81 . Jahrgang.

Auflage 2600.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Bonn- und Festtage.

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Mit dem Plauderstübche» und

«chwäb. Landwirt.

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Zum Tode des Großherzogs von Baden.

Die Ueberführnng «ach Karlsruhe.

Bo« der Mama», 2. Oktbr. In feierlicher Weise und unter dem Geläute aller Glocken wurde heute vormittag 8'/« Uhr der Sarg des verstorbenen Großherzogs, getragen von 12 Grenadierunteroffizieren, nach dem Trauerschiff Kaiser Wilhelm gebracht. Die Einwohner der umliegenden Ortschaften, zumeist in Trauer gehüllt, bildeten Spalier. Ueberall herrschte feierliche Stille, da und dort durch unter­drücktes Schluchzen unterbrochen. Hinter dem Sarge folgte die greise Großherzogin, ganz in Schwarz gekleidet, ihr zur Linken schritt Großherzog Friedrich 1s, rechts die Ver­wandten des Verstorbenen vom schwedischen Hofe, diesen folgten die Staatsmänner und Würdenträger und dann die Leiblakaien und die übrige Dienerschaft. Um 9 Uhr traf das Schiff mit der Leiche des Großherzogs in Konstanz ein, von wo sie per Bahn nach Karlsruhe geführt wird. Die Stadt ist in Trauer gehüllt.

Konstanz, 1. Okt. Die Ausschmückung des Eisen­bahnwagens, der die sterblichen Reste des Großherzogs Friedrichs I. nach Karlsruhe bringen wird, wurde heute beendet. Ein vierachstger, ganz schwarz behangener Gepäck­wagen wird den Sarg aufnehmen. Die Lokomotive ist bis zum Führerstand mit umflorten Girlanden bedeckt. 126 Personen geleiten den Kondukt nach Karlsruhe. Sämtliche Lokomotiven, die dem Trauerzug begegnen, werden Flor und Lorbeerkranz tragen. Der Zug fährt, wie die Frau Großherzogin schmerzlich bemerkt, denselben Weg, den sie einst als glückliche junge Gattin nahm. In Konstanz werden während der Ueberführung alle Geschäfte ruhen. Allent­halben werden heute am Hafen und vor dem Bahnhof Tribünen erbaut, Flaggenmasten errichtet, die Gaslaternen schwarz drapiert. Unablässig läuten die Kirchenglocken. Die Stadt steht im Zeichen der tiefsten Trauer.

Znr bevorstehende« Beisetzung des Grostherzogs.

Karlsruhe, 1. Okt. Zu der am Montag den 7. Okt., vormittags, hier stattfindenden Beisetzung des verstorbenen Großherzogs Friedrich von Baden treffen der Kaiser, sowie der Kronprinz schon Sonntag früh 9 Uhr in Karlsruhe ein. Außerdem haben ihr Eintreffen angezeigt: Prinz Lud­wig von Bayer», der König von Sachsen, der König von Württemberg, der Großherzog von Weimar, der Herzog von Anhalt, Herzog Johann Albrecht, Regent von Braun­schweig, Erdprinz Bernhardt von Sachsen-Meiningen, sowie Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen, Großfürst Wladi­mir von Rußland, Prinz Ernst von Alteuburg, Großherzog Salvator, sowie drei schwedische Prinzen, der Fürst von Waldeck und der Herzog von Connaught. Außerdem kommt aus dem Haag die Meldung, daß Prinz Heinrich der Nieder­lande in Vertretung der Königin am nächsten Montag der Beisetzung des Großherzogs beiwohnt. Der Kamrmrherr Graf Lirnburg-Stirum vertritt die Königin-Mutter.

Die Beisetzung des dahingeschiedcnen Fürsten am Montag vormittag erfolgt im Mausoleum im Fasanen-

Abenöteuer

des Kntspekter Wvcrefrg

von Fritz Reuter.

Hochgeehrtester Gönner und Freund!

