uud Oekonomieanwesen, ein Brand aus. Alles Mobiliar ist verbrannt; das Vieh konnte gerettet werden, auch die Wirtschaftsgebäude und die Scheunen sind weniger gefähr­det, doch ist der Schaden trotzdem ein bedeutender. Da das Feuer an verschiedenen Stellen zugleich ausbrach und die Zahl der Brandfälle in der letzten Zeit sich beängstigend mehrt, so wird Brandstiftung 'vermutet. Wie verlautet, sollen in den letzten Tagen schon verdächtige Anzeichen, wie eingedrückte Fenster nsw., in dem Gasthof wahrgenommen worden sein. Als der Tat verdächtig, wird ein von dem Gasthofbesttzer kürzlich entlassener Knecht bezeichnet.

r. Etzbach OA. Geislingen, 4. Nov. Gestern mittag gegen 12 Uhr ist der 17 Jahre alte Sattlerlehrling Essig aus Göppingen, Sohn des dortigen Seifensieders Essig, von dem Himmelsfelsen abgestürzt. Vermutlich wagte er sich an einer Seitenwand zu weit hinaus, die Steinmafse aus der er stand löste sich los und stürzte mit ihm in die schreckliche Tiefe. Durch einige hiesige Einwohner wurde sein Sturz beobachtet, sie begaben sich sofort zur Hilfe­leistung an die Unglücksstelle, wo sie den Schwerverletzten im bewußtlosem Zustande unten am Felsen auffanden. Auf einer Tragbahre wurde er in den Ort herunter getragen, wo ihm dann die erste ärztliche Hilfe durch den inzwischen telephonisch herbeigerufenen Arzt Dr. Krähmer aus Geis­lingen zu teil wurde. Dieser stellte einen komplizierten Oberschenkelbruch sowie starke Kopfwunden, besonders am Hinterkopf und sonstige verschiedene Hautschürfungen am Körper fest. Wie gefährlich die inneren Verletzungen sind, konnte vorerst nicht festgestellt werden. Nach Anlegung von Notverbänden wurde er durch Mitglieder der Freiwilligen Sanitätskolonne Geislingen in das dortige Bezirkskranken­haus gebracht. Sein Zustand ist sehr bedenklich.

r. Ravensburg, 2. Novbr. Die Bierbrauerei und Wirtschaft zur Waag hier ist durch Kauf um den Preis von 170000 ^ in den Besitz des Bierbrauers Geister, seitherigen Oberbrauers in derRäuberhöhle" hier über­gegangen.

Verichtssaal.

r. Hettbron«, 4. Nov. (Schwurgericht). Der fünfte Fall, der zwei Tage erforderte, betraf die Strafsache erstens gegen den 18 Jahre alten Fabrikarbeiter Wilhelm Engel­hardt von Roßwag OA. Vaihingen, z. Zt. Strafgefangenen im Zellengefängnis zu Heilbronn, wegen versuchten Mords, Blutschande und Abtreibung der Leibesfrucht, sowie zweitens gegen dessen Vater, den 61jährigen verheirateten Wetugärtner n-id Taglöhner Gottlieb Engelhardt von Roßwag OA. Vaihingen wegen Anstiftung zur Abtreibung der Leibesfrucht u. a. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit statt. Beide Angeklagte wurden ihrer schweren Schuld überführt. Wilhelm Engelhardt wurde zu 6 Jahren Zuchthaus und 6 Jahren Ehrverlust, Gottlieb Engelhardt zu 2 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Halle a. d. S., 4. Novbr. Das Schwurgericht in Torgau verurteilte heute den Buchdrucker Winne, welcher seine Geliebte, die Schneiderin Dreßler, erwürgt hatte, zum Tode. (Mpst.)

Deutsches Reich.

Berlin, 4. Nov. Aus Toulon wird ein neuer rätselhafter Vorfall gemeldet: Auf dem Torpedobootzerstörer Chevalier" ist ein Signalbuch abhanden gekommen. Man weiß noch nicht, ob es sich um einen Diebstahl handelt, oder ob das Buch ins Wasser gefallen ist. Man nimmt aber an, daß es zu unlauteren Zwecken entwendet worden ist. Untersuchung ist eingeleitet.

