prämierung von Schafvieh.
Am Donnerstag den 28. März d. I. wird in Aalen die jährliche Staatsprämierung für ausgezeichnetes Schafvieh vorgenommen.
Für diesen Zweck sind folgende Bestimmungen gegeben:
1 ) Die ausgesetzten Preise sind:
». für die besten höchstens vierschaufeligen Widder je zwei Preise zu
80 -M, 70 »4L, 60 »4L, 50 »4L, nebst einer Medaille von Bronce;
d. für die besten höchstens sechsschaufeligen weiblichen Tiere je zwei
zwei Preise zu 70 »4L, 60 50 40 »4L, nebst einer Medaille
von Bronce;
zusammen 16 Preise mit 960
2) Die Preisbewerber müssen ihre Tiere am 28. März d. I. vormittags 9 Uhr in Aalen auf dem Musterungsplatz aufgestellt haben.
Der Platz für die Schasschau wird durch Anschlag an den Eingängen der Stadt bekannt gemacht werden.
3) Die Preisbewerber haben obrigkeitlich beglaubigte Zeugnisse beizubringen, daß ihre Tiere entweder von ihnen selbst oder doch im Inlands gezüchtet worden sind.
4) Die Bewerber um die für weibliche Tiere ausgesetzten Preise haben wenigstens zwanzig Muttertiere, darunter mindestens zehn mit ihren Lämmern aufzustellen.
Bei der Zuerkennung der Widder preise wird die Anzahl guter Zuchttiere, die der einzelne Bewerber zur Konkurrenz vorführt, berücksichtigt werden.
5) Bei Zuerkennung der Preise kommt sowohl die gute Beschaffenheit der Wolle als auch die Reichwolligkeit, der Körperbau und die gute Pflege der Tiere in Anschlag.
6 ) Diejenigen, welche im letzten Jahre in Nürtingen für Widder und
Schafe einen Preis erhielten, können für die aleichen Tiere in diesem Jahre nicht als Bewerber auftreten. Auch wird keinem Züchter mehr als ein Preis für Widder oder Schafe zuerkannt.
7) Die Mitglieder de» Preisgerichts werden von der Zentralstelle ernannt.
Stuttgart, den 22. Februar 1889.
Werner.
Deutsches Reich.
Berlin, 3. März. Die „Nordeutsche Allgem. Ztg." schreibt: Einer der denkwürdigsten Tage in der Geschichte unserer Kaiserstadt ist wohl der heutige. Welcher Deutsche oder Ausländer, der jemals nach Berlin gekommen ist, hätte wohl nicht einmal den Aufzug der Wache gegen 1 Uhr am Palais des verewigten Kaisers Wilhelm und das Erscheinen des Monarchen selbst abgewartet? Er war ja stereotyp geworden; hatte doch der greise Monarch doch selbst einmal in scherzhafter Weise zu einigen Anwesenden, den Vortrag unterbrechend, geäußert, es stände ja doch im Bädecker, daß er um S/ 4 I Uhr am Fenster zu sehen sei. Auch am 3. März des vorigen Jahres umstanden wieder Tausende das Denkmal Friedrichs de» Großen, und pünktlich beim Eintreffen der Wache erschien der Kaiser am Fenster. Mer die sonstige gewohnte Frische und Freundlichkeit war au» seinem Antlitz gewichen. Mit ernstem wiederholtem Neigen des Hauptes nahm der Kaiser die brausenden, aber gedämpften Hochrufe des Volkes entgegen, um sich dann Zurück« zuziehen — für immer. Denn es war das letztem«! gewesen vor scsi-. ^ nach sechs Tagen erfolgten Tode. Die trostlosen Nachrichten au» San Remo, sowie die beginnende Krankheit hatten wohl das Gemüt und die Kräfte der Greisen zu sehr erschüttert, um ihn noch mit freundlicher Miene vor die OÖffentlichkeit treten zu lassen. Und insofern war dieser Tag — es war ein Samstag — wohl als einer der denkwürdigsten gelten nach so unzähligen Tagen de» Jubels an diesem historischen Fleckchen Erde.
— Es gilt als ausgemacht, daß der russische Kaiser und die Kaiserin den Monat Juni im Schlöffe Fredensborg verbringen werden, so meldet man aus Kopenhagen. Auf der Herreise wird der Zar mit Kaiser Wilhelm in Stettin eine Begegnung haben.
