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Er wird alsGraf Hartenau" künftig seinen Aufenthalt im Auslands haben. Es verlautet aus Wiener Militärkreisen, Prinz Alexander trete in österreichische Dienste ein. Wie man ferner aus Preßburg nach Mitteilungen der r artigen Bekannten der Familie Loisinger vernimmt, soll die Mutter des Prinzen Alexander, Frau Prinzessin Julie von Battenberg, geborene Gräfin Haucke, sich über die Heirat ihres Sohnes in großer Aufregung b> finden und infolgedessen seit einigen Tagen nicht unbedenklich erkrankt sein. Der Vater von Frln. Loisinger hat bei Feldmarschalllieutenant Signorim, als Kammerdiener in Diensten gestanden. Frln. Loisinger wurde künstlerisch ausgebildet durch den Preßburger Dom- kopellmeister Mayenberger und trat, derN. F. Presse" zufolge, rm Jabre 1880 bei einem Liedertafelkonzert in Preßburg zuerst öffentlich auf. 1883 siedelte sie mit ihrer Mutter nach Prag über, wo sie in dem Konzert eines Sängervereins großes Aussehen erregte, namentlich auch durch ihre imposante Erscheinung und ihr goldblondes Haar. 1885 war sie in Troppau und Linz und gastierte in Leipzig, seit 1885 war sie in Darmstadt, wohin sie an den kürzlich verstorbenen Vater de» Battenbergers, Prinzen Aüxander von Hessen, empfohlen worden war. Die Beziehungen des Prinzen Alexander von Battenberg zu Fräulein Loisinger datieren, wie jetzt öffentlich zugegeben wird, schon aus einer erheblich früheren Zeit als vom vergangenen Frühjahr. Damit wird, so schreibt die Nat.-Ztg.", denn auch der Roman, wonach im vorigen Frühjahr die Politik schonungslos in einen Herzensbund eingegriffen habe, mit allen daraus gegen den Reichskanzler gezogenen Angriffen definitiv zur Makulatur gelegt.

Holla«-.

Haag, 25. Febr. Das Befinden des König» ist weniger zu­friedenstellend. Die Besserung schreitet nur gering vorwärts, der Kräftezustand hat sich noch nicht gehoben. Zusolge Berichten de»N. N." aus Schloß Loo wird das Ableben des Königs jeden Augenblick erwartet.

Rußland.

Ueber die Lage der Deutschen in den russischen Ostseeprovinzen gehen derVoss. Ztg." folgende Mitteilungen zu: Es gibt kaum einen Beruf mehr, der nicht die Folgen der rücksichtslosen Russifizierung verspürte. Was aber gegenwärtig in den deutschen Schulen vorgeht, spottet jeder Beschreibung. Die Russifizierung in offiziellem Sinn macht täglich neue Fortschritte, die allgemeine Bildung aber täglich Rück­schritte. Ein Unterricht, wie er jetzt in den baltischen Mittelschulen den nicht Russisch verstehenden Schülern erteilt wird, muß schon an und für sich zu bedauernswerten Resultaten für die Heranwachsende Generation führen, und nun gar, wenn, wie es doch Thatsache ist, auf russischen Universitäten gebildete Lehrer, mit vereinzelten Ausnahmen, nur sehr geringes Verständnis für Päda­gogik besitzen. Die deutsche Presse wird stiller und stiller, und ganz unbe­gründet dürste das Gerücht, daß Maßnahmen zu ihrer Zähmung, vielleicht sogar die Unterdrückung einzelner Organe geplant werden, nicht sein. Die von der russischen Partei subventionierteDüna-Ztg." in Riga untergräbt mit unerhörter Schamlosigkeit die Achtung vor Allem, was deutsch ist, und wie groß die Erbitterung der Deutschen, geht aus der Thatsache hervor, daß der Redakteur und die Mitarbeiter des Blattes sich nicht öffentlich zeigen können, ohne insultiert zu werden. Mit der Durchführung der Justizresorm, die noch in dieser Session des Reichsrats zur Beratung gelangt, erlangt die Regierung so ziemlich alles, was sie mit so wenig wählerischen Mitteln an­strebte. Die baltischen Gerichte werden den Apellhöfen in Petersburg und Wilna untergeordnet und damit ist auch schon gesagt, daß die ganze Geschäfts­führung und die Gerichtssprache ausschließlich russisch sein muß. Unter solchen Umständen wird die Universität Dorpat mit jedem Tage überflüssiger, d. h. vom russischen Standpunkte. Da sie keine russisch sprechenden Juristen und Philologen ausbilden kann, bleiben nur Mediziner und Theologen.

G ages-Werrigkeiten.

