8§. Jahrgang.

Auflage 2600.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Vsnn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger« lshn 1.20 im Bezirks« und 10 km-Brrlehr 1.28 »«, inr übrige» Württemberg 1.38 Monatsaboanements «ach BerhältrrjS.

Der Krskllslhilsttl.

L>Is- M LiM-M stl de« AbllMls-SeM A«j>ck.

Jevnspvechev Wr. 29.

Kernspvechev Nv. 29.

Anzeigen-Tebühr f. d. Ispalt. Zelle aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabati.

Mit dem Plauderstübchr» und

Gchwäb. Landwirt.

234

Hlagotd, Samstag den 5. Aktoöer

1907

Zum Tode des Großherzogs von Baden.

Karlsruhe 3. Okt. Tausende pilgern heute zur Schloßkirche. EhrfurchtsvM und still tritt das Volk noch einmal vor seinen Großherzog. Wie aus Stein gehauen, unbeweglich starr, steht die Ehrenwache an des Fürsten Leiche. Um 5 Uhr umrden die Türen der Schloßkirche geschlossen. Um 7 Uhr versammelte sich die großherzogliche Familie zu einem kurzen GottesdiMst, bei dem Hofprediger Fischer eine Ansprache hielt. Die Anordnungen für die Beifetzungs- feierlichketten sind nunmehr getroffen worden. Der Trauer- zug nach dem Mausoleum, das im Hirschpark gelegen ist, wird eine Stunde dauern. Das Mausoleum ist so klein, daß nur die Fürstlichkeiten es betreten können. Der Kaiser wird erst am Montag hier eintreffen.

Am nächsten Sonntag den 6. Oktober finden in den katholischen Kirchen des badischen Landes Trauergottes­dienste statt, bei denen ein Hirtenschreiben des Erzbischofs verlesen werden soll. Das Schreiben gibt dem Schmerz und der Trauer über den unersetzlichen Verlust, den das Badener Land und Volk durch den Tod des Großherzogs erlitten habe, Ausdruck, würdigt die vortrefflichen Regenten- eigenschasten des Verewigten und fordert die Gläubigen auf, die Liebe und Anhänglichkeit auf den nunmehrigen Großherzog zu übertragen.

Berlin, 3. Okt. In der heutigen Plenarsitzung des Bundesrats gedachte der Vorsitzende, Staatssekretär des Innern Dr. v. Bethmann-Hollweg, mit bewegten Worten des Hm sch ei »Ms des Großherzogs von Baden und gab der tiefen Trauer des Bundesrats Ausdruck über diesen das gesamte deutsche Vaterland schwer treffenden Verlust. Der Bundesrat beschloß, zu den Beisetz nngsfeierlichketten in Karls­ruhe eine Abordnung zu entsenden, deren Führung der Reichskanzler Vernimmt.

* »

*

Der Großherzog u»d Berthold Auerbach.

Wir veröffentlichen heute einen bisher wohl unbekannten Brief Berthold Auerbachs aus dem Jahre 1881, der derN. M. Lz." von einem Freund des Blattes zur Ver­fügung gestellt wurde. Der Brief ist an eine hochsinnige Freundin AueEachs gerichtet, die inzwischen ebenfalls ver­storbene Frau-Dr. Ratzel Adler in Worms, die dem Dichter derSchwarzwatdgeschichten" freundschaftlich nahe stand. Der Brief ist doppelt bemerkenswert, weil er einen interes­santen Besuch bei Berthold Auerbach schildert und dann, weil aus ihm so recht die wahrhaft vornehme Herzens freund­lichkett des Großherzogs Friedrich lebendig hervoriritt.

Berthold Auerbach berichtete von seinem Aufenthalt in St. Moritz, 3. August 1881:

Ich saß im guten Behagen beim Frühstück, allein, da kam ein schöner Mann braunstrahlenden Auges, fester, an- mutendcr Gestalt mit einem schönen 18jährigen, großge- wachsrnen Mädchen, er stellte sich mir als Dr. Rückert, Sohn des Friedrich Rückert vor. Ich erkannte bald die große Ähnlichkeit mit seinem Vater und auch die Tochter hatte den Famtlienzug. Wir sprachen behaglich, gingen in mein kleines, emferrstertges Zimmer. das aber den Blick auf den Berg mit dem Wasserfall hat und nachdem ich dem Mädchen meine Schreibfeder als Andenken geschenkt hatte (es warsonst nichts zu -ergeben) und der Arzt mtr geraten hatte, ja hier zu bleiben, wo ich Blut und Eisen ins Blut bekommen werde, legte ich mich nieder und begann zu rauchen.

