81 . Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Tonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger, lehn 1.20 im Bezirk, und 10 lrw Berkehr 1LS »6, im übrigen Württemberg 1.SS »OS. MonatSabonnemenLS nach Verhältnis.
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Issvnfpvecher Wv. 28 .
Mevnfpvechev Mv. LS.
Auflage 2600.
Anzeigen-Vebüh« f. d. ispalt. Zeile auSI gewöhnt. Schrift oder deren Raum bet 1«al. Einrückung 10 H bei mehrmalig« entsprechend Rabatt.
Mit dem Plauderstübche» und
Echwäb. Land«-«!.
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Amtliches.
Die Gemeindebehörde»
werden mit Bezugnahme auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 23. Sept. 1907. Minist.-Amtsblat S. 377, betr. die Bornahme der Gemeiuderatswahle» im laufenden Jahr, welcher genau zu beachten ist, aufgefordert, die Gemeindeeinwohner durch entsprechende Bekannt- machung darauf aufmerksam zu machen, daß nach Art. 253 der Gemeindeordnung die Gebühr für die Erteilung des Bürgerrechts in den Fällen des Art. 7 Abs. 1 Z. 1 dcs Gemeindeangehörigkeitsgesetzes, d. h. wenn die Aufzunehmenden in den 3 vorangegangenen Rechnungsjahren in der Gemeinde Steuern, insbesondere Wohnsteuer entrichtet haben, nur «och 2 Mk. beträgt und daß es ihnen bei rechtzeitiger Einbringung der Aufnahmegesuche, eventuell mittelst Erhebung von Einsprachen gegen die Wählerlist-', möglich wird, sich an den im Dezbr. d. Js. stattfindenden Gemeinderatswahlen zu beteiligen.
Die schon in nächster Zeit einlaufenden Gesuche können unter Ansatz der ermäßigten Gebühr in der Weise noch im November erledigt werden, daß die Aufnahme erst mit Wirkung vom 1. Dezember 1907 ab erfolgt.
Mit Rücksicht auf diese Aufnahmegesuche empfiehlt es sich, die Heuer verfallenen Gemeinderatsergänzungswahlen erst gegen Ende des Monats Dezember, jedenfalls nicht vor dem 23. Dezember, vorzunehmen.
Der festgesetzte Wahltag wolle kurz anher angegeben werbe».
Für die nächsten Gemeinderatswahlen find die Bestimmungen der Gemeindeordnung vom 28. Juli 1906, Art. 11—27 — Reg.-Blatt S. 329. — maßgebend und wollen sich die Herren Ortsvorsteher hienrit genau vertraut «ache». Diese neuen Vorschriften entsprechen denjenigen für die Landtagswahlen.
Für die rechtzeitige Beschaffung der erforderliche» Formulare und gestempelter Umschläge ist Sorge z« tragen. Die Stempelung hat mit dem Ortsstempel zu geschehen.
Vorschriftsmäßige Wahlumschläge können von der G. W. Zaiser'schen Buchdruckerei in Nagold bezogen werden.
Nagold, den 4. Not). 1907.
K. Ober amt. Ritter.
WoMifche WeSerficht.
Die Unpäßlichkeit -es Kaisers ist nur leichter Natur. Sie besteht in Schnupfen und einem leichten Anfall von Grippe, die es empfehlenswert erscheinen lassen, daß der Kaiser vorübergehend das Zimmer hütet. In kurzer Zeit dürfte der Kaiser wieder hergestellt sein. — Auf der Reise nach England wird der Kaiser nach der „Nordd. Allg. Ztg." u. a. von folgenden Personen begleitet sein: Chef des Militärkabinetts, General der Infanterie
Wegasus auf Weifen.
Der Berliner „Lokalauzeiger" hat im Sommer dieses Jahres ein Preisausschreiben „Pegasus auf Reisen" erlassen. Preisgekrönt sollten auch werden die originellsten Zitate aus klassischen Dichtungen über die Gesamterfahrungen der Reise und schließlich waren Trostpreise für Strohwitwer und Strohwitwen vorgesehen. Es gstigen 3265 Beiträge ein; 100 davon konnten preisgekrönt werden. Mit Erlaubnis der Redaktion des „Lok.-Anz." >und in der Annahme unseren Lesern damit eine heitere Lektüre zu bieten, wollen wir aus dieser Anzahl nur einige Proben hier wiedergeben. Es erhielten zu dem Thema:
Tarifreform.
Erster Preis:
Am Schalter.
Liebespaar und Junggeselle Zahlten lächelnd: „Bagatelle!"
Doch am Schalter wortberaubt,
Lehnte ein Familienhaupt.
Viktor Klempner, Wilmersdorf bei Berlin,
^ Weimarische Str. 6a.
