81- Jahrgang.
Auflage 2600.
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Mit dem Plauderstüdch -> und
Schwäb. Landwirt.
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WoMische Hlebersicht.
Reichskanzler Fürst Bülow empfing in Norde- neh den Besuch der Minister v. Bethmanu-Hollweg und v. Moltke zu einer längeren Besprechung. Es handelt sich hierbei um Aufgaben der bevorstehenden parlamentarischen Session.
Die Nationalpolen im deutschen Weste« sind mit ihren kirchlichen Oberen deutscher Nationalität schon lange im höchsten Grad unzufrieden. Sie haben mit der Zeit eine geradezu feindselige Haltung angenommen, und neuerdings hat das polnische Hauptkomitee sogar die Entsendung einer Abordnung an den Papst beschlossen, die dem Heiligen Bater die Klagen gegen die Bischöfe von Paderborn, Münster und Köln vortragen soll. Die Ausarbeitung der Klageschrift geschieht durch nationalpolnische Geistliche. Die Führung der Abordnung soll der Bischof von Lemberg, Btlczewski, übernehmen.
Die österreichisch-ungarische« Ansgleichsver- handlunge» find bereits wieder unterbrochen worden. Sie sollen etwa am 25. September in Budapest fortgesetzt werden. Ob sie überhaupt noch einmal zu Ende geführt werden, erscheint bald recht zweifelhaft. — Eine Abordnung des sozialdemokratischen Reichsratsverbandes suchte den österreichischen Ministerpräsidenten von Beck auf, um für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts in den Landtagen einzutrcten und die Stellungnahme der Regierung hierzu kennen zu lernen. Der Ministerpräsident erklärte, die Regierung erkenne an, daß eine zeitgemäße Ausgestaltung des Landtagswahlrechts notwendig sei. Die besondere Aufgabe der Landtage als Verwaltungskörper bedinge aber, daß auch auf die ökonomische Struktur der Bevölkerung, auf die Verhältnisse in der Stadt und auf dem Land, auf gewisse politische und soziale Momente in angemessener Weise Bedacht genommen werde. Insbesondere könne nicht von einer Berücksichtigung der Besteuerungsverhältntsse vollkommen abgesehen werden. Abgesehen von diesen Einschränkungen bekenne sich die Regierung vollständig zu dem Gedanken einer möglichsten Erweiterung des Landtagswahlrechts und halte sich verpflichtet, alles aufzubieten, um den Abschluß eines allen maßgebenden Verhältnissen gerechtwerdenden Reformwerkes zu ermöglichen.
I« Sofia fand am Donnerstag die Enthüllung des Denkmals Kaiser Alexanders 11., des Zar-Befreiers, statt. Der Feierlichkeit wohnten der Großfürst Wladimir Alexau- drowrtsch mit Gemahlin und Sohn, dem Großfürsten Andreas, Fürst Ferdinand mit Familie, das diplomatische Korps, die russische Mtlitärdeputation, Abordnungen aus den Provinzen, die Notabilitaten der Hauptstadl und eine Volksmenge von mehr als 40 000 Personen bei. Fürst Ferdinand und Großfürst Wladimir wechselten herzliche Ansprachen. Publikum und Vereine bereiteten den Fürstlichkeiten große Ovationen, und überall wurde eine musterhafte Ordnung aufrecht erhalten. Irgend eine stärker aufgetragene politische oder nationale Note war während orr ganzen Feierlichkeiten nicht zu bemerken. Die politische Presse bespricht darum auch nur einen bemerkenswerten Satz in der Rede des Großfürsten Wladimir, der den Wunsch aussprach, daß das russische und bulgarische Volk und Heer immer wie heute geeint seiner Zukunft zustrcben möchten. Man will aus dieser Bemerkung herauslesen, Rußland wolle mit Bulgarien in Zukunft wieder politisch arbeiten, aber auf gleichem Fuß.
