8;. Jahrgang.

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drei? vierteljährlich »irr l mit Träger- lohn 1.20 im Bezirks» und 10 Km-Bertehr 1.28 im übrige» Württemberg 1.38 NouatSabouuementS »ach BerhältAtS.

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Jevnfprecher Wr. 29.

Jerrrspvecher Hkr. 29.

Auflage 2600-

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Mit dem Plauderftübchc» und

Gchwäb. Laub»irr.

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Ei« Ha«sei«sturz. Drei Tote, fünf Schwerverletzte.

r. Stuttgart, 15. Okt. In einem v i e r st ö ck i g e n N e u b a u am Hinteren Teile des Platzes der ehemaligen Legionskaserne ist heute nachm. '/«4 Uhr im obersten Stockwerke das eiserne Traggerüst der Decke dieses Stockwerks durchgebrorheu uud hat alle 4 Stockwerke durchschlage«, so daß die ganze innere Einrichtung zertümmert worden ist, während die massiven Außenmauern stehen geblieben sind. Nur ein­zelne daraus hervorragende starke eiserne TBalken jlafsen von außen das Unglück erkennen. Der Neubau war im Augen­blick der Katastrophe mit Arbeitern besetzt, so daß eine An­zahl von ihnen verunglückt sind, deren Zahl sich jedoch noch nicht angeden läßt. Bisher find zwei Tote aus den Trümmern hervorgezogcn worden, desgleichen eiuige Ver­letzte; andere Arbeiter befinden sich aber noch unter den Trümmern. Die Verunglückten werden alle in einen Schuppen gebracht. Eine starke Rettungskolonne, Schutzmannschast, verufsfeuerwehr, Sanitätsmannschaften u. a. befinden sich an der Unglücksstätte, die von einer großen Menschenmenge umsäumt ist.

r. Stuttgart, 15. Okt. Zu dem schweren Unglück in dem vierstöckigen Neubau der Firma Bihl L Woltz auf dem Platz der ehemaligen Legionskaserne berichtet uns ein Augenzeuge noch folgendes: Um °/«4 Uhr, kurz bevor die Arbeiter zum Vesper den Bau verlassen wollten, brach im Dachstock des Rohbaues die oberste Deckenkonstruktion zusammen. Mit einem donnernden Knall durchschlugen Eisen- und Betonmassen von Decke zu Decke das ganze Bauwerk. Mächtige Staubwolken drangen aus allen Fen­stern des Neubaues heraus uud entsetzt flüchteten sich alle Arbeiter zum Teil unter Benützung des Gerüstes, das vor dem Neubau aufgeschlagen ist. Die mächtigen eisernen ll?-Balken wurden wie Strohhalme gebogen und bilden in den unteren Geschossen mit Holz- und Steinmassen einen wirren Trümmerhaufen. Von sachverständiger Seite wird uns mitgeteilt, daß die Entstehungsnrsache des Un­glücks darin zu suchen sein dürfte, daß ein Mauerpfeiler nicht genügend gesichert war und sich deshalb gedreht hat, wodurch die obere Konstruktion ansgelöst wurde und her­untergefallen.

Auf der Unglücksstätte werden zur Zeit (abends 6 Uhr) mir Fackeln alle Gelasse abgesucht, zu denen der Eintritt nicht durch eiserne Balken gesperrt ist. Es ist eine müh­same Arbeit, m deu Bau etnzudringen, da vorher Teile der Eisenkonstruktion durchgesägt werden müssen. Ins Keller­geschoß ist man durch eine Lücke eingedrungen. Man sucht hier nach den noch vermißten Arbeitern. Zur Zeit des Un­glücks waren etwa 15 Arbeiter im Innern des Baues be­schäftigt. z find um 6 Uhr als Tote geborgen gewesen, S wurden als Schwerverletzte ins Katharinenhospital geschafft. Eine Reihe leichter Verletzter wurden in einer Holzhütte, die sich auf dem Bauplatz befindet, verbunden. Eine starke Sanitätskolonne mit verschiedenen Aerzlen ist noch auf dem Platze tätig 3 Arbeiter werden noch vermißt.