Zweiter Preis:
Wenn der „Eilzug" schneckenartig, qualmend durch die
Eb'ne kriecht,
Magokd, Dienstag den 5. Aovemöer
Graf von Hülsen-Haeseler, Chef des Marinekabinetts, Vizeadmiral von Müller, Kriegsminister General der Kavallerie von Einem und Staatssekretär des auswärtigen Amts von Schön.
Mit' Reichsfinanzfrage« beschäftigte sich der nationalliberale Abgeordnete und Vizepräsident des Reichstags Dr. Paasche in einer Rede, die er in Plauen über Reichsfragen überhaupt hielt. Er erklärte hierbei, er könne verraten, daß man schon in dieser Session wieder mit neuen Steuern beglückt werden würde. Für 1908 sollen 24 Millionen Mark für Schuldentilgung in den Etat eingestellt werden. Auch über Matrikularbeiträge sprach Dr. Paasche. Für ein Opfer der Einzelstaaten an das Reich halte er eS nicht, wenn der Einzelstaat von seinen direkten Steuern an das Reich abgibt. Die Nationalliberalen werden nicht ohne weiteres den Vorschlägen der Regierung folgen können. Man werde darauf halten, daß gerade da, wo es sich um den Schutz des Vaterlands handele, die stärkeren Schultern in Form von direkten Steuern belastet werden müssen.
Eine deutsch-amerikanische Gesellschaft ist in Newyork in der Bildung begriffen. Sie soll einen Teil der Wahlmaschinerie bilden und die Kandidatur Hearst bei der nächsten Präsidentenwahl unterstützen. Hearst, der die Mittel zur Gründung der Gesellschaft zur Verfügung stellte, wird gegen die Tätigkeit der englisch-amerikanischen Pilgrim- Gesellschaft, die seine Partei als äußerst schädlich betrachtet, Stellung nehmen.
Zum Hardenprozeß.
Berlin, 2. Nov. Die freikonservative „Post" enthält einen Artikel, der sehr bemerkenswert ist durch das, was er über die Zuträger Hardens sagt, bemerkenswert deshalb, weil er nicht nur sehr deutliche Anspielungen, sondern auch starke Warnungen an die hocharistokratischen Kreise enthält, die Herrn Harden mit Nachrichtenmaterial versorgen. Der Artikel erwähnt, wie der Haß gegen den neuen Kurs den Altreichskanzler mit Harden zusammengebracht habe, und fährt fort:
Das Erstaunen über Hardens Informationen hat sich nach Bismarcks Tod sogar noch vermehrt und konnte bis zur Beängstigung anwachsen. Wer in der „Zukunft" die Fülle von mehr oder weniger unverständlichen Andeutungen über geheime Vorgänge, oft auch die sicheren Behauptungen über solche verfolgt hat, konnte keinen Zweifel mehr darüber hegen, daß in der Schreibstube des Herausgebers eine ungeheure Zahl von Fäden zusammenläuft, die ihn nach allen Seiten mit denen, die etwas wissen, verbinden; daß solche Kunde nicht von Lakaien und Reportern stammt, daß seine Reporter Ordenssterne und Brillantdiademe tragen. Da fragt man nun: Woher das Bedürfnis so vieler hoch- gestellter Persönlichkeiten, ihre Geheimnisse dem einen Mann zuzutragen? Wer zu humoristischer Betrachtung neigt, mag sagen: Ihnen allen war er der gute Schäfer Thomas, der allen helfen kann. Doch steht zu fürchten, daß diese Kranken,
I Wenn ein überzähl'ger Koffer meuchlings auf den Kopf
dir fliegt,
Und du rechnest, wie dein tickst sich verteuert hat
enorm —
Preisest brünstig du die neue Eisenbahntarifreform.
Annie Blaurock, Berlin 81V, Friesenstr. 7.
*
Dritte Preise:
Die Eisenbahntarifreform.
Ist doch was wert, denn sie beweist
Auf neue Art die alte Norm,
Daß ,rs' noch immer rückwärts heißt.
Reg.-Rat v. Lucauus, Osnabrück, Herderstr. 52.
*
Breitenbachs Klage.
Zwar Züge find mir diesmal nicht entgleist.
Doch die Tarifreform drückt mein Gewissen.
Das Publikum ist wmiger verreist
Und hat mich desto mehr verrissen.
Dr. Max Epstjein, Berlin, Meinekestr. 8.
*
Vierte Preise:
O Eisenbahn, laß ab vom Reformieren,
Dein Kind „Verkehr" stirbt ab bei dem Probieren! j
Schon mancher fragt bei all den neuen Normen:
Wann kommt der Reformator der Reformen?
Paul Kufahl, Berlin 81V., Schönebergerstr. 23.