Die neuesten Nachrichte« aus Marokko sprechen die Vermutung aus, daß die Zerstörung des Lagers bei Tadoert überall, besonders aber im Gebiet des Schauja- Stammes großen Eindruck gemacht habe. General Drude hatte nach Beendigung des Schlachtens um Taddert noch einen Marsch bis zwei Kilometer jenseits des Orts gemacht und auf diesem Weg etwas Verdächtiges nicht mehr gesunden. — In spanischen Kreisen scheint man über das gewaltsame Vorgehen Frankreichs in Marokko nicht sehr erbaut zu sein. Der spanische Knegsminister erklärte in einem Interview: Er sei ein Gegner der afrikanischen Abenteurerpolitik. Spanien müsse sich damit begnügen, die eingcgangcnen Verpflichtungen zu halten, und die Aktion auf den Schutz der spanischen Interessen und des Handels in den Hafenstädten zu beschränken. Er habe darauf gedrungen, einen definitiven Entschluß betreffs die Entente oder Nichtentente (sie!) mit Frankreich zu fassen, damit er etwaige militärische Maßnahmen treffen könne, falls die spanischen Interessen es erforderten. Es ständen 8000 Mann zur Einschiffung bereit, doch glaube er nicht, daß ein Vordringen in das Innere Marokkos nützlich sei. — Eine maßgebende Persönlichkeit der liberalen Partei Spaniens erklärte: „Wir sind uns in der Behandlung der
Hlagold, Dienstag den 17 Septernöer
marokkanischen Frage völlig mit dem Ministerpräsidenten einig, wenn er den französischen Ansprüchen, die uns in unabsehbare Wirrnisse führen würden, Zügel anlegt". Die ministerielle „Epoca" stellt gleichfalls fest, daß die öffentliche Meinung ganz Spaniens eine vorsichtige Behandlung der marokkanischen Frage durch die Regierung gutheißt. Die spanischen Berichterstatter in Casablanca bezeichnen den letzten von Paris befohlenen Offenstvvorstoß als eine furchtbare Schlächterei. — Nach einem Telegramm des Admiral Philiberts seien die Verhandlungen mit den Stämmen der Schaujas und anderer in Casablanca wieder ausgenommen worden.
Die afiateufeiudliche Bewegung auf amerikanischem Bode« greift weiter um sich. Wie neuerdings aus Newyork gemeldet wird, sind auch sämtliche in Belling- ham wohnenden Japaner und Chinesen aufgefordert worden, die Stadt unverzüglich zu verlassen. Die Japaner, die sich bewaffnet haben, erklären, sie würden etwaigen Versuchen, sie zu vertreiben, Widerstand entgegensetzen. In der Stadt Seattle, wo die astatenfetndlichen Elemente gleichfalls eine große internationale Kundgebung veranstalten wollen, haben sich die Japaner und Chinesen ebenso bewaffnet. Nach Meldungen ans Vancouver leitete der dortige Mayor eine Geldsammlung ein, um 800 Hindus nach Ottawa, dem Sitz der kanadischen Regierung, zu bringen.
VKgss-Meurgttmten.
Au« MM Md LM.
Nagold, 17 Eeptnnber
* Turnverein. Wie wir hören, wird am nächsten Sonntag ein Abturnen im „Ltndengarten" stattfinden. Für Zöglinge und Schüler soll ein Wetturnen mit Preisverteilung damit verbunden werden.
Mötzingeu, 17. Sept. Gestern abend 6 Uhrbrannte das hiesige Schulhaus ab; die Lehrersfamilien konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Das Mobiliar konnte teilweise gerettet werden. Der Mangel einer Wasserleitung machte sich sehr fühlbar, da es mit der Beschaffung von Wasser sehr langsam ging. Die Ursache des Brandes soll ein Kamindefekt sein. _
r. Stuttgart, 15. Sept. Um einen Preis von über eine Million Mark hat die Generaldirektion der Staats- eisenbahneu das Anwesen der Freifrau Mathilde von Entreß- Fürsteneck in der Kriegsbergstraßc angekauft.