Die Ausbildung der Polizeibeamte« in Tier- fchntzfrageu bezweckt ein Erlaß des Ministers des Innern, der an eine Anregung der Pferdeschutzvereinigung anknüpft. Diese hat nämlich beim Minister beantragt, daß für die Polizeibeamten der großen und mittleren Städte Unter­richtsstunden über Tierschutz eingerichtet werden möchten. Der Minister hat nun dieser Anregung Folge gegeben. Diejenigen Gemeinden, in welchen die Einführung besonderer Unterrichtsstunden nicht durchführbar erscheint, werden auf das Vorgehen des Berliner Polizeipräsidenten verwiesen, welcher die für die Aufsichtsbeamten bei Ausübung des

Tierschutzes in Frage kommendem Bestimmungen hat zu- sammcnstellen lassen, damit sie der Straßeuordnung sür den Stadtkreis Berlin als Anhang beigegeben werden können.

r. Mannheim, 4. Nov. In der Friedhofstraße zu Neckarau wurde gestern früh der Losverkäufer Siegmund Neudörfer mit durchschnittenem Hals als Leiche aufge­funden. Es handelt sich um einen Raubmord. Der Täter, der 19 Jahre alte Taglöhner Karl Schneider hat selbst die Anzeige von der Auffindung der Leiche gemacht. Durch verschiedene Aeußerungen machte er sich verdächtig, was zu seiner Festnahme führte. Neudörser war ein halbgelähmter, harmloser und schwachsinniger Mensch, der sich und seine Mutter durch Hausieren ernährte. Er wurde wegen seiner ungeschickten Sprache, und weil er Analphabet war, in den Wirtshäusern und auf der Straße oft geneckt. Der Täter ist als arbeitsscheu und roh bekannt.

r. Triberg, 4. Nov. Seit einigen Wochen war in Neukirch der Unterlehrer Lutz spurlos verschwunden. Jetzt hat sich herausgestellt, daß er in die Fremdenlegion einge­treten ist. Was den jungen Mann, der sich für den Militär­dienst als Einjährig-Freiwilliger bis zum 25. Lebensjahr hat zurückstellen lassen, zu diesem Schritt veranlaßt hat, konnte man nicht erfahren.

Vom Bodensee, 1. Nov. Der in Haft befindliche Zahntechniker Meier hat nunmehr den Mord an dem Pri­vatier Raetzer eingestanden und ein umfassendes Ge­ständnis abgelegt. Gestern wurde der Mörder nach Berneck, seinem früheren Wohnorte, überführt, um dort über den rätselhaften Tod seines früheren Dieners verhört zu werden. Der Diener wurde, wie wir bereits mitteilten, seinerzeit tödlich verletzt, mit einer Schußwunde im Kopf, im Bette aufgefunden. Man glaubt, daß Meier auch diese Tat auf dem Gewissen habe.

Nürnberg, 2. Nov. Ein 17jähriger Kaufmanns­lehrling, der wegen Romanlestns während der Arbeitszeit von seinem Lehrherrn die Kündigung angedroht erhielt, ließ sich von einem Zuge der Ludwigsbahn überfahren. Der Tod des jungen Mannes trat sofort ein. Mpst.

Köln, 2. Nov. Das Eisenbahnunglück auf der Brohltalbahn hat noch ein weiteres Opfer gefordert. Der Reisende Vachbruch aus Mayen ist gestorben. Geheim­rat Diesel ist heute mit der Kommission von der Eisen­bahndirektion Köln an der Unglücksstätte eingetroffen und nahm ein eingehendes Protokoll auf. Die Aufräumungs­arbeiten werden weniger schwierig, als man glaubt. Man hofft, morgen nachmittag den Betrieb wieder aufnehmen zu können. (Mpst)

Köln, 4. Nov. Die durch höhere Beamte abgeschloffene Untersuchung über die Ursache des Eisenbahnunglücks auf der Brohltalbahn ergab, daß die Entgleisung dadurch veranlaßt wurde, daß der Zug die erlaubte Geschwindigkeit weit überschritten hatte. Der Zug durchfuhr die Strecke, sür welche 12 Minuten Fahrzeit vorgesehen ist, in zwei Minuten bergab. Angeblich soll der Zug an der Station vor der Unfallstelle aufgehalten worden sein, weil die Frachtbriefe nicht in Ordnung waren. Weiterhin wmde festgestellt, daß das Zahnrad nicht benutzt worden war. Der Zugführer hatte bet der Abfahrt von Brenck angesichts der großen Anzahl schwerbeladener Güter­wagen gesagt:Heute geben wir in den Tod." Die schwerverletzten Personen befinden sich heute teilweise schlechter als gestern. Der Stationsvorsteher von Kempenich, der den verunglückten Zug der Brohtalbahn 11 Minuten zu spät expedierte, ist verhaftet worden. Die Frau des ver­hafteten Lokomotivführers Teber ist wahnsinnig geworden. Unter den Trümmern an der Unfallstelle sind die Aufräu­mungsarbeiten wieder ausgenommen worden, weil angenom­men wird, daß sich noch eine Leiche darunter befindet. (Mpst.)