1907
die zum Schäfer Thomas kamen, weniger eigene Krankheit
als fremde Gebrechen zu berichten hatten. Man darf ihm glauben, wenn er erklärt, sehr viel mehr zu wissen, als er sagt. Aber zu diesem ungeheuren Wissen trägt keiner bei aus edlen Motiven oder aus Menschenliebe; da trägt nur bei, wen es dringend verlangt, dem lieben Nächsten vor der Oeffentlichkeit das Brandmal seiner Sünde mft Schwefelsäure auf die Stirn geätzt zu sehen. Dem Publizisten, der eutgegennimmt, was sich ihm an geheimer Kunde bietet, ist daraus allein kein Vorwurf zu machen; wenn aber bei einem einzigen Manne, seiner eigenen Bekundung nach, ein solches Lager tödlichen Giftes sich anhäuft, so führt das zu dem traurigen Schluß, daß in unseren hohen Kreisen sich ein unerhörtes Denunzianten- und Sykophantentum gebildet hat, ein FLulnisprodukt, viel verderblicher als alles, was der Prozeß enthüllen konnte.
Der Moltke-Harden-Prozeß. Die bereits angekündigte Revisionsverhandlung in dem eben in erster Instanz durchgefochtenen Prozesse Moltke-Harden wird, wie die „Inf." erfährt, voraussichtlich vor der Strafkammer 8a des Landgerichts I Berlin stattfinden. Vorsitzender wird der Landgerichtsrat Methner sein. Er war früher in Sprottau tätig, kam vor einigen Jahren an das Amtsgericht Berlin-Mitte und erhielt vor kurzer Zeit den Vorsitz in der Strafkammer. Der Termin des Prozesses ist ist noch nicht endgültig bestimmt.
Gages-Weuigkeiten.
Aus Stadt Md Land.
Nagold, k. Novnnber.
* Der Friedhof war über Allerheiligen und Allerseelen und auch am Sonntag von vielen Leidtragenden besucht, welche die Gräber schmückten. Auch die Evangelischen beteiligten sich teilweise an der schönen Sitte der Gräberschmückung. — Am Reformationsfest, der jährlichen Gedenkfeier der Reformation, welche seit 1668 eingeführt ist und seit 1887 im ganzen evang. Deutschland und Oesterreich luth. und reform. Konfession am 31. Oktober, (dem Tage, an welchem Luther 1517 zu Wittenberg die 95 Thesen an die Schloßkirche zu Wittenberg an schlug,) bezw. am darauffolgenden Sonntag begangen wird, war die evangel. Stadtkirche von vielen Andächtigen besucht. — Nicht um Menschen zu rühmen, auch nicht um den Samm der Zwietracht aufs neue auszusäen, feiern wir das Reformationsfest. Aber wir wollen uns desLichtes freuen, das in jener großen Zeit so gewaltig und weithin aufleuchtete. Wie viele Anstrengungen sind gemacht worden, um es auszulöschen! Wie viele Wunden wurden unserm Volke geschlagen in dem unseligen dreißigjährigen Kriege, wie ward es zerfleischt, ausgeraubt, entvölkert! Wie viel blühendes Leben vernichtet! Und doch, die evangelische Wahrheit war gerettet und die evangelische Gewissensfreiheit blieb unserm Volk bis heute erhalten. Das höchste Gut war des höchsten Opfers wen . Gott hat es auch in
I Die Wirkungen der Eisenbahntarifreform Sind sozialpolitisch ganz enorm,
Denn mancher fühlt, von dem es kaum zu soffen,
Sich plötzlich hingezogen zu den niedren Klaffen.
H. Cadura, Poln. Hammer i. Schl.
»
Getürmt voll „Freigepäck" die Netze schwanken,
Ein Koffer stürzt auf meinen Kopf mit Krachen.
„Leicht beieinander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen."
Dr. F. Ristenpart, Berlin, Oldenburgerstr. 42.
Erster Klaffe fährt schon keiner,
Zweiter dritter kaum noch einer.
Alle steigen in die vierte,
Alle find sie - Deklassierte!
Dr. Eduard Schulte, Freieuwalde, Bahnhofstr. 26. »
Drei Dinge wirft sie: Durch die Kartellsteuer Wird uns die kleinste Fahrt erst wahrhaft — teuer. Dann lehrt sie klug, uns im Gepäck beschränken,
Und nicht mehr ängstlich an die Rückfahrt denken.
Georg Bötticher, Letpzig-GoM, Pölitzstr. 1.
*
Wer wird den guten Fiskus preisen,
Der uns verteuert hat das Reisen?
Ich preis' ihn, weil er klug uns lehrt Des trauten Heimes Glück und Wert.
Prof. Dr. Karl Siegen, Leipzig, Schreberstr. 16.-
(Fortsetzung folgt.)