Um '/,? Uhr find die Rettungsa.beiten eingestellt worden, da es sich herausgestellt hat, daß nur noch ein Mann sich unter den Trümmern befinden kann. Dieser wurde soweit freigemacht, daß der Arzt den Tod feststellen konnte. Die Fortsetzung der Arbeiten während der Nacht unterbleibt wegen der Gefährlichkeit der Lage. Von gut­unterrichteter Seite wird uns ferner mitgeteilt, daß die bau- ausführende^Firma Bihl und Woltz die Berechnungen zu der Betoneisenkonstruktion', nachdem ihr diese von einer Stutt­garter Firma als zu schwer berechnet erschienen waren, an einen Berliner Unternehmer gab, der den Jnnenbau ausge­führt hat. Der Schaden soll sich nach dem Urteil von Sachverständigen auf etwa 50000°^ belaufen. Ander Mlücksstätte haben sich im Laufe des Abends eingefunden: AErstaatsanwalt Faber, Oberbürgermeister v. Gauß. Hof­direktor Nickel sowie der Minister des Innern v. Pischek.

. Der ganze Platz ist polizeilich gesperrt.

VoMische Meöerfichl.

- -er Mannheimer Sozialdemr

krateu erklärt den Antrag auf Ausschluß der Genosse Dr. Frank und Kolb aus der Partei wegen ihrer Teil nähme an der Beerdigung des Großherzogs von Bade für legendär. Diese Behauptung stimmt jedenfalls nich Der Antrag war zum mindesten vorbereitet. Möglich abei daß er schleunigst zurückgezogen wurde, als man di Wirkung in der Presse sah. Man fürchtet jetzt den Fluc der Lächerlichkeit und Hilst sich mit einem Dementi.

Magold, Mittwoch den 16. Aittoöer

Staatssekretär Dernbnrz hat am Sonntag von Dar-es-Salcam aus die Heimreise angetreten. Am Abend vorher hielt er auf einem Abschiedsfest eine Rede in der er erklärte, die Regierung werde alles, was in ihrer Macht stehe, für die kommerzielle Erschließung des Schutzgebiets tun. Er habe sich von dem Wert der Kolonie und dem Reichtum ihrer natürlichen Hilfsquellen überzeugt. Was das Schutzgebiet geworden sei, danke es nicht zum kleinsten Teil der Arbeit der vier hier tätigen Berufsstände: der Beamten, der Missionare beider Konfessionen, der Kaufleute und der Pflanzer. Die Leistungen seien um so mehr aner­kennenswert, als sie unter nach jeder Richtung sehr schwierigen äußeren Verhältnissen vor sich gingen, was die Regierung nicht vergessen werde.

Der Sultan von Marokko soll im Verlauf einer Unterredung mit dem französischen Gesandten sein lebhaftes Bedauern über die Vorgänge in Udschda ausgesprochen und erklärt haben, die Franzosen seien bei Ausführung ihrer Bergeltungsmaßregeln vollkommen im Recht. Weniger resig­niert klingt, was der Sultan dem Korrespondenten des Reuterschen Bureaus gegenüber erklärt haben soll. Dort heißt es, der Sultan erklärte, er sei naturgemäß beunruhigt über die Lage des Landes, hoffe aber, daß guter Wille die Krisis siegreich überwinden und er imstand sein werde, die gewünschten Reformen ins Werk zu setzen. Wenn die fran­zösischen Streitkräfte ohne Säumen das Land verließen, so bürge er dafür, daß die Schauja-Stämme eine friedliche Haltung bewahren würden, wenn die Truppen aber im Land blieben, so fürchte er ein beständiges Wiederausflackern der national,.« Leidenschaften. Die Abgesandten des Gegen­sultans Muley Hafid sind bereits in London eingetroffen. Sie wollen beim König durchsetzen, daß England Muley Hafids Souveränität über ganz Marokko anerkennt. Die Abgesandten sagen, sie Haffen die Franzosen; sie würden sogar Deutschland Frankreich vorziehen. Von London reisen sie nach Berlin und Rom; dagegen wird Paris nicht besucht. Die Mahalla von Sitat, die von Muley Hafid befehligt wird, hat die Eingeborenenstämme, die sich unterworfen haben, ausgeplündert.