Besinnen Sie sich wohl noch auf mir und auf dem Anfänge unserer edelmütigen Freundschaft? Es war auf dem Sommermark zu Wahren vor ein Jahrener zwanzig. Ich habe meinen mir zugeschworenen Anteil unserer Freund­schaft redlich gehalten, indem ich Ihnen Beweise davon in Worten und auch in Substanzen zukommen ließ. Ich tat dies ohne Eigennützlichkeit und dabei hätt's denn auch sein Bewenden gehabt; aber die Schlechtigkeit und die Hinter- lrstigkert und die Heimtickschichkeit miserabler Mitmenschen zwingen mir dazu, Ihnen um Hülfe in meinen Nöten an­zurufen. Und worum? Steffanen von Mederitz und mir haben sie m unserer Gegend höllischen auf den Zug gekriegt mit allerlei spitzfindigen Redensarten und Foppereien; Steffanen mit seine Rambulljets*) aus die Lüneburger Heide un mir wegen eine dämliche Judengeschichte wo ich so unschüllig an bin, wie eine Neugeburt. Dies'mir be­treffende Letztere soll sich von einen dummen Schnack von einem Gewissen herstammen, der mit gedruckte Lügen die Leute unter die Augen geht und der auf der offenbaren Kegelbahn erzählt haben soll, sie hätten mir in Berlin grün angemalt und mir darnach in den großen Affenkasten in

") Ramboxllltt-Schaf».

Nagold, Donnerstag den 3. Hktoöer

garten, das, 'wie hier erinnert sei, nach dem unverhofften Tode des jüngsten Sohnes, des Prinzen Wilhelm, erbaut wurde und außer dem genannten Prinzen auch die beiden Brüder des Großherzogs, Wilhelm und Karl, ausgenommen hat. Der Vater, Großherzog Leopold, und die Mutter, Großherzogin Sophie, ruhen mit anderen Mitgliedern der Großherzoglichen Familie in der evang. Stadtkirche, unter der sich umfangreiche Gruftgewölbe befinden.

Berlin, 1. Okt. Bei der Beisetzungsfeier in Karls­ruhe wird der Reichskanzler die Führung der Abord­nung desBundeSratS übernehmen. Dieser Abordnung werden außerdem angehören: der bayerische Gesandte Graf Lerchen- feld-Köfering, der mecklenburgische Gesandte Frhr. v. Branden- stein und der Bevollmächtigte der thüringischen Staaten Dr. Paulßen.

Verein für Sozialpolitik.

8. a. L Magdeburg, 1. Okt.

(Unber. Nachdr. Verb.) II. (Telegraph. Bericht.)

Auch der heutige zweite Verhandlungstag der diesjäh­rigen Generalversammlung war außerordentlich stark besucht. Nachdem der Oberbürgermeister von Magdeburg Dr. Lentze die Verhandlungen eröffnet hatte, gedachte der Berliner Univerfitätsprofeffor Schmoll er mit ehrenden Worten des verstorbenen badischen Ministers Roggenbach. Nach Erle­digung von geschäftlichen Angelegenheiten wurde dann in die Tagesordnung eingetreten. Heute stand das Thema:

Verfassuugs- und Verwaltungsorganisation der Städte

zur Behandlung. Als erster behandelte das Mitglied des Preuß. Herrenhauses Prof. Lüning (Halle) diese wich­tige Frage, indem er das Interesse der Sozialpolitik an städtischen Verwaltungs- und Verfassungsfragen klarlegte. Er wies auf die Aufgabe des Vereins hin, dafür zu sorgen, daß die großen und kleinen Kommunen in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz sich mit Sozialpolitik befassen. Diese Ausgabe, Sozialpolitik zu treiben ist schwer, denn es gehört ein umfangreiches Studium nicht nur der alten, sondern auch der neuen Zeit dazu. Die Gemeinden sollten nicht nur wirtschaftliche Verbände sein. Sie haben auch die Aufgabe zu erfüllen, sozial zu wirken. Es ist viel zu erreichen, wenn Staat und Gemeinde sich vereinen zur Er­füllung eines sozialen Willens. Die Gemeinde kann aber nur sozial wirken, wenn sie eine freie Gemeinde ist. Im nächsten Jahre ist es 100 Jahre her, seit der Freiherr von Stein den preußischen Städten ihr kommunales Gepräge gegeben hat. Die Geschichte lehrt, daß diese Entwicklung der Selbstverwaltung der im Mittelalter freien Städte von den preußischen Königen vorbereitet worden ist. Aber seit der Zeit Friedrichs des Großen trug das ganze poli­tische Leben den Stempel: Alles für, nichts durch das Volk. Jetzt ist es anders. Nachdem der Geist Steins die Kommunen gelehrt hat, selbständig zu arbeiten. Man ist von seiten der Regierung bestrebt, durch die verschiedenen Städ teor dnungen d en soz ial- und wirtschaftlichen Verhält-

