«1. Jahrgang.
Auflage 2600.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger« ishu 1.20 im Bezirks« und 10 in»-Verkehr r,2?> im übrige» Württemberg 1.SL MonatsabonuemmtS nach Verhältnis.
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Mit dem Plauderstübchr» und
Echwäb. Laudwtrt.
N«Mchee.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eines Fortbildungskurses für Hufschmiede in Ulm.
- Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird in der Zeit vom 9. bis 14. Dezember 1907 an der Lehrwerkstätte sür Hufschmiede in Ulm ein sechstägiger Fortbildungskurs sür geprüfte Hufschmiede abgehalten werde».
Bei demselben werden nicht bloß die Hauptlehren des Hufbeschlags mit besonderer Berücksichtigung der am häufigsten vorkommenden Beschlagsfehler wiederholt und die Krankheiten der Hufe samt ihrer Beschlagsbehandlung besprochen, sondern es wird besonders auch die Anfertigung neuer und erprobter Kureisen und die Herstellung eines modernen und zweckmäßigen Winterbeschlags praktisch geübt.
Der Unterricht, welcher von dem Tierarzt, Stabsveterinär Dr. Lutz in Ulm und dem Lehrschmied Jehle daselbst erteilt wird, ist unentgeltlich. Außerdem wird jedem Teilnehmer ein Beitrag zu den Aufenthaltskosten in Höhe von 15 ^ neben dem Ersatz der Kosten der Eisenbahnfahrt (Rückfahrkarte 3. Klaffe) gewährt.
Die Zahl der Kursteilnehmer ist auf sechs festgesetzt.
Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind unter Vorlage des Prüfungszeugniffes sowie eines Leumundszeugnisses spätestens bis 15. November d. I. beim Sekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft einzureichen.
Stuttgart, den 25. September 1907.
I. V.: Krais.
Am 11. Okt. ist von der Evangelischen Oberschulbehörde die 1. Schulstelle in Sehrhausen, Bez. Nellingen (Blaubeuren), dem Schullehrer Schnitzler in Mötzingrn, die 1. Schulstelle in Unterjettingen dem Schullehrer Strohmater i« OberdigiSheim, Bez. Truchtelfingen (Balingen), übertragen worden.
Bei den an den Realgymnasien abgeh rltensn Reifeprüfungen hat u. a. das Zeugnis der Reife erlangt: Schauwecker, Ludwig, S d verst. ObersörsterS in Wildberg.
WoMische Webersicht.
Grotzherzog Friedrich II« von Bade» richtete die folgende Kundgebung an das Land: „In dem unermeßlichen Schmerz, der mir und den Meinen durch den Heimgang meines in Gott ruhenden innigstgeliebten Vaters, des Großherzogs Friedrich, auferlegt wurde, ist es für mich ein aufrichtendes und tröstendes Bewußtsein, mich eins zu wissen mit meinem Volk in dem Gefühl der tiefen Trauer um den Verewigten und in der unbegrenzten unauslöschlichen Ehrfurcht und Dankbarkett, die wir ihm bewahren. Diese Trauer hat in allen Kreisen des Volks und in allen Kreisen des Landes, in Mainau und in Konstanz, bei der unver-
Hlagold, Montag den 14. Oktober
gleichlichen Fahrt durch die geliebte Heimat, bei dem Zug
durch die getreue Haupt- und Residenzstadt zur Schloßkirche, wo dann Tausende dem hohen Verklärten den letzten Gruß andachtsvoll därbrachten, und endlich bei der Beisetzungs- feier selbst einen ergreifenden und überwältigenden Ausdruck gefunden. Ich bin außerstand, zu sagen, wie tief im Innern ich alle diese Kundgebungen empfinde. Ich erfülle eine teure Pflicht, indem ich meinem treuen Volk für diese Teilnahme bewegten Herzens den innigsten und wärmsten Dank ausspreche. Es soll mein ernstes Bestreben sein, die unserm hohen Heimgegangenen dargebrachte Liebe zu vergelten, indem ich trachten werde, seinem Beispiel zu folgen. Dazu wolle Gott mir helfen! Möge der Geist Großherzog Friedrichs allezeit in Segen über dem Land walten, dem er über ein halbes Jahrhundert ein Vater gewesen ist."