Ausland.

Territet (Kanton Waadt), 4. Nov. Der König von Württemberg traf heute nachmittag zum Besuch der hier weilendm Königin-Mutter von Holland ein.

Bern, 3. Nov. Das amtliche Schlußergebnis der Abstimmung über das Wehrgesetz ist: Die Vorlage wurde mit 326,970 Ja gegen 263,457 Nein, also mit 63,513 Stimmen Mehrheit angenommen.

heute morjen befohlen, sämtliche Halsbinden im Tornister zu versorjen."

Peperoni sah den Rekruten sprachlos an; dieser Frech­dachs erlaubte sich, ihn hochdeutsch anzureden.

Spreka Sie, wie Jhna de Snabel gewackse is, und zvatza Sie kai blöde Kohl, Sie dumma Kaib!"

Zu Befehlt, Herr Majorr."

Jetz geha Sie ßur Caserna ßurück in ßweita Stock, Nummer ^ nün, und hola mir min Nottzbuk, verstand«?"

..Zu Befehlt, Herr Majorr! Ick soll in de Kaserr Muck und im Zimmer ^ neun von det zweite Stock d Notizbuch von'n Herrn Majorr holen!"

Des Majors Gesicht wurde vor Staunen und Entrüf ung feuerrot. Das war ihm denn doch noch nicht pasfier daß ein Untergebener nicht nur trotz eines dahingehende Verweises fortfuhr, hochdeutsch z« spreche», sondern ihn si gar parodierte. Denn dies tat der Mann offenbar. E schien gut und fließend zu sprechen und redete absichtli, gebrochen, um seinen südländischen Akzent zu karikiere, Der Maior war buchstäblich sprachlos und suchte nach Worte, um seinem Grimme Luft zu machen.

Endlich brach er los:

Eh Sie, Sie, Sternakaib, was isch Jhna denn in di Krona gstiga? Maina Sie, Sie stga in a Kasperlitheat« mit ain Arlechin? Kerma Sie nit rigtis swatza swizerdüts.

wie Jhra Kamerada? Wolle Sie ins Lok, jo? Sind Sie im Zivil atna Honswurst, ja? Antworte Sie dok!"

Herr Majorr entschuldigen, ick bin Ihnen nämlich een jeborener Berliner."

Was fir aina Perla?"

Berliner, Herr Majorr!" erwiderte der über den ihm unerklärlichen Zornesausbruch verdutzte Spreeathener.

Jetzt dämmerte es dem Major, uud er begriff den Kasus: erinnerte er sich doch, wie einer seiner Mitschüler, ein aus Sima gebürtiger Toskauer, mit der bombardischen Bellinzoneser Mundart ebenfalls auf gespanntem Fuße stand. Es überkam ihn etwas wie Reue über seine Heftigkeit und mit seiner wohlwollendsten Stimme sprach er:

Soo, wenn Sie sind gehöre in Berlins, dos ischt eppis ganz anders. Dos hätta Sie mir glik kenna fäga. Lärna Sie rekt bald Swizerdütsch, dos isch die wiktigsta Sok fir en Swizer Voterlondsverteidiger."

Eine Handbewegung und der Wackere konnte sich ab­melden zn seiner nicht geringen Erleichterung.

Es war dochkeene so jemütliche Jeschichte mit det Schwaizermilitär"! _ (Frkf. Ztg.)

A«S den Mrggeudorsrr-Blätter«. Der Le bemann. Graf (zu seinem Sohne, der sich verheiraten will): .Laß Dich nicht be­tören, Alwin, Schönheit vergeht." Sohn: .Und mit dem Geld wird man auch fertig!" Unverfroren. StudiosuS:Jetzt haben Sie mich geschnitten!" Bader:DaS macht nichts! Auf den einen Kratzer kommt's doch bei Ihnen nicht an!"

Paris, 2. Nov. Eine folgenschwere Geschoß­explosion. Acht Artilleristen,, welche eine Kanone auf dem Schießübungsplatze von Bourges bedienten, wurden durch vorzeitige Explosion eines Geschosses getötet und fünf weitere verwundet. (Mpst.)

Brüssel, 4. Nov. In den Cockerilgruben stürzte beute ei» Förderkorb mit 13 ausfahreuden Berg­leute« «3S Meter tief ab. Die aus der Schachtsohle ihre Ausfahrt abwartenden übrigen Bergleute befreiten die Kameraden aus den Trümmern. Vier waren schon tot, zwei schwer verletzt, die übrigen leichter verwundet. Das Unglück ist durch Ausgleiteu des Förderseiles von der Wellenscheibe verursacht worden. (Mpst).

