81. Jahrgang.

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ksrllsMstrr.

Auflage 2600.

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JevrrsprrecHev Wr. 29.

Jevrrspvecbev Wr. 29.

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Mit dem Plauderstübchen und

Schwab. L<md«Kt.

228

Kagokd, Samstag den 28. September

1907

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IV. Quartal

j nehmen fortwährend alle Postanstalten, Post- boten, sowie unsere Ansträgerinne» entgegen.

Seine Majestät der König haben am 2b. Sept. allergnädigst geruht, den Eisenbahnpraktikanten I. Klaffe Christ zum Oberbahn- asfistenten in Nagold zu ernennen.

Großherzog Friedrich doa Bade» 1-.

Maina«, 28. Sept. Der Großherzog ist heute vormittag S Uhr sauft entschlafen.

Friedrich, Großherzog von Baden, Herzog von Zähr- ingeu geboren 9. Sept. 1826 zu Karlsruhe (verh. feit 20. Sept. 1856 mit Luise, Prinzessin von Preußen, der Tochter des späteren Kaisers Wilhelm I.), Sohn des Großherzogs Leopold von Baden, studierte mit seinem älteren Bruder Ludwig ans den Universitäten Heidelberg und Bonn, hielt sich dann längere Zeit auf Reisen auf, mußte nach dem Tode seines Vaters am 24. April 1852 als Prinzregent die Regierung übernehmen, da sein älterer Bruder Ludwig (ff 1858) gemütskrank war, regiert seit dem 5. September 1856 als Großherzog, da,ves Bruders Krankheit sich als unheilbar erwies, und zeigte sich von Anfang an als streng konstitutioneller, deutsch gesinnter Fürst, als ein Haupt­förderer des Gedankens einer Neuschöpfung des Deutschen Reiches unter preußischer Führung. Wenn er sich auch 1866 mit den übrigen süddeutschen Fürsten an dem Kriege gegen Preußen beteiligen mußte, so wandte er sich doch nach demselben um so entschiedener auf preußische Seite und er­nannte 1868 den preußischen General Beyer zum badischen Kriegsminister, damit er das badische Heer nach preußischem Muster reorganisiere. S. Kgl. Hoheit bewies dann seine deutsch-patriotische Gesinnung besonders während des Krieges von 187071, in dem sich die schöne Hoffnung seines Lebens in so glänzender Weise zur Wirklichkeit entfaltete: er konnte in Versailles das erste Hoch auf Kaiser Wilhelm l. aus- bringen. Das Glück seines Lebens ist seine edelmütige Gattin Luise. Erbgroßherzog ist ihr am 9. Juli 1857 geborener Sohn Friedrich. Karlsruhe und die Insel Mainau im Bodensee sind die Orte geblieben, wo sich das groß­herzogliche Paar am liebsten aufhält, nur selten wurde dieser Aufenthalt durch Reisen ins Ausland unterbrochen.

Im vorigen Jahre durste er seinen 80. Geburtstag unter freudiger und herzlicher Teilnahme seines Volkes und der Patrioten aus dem ganzen deutschen Reiche feiern. Auch das schöne Fest der goldenen Hochzeit durfte er mit seiner hohen Gemahlin wenige Tage später begehen. Nie­mand hätte damals geahnt, daß alle die herzlichen Wünsche für einen weiteren Hellen, freundlichen Lebensabend nicht mehr lange erfüllt würden und der geliebte und verehrte Fürst schon nach Jahresfrist das Zeitliche segnen sollte.

Die letzten Nachrichten lauteten:

Maina», 27. Sept. 8 Uhr vormittags. (Amtlicher Bericht.) Im Laufe der Nacht hat ein neuer Anfall von Herzschwäche die Kräfte S. K. H. des Großherzogs erschöpft. Seit Sonnenaufgang liegt der Großherzog in ruhigem Schlummer, (gez.) Dr. Fleiner. Dr. Dreßler.

Konstanz, 27. Sept. '/-4 Uhr nachmittags. Der Großherzog ist fast den ganzen Tag über bewußt­los und nur durch Einspritzen wird die Tätigkeit des Herzens aufrecht erhalten.

Als der hohe Patient heute morgen erwachte, sagte er zu dem neben ihm stehenden Hofrat Dr. Fleiner:Guten Morgen". Später schlief der Großherzog wieder ein.

Mainau, 27. Sept., 5 Uhr nachm. Mit kurzen Unterbrechungen hat der Schlummerzustand beim Großherzog den ganzen Tag über angehalten.j

Gez. Dr. Fleiner. Dr. Dreßler.

UoMfche MeVorstcht.

Ministerialdirektor Althoff vom preußischen Kul­tusministerium, der an Unbeliebtheit noch seinen früheren Chef, den Herrn von Studt, übertraf, folgt nun diesem am 1. Oktober in die bekannte Versenkung. Die Genehmigung seines Abschiedsgesuchs wird unter dem 25. d. M. gemeldet. Um ihm das Scheiden zu erleichtern, wurde er zum Kron- syndikus und zum Mitglied des Herrenhauses ernannt. Zum Nachfolger Althoffs ist der Wirkliche Geheime Oberregier- ungsrat Naumann bestimmt worden.

