81. Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der dorm- und Festtage.
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Ms- Md LnM-Mtt flr dm OdermtsSeM NW».
Jevnsprechen Wr. 29.
Jernspvecher Ar. 29.
Auflage 2600.
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Mit dem Plauderstübche» und
Gchwäb. Landwirt»
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»«üiche-.
Bekau«tmachn«g.
ES wir- hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß durch Verfügung des Gr. Bezirksamts Pforzheim vom 14. Septbr. d. Js. gemäß § 4, 18 der Floßordnung für die Enz und Nagold, behufs Fertigstellung dringender Wasserbauten die Flostsperre für die badische» Strecke« der Enz ««d Nagold bis L. Oktober ds. JS. ver- lSugert worden ist.
Nagold, den 16. Sept. 1S07.
K. Oberamt. Ritter.
WoMifche Meberficht.
Der Kaiser emstng am Donnerstag in Wilhelmshöhe den japanischen Botschafter. Am 29. d. M. trifft der Kaiser in Posen ein, um an diesem und an dem folgenden Tag an den dortigen Festungskriegsübungen teilzunehmen. Beim 1. Armeekops fallen in diesem Jahr auf Befehl des Kaisers die Brigademanöver aus. Die Dtvistons- und Korpsmanöver werden aus sechs Tage beschränkt. Das Generalkommando hat angeordnet, daß auch während dieser Zeit von jeder Kompanie 15 bis 20 Mann zu Erntearbeiten abgegeben werden. — Die Kaiserjacht „Hohenzollern" hat Befehl erhalten, am 15. November zum Antritt der Englandreise des Kaiserpaares von Kiel nach der Elbe abzugehen. Das Kaiserpaar wird sich am 17. November in Brunnsbüttel oder Cuxhaven nach England einschiffen.
Zude«Personalveränder«ugeu i» de« höchste« Kommaudostellen der Armee, die bereits gemeldet wurden, treten noch die folgenden; Frhr. von der Goltz, General der Infanterie und kommandierender General des I. Armeekorps, mit dem 1. Oktober 1907 pon dieser Stellung enthoben und zum General-Inspekteur der neu zu bildenden VI. Armee-Inspektion in Berlin ernannt. Kluck, General der Infanterie und kommandierender General des V. Armeekorps, mit dem 1. Oktober 1907 in gleicher Eigenschaft zum l. Armeekorps versetzt. Gr. von Kirchbach, General-Leutnant und Kommandeur der 17. Division, zum General der Infanterie befördert und mit dem 1. Oktober 1907 zum kommandierenden General des V. Armeekorps ernannt. Dem Generalstabsarzt der Armee Dr. Schjerning ist der Rang eines Generalleutnants verliehen worden.
Zn der Frage der Gchiffahrtsabgabe« a«f »atürliche« Wasserstraße« kommt jetzt, wenn ein Berliner Blatt recht berichtet ist, die bis jetzt nicht dementierte Kunde, daß Anhalt, Baden, Braunschweig, Hessen, Mecklenburg, Oldenburg, Lübeck, Sachsen und die thüringischen Staaten auf einem ablehnenden Standpunkt stehen. Damit aber wäre ein preußischer Antrag im Bundesrat gefallen. Denn da es sich bei einer Aenderung des bestehenden Zustands um eine Verfassungsänderung handelt, so würde diese nicht gegen 14 Stimmen beschlossen werden können (Art. 78 der Reichsverf.). Damit aber ist zugleich der Boden gegeben für eine Regelung im Sinn unserer zitierten Aus-
Uagokd, Montag dm 1«. Septemöer
laflung, falls von den beteiligten interessierten Hauptuferstaaten (vor allem Preußen) auf Einführung von Abgaben dennoch starker Wert gelegt werden sollte. Und außerdem scheint uns hier auch noch ein nicht zu unterschätzendes Kom- peusationsobjekt gegeben zu sein etwa zur Erlangung einer Beteiligung an dm Ueberschüfsen der durch Thüringen und andere Bundesstaaten gehendeu preußischen Eisenbahnen, au denen die Bevölkerung Md Industrie der beteiligten Bundesstaaten doch auch ihren gutgemeffenen Anteil haben. Wenn wir auch grundsätzlich jeglicher Schacherpolitik feind find, so dürfte doch in dieser Frage, in welcher der Rechtsstandpunkt Preußens in Ansehung der kleinstaatlichen Eisenbahnen, in so nachdrücklicher Weise, so oft und auch in letzter Zeit wieder, im preußischen Abgeordnetenhaus aus der Reihe der Abgeordneten und vom Regierungstisch aus wie auch in der Presse betont worden ist, jedenfalls nichts dagegm ein- zuwenden sein, wenn auch von seiten der kleineren Staaten an ihren Rechten unweigerlich festgehalteu wird.
Für de« Grase« Pofadotvsky wird vom Vorstand des deutschen Arbeiterkongresses eine Ehrung vorbereitet, die in der Form der Herausgabe eines Buches über die Tätigkeit des ehemaligen Staatssekretärs deS ReichSamts des Innern erfolgen soll. Aus dem kürzlich abgehaltenen christlich-sozialen Parteitag teilte der Lizentiat Weber Näheres darüber mit. Es sei ein namhafter Sozialpolitiker gewonnen, der in dem Buch eingehend neben einer Biographie Posa- dowsky seine sozialpolitische Grundanschauung Md die von ihm verabschiedeten Gesetze behandeln soll. Ein billiger Preis solle einen Massenvertrieb sichern.