— Der 7. Evaug. Laudessynode, die Mitte Oktober wieder zusammentreten wird, sind jetzt die Berichte der Kommission für Lehre und Kultus über die ihr zugewiesenen Gegenstände im Druck unterbreitet worden. Die Berichte erstrecken sich in der Hauptsache auf eine reichere Ausstattung des Gottesdienstes, auf die neue Ausgabe des Kirchenbuchs, die Konfirmation, Trauung und Begräbnis, die Wochen- und Feiertagsgottesdienste, die Ausdehnung des Lehrvikariats, die Perikopmordmrng und die Gestattung des Einzelkelchs.
r. Stuttgart, 13. Sept. In Deutschland zählt man jetzt 340 Tierschutzdereine mit ca. 120000 Mitgliedern. Unter ihnen nimmt der würtl. Tierschutzverein mit 4000 Mitgliedern die 3. Stelle ein. Eine ungeheure Fülle von Arbeit wird von den Vereinen geleistet, der im Jahre nicht nur über 4 Millionen an Schriften, Flugblättern und Schreiben versendet, in dessen Dienst auch 3 Inspektoren zur Ueberwachung von Tierquälereien und eine Inspektor!« zur Hilfeleistung bei verwundeten Tieren stehen, der Tierasyle, Tierdepots rc. besitzt. Daß es in Deutschland wohl ein Vogelschutzgesetz, aber keinen Vogelschutz gibt, beweist die Tatsache, daß ein Hamburger Händler öffentlich zur Lieferung von 6000 deutschen Singvögeln, wie Stieglitze, Buchfinken, Hänflinge aufmuntert und ein badischer Händler wöchentlich 200 gelbe Zeisige zu liefern sich bereit erklärt. Der württ. Tierschntzverein hat an daS Ministerium des Innern eine Eingabe gerichtet, damit Transporteinrichtungen getroffen werden, welche die Fesselung und Knebelung von Kälbern, Schweinen, Schafen rc. unnötig machen.
Tübingen, 16. Sept. Ertrunken. Der 65jähr. Hausierer Anton Kittel aus Oberndorf wurde am Samstag mittag in der Ammer beim Ammerhof ertrunken aufgefunden. Er scheint sich dort am Mittwoch zum Schlafen niedergelegt zu haben und in der Dunkelheit ins Wasser gefallen zu sein. Man fand bei ihm eine Uhr, ein Portemonnaie mit 1 -g und Karbolwaffer. Die Leiche wurde von Mitgliedern der Sanitätskolonne nach dem Spital befördert.
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Reutliuge«, 15. Sept. Nachdem der Wasserspiegel der Echatz wiederholt unter Niederwasserstand gesunken ist, hat das Oberamt die Wiesenwässerung im ganzen Echatz- tal bis aus weiteres strengstens untersagt.
r. Eßliugeu, 14. Sept. Vorgestern vormittag um 10 Uhr wurde bei der Kiesbaggerei zwischen Altbach und Deizisau die Leiche eines etwa 25 Jahre alten Mannes aus dem Neckar gezogen, deren Kopf vom Leibe getrennt war und bei der Weiterbaggerung nachher zum Vorschein kam. Der Verlebte mag schon etwa 6 Monate im Wasser gelegen haben. Nachforschungen nach dessen Persönlichkeit sind im Gange.
r. Besigheim, 15. Sept. Gestern versammelten sich in Neckarwestheim eine größere Anzahl Bürger u« über die Gründung einer Getreideverkaufsgenoffenschaft zu beraten. Zu der Versammlung waren auch Regierungsrar Zimmer- mann und Oberamtspfleger Merz-Bestgheim erschienen. Die Gründung der Genossenschaft (G. m. b. H.) wurde vorerst mit 30 Mitgliedern beschlossen. Schultheiß Beuttler-Neckar- westheim dankte dem Oberamtsvorstande für sein Erscheinen und seine sachkundige Beratung.
r. Göppiugeu, 14. Sept. Die Göppinger Blätter melden aus Reichenbach a. F.: Kommerzienrat Otto-Stuttgart läßt den Anbau von Baumwolle in seinen großen ostafrikanischen Besitzungen alsbald energisch durch Neger in Angriff nehmen. Auf seiner großen Reise, die er in diesem Sommer dorthin machte, war er nicht in Begleitung des Kolonialstaatssekretärs Dernburg. Mit den Württembergern Professor Fraas und Konsul Schwarz aus Stuttgart, dem Freiherrn v. Palm-Eßlingen und dem Berliner Dr/Klincke war Kommerzienrat Otto schon Ende Juni abgereist, also lange vor Dernburg; er hat diesen in Afrika überhaupt nicht gesehen.