Me Tochter des Hauses, eine anmutige Erscheinung, meldet mir einen Herrn zum Besuch, ich sage, er möge heretukommen, er kommt und wer ist's? Der Großherzog vonBaden. Gr tuk's nicht anders, ich muß weiter rauchen und auf dem Sofa bleiben und anderthalb Stunden ergehen wir Ms im Gespräche über alles, was heute die deutschen Herzen bewegt und -schmerzt."

Vage«-Meuigksiten.

An» «IM «ch Lm».

_ Nagold, 8. Oktober.

der Landesproduktenbörse be

ber Fragebogen, die von den Vorstän den der landw. Bezirksvereine ausgefüllt worden sind, di ^ute m Württemberg als eine, namentlick qualitativ, aber auch quantitativ sehr befriedigende, werft, verspätete Ernte, die bei prachtvollem Wetter eingeheim werdm konnte. Die Einzelberichte lauten: Winterwaizen rem, hell, schwer, vollkommen. Dinkel: wenig Brand, hell schwer, (7275». Roggen: rein, hell, schwer, voll kommen. Gerste: hell, schwer, vollkommen, durchweg brau maßrg. Haber: hell, schwer, ziemlich vollkörnig. Sommer- waizrn: rem, hell, schwer, vollkommen. Heu: sehr ergiebig,

gute Qualität. Oehmd: wenig ergiebig, sehr gute Quali­

tät. Rotklee, Luzerne: 1. Schnitt sehr gut, 2. Schnitt be­friedigend, usw. Nach diesen Feststellungen ist die württembergische Ernte seit Jahren nicht so gut aus­gefallen wie Heuer; ja sie hat wohl das beste Erträgnis im deutschen Reich zu verzeichnen. Die Verwertung ihrer Erzeugnisse können die Produzenten zu angemessenen Preisen mit Leichtigkeit bewerkstelligen.

ll. Obertalheim, 4. Okt. Heute vormittag fiel der 68 Jahre alte Mesner Peter Hamm von hier so unglück­lich von der Bühne, wo er Garben herunterwerfen wollte durch das Garbenloch auf die Tenne, daß er bereits den schweren inneren Verletzungen erlegen ist. Viele Jahre versah er mit großer Pünktlichkeit den Mesnerdienst.

Urtterjettmge«, 4. Okt. Heute nachmittag verun­glückte der 27jährige verheiratete Fridolin Heumesser von Oberndorf OA. Herrenberg auf der Heimfahrt mit einer Ladung Obst bei Oeschelbronn. Er scheint unterwegs vom Wagen gefallen und überfahren worden zu sein; er starb nach Oefchetbrorm gebracht an gebrochenem Rückgrat.

r. Stuttgart, 3. Okt. Vom Deutschen und Oester- reichischen Scheffelbund wird die Errichtung eines Scheffel- National-Denkmals am Mond-See-Ufer im Salzburgischen geplant. Es ist das das Land der Nibelungen, die Hei­mat des Offerdingers, die Scheffel aufsuchte, als er Stoff für seinen Wartburg-Roman sammelte. In Mondsee wohnte Scheffel im Gasthof zurKrone" und in der Falkenschluchtklause, am Obersee entstanden seine Bergpsalmen. Am Mondseeufer ist bereits ein Platz in herrlicher Lage für ras Denkmal, das etwa in Gestalt der Frau Aventi- ure gedacht. 500000 kosten soll zur Verfügung gestellt werden. Unter den bisherigen Spendern für das Denkmal befinden sich auch einige württembergische Städte, Schulen und Vereine.

r. Stuttgart, 4. Okt. Das Beileidsschreiben des Magistrats an den Stadtrat in Karlsruhe ist dort am gestrigen Tage eingegangen. Mit wenigen Ausnahmen hat in den begünstigteren Lagen der Herbst im Breisgau und am Kaiserstuhl, sowie anderer Orts im badischen Nach- barl-nde begonnen. Die Menge bleibt hinter dem Durch­schnitt zurück, während die Güte besonders gerühmt wird.