dem zotologischen Garten gesetzt. Dieses will ich nicht für mein Voll haben, und wenn ich auch kein Familienvater und gekränkter Ehemann bin, so gereichen mir solche aus­gestunkene Historien doch zum großen Treff-Coeur, indem daß ich, obschonst ein alter Junggesell, doch noch lange nicht for einen Affen passieren will. Erst wollte ich die Spötter xanüto eied m-laram verklagen; es ist mir aber dabet eingefallen, daß dann die Kosten auf jeden repariert werden möchten, was mich sehr störend wäre, vermöge meiner übrigen vielen Ausgaben diesen Herbst. Und so bin ich denn auf Ihnen verfallen, daß Sie die Geschichte und was daran herumbammeln tut, zu meiner Ehrenrettung drucken werden lassen möchten, wie sie wirklich passiert ist.

Die Sache ist nämlich so:

Ich bün von meine hochgräfliche Herrschaften aus meinem Verhältnis als praktiver Oekonomiker entlassen, nicht etwa wegen unbestimmter Geld- oder Korn-Rechnung, sondern wegen der Gicht, oder wie sie auf Hochdeutsch sagen: wegen dem Podagra. Ich habe mir in meinem langjährigen Verhältnis eine Kleinigkeit verdient, auch mit Pferdehandel, und dazu kriege ich eine kleine Pangsionierung und zwölf­tausend Torf, den ich aber nie kriege; denn worum? Mein Nachfolger als Entspekter wirtschaftet nach einem ökonomi­schen Kalender, und dies dumme Kreatur besagt for den November: »schöne Zeit, Brennmaterial einzufahren'. Nun frag ich jeden gebildeten Menschen, ob Torf im November noch for Brennmaterial gelten kann? Sie Habens auch mal versucht und wollten ihn einfahren, sie mußten ihn aber mit Worpschüppen aufladen von wegen der Nassigkeit.

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nissen Rechnung zu tragen. Die Rechte der Stadtverord­

neten sind nach der Städteordnung geschmälert, die Rechte des Magistrats erweitert worden, und die Beschlüsse find mehr von der Ansicht der lokalen Behörden ab­hängig gemacht worden. Auch das Dreiklaffenwahlsystem beschneidet die Rechte der Bürger. Doch hat die Staats­regierung von einem ihrer Rechte, dem Äufstchtsrechte, sehr wenig Gebrauch gemacht, und zwar zum Nutzen der Kom­munen. Das Bestätigungsrecht der Kommunalbeamten höheren Grades ist nur in einzelnen Fällen ablehnend aus­geübt worden. Die Praxis hat bezüglich des Dreiklafsen- wahlrechts ergeben, daß auch die Städte, die dieses Recht noch haben, hinter anderen Städten nicht zurückgeblieben sind. So hat z. B. Elberfeld ein mustergültiges Armen­recht eingeführt. Der soziale Geist drängt im ganzen die Interessen einzelner Kreise in der Stadt zurück. Eine Ver­ständigung mit der Sozialdemokratie in der Frage des kommunalen sozialen Fortschreitens ist fast unmöglich, trotz­dem ist es ratsam, die Sozialdemokraten in kommunale Aemter zu wählen, damit sie praktische Arbeit leisten können. Ein Kreis von kleinen städt. Republiken ist auch unmöglich. Gemeindegetst und selbständiger Bürgerfinn, die Grundpfeiler jeden städtischen Lebens können aber nur in der Freiheit gedeihen. Der Redner besprach dann noch die Zulassung der Frauen zu städtischen Aemtern und empfahl, die Frau nicht nur in der Armen- und Waisenpflege, sondern auch in anderen Gebieten zur Betätigung zuzulassen. Die politische und wirtschaftliche Gerechtigkeit erfordert einen erhöhten Wahleinfluß für die dritte Wählerklaffe. Das politische gleiche Wahlrecht sollte für alle Klassen eingeführt werden. Das Bürgerrecht solle allen Einwohnern der Städte zuge­billigt werden, sofern sie eine Reihe von Jahren in der Kommune leben. Die einzelnen Berufsklaffen mögen ab­gestufte Rechte haben. Eine organische Vertretung in der Kommune ist aber nicht zu empfehlen, da sie die Berufe zu- sammenführen würde, und diese zuerst ihre eigenen Inte­ressen vertreten würden, vor denen der Allgemeinheit. Das sogenannte Hausbefitzerprivileg, wonach die Hausbesitzer die Hälfte aller Sitze in der Stadtverordnetenversammlung haben, sei ein klassischer Zeuge sozialpolitischer Verständnislosigkeit, ein wirtschaftliches Unding.