Auf den 1. April d. I. wird auf den württembergischen Staats­eisenbahnen ein neuer Viehtarif eingeführt werden, der u. a. die Bestimmung enthält, daß für einzelne zur Beförderung in gewöhnlichen Wogen aufgegebene Stücke Zuchtvieh nur zwei Drittel der sonst üblichen Texen erhoben werden, wenn die Bescheinigung darüber beigebracht wird, daß das betreffende Vieh wirklich Zuchtvieh ist. Zur Erteilung dieser Bescheinigung sind die Vorstände der landwirtschaftlichen Bezirksvereine, sowie die Ortsvorsteher zuständig.

DerS ch w äb. Merkur" teilt mit, daß er vom 1. März an täglich zweimal erscheinen wird. Das bisher 2 Uhr nachmittags ausgegebene Blatt wird als Morgenblatt vormittags 11 Uhr, das Abendblatt abends 6 Uhr ausgegeben. Das Vorausdatieren hört auf: jedes Blatt wird da» Datum des Tage», an dem es ausgegeben wird, tragen. Auch dasNeue Tagblatt" wird von diesem Zeitpunkt an zweimal täglich erscheinen.

In Ludwigsburg hörte in der Nacht vom 22. auf 23. d. Amtsanwalt Schüle beim Nachhausekommen jemanden in seiner Wohnung und fand bei näherem Nachsehen, daß ein nächtlicher Besucher seine ganze Garde­robe unter dem Parterrefenster zum Mitnehmen parat gelegt hatte. Im Zimmer stand ein Mann, den er sofort dingfest machte und mit Unterstützung einiger herbeigerufener Herren auf die Polizeiwache führte. Dort wurde dieser als der wegen Diebstahls öfter« bestrafte Taglöhner Christian Schlitter von Poppenweiler erkannt.

Backnang, 25. Febr. Unserem verehrten Stadtvorstand und Abg. Gock passierte gestern abend ein bedauerlicher Unglücksfall! Er hatte mit seiner Familie eine Schlittevpartie nach Winnenden gemacht und geriet in der dunklen Nacht bei der Rückfahrt in der Nähe von Herdmannsweiler auf einen Steinhaufen. Bet dem Versuche, vor dem Umfallen des Schlittens noch auszusteigen, drückte ihm die Deichsel den linken Fuß unterhalb de» Knies ab. Zum Glück ist der Beinbruch ein gutartiger. Heute abend hält der Gewerbeverein im Adler eine Besprechung, bei welcher die einzu­richtende Beleuchtung der Stadt, vielleicht die Errichtung einer Gasanstalt, als Thema aufgestellt ist. Schw. M.

Lauffen a. N., 22. Febr.Man muß jede Gelegenheit benützen, um ein Profitchen zu machen." Co dachte offenbar ein jüdischer Handels­mann aus dem benachbarten Thalheim, der, als ihm der hiesige Postbeamte aus Scherz auf ein Rind ein Angebot machte, ohne weiteres einschlug. Der verblüffte Käufer wußte natürlich mit seinem erhandelten Wiederkäuer nichts anzufangen und war froh, mit Drangabe von 10 vsi denselben wieder an seinen früheren Besitzer abtreten zu können.

Ebingen, 24. Febr. Noch trennen uns nur mehr 5 Tage vom Frühlingsmonat und fußhoch liegt der Schnee wieder in den Straßen der Stadt, meterhoch auf den uns umgebenden Höhen der Alb und des Heubergs. Täglich verdichtet sich die Schneedecke, so daß immer aufs Neue der Bahn­schlitten eingespannt werden muß. Dabei ist die Temperatur in den beiden letzten Nächten wieder auf 1315 Grad unter Null gesui ken. Natürlich macht sich sitzt Jung und Alt die Schlittenbahn zu Nutzen, so daß heute kaum noch ein verfügbarer Schlitten zu haben sein dürste. Auch die ge­wohnten Faschingsvergnügungen lösen sich der Reihe nach ab, die verschiedenen Vereine wetteifern hiebei in der Pflege heiterer Geselligkeit. Dagegen soll von einem öffentlichen Umzug diesmal Abstand genommen werden. Unsere Wasserleitung soweit sie in Betrieb gesetzt ist, bewährt sich vortrejflrch. Wenn auch in den letzten kalten Nächten da und dort ein Hausbesitzer noch sein Lehrgeld mit dem Ersatz einer in Folge Gefrierens gesprungenen Röhre zu bezahlen hatte, so herrscht doch nur Befriedigung oder höchstens ein stiller Neid derjenigrn Straßen- und Hausbewohner, bei welchen die Leitung noch nicht eingerichtet werden konnte. Bei gegenwärtiger Witterung ruhen die Arbeiten hierfür fast ganz, werden aber mrt Eintritt milderen Wetters sofort wieder ausgenommen werden.