r. Cannstatt, 4. Okt. Der eine der beiden Vor­stände des Bau- und Sparvereins des Verbands der Württ. Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunterbeamten, Obmannschaft Cannstatt, der Arbeiter in Daimlerwerken Carl Maier, hat sein Ehrenamt als Vorstand freiwillig niedergelegt. In kurzer Zeit findet eine Generalversammlung statt, in welcher Neuwahlen vorgenommen werden. Die Amtsniederlegung scheint in losem Zusammenhang mit Differenzen zu stehen, die am nächsten Samstag vor dem Cannstatter Schöffen­gericht ihre Erledigung finden werden.

r. Borort Wauge«, 4. Okt. Die hiesigen Metzger ließen von heute ab einen Fleischabschlag eintreten. Es kostet das Pfund Rindfleisch hier nur noch 60 ^, was von der hiesigen Einwohnerschaft mit Freuden begrüßt wird. Den Anlaß hiezu gab ein hiesiger Metzger, der das Rind­fleisch von 80 auf 70 ^ herabsetzte.

r. Ludwigsburg, 7. Okt. Die Angelegenheit des von dem geisteskranken Hermann Krauß niedergeschossenen Portiers Dambach hat dieser Tage auch den Ausschuß der Amtsversammlung beschäftigt, der beschloß, gegen die Di­rektion der Staatsirrenanstalt Winnental wegen der seinerzeit erfolgten Beurlaubung von Krauß aus der Anstalt beim Ministerium des Innern Vorstellung zu erheben. Dem kann hinzugefügt werden, daß die Direktion im März d. I. auf den bedenklicher werdenden Zustand des Kranken aufmerksam machte, daß dieser aber sich nach wie vor in völliger Frei­heit bewegen und insbesondere Wirtschaften ungehindert besuchen konnte.

r. Schramberg, 3. Okt. Durch einen jährlichen städti'chen Beitrag und Lüftungen soll an der Realschule eine Schülerbibliothek gegründet werden. Der Gemeinde­rat hat die Beibehaltung der Lernmittelfreiheit für die Volksschule wiederholt gutgeheißen.

r. Schnaitheim, 4. Okt. Ein hiesiger, 16 Jahre alter, fleißiger und braver Fabrikarbeiter namens Lenz ließ sich zwischen hier und Itzelberg vom Zug überfahren. Be­weggrund unbekannt.

r. Rottweil, 2. Okt. Von Seiten des hiesigen Eisenbahn­komitees wird gegenwärtig eine lebhafte Tätigkeit zu Gunsten einer Fortsetzung der Bahn Balingen-Schömberg nach Rortweil entwickelt. Bekanntlich hat die Abgeordneten­kammer im Sommer d. Js. als erste Rate für die zu 2,4 Millionen Mark berechneten Kosten der 13 Kilometer langen Bahn Balingen-Schömberg die Summe von 500000 bewilligt. Das seit einem Jahrzehnt von hier angestrebte

Ziel, eine Bahn von Balingen bis Rottwetl über Schöm­

berg bis Wellendingen soll aber womöglich als Ganzes zur Ausführung kommen. Von Seiten der Regierung find auch die Vorarbeiten für die Bahn so weit gefördert, daß vom technischen Standpunkt aus mit dem Bau dieser Bahn alsbald nach Fertigstellung der Strecke Balingen-Schömberg (1910) begonnen werden könnte. Wesentlich in Betracht kommt hiebei die Erstellung eines Städtgüterbahnhofes in Rottweil, für welchen die Pläne zwar ausgearbeitet, aber von der Generaldirektion noch nicht zum Gegenstände von Verhandlungen gemacht worden sind. Die Steigungsver- hältnifse der Bahn, deren Erstrebung Rottweil namentlich im Hinblick auf die Agitation zu Gunsten anderer Projekte in der Nähe betreibt, find keine einfachen. In Versamm­lungen in Wellendingen Md Schömberg wurden seitens der Vertreter der Stadt Rottweil mit vielem Eifer alle Punkte angezogen, welche (wirtschaftliche und sonstige Bezieh­ungen der an der neuen Bahn liegenden und von ihrer Erbauung industriell sich hebenden Gemeinden mit Rottweil) für die baldige Erstellung der Bahn sprechen. Es gehören hierher die Schulen, Behörden, sowie die großen Viehmärkte, die Industrie, die sich in den von der Bahn begünstigten Plätzen riesig entwickelte, während das Land an Einwohner­zahl einbüßte, der Touristenverkehr Md auch der strategische Wert der neuen Bahn, die eine gute Verbindung mit Baden etc. Herstellen würde. Freilich Opfer werden die Gemeinden, vorab Wellendingen und Schömberg, zu bringen haben. In wiederholten Petitionen und Eingaben soll nachgewiesen werden, daß die Fortsetzung der Bahn von Schömberg bis Rottweil nicht nur ein dringendes Bedürfnis sei, sondern, daß eine weitere Verzögerung der Erbauung dieser Teil­strecke eine schwere Schädigung des ganzen Bezirks Rott- weil in sich schlöffe.