Nach de» »eneste» Meldungen ans Marokko

zeigen sich die Patrouillen der zweiten Mahalla Muley Hafids bereits bis 10 Kilometer vor Casablanca. Die in London eingetroffenen Abgesandten Muley Hafids sprachen dort am Montag auf dem Auswärtigen Amt vor, wurden aber nicht empfangen. Auch beim König wird es ihnen nicht bester gehen.

Japan schränkt wegen der astatenfeindlichen Bewegung in Amerika die Auswanderung ein, indem es eine Kaution von 50 000 Jen von den Auswanderungsgesellschaften ver­langt. Sechs Gesellschaften wurden infolgedessen aufgelöst. Die Regierung verfügte weiter, daß keine Gesellschaft mehr als 35 Personen monatlich nach Hawai bringen darf.

Einführung des Kronprinze« in die Zivilverwaltnng.

Berlin, 14. Okt. Der Kronprinz hat den Wunsch geäußert, die Zivil-Verwaltung des Staates in umfaffender Weise kennen zu lernen. Auf diesen Wunsch hat der Kaiser durch Kabinettsorder vom 7. Oktober d. Js. die Genehmigung zur Beschäftigung des Kronprinzen im Ministerium des Innern für die Dauer eines Jahres unter Befreiung des­selben von militärischen Dienstleistungen während dieser Zeit genehmigt und die Einführung des Kronprinzen in die zivildtenstlichen Geschäfte dem Minister des Innern von Moltke, unter Billigung des von diesem ausgestellten Be- schäftigungSplanes übertragen. In dem Programm ist vor­gesorgt, daß dem Kronprinzen in alle wichtigeren Zweige des inneren Staatsdienstes ein eingehender Einblick gewährt wird. Neben eigener praktischer Betätigung bei der Bear­beitung ausgewählter Geschäftssachen und der Teilnahme an wichtigeren Ministerialvorträgcn, gelegentlichen Befich- tigungen usw. werden Vorträge einhergehen, die dem Kron­prinzen von Vertretern der Wissenschaft und Männern der Praxis in steter Anlehnung an den Fortschritt seiner Tätig­keit gehalten werden. Der Kronprinz hat seine neue Be­schäftigung schon heute ausgenommen.

Württemberg und das Vereins- «nd Versamm- lnngsrecht.

Stuttgart, 14. Okt. Zu der Frage, ob Württemberg auf dem Gebiet des Vereins- und Versammlungsrechts gegenüber der Reichsgesetzgebung ein auf mündlichem Ver­sprechungen beruhendes Reservatrecht besitzt, äußert sich- der frühere württembergische Ministerpräsident Frhr. v. Mitt­nacht in einer an denSchwäb. Merk." aus Friedrichs­hafen gerichteten Zuschrift folgendermaßen:

ISO»

In verschiedenen Blättern hat neuerdings die Nach­

richt Eingang gesunde«, es sei im Jahre 1870 bei der Reichsgründung von Preußen das mündliche Versprechen gegeben worden, daß kein Reichsvereins- und Versammlungs­gesetz jemals die württembergische Ordnung außer Kraft setzen würde. Diese Nachricht ist durchaus unbegründet. Es war der württembergische Minister, der schon bei den mündlichen Besprechungen im September 1870 im Anschluß an ein früheres Benehmen mit seinen Stuttgarter Kollegen die Ausdehnung der Bundeskompetenz für das Preß-und Vereinswesen ohne Beifügung eines Vorbehalts für Wmt- tembcrg zur Sprache brachte und bei der nachgefolgtewEr- örterung dann in der gleichen Weise wie die bayerischen Minister und der Präsident des Bundeskanzleramts, Del­brück, für jene Ausdehnung sich erklärte. Bei den späteren Versailler Verhandlungen nahm der württembergische Mi­nister die gleiche Haltnng ein. Es wurde dort die Frage als mit den süddeutschen Königreichen abgemacht behandelt und weitere Verhandlungen über den Gegenstand haben mit deu württembergische» Bevollmächtigten weder in Versailles noch in Berlin stattgefunden. Ein mündliches Versprechen Preußens haben sie ni cht verlangt und nicht erhalten."