Gegen die Schnüffler in de« Stenerrolle«
wendet sich eine ungemein nachahmenswerte Verfügung des preußischen Finanzministeriums, die u. a. feststellt, daß aus dem Inhalt der öffentlich ausgelegten Gewerbesteuerrollen des öftern unbefugter Weise von Einstchtnehmern förmliche Listen über die Veranlagung der Gewerbebetriebe angefertigt, öffentlich verbreitet wurden usw. Um diesen Mißständen zu steuern, regt der Minister an, daß die Einsicht in die Steuerrollen nur denjenigen gestattet werden soll, die sich als Inhaber oder Gesellschafter eines in dem Veranlagungsbezirk steuerpflichtigen Betriebs gehörig auswersen. Ferner soll in jedem Fall, wo der Einstchtnehmende durch Entnahme von Abschriften oder umfangreichen Notizen den begründeten Verdacht der beabsichtigten mißbräuchlichen Benutzung deS Inhalts der Rolle erregt, derartigen Versuchen in geeigneter Weise entgegentreten werden.
Staatssekretär Dernbnrg hat am Mittwoch die deutsch-ostafrikanische Bahn Dar-es-Salaam-Morogoro befahren, deren Gleise erst vor kurzem bis zur Endstation Morogoro durchgelegt worden sind. Nach Beendigung der Fahrt führte Dernbnrg in einer Rede aus, die Bahn sei gebaut worden, trotzdem sich dem Unternehmen viele Schwierigkeiten in den Weg gestellt hatten. Ob sie über ihren jetzigen Endpunkt hinaus fortgesetzt wird, ist in erster Linie abhängig von der Entscheidung der gesetzgebenden Faktoren, der wir nicht vorgreifen können. Eines aber läßt sich ohne weiteres sagen, nämlich, daß ohne Bahnbauten die Erschließung einer Kolonie ebensowenig möglich ist, wie die Entnahme des Inhalts einer verkorkten Flasche oder die Hebung unterirdischer Schätze des Bodens ohne Senkung eines Schachtes. Deshalb sei der Einwand gegen den Bau der Kolonialbahnen, daß man sie nicht bauen könne, ohne Vorhandensein eines festen Verkehrs, hinfällig. Das Beispiel Muansas zeige, wie die Kolonialbahnen wirkten: Vorher ein toter Platz, habe es einen blühenden Handel, seitdem eine Bahn, wenn auch nicht eine deutsche, zum Vtktoriasee führe. Die Kolonie solle nicht vergeffen, welche Wohltat
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ihr das Mutterland durch den Bau der heute befahrenen
Bahn erwiesen habe.
Die neneste» Meldungen ans Marokko berichten über ein neues Scharmützel in der Nähe von Udjda. Der Stamm, der am 7. d. M. eine französische Erkundungsabteilung angriff, wurde solange beschossen, bis man die am 7. Oktober gefallenen Soldaten für genügend gerächt hielt. Man merkt also bereits die Wirkung der kriegSministerlichen Anweisung. — Wie aus Oran gemeldet wird, find 20 französische Kamelreiter im Erg-Gebiet von Arabern angegriffen worden. Der Kampf dauerte den ganzen Vormittag. Die beiderseitigen Verluste sind gering. — Die spanisch-französischen Differenzen sucht man jetzt auch an spanischen amtlichen Stellen als übertrieben und meist bedeutungslos darzustellen. Welche Stimmung indessen m der spanischen Presse und Bevölkerung gegen Frankreich herrscht, ersteht man aus einem Artikel der „Espanna Nueva , in dem Frankreich beschuldigt wird, Marokko als seine persönliche Beute zu betrachten. .Das Zusammenarbeiten beider Länder könne angesichts ihrer widerstreitenden Interessen zu keinem Ergebnis führen, und sie täten deshalb besser, die Gemeinschaft aufzulösen.
Gages-Weuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold. 14. Oktober.