Die geheime Abstimmung bei den Wahlen sei zu emp­fehlen. Betreffs des Verhältnisses zwischen Staat und Stadt führt der Redner aus, daß der Staat der Stadt die Bewegungsfreiheit lassen müsse, soweit das das Interesse des Staates zulasse. Es sei gut, daß gegenüber dem Auf­sichtsrecht des Staates bei der Bestätigung höherer Magist­ratsbeamter als darüberstehende Instanz das Verwaltungs­gericht fungiere. Der Staat habe uoch genug Rechte, die der Auflösung der Stadtverordnetenversammlung usw. Freilich würden diese Rechte nur in seltenen Fällen ausge­übt, und die meisten Kommunen könnten ziemlich frei schalten. Es sei aber bedauerlich, daß das Recht der Verwaltung und der Beaufsichtigung der Schulen lediglich dem Staat überlassen sei, der die Schulen der Bureaukratie und der gestttlichen Aufsicht überlasse. Die Kommunen hätten nur das Recht zu zahlen. Auch die städtischen Fi-

Jch bin also unschuldigerweise aus dem Dienst gekommen, denn for die Gicht kann ich nicht, die hätte ich mir nämlich schon in der Jugend zugelegt, als ich noch Schaf hütete, denn dazumalen wurden die alten Schnucken schon des Frühjahrs in den ersten Andäu ausgetrieben, was meines Wissens die schönste und häßlichste Witterung for die Gicht ist. Nun is das anders: nu hüten die Schäfer bloß ins Trockne un in der Warmnis, und die alten Schnucken werden wie Prinzessinnen aufgewartet; sie sagen ja, Steffan will for seine Rambulljets Regenröck und Unterhosen machen lassen. Es ist möglich, daß sich das lohnt; aber ich muß die Geschichte erzählen; also:

Ich steh eins 's Morgens vor de. Tür und rauch Toback und kuck tn's Wetter, denn was soll ein alter, immeritierter Entspekter anders anfangen, da kommt ein Wagen angefahren mit einem Bläßten vor. Ich seh den Bläßten nachdenklich an und sag' endlich zu mir:Dieser Bläßte muß aus Deiner Bekanntschaft sein. Das ist am Ende Moses Löwenthalen seiner." Und richtig! die Sache hatte einen Grund, denn Moses Löwenthal saß auf dem Wagen.

Als er 'ran kommt, sagt er:Gun Morgen, Herr Entspekter Bräfig," sagt er.Gun Morgen, MoseS Löwenthal,"" sag ich.Herr Entspekter," sagt er,'s ist mir 'ne große Ehre, Ihnen schon so zeitig zu treffen, ich Hab 'ne Bitt' an Ihnen." -Wo so?"" frag ich. Es wird Ihnen nicht unbewußt sein," sagt er,daß heut in Bramborg Wullmarkt is, Md wir haben von's große HauS Meier u. Comp, in Hamborg große Pföste in