r. Spaichmgen, 3. Okt. Zu einer ergötzlichen Jagd, entlang dem Bahngeleise nach Hefen, ist es am vergangenen Montag mittags 2 Uhr gekommen. Eine Kuh hatte den Zug auf freier Strecke gestellt und es lag dem Heizer der Maschine die Pflicht ob, das Tier mit einem Besen in die Flucht zu jagen. Während der Jagd hatte aber der hierin wenig geübte Maschinist das Unglück, sein Wurfgeschoß zu verlieren. Die Waffe flog in- hohem Bogen fort und die Kuh war nicht zu vertreiben. Endlich setzte sich Kuh und dann auch der Zug wieder in Bewegung; doch schien dies nach einiger Zeit dem Tier zu wenig abwechslungsreich und es blieb neuerdings auf der Strecke stehen, was den Zug zum abermaligen Halten veranlaßte. Nach einer wieder­holten Vertreibungsszene, die endlich von Erfolg gekrönt war,konntederZugseinemehrfachunterbrocheneFahrtfortsetzeu.

r. Ellwaugeu, 4. Okt. Am letzten Montag abend V-9 Uhr explodierte mit gewaltigem Knall der Acetylen- Apparat in der Wirtschaft zum Adler, während der Wirt den Apparat in Stand setzte, wobei ihm eine Dienstmagd behilflich war. Beide erlitten sehr schwere Brandwunden.

Deutsche« «eich

Berlin, 4. Ott. In den Geschäftsräumen der Ex­portfirma Anton Ohlart, Kochstraße 9, explodierte heute am Spätnachmittag eine größere Menge Revolver­patronen. Fünf Angestellte des Hauses erlitten Ver­wundungen, am schwersten betroffen wurde der Buchhalter Richard Jakob aus der Ritterstraße 86. Die anderen kamen mit leichteren Verletzungen davon.

Karlsruhe, 4. Ott. Der Kaiser soll beabsichtigen, nach den Beisetzungs-Feierlichketten mit dem Könige von Württemberg an den Bodensee zu fahren, um dort einem Aufstieg des Zeppelinschen Luftballons beizuwohnen. (Mpst.)

Bade«, 4. Okt. Der Oberkommandierende der Süd­westafrikanischen Schutztruppe, Generalmajor vonDeimling, ist hier eingetroffen und hat im HotelDrei Könige" Wohnung genommen. Der General wird den Beisetzungs­feierlichkeiten in Karlsruhe anwohnen.

Ei« Haberfeldtreibe» gegen den Pfarrer, den Lehrer und mehrere mißliebige Honoratioren har bei Ober­warngau an der Bahnstrecke München-Tölz stattgefunden. Von den Haberern wurden die Schlösser zu den Kirchturm­türen verstopft, um den Pfarrer davon abzuhalten, Sturm läuten zu lassen.

r. Von der bayrische» Grenze, 3. Ott. Im Amtsgerichtsgefängnis zu Günzburg befindet sich seit längerer Zeit ein Jndividium, dessen Persönlichkeit bisher trotz aller Nachforschungen nicht festgestellt ist. Eine Zeit lang war man der Meinung, in ihm den lange gesuchten Mörder eines Mühlebesttzers in Plagwitz erkannt zu haben, da dessen Signalement überraschend genau auf den Inhaftierten paßt; insbesondere besitzt dieser das beim Signalement des Mörders Steruickel vorhandene steife Handgelenk mit verkrüppeltem