I» Wie« ist der russische Minister des Aeußer», Jswolski, eingetroffen, um mit dem Freiherrn v. Aehren- thal eingehende Beratungen zu pflegen. Ueber die zu er­örternden Gegenstände wird offiziös gemeldet: Unter den zu berührenden Fragen muß den Angelegenheiten der gemein­samen Interessensphären selbstverständlich die vorderste Stelle und der breiteste Raum zufallen. Das Einvernehmen bezüg­lich der Balkanpolitik hat sich als sein den Frieden erhaltendes Werk in glücklicher Weise bewährt und darf zu den wichtigsten für die Ruhe Europas errichteten Bollwerken gezählt werde«. Die allmähliche Durchführung des in Mazedonien eingeleiteten Reformwerks, die Herbeiführung ruhiger Zustände, die für die volle Wirksamkeit der angebahnten und noch zu schaffen­den Verbesserungen der öffentlichen Verwaltung erforderlich find, bilden das Ziel, das Oesterreich-Ungarn und Rußland unter Mitwirkung der andern Mächte zu erreichen haben. Ein weiterer Gast Wiens ist im Augenblick König Karol von Rumänien, der am Mittwoch früh dort eintras. Auch dieser Besuch hat politische Bedeutung. Ende nächster Woche werden die abgebrochenen Ausgleichsverhandlungen zwischen Oesterreich 'und Ungarn in Budapest wieder aus­genommen werden.

Beschwerde« der Deutsche« in Lodz, die dem

deutschen Generalkonsulat in Warschau den Vorwurf machen, daß es aus Anlaß der Unruhen in Lodz der russischen Regierung gegenüber nicht genügend den deutschen Stand­punkt gewahrt habe, werden, wie dieVoss. Ztg." hört, in Berlin geprüft und find der Konsulatsbehörde zur Aeußer- ung zugegangen. Die Einrichtung eines deutschen Konsulats in Lodz wird erwogen. Wegen der Verluste, die Deutsche in Rußland während der Unruhen erlitten haben, sind die Geschädigten auf den formalen Rechtsweg verwiesen worden. Das ist natürlich gleichbedeutend mit Abweisung der Ent­schädigungsansprüche.

Die ueneste« Meldungen ans Marokko berichten von einem Erkundigungsmarsch französischer Truppen bis in das Lager von Taddert. Die Abteilung begegnete auf dem Hinmarsch keinem Marokkaner. Auf dem Rückweg wurde von ihr das Gelände im Westen untersucht und ein südlich der Farm Alvarez gelegenes Gehöft in Brand gesteckt. Die Abteilung ist in das Lager zurückgekehrt, ohne einen Schuß abgefeuert zu haben. Im Osten und Westen von Casablanca macht sich, wie General Drude weiter telegraphiert, ein allgemeines Nachlassen der Erregung bemerkbar. In einem Umkreis von 30 Kilometern ist keine Ansammlung von Marokkanern zu sehen. In weiterer Entfernung sind eine oder zwei kleinere feindliche Gruppen gesichtet worden. Aus dem Süden wird gemeldet, daß ein paar kleine Gruppen der Stämme Dakra, Uledsaid und Dukkala gesehen worden find. Wenn diese an Zahl zunehmen sollten, so werde General Drude die notwendigen Maßnahmen treffen, um sie zu zerstreuen. Sultan Abdul Afis traf am Samstag in Rabat ein; seine Eskorte wird auf 20000 Personen geschätzt. Er hat seine Freude über den glücklichen Aus­gang seiner Reise und über den Empfang, den ihm die Stämme bereiteten, ausgesprochm. Buchta ben Bagdadi sorgt für strenge Aufrechterhaltnng der Ordnung in der Stadt. Die anfangs beobachtete feindselige Haltung der Soldaten den Europäern gegenüber hat dank dem energischen Eingreifen Buchta ben Bagdadis aufgehört. Die Europäer haben jetzt keine Gewalttätigkeiten seitens der Soldaten mehr zu befürchten.

Teil der Truppenlandung in Marokko ist

am Mittwoch in Casablanca zum erstenmal wieder Markt abgehalten worden, der gut beschickt war. In der Haupt­sache beteiligten sich die Stämme Senata und Ulad Hart. Eine gegen Sidi Mumen vorgetricbeue Erkundigungsab­teilung sicherte die Küstenstraße, die die zum Markt erschie­nenen Stämme benutzen mußten. Vier neue Stämme (Ulad Seyan, Mulid ed Droua, Medrakas, Mediuna) und die Ulad Hart sandten Abgeordnete, die über die Friedensbe­dingungen verhandeln sollen. Nach weiteren Meldungen Drudes find es nur noch vier Stämme, und zwar gerade die wildesten, die sich noch nicht unterworfen haben. Die

acht von den unterworfenen Stämmen versprochenen Geiseln

find eingetroffeu und werden im Dar el Maghzen interniert werden. Man führt sie jeden Morgen auf den Marktplatz, damit sie ihre Stammesangehörigen erkennen. Wir ver­zeichnen noch folgende Meldungen: Der Sultan Abdul Afis äußerte den Wunsch nach einer Besprechung in Rabat mit dem französischen Gesandten Regnault. Es ist ziemlich sicher, daß Regnault, nachdem er Instruktionen von seiner Re- Regierung eingeholt hat, der Einladung Folge leisten wird.