L Die Grabanlage und die Kapelle für die Opfer des Hirscheinsturzes fanden gestern nachmittag ihre feierliche, öffentliche Einweihung. Eine große Menschenmenge hatte sich zu derselben aus dem Friedhof eingefunden. Der gemeinsam gesungene Choral: „Jesus, meine Zuverficht" leitete die erhebende Feier ein, deren Mittelpunkt die er- gretfende Rede des Herrn Deka» Römer bildete. Wir geben nur den wesentlichsten Inhalt derselben hier wieder: In dem Schmerz, der uns seit jeuLM<A. AprilMOO jedesmal durchzuckt, wenn wir diese Todesstätte betreten, suchen wir Frieden sür unsere Seelen. Dazu soll auch diese gemeinsame Grabesstätte und deren sinnreiche und künstlerische Ausstattung dienen. Ein Sohn unserer Stadt, Herr Regierungsbaumeister Schuster in Stuttgart, hat in treuer Anhänglichkeit dieses Grabdenkmal und seine Kapelle für die Stadt entworfen und geschaffen, indem er sich so recht in die durch das Unglück gegebene Stimmung und in die Verhältnisse unseres Kirchhofs hineinversetzte. Der Rat unserer Stadt hat sein Projekt dankbar angenommen und es in hochherziger Weise auf städtische Kosten ausführen lasten, lund Stadtbaumeister Lang hat über dessen Ausführung treu gewacht bis zu seiner Vollendung. Ihnen allen danken wir btlligerweise an diesem Tage. Nun ruhen sie alle hier beisammen, die miteinander unter dem Hirsch
Abendteuer
des Kntfpekter Wrcrefig
von Fritz Reuter.
(Forts»,«og.)
In verlegenen Verhältnissen bin ich immer kurz re- solvieri. ich geh also immer die Eiserbahn nach; ich geh bis es sttckdunkel is, komme aber endlich in eine brilljante Erleuchtung, denn sie hatten an diesen Abend die ganze Gasbeleuchtung angesteckt. Ich überlaß mich also dem erhebenden Eindruck dieses glänzenden Lichtschimmers und geh förfötsch weiter; ich geh aus das eine Tor 'raus, kehr um und geh aus das andere, und geh rechts und links und geh grad aus und wieder zurück und kann wohl sagen, ich habe mir an diesem Abend die ganze Gasbeleuchtung befehn mit Ausnahme von die Laternen auf den Schangdarmemnarkt, wo ich hin wollte. Ich frage einen späten Nachtwandler: „Wo ist der Schangdarmen-Markt?" - ,,„OH, der ist noch weit."" Und je mehr ich fragte, je mehr wurde er sehr wett, endlich sagte einer: „„Oh, der ist dicht dabei." — Dieser Balsam in meine Ohren versetzte mich in Freude, aber machte mir nicht unbesonnen; statt wieder in die Ungewißheit umherzulaufen, wo er wieder sehr weit werden konnte, setzte ich mich rittlings auf ein befindliches Treppengeländer mit dem Bewußtsein: „Du bist doch nun in der Nähe von deinem Gasthofe."
„So fitz' ich denn nun also, und ruh mir und danke meinem Schöpfer, daß er for dm Juni schöne lauwarme Nächte gestiftet hat, als ich eine Art von fröhlichen Skandal höre, der sich mir entgegen bewegt. „Das sind wilde Nachtflatterer," sage, ich zu mir und will schon aus dem Wege gehn, als mich eine Stimme sehr bekannt for kommt.