Die junge Russin Barbara Lapnki« über deren plötzliches Verschwinden in London wir berichteten, ist gestern abend 6 Uhr 41 Minuten mit ihrem Vater, dem Wirtlichen Staatsrat Lapukin, in Berlin auf dem Bahnhof Friedrichs- straßeaufderDurchreisenochPetersburgeingetroffen. Jnihrer Begleitungbcfanden sichaußerdem noch die 10jährige Schwester der Barbara und deren englische Gouvernante. Das tiefe Dunkel, das über dem so rätselhaften Verschwinden der jungen Dame bisher gewaltet hat, hat sich bis zu dieser Stunde nicht aufgehellt, da der Vater es in London strikt abgelehnt hat, sich über die merkwürdige Begebenheit, derent­wegen er aus Rußland nach London geeilt war, und deren Recherchierung, die Summe von 26 000 ^ verschlungen haben soll, zu äußern. So ist es der Zeit überlaffen, Licht in einen Vorfall zu bringen, der die Welt eine Zeit lang in Atem gehalten hat. Eine gewisse Blässe des Antlitzes der jungen Dame deutete auf Reisemüdigkeit und eine be­wegte Ueberfahrt über dcn Kanal. Zufriedenheit über die glückliche Wiedervereinigung mit den Ihren sprach aber aus dem Mädchenantlktz, und ein Schimmer von Glück leuchtete aus den Augen, als sie am Arme ihres Vaters den Bahn­hof verließ, um sich in ein nahegelegenes Hotel zu Fuß zu begeben.

London, 2. Nov. DerStandard" meldet vom 1. Nov. aus Madrid: In Portugal ist jeden Augen­blick eine Revolution zu erwarten. Das Militär steht auf Seiten der Revolutionäre. Alle Parteien sind einig, den König zu stürzen. Die einzige Stütze der Regierung ist die Munizipalgarde.

Vermischtes.

Strenge Winter. Im Jahre 1400 waren alle Meere im nördlichen Europa gefroren. Zehn Jahre später war die Kälte so arg, daß die Tinte beim Schreiben in den Federn gefror. Die Sterblichkeit war dabei so groß, daß ganze Herden wilder Tiere in die Städte kamen, um die Leichen zu verzehren, die unbegraben in den Straßen lagen. 1558 lagerte eine Armee auf der zugefroreneu Donau. In Frankreich aber verkaufte man den gefrorenen Wein nach dem Gewicht. Der Chronist scheint nicht zu ahnen, wie der Wein sich verschlechtert durch Gefrieren. 1700 fiel das Thermometer auf 31 Grad unter Null. Kirchenglocken zersprangen, wenn der Klöppel anschlug, alle Pflanzen wurden zerstört, Tiere und Menschen starben wie die Fliegen. In der Neuzeit zeichneten sich die Jahre 1830, 1870 und 1886 durch hohe Kältegrade aus.

Ei« ergötzliches Vorkommnis ereignete sich kürzlich denLeipz. Neuest. Nachr." zufolge in Königsteiu. In einer Druckerei wmde eine Kranzschleife mit dem Auf­druckRuhe sanft! Auf Wiedersehen!" bestellt. Kurz dar­auf trat folgender telegraphischer Bescheid des Auftraggebers ein:Nach auf Wiedersehen beizufügen im Himmel, wenn noch Platz ist." Als der Besteller bald darauf die Schleife fertiggestellt erhielt, war er nicht wenig erstaunt ob des gelungenen Streiches, den sich der findige Drucker geleistet hatte. Es prangten ihm nämlich in dicken Lettern die Worte entgegen:Ruhe sanft! Auf Wiedersehen im Himmel, wenn noch Platz ist!"

Unter de» Vergiftungen spielt nach dem ärztlichen Bericht der Krankenhauses Charlottenburg-Westend 1905/06 dauernd die wichtigste Rolle des Alkoholismus. Es wurden wiederum alle Kranken registriert, welche nicht nur direkt wegen Alkoholismus zur Aufnahme kamen es waren dies 114 Männer und 6 Frauen, von denen 3 Männer gestorben sind, sondern auch diejenigen, bei welch:n aus­gesprochene krankhafte Orgauveränderungen infolge von Alkoholmißbrauch gefunden wurden. Es ergab sich hierbei, daß von insgesamt 1451 Männern 43630 v. H. Zeichen von Alkoholschädigung aufwiesen. Auf den Frauenabteil­ungen wurden 17 Alkoholistinnen gezählt; ferner zeigte so­gar ein Kind unter 12 Jahren deutliche alkoholistische Krankheitserscheinungen.

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