Hages-Hleuigkeiten.

Aus Stadt Md Land.

Nagold, 1«. Oktober.

Verjährungen. Am 31. Dezember verjähren die meisten Forderungen, welche im Jahre 1905 entstanden stnd. Da die bei den Gerichten gegen Jahresschluß ver­mehrte Geschäftslast die rechtzeitige Erledigung der in den letzten Tagen des Jahres eingereichten Anträge zweifelhaft macht, empfiehlt es sich, derartige Forderungen in Bälde geltend zu machen. _

r. Dornftette», 15. Okt. Im hiesigen Postschalter wurden auf einem Stück Karton folgende Zeilen entdeckt: Liebe liebe Mama! Hol mich bald; ich bin brav. Amen." Die Zeilen rühren wahrscheinlich von einem hier zu Besuch weilenden Kinde her. Vielleicht trägt ihre Veröffentlichung dazu bei, dieliebe Mama" auf den Wunsch des kleinen Wichts, der ihm wohl vom Heimweh diktiert wurde, auf­merksam zu machen.

Stuttgart, 15. Okt. In einem Hotel hat sich gestern ein Beamter erschossen.

Ueber den Stand der Arbeite« auf der Brand­stätte Darms heim teilt Baurat Roller mit, daß von den geschädigten 54 Gebäudebefitzern mit über 100 abgebrannten Haupt- und Nebengebäuden 31 wieder auf dem Braudplatz bauen, 14 bauen ihr Anwesen an bestehende oder außerhalb der Brandstätte neu herzustellende Straßen, 2 haben ältere Häuser gekauft und 7 betagte Männer oder arme Witwen wollen nicht mehr bauen. Bis jetzt find 5 Häuser aufge­richtet und einige andere kommen in den nächsten Tagen an die Reihe. Auf der Brandstätte waren die Häuser so eng zusammengebaut, daß der landwirtschaftliche Betrieb dort insbesondere zur Erntezeit sehr schwierig war. Zur Be­seitigung der Mißstände find demnach 2 neue Ortsstraßen durch die Baublöcke gelegt und auch die bestehenden Straßen wesentlich erbreitert worden. Bei der Neuausstellung der Bauplätze kamen hierdurch die Gebäude auf vollständig andere Grundflächen zu stehen, so daß die alten Grund­mauern und Keller nicht mehr benutzt werden können, wodurch den Abgebrannten ei« Schaden entsteht, der sich für ein Gebäude auf 800 bis 1500 ^ beläuft. Für die Gemeinde find die zu bringenden Opfer wesentlich größer. Die Ab- räumungsarbeiten erforderten einen Aufwand von 1600 die Grunderwerbung für die neuen Straßen und Lager­plätze kostete 22000 die Straßenbauten samt Kaudeln und Dohlen kosten 8500 ^ und die Wasserleitung wird auf 80 000 ^ zu stehen kommen. Mit den früheren Ge­meindeschulden von 24000 wird die Gemeinde also in Kürze eine Schuldenlast von 150 000 ^ haben, was bei 200 Familien (Fabrikanweseu find keine vorhanden) natür­lich ganz wesentlich ins Gewicht fällt. Es wäre demnach erwünscht, daß die öffentliche Wohltätigkeit für Darmsheim noch mehr als bisher einsetzeu würde.

r. Mühlacker, 14. Ott. Im nahen Eutingen brachte die etwa 20 Jahre alte Karoline Kiudsvogel den linken Fuß in die Dreschmaschine, welcher auch vollständig weg- geriffen wurde, was nach kurzer Zeit den Tod des Mäd­chens herbeiführte. Das bedauernswerte Mädchen war die Stütze hochbetagter Eltern.

r. Kirchheim u. T., 12. Okt. In Ochsenwang machte sich heute früh Andreas Dangel an seiner im Gang befind-