Ich bleibe also, und wissen Sie, wer sich mir in der Gasbeleuchtung offenbarte? — Trebonius mit die vier andern Oekonomiker. — „Trebonius", rufe ich, und er ficht mich an meinem Aufenthaltsort und ruft: „„Wahrhaftig, Unkel Bräfig!"" - „Still", sag' ich, „keinen Namen nennen!" — „„Was Deuwel!"" sagt er. „„Plagt er Euch, daß Ihr hier bei nachtschlafender Zeit auf ein Treppengeländer reitet?"" — „Je, das sagen Sie mau mal!" antwort' ich und erzähl' ihm, daß mich mein Gasthaus abhanden gekommen wäre. - „„Onkel Bräfig,"" sagt Pretorias... — „Still, um Gotteswillen" sag' ich. „Ich bin Levi Josephi aus Prcnzlau." — Erst kuckten Sie mir alle stumm an, und darauf brachen fie in ein hornoriges Gelächter aus. „„Wer seid Ihr?"" — „Levi Josephi aus Prenzlau," sag' ich, „und hier könnt Jhr's lesen; aber still um Gotteswtlleu wegen die geheimen Schleichwächter," und damit gebe ich ihnen meinen Paß. — Nun lachen sie denn wieder alle, und endlich ruft Pistorius: „Kinder", sagt er, „das ist 'ne Geschichte, die muß er uns erzählen." „„Ja"", sagt Trebonius, „„er muß mit in unserm Gasthofe."" — „Allens in der Welt," sag' ich, „aber nennt mir mit meinen polizeilichen Namen." — Und nun levi- josephiten sie mir vorn und levi-josephitcn sie mir hinten, daß mir grün und gelb vor den Augen wurde. „Herr Levi Josephi aus Prcnzlau," sagt Pistorius und präsentierte mir den Portier von das Gasthaus. „Ein Bett und ein Zimmer sor meinen Freund, Herrn Levi Josephi aus Prenzlau," kommandierte Trebonius einen Kellnöhr. — „Treten Sie ein, Herr Levi Josephi," sagte Livonius. — „„Setzen Sie sich, Herr Levi Josephi,"" sagt Colonius. — „Befehlen Sie noch etwas, Herr Levi Josephi?" fragte der Grasaff von Kellnöhr. —„„Nein, zum Deuwel!"" sag'ich. „„Halten Sie Ihr Maul!"" — Und alS.er weg ist, da muß ich denn
erzählen, wo ich zu dem Namen und wo ich auf das Treppengeländer zu reiten kam. Na, fie lachten denn nicht schlecht und meinten, der Bundesbruder wäre woll ein richtig Berliner Kind gewesen, der sich einmal ordentlich hätte satt essen wollen und sich in meine Uhr verliebt hätte. Endlich gingen die vier andern zu Bette und ich blieb noch eine Zeit lang mit Treboniufsen allein.
„Unkel Bräfig," sagt Trebonius, „Euer ganzes bedrängtes Verhältnis stammt sich aus Euerm baaren Geldmangel. Glaubt mich das zu! — Ein Mensch ohne Geld ist wie ein Schiff ohne Ballast, es fehlt ihm die Haltung."
— „„Trebonius"", sage ich, „„Ihr braucht nicht zu diese überflüssige Bemerkung ein Gesicht zu machen wie der Prediger Salomonis, das weiß ich allein."" — „Unkel Bräfig," sagt Trebonius, „Ihr habt mir in meinen unbemittelten Zeitumständeu oft mit Schuldendeckung und Vorschuß unter die Arme gegriffen und ich habe Euch in ein dankbares Gedächtnis. Woviel braucht Ihr?" — „„Habt Ihr denn was?"" frag' ich, denn ich wußte aus den Klagen seiner beiderseitigen Herrn Eltern, daß er man swach stand.
— „Ich?" fragte er und kuckte mir groß an. „Ich habe gestern an 2500 Taler für Wolle eingenommen, indem ich 7 Taler mehr pro Zentner erhalte als die übrigen — aber sprechen Sie nicht darüber — fax 3000 Taler Papps steht auf dem Felde, 4000 Taler liegen zu Hause in meinem Sekretähr, ohne die ausstehenden Forderungen. -^
_ (Fortsetzung folgt.)
Aus dr« Meggeudorsrr-Bliitter«. Schwierig» Lache. Redakteur: .Und da» sollt» Liebesgedichte sein?* Dichterling (resigniert) „Ja, sehn S', Herr Redakteur, wenn ich Liebesgedichte mach', fitzt immer smrine Alt» dabei!* Glaubhaft. Mann: „Du solltest doch darauf achten, daß die Köchin nicht alles so mit den Händen anfaßt.* Frau: „Dal geht nicht, Männchen. Ohne Hände kann eine Köchin nun einmal nicht arbeiten *