r. Friedrichshafe«, 16. Sept. In der gestrigen Nummer des Blattes, teilten wir nach dem „N. T." mit, daß Graf Zeppelin von einem rheumatischen Leiden befallen und zu längerem Kuraufenthalt in Bad Pistyan (Ungarn) eingetroffen sei und deshalb die Versuche mit dem neuen Luftschiff noch auf einige Zeit aufgeschoben werden müßten. Dieser Nachricht gegenüber wird uns jetzt mitgeteilt, daß sich Graf Zeppelin der besten Gesundheit erfreut und tagtäglich aus der Werft in Manzell erscheint, auch heute, um persönlich Anordnungen zn treffen. Die neue schwimmende Halle wird dieser Tage fertig und dann dürften wohl neue Aufstiege in allernächster Zeit zu erwarten sein. Heute schon eiuen bestimmten Zeitpunkt festzustellen, dazu ist niemand in der Lage, selbst der Erbauer des Ballons nicht, da auch die neuen Flugversuche von verschiedenen Faktoren abhängig sind. Die in letzter Zeit in der Tagespreise über das Zeppelinsche Luftschiff erschienenen Meldungen beruhen auf bloßen Mutmaßungen. Die neuen Flugversuche werden eben auch wie die vom Oktober v. Js. Versuche bleiben, denen wir wünschen, daß sie von eben so schönem Erfolg begleitet sein mögen, wie jene.
r. Assmaushardt OA. Biberach, 16. Sept. Für das am Samstag unter neuer Kriegslage begonnene und am Montag endigende Manöver der 27. Division wurde angenommen, daß eine rote Armee über die Linie Tuttliugen- Rottweil im Anstieg auf die schwäbische Alb und eine blaue Armee im eigenen Land im Vormarsch gegen die rote Armee begriffen ist und die Linie Geislingen—Ulm (Ulm ist als offene Stadt gedacht) erreicht hat. Für die verstärkte 53. Infanterie-Brigade (blau) ergab sich aus dieser Kriegslage die Aufgabe, den Schutz der Unken Flanke zu übernehmen und gegen eine feindliche Kolonne aller Waffen, deren Vormarsch von Ravensburg auf Aulendorf gemeldet wurde, vorzugehen. Die Brigade hatte am 13. Sept. nachmittags mü den Hauptkräften die Gegend von Ehingen erreicht und ihre Sicherungen bis zur Linie Rottenacker—Kirchbierlivgen- Schaiblishausen vorgeschoben; Patrouillen hatten am 13. abends bei Tiefenbach, Stafflangen und Mittelbiberach feindliches Feuer erhalten. Die verstärkte 54. Brigade (rot) hatte Auftrag, in dem bevorstehenden Kampf gegen die linke Flanke des Feindes vorzugeheu. Sie stand am 13. Sept. abends mit Ihren Hauptkräften nordöstlich von Schuffenried und hatte Sicherungen in der Linie Mittelbiberach—Staff- langen—Tiefenbach vorgeschickt. Im Verlaufe des Gefechtes, das eine ziemlich laug ausgedehnte Aufklärung erforderte, schob die 54. Brigade ihre Infanterie bis Grafenwald- Britschweiler vor und eröffnete ein heftiges Artilleriefeuer aus Feldgeschützen und schweren Feldhaubitzen auf den Gegner, der sich westlich Altheim und südlich Jngerkingen festgesetzt hatte. Durch das überlegene Feuer der 54. Brigade, die auch Schützenlinien gegen die teilweise befestigte Stellung der 53. Brigade Vorgehen ließ, wurde diese gezwungen, über Jugerkingen gegen Untersulmetingen zurückzugehen. In diesem Stadium ließ Divisionskommandeur