Der deutsche Gesandte Dr. Rosen und der französische Kommissar in Udjda find in Tanger eingetroffen. Wie die Agence Havas über Melilla meldet, hat zwischen den Aufständischen und den Truppen des Sultans von Marokko ein Kampf stattgefunden; die letzteren wurden nach andert­halbtägigem Kampf besiegt und ausgeplündert. Die Re­bellen, deren Zahl sich auf etwa 3000 belief, schnitten 38 Soldaten die Köpfe ab und nahmen 209 gefangen, die nach Selnau gebracht wurden.

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«IN! m» Sw».

Nagold, 28. September

Weitere Garantier« für denLnftknrortNagold.

(Mitgeteilt.) Eine solche findet der Einsender dieser Zeilen schon in der Tatsache, daß sogar ein echter Neugrteche

Pericles Rokopulos nebst seiner Gattin, zunächst durch unser Hirschunglück auf Nagold aufmerksam geworden, Heuer vom 1. Mai bis letzten September, also auf volle 5 Mo­nate unsere Stadt zu seiner Sommerrestdenz erwählte und wiederholt unseren Waldanlagen wie auch der hiesigen Ein­wohnerschaft das gute Zeugnis ausstellte, daß es ihm noch nirgends sonst so gut gefallen, und - er sich noch in keinem andern Luftkurort so gut erholt habe wie hier, wes­halb «r auch den nächsten Sommer wieder hier zuzubringen gesonnen sei. Unsere besten Wünsche begleiten dieses ehren­werte und überdies auch anspruchslose Ehepaar in seine Winter- refidenz München. Sodann dürfen wir heute zu unserer Be­friedigung konstatieren, daß der Nagolder Fragzeichen-Kor- respondent desSchw. Boten" seine, jugendlichem Feuereifer entsprungene, Entgleisung in einem ftüheren Artikel derselben Zeitung (wornach die städtische Verwaltung durch die ein­fache Verblendung des altertümlichen Zellerhausgebälkcs den Ruf von Nagold als einer Stadt des Fortschrittes gefähr­det habe) in der heutigen Nummer des Schw. Boten zwar nicht ausdrücklich zugestanden, aber tatsächlich doch selbst berichtigt hat, indem er gerechter Weise all das, was die städtische Verwaltung und unser Verein für Fremdenverkehr zur Begründung der Luftkurortsqualität unserer Stadt auch neuerdings wieder leistete, öffentlich anerkannt hat. Wird ja doch der Erfolg dieser unsrer fortgesetzten Bemühungen schon durch die heurigen Kurlisten aus Nagold erwiesen. Daß aber diese Kurlisten auch außer Lands gelesen und beachtet werden, hat der Einsender Heuer auf seiner Urlaubs­reise selbst erfahren. Aber wir dürfen noch lange nicht auf uusernLorbeerenauSruhen. Wir wollen vielmehrunsere heurige Saison" vor allem mit der Hoffnung abschließen, daß i« nächstenFrühjahrmitdervorerstteilweiseuUmwandlung unsres ja schon mit prächtigen Anlagebäumen geschmücktenStadt­ackers" in einen eigentlichen Stadtgaiten begonnen, und daß unsrer Musikkapelle zu ihren bis dahin wohl auch höhere Ansprüche befriedigenden Aufführungen ein anständiger Pavillon zur Verfügung gestellt wird. Hoffentlich wird aber bis dahin auch ein unternehmender Nagolder einen richtigen Sonnenbad-Platz ausfindig machen und nach den Vorgängen in Wildbad rc. mit verhältnismäßig geringen Kosten so zweckmäßig einrichten, daß eS ihm dann auch an zahlreicher Benützung seitens aller Liebhaber von Lust- und Sonnen-Bädern nicht fehlen wird. Wagt sich dann noch aus der Mitte der Urnagolder ein nach unserer Schätzung sogar in mehreren Exemplaren schon vorhandener aber fchwäbtschbescheiden bisher verborgen gebliebener urkräftiger Masseur und eine dito Masseuse durch Zeitungs-Reklame ans Tageslicht, was sollte dann unsrer Stadt noch fehlen, um, ohne den öffentlichen Vorwurfunlauteren Wettbe­werbs" zu riskieren, sich stolz unter die landgültigen Schwarz- wald-Bad- und Luftkur-Orte einreihen zu dürfen?

Ueber die Tätigkeit der gewerbliche« Organi- sationeu spricht sich der Jahresbericht der Handwerks­kammer Reutlingen u. a. in folgender Weise auS:Eine Anzahl gewerblicher Organisationen klagt wie immer so auch für das Jahr 1906 über mangelndes Jntereffe und flauen Besuch der Versammlungen, der größere Teil der Berichte spricht dagegen erfreulicherweise von befriedigenden oder guten Verhältnissen, mehrere von einerBesserung

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