Nachdem sie eine Strecke weit gegangen war, gestand sie sich, daß Otto sehr Recht gehabt hatte, ihr diesen Weg als schöner, als den anderen zu bezeichnen; er war uneben, aber wildromantisch und malerisch und führte an einer felsigen Schlucht entlang, durch welche ein Wildbach schäumend dahinbrauste.

Neben seinen landschaftlichen Reizen hatte er noch die angenehme Eigenschaft, ganz einsam zu sein. Adrienne begegnete keiner Menschenseele auf dem ganzen Wege. Endlich kam sie zu einer leichten Brücke, die über die Klippen gespannt und ganz mit Epheu umrankt war. Sie sah ziemlich alt und verfallen aus, als ob sie nie benützt würde, und dennoch hatte Otto ihr von keinem anderen Uebergangsmittel gesagt.

Adrienne schauderte, als sie in die Schlucht hinabschaute, die hier nicht nur sehr tief war, sondern aus welcher auch von beiden Setten die Felsenriffe spitz auf­ragten, während das Wasser tosend und rauschend dazwischen hindurchschoß. Ein Grauen erfaßte sie bei dem Gedanken an das Geschick Desjenigm, der das Unglück haben würde, hier hinabzustürzen; er mußte an diesen furchtbaren Felsenriffen er­barmungslos zerschellen.

Lion, komm hierher!" rief sie ihrem Hund, der zurückgeblieben war, zu. Das Thier kam in Sprüngen herbei; an der Brücke aber blieb es stehen, setzte seine Vorderfüße vorsichtig auf die morschen Bretter, drehte sich dann zurück und schaute sie mit einem fast menschlich klugen, wie fragenden Blick in seinen großen, braunen Augen an.

Vorwärts," kommandierte sie und schickte sich an, zu folgen; aber gerade, als der Hund in der Mitte der Brücke angelangt war, stürzte er mit einigen Holz­stücken in die Tiefe. Mit einem Schrei taumelte Adrienne zurück und einen Moment dunkelte es ihr vor den Augen. Welch einer Gefahr war sie entronnen!

Ein glücklicher Zufall hatte das treue Tier mitten in die schäumenden Fluten stürzen lassen, aus denen es sich bald wieder herausgearbeitet hatte und schweif­wedelnd auf seine Herrin zugesprungen kam, die, noch zitternd vor Aufregung, eS f. endig begrüßte.

Dieser Zwischenfall hatte Adrienne alle Lust an dem beabsichtigten Ausflug genommen, und sie beschloß, ohne Weiteres umzukehren.

Gedankenvoll trat Adrienne den Heimweg an, denn ein seltsamer Zweifel be­schlich ihre Seele. So unschuldsvoll und arglos sie auch war, fehlte es ihr doch keineswegs an Scharfsinn und es fiel ihr ein, daß Otto Lynwood gewußt haben mußte, daß die Brücke gefährlich sei. Wie, wenn sie anstatt des Hundes zuerst hin­übergegangen wäre!

Sie fühlte sich wie zerschmettert bei diesem Gedanken und bemühte sich nach Kräften, sich desselben zu entschlagen. Aber wie sehr sie auch dagegen ankämpste, sie vermochte das Mißtrauen nicht mehr aus ihrer Seele bannen.

Ganz nahe von Lynwood-Hall begegnete ihr Otto und Lionel Egerton, und es fiel ihr auf, daß der Erstcre, sobald er sie erblickte, leichenblaß wurde und scheu zur Erde blickte.

Lionel bemerke das nicht, denn seine Blicke waren auf Lady Lynwood ge­richtet, die sich von ihrem Schreck noch nicht völlig erholt hatte und totenbleich war.

Fühlen Sie sich unwohl, Lady Lynwood?" fragte er.Sie sehen unge­wöhnlich blaß aus."

Ich bin so sehr erschrocken," entgegnete sie ernst und erzählte, was sie soeben erlebt hatte.

Sie sind wirklich mit knapper Mühe einem schrecklichen Tode entronnen- Die Brücke ist seü zehn Jahren außer Gebrauch und eS giebt Niemanden, der das nicht wüßte. In der ganzen Gegend. Sie wurde nur aus dem Gmnde nicht demo­liert, weil sie so malerisch aussieht und weil ganz unweit davon unterhalb der Fel­sen an denen auch der eigentliche Weg nach den Dene-Wäldern vorüberführt, eine feste Steinbrücke erbaut ist."

Ich wußte das nicht," sagte Adrienne, Otto fest anschauend.Mir wurde gesagt, daß ich über die Brücke gehen sollte, und da von einer zweiten Brücke Nicht- erwähnt wurde, ahnte ich selbstverständlich nicht, daß eine solche vorhanden sei.

(Fortsetzung folgt.)

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