Fages-Weuigksiterr.
(Amtliches.) Se. Königliche Majestät haben vermöge Höchster Entschließung vom 3. März dem Oberamtsarzt Beilt er in Rott» weil (früher Oberamtsarzt in Calw) das Ritterkreuz erster Klaffe des Friedrichsordens in Gnaden verliehen.
JeuiUstsn.
Nachdruck »erboten.
Verschlungene Jaden.
Roman aus dem Englischen von Hrrmine Franken st ein.
(Fortsetzung.)
„Ich wollt« Dir nicht wehe thun," begann der junge Mann, aber der Baronet unterbrach ihn mit einer raschen, gebieterischen Geberde.
„Fahre fort!" sagte er heiser. „Es ist besser, daß ich die Wahrheit von Dir, als aus fremdem Munde höre!"
„Dann, Onkel, möchte ich Dich fragen, ob es klug ist, eine so junge und schöne Frau wie Adrienne so viel mü einem so jungen und schönen Manne wie Lionel Eg ertön verkehren zu lasten?"
„Ich vertraue ihr." murmelte Sir Ralph, sie ist unschuldig, wie ein Kind!"
„Ja, und gerade ihre Unschuld wird ihr in diesem Falle gefährlich werden. Sie ist jung, lebhaft und romantisch. Sie verkehrt mit einem Manne, der gleiche Anschauungen mü ihr hat, der eine poetische Natur und überdies schön wie ein Romanheld ist. Was ist also natürlicher, als daß sie Vergleiche zwischen chm und Dir anstellt? Die Thatsache ist nun einmal nicht zu leugnen, daß Du alt genug bist, um ihr Vater sein zu können, und die Jugend wendet sich der Jugend zu, wie die Blume dem Lichte. Die Frauen — und selbst die allerbesten unter ihnen — sind schwach; und daher ist es immer bester, sie der Versuchung fem zu halten, wenn dies möglich ist, als sie in dieselbe zu führen. Glaube mir, mein lieber Onkel, ich nehme ein aufrichtiges Interests an Deiner Frau, und es geschieht eben so sehr um chret-, als um Deinetwillen, daß ich jetzt so spreche."
Der Baronet antwortete Nichts, sondem ging mü gesenkten Blicken neben ihm einher.
„Ich habe in der letzten Zeit bemerkt, daß sie bleicher und niedergeschlagener als früher ist," fuhr Otto Lynwood fort, besten Herz triumphierend schlug bei dem Gedanken, Egerton aus dem Wege zu räumen. Anfänglich hatte er alles Mögliche dazu gethan, dessen Besuche zu ermutigen, aber seü dem Tage von Adrienne's Un. fall, als Egerton ihm seine unverhohlene Meinung gesagt hatte, fühlte er, daß er einen völlig anderen Weg einschlagen und sich vor Allem des Mannes entledigen müsse, der geschworen hatte, seine Handlungen zu überwachen.
Thatsächlich fingen die Leute in der Nachbarschaft an, Bemerkungen darüber zu machen, daß Lionel so oft nach Lynwood-Hall kam; mühin war etwas Wahres in Otto's Angaben und jetzt, wo er es erwähnte, erinnerte sich Sir Ralph, daß er selbst in letzter Zeü eine gewisse Mattigkeit und Gedrücktheit an Adrienne wahrgenommen hatte, die ihr sonst fremd gewesen war, und die Erkenntnis überwältigte ihn, daß Otto's Worte auf Wahrheit beruhten.
„Was würdest Du mir unter diesen Umständen zu thun raten?" brachte er schwer hervor. „Soll ich Egerton auffordern, seine ferneren Besuche einzustellen?"
„Das gerade nicht, aber Du könntest ihm einen Wink geben, daß e» bester wäre, wenn er seltener käme."
„Das kommt ganz auf dasselbe heraus," entgegnete der Baronet voll Ingrimm. „Du weißt sehr wohl, daß, wenn ich Lionel Egerton einen solchen Wink gäbe, sein Stolz ungemein verletzt wäre und er seine Besuche ganz und gar für immer einstellen würde."
„Desto bester," sagte Otto, heimlich von der Hoffnung beseelt, daß es dazu kommen würde.
Als Sir Ralph bei seiner Frau eintrat, schaute er sie aufmerksam an und überzeugte sich, wie recht Otto mit der Bemerkung über Adrienne's Aussehen gehabt hatte.