Die Nückkehr der Jes«ite» wird jetzt von einzelnen Blätter als kurz bevorstehend bezeichnet. Es war von vornherein in Aussicht genommen, vom Zeitpunkt der Aufhebung des 8 2 des Jesuitengesetzes bis zum Wiederaustauche« der Väter der Gesellschaft Jesu eine längere Frist verstreichen zu lassen. MM will nun Anzeichen dafür verspürt haben, daß in den maßgebenden katholischen Kreisen jetzt die Zeit für die Rückkehr der Jesuiten als gekommen erachtet wird. Es wird vermutet, daß die Jesuitenpatres zunächst als Vorsteher von'Arbeiter- Md Männer-Kongre- gationen an größeren Stadtpfarrkirchen Anstellung finden werden. Auf diese Weise soll zu einer nmen Organisation des Jesuitenordens in Deutschland hinübergeleitet werden — vorausgesetzt natürlich, daß es dem Zentrum gelingt, auch den übrig gebliebenen § 1 deS Jesuitengesetzes in die Versenkung zu stürzen.
Die russische Regierung hat mit dem päpstlichen Stuhl eine Konvention abgeschlossen betreffend den Unterricht in russischer Sprache, Geschichte und Literatur in den katholischen Seminaren des Zartums Polen. Der Konvention zufolge stellt der Bischof den Lehrplan Md die Prüfungsaufgaben auf; Regierungsbeamte wohnm den Prüfungen bei, jedoch nur zur Kontrolle in den nichtkonfessionellen Fächern.
I« Marokko haben die Franzosen jetzt die Offensive ergriffen und den am vorletzten Sonntag wegen der Erkrankung des Generals Drude unterbliebenen Vorstoß gegen Taddert ausgeführt. Donnerstag früh 6 Uhr brach die
ISO?
erste Kolonne von Casablanca auf Md erreichte um 7 Uhr das Gehöft Alvarez. Hier überraschte sie die marokkani- chen Vorposten und machte sie nieder, bevor sie Alarm chlagen konnten. Die zweite Kolonne mit General Drude und dem Stab brach um 7 Uhr bei dichtem Nebel auf und vereinigte sich mit der ersten, worauf beide in einem gleich- bleibenden Abstand den Marsch fortsetzten. Um 8 Uhr wurde halt gemacht. Die Artillerie eröffnet- ein heftiges Feuer auf daS Lager, indem sie große Verwüstungen anrichtete. Die Infanterie nahm den Marsch gegen die marokkanischen Abteilungen, die von allen Seiten Zuzug «- hielten, auf, und warf sie von Hügelkette zu Hügelkette zurück. Die Artillerie nahm bald eine Stellung ein, die das ganze Feld beherrschte, und feuerte ununterbrochen bis Mittag, so daß das Lager und seine Umgebung unhaltbar wurden. Die Infanterie rückte in Taddert um 9 Uhr vormittags ein. Die Artillerie vernichtete lange Züge von Feinden, die wertvolle Gegenstände mit sich führten. General Drude machte sich den herrschenden Nebel sowie die Vorteile, die das Gelände bot, zunutze, um daS Lager zu überraschen. Der Feind wurde zerstreut und auf der Flucht fortgesetzt von den Geschützen sowie von dem Kreuzer „Glotte , der sehr wirksam eingriff, beschaffen. Die französische« Verluste betragen einen Toten und zehn Verwundete. Das Lager der Marokkaner wmde vollständig verbrannt. Um 3 Uhr nachmittags kehrten die Franzosen nach Casablanca zurück. — Zu der Frage, wer für den Schaden haftbar zu machen ist, der deutschen Reichsangehörigen durch daS französische Bombardement von Casablanca zugefügt wmde, und wer somit zum Ersatz herangezogen werden könne, erfährt die „Voss. Ztg." offiziös, daß die Reichsregierung sich in dieser Angelegenheit nicht mit Frankreich auseinauderzu- setzen gedenkt. In der Mehrzahl der Fälle, wo deutsche Reichsangehörige Entschädigungsansprüche geltend machen werden, werde sich die Reichsregierung direkt an Marokko halten. In welcher Form das geschieht, hänge von der weiteren Entwicklung der Dinge ab. Die Reichsregierung brauche in dieser Angelegenhett von Frankreich keine Gefälligkeit zu beanspruchen, die vielleicht mit einer großmütigen Geste gewährt und später von den Franzosen dazu benutzt werden würde, sich erst recht au Marokko schadlos zu halten. Es kommt noch hinzu, daß die Inanspruchnahme französischer Dienste in der Entschädigungsangelegenheit von seiten der Republik als eine Anerkennung der französischen Theorie betrachtet werden könnte, wonach Frankreich berechtigt sei, sich andern Mächten gegenüber als der berufene Vormund Marokkos aufzuspielen. Deshalb werden von seiten Deutschlands gegen Frankreich nur Entschädigungssorderungen in Fällen geltend gemacht werden, wo sich Nachweisen läßt, daß Deutsche durch völkerrechtswidriges Verhalten französischer Truppen, sei es infolge von Böswilligkeit oder grober Fahrlässigkeit, zu Schaden gekommen sind oder Verluste erlitten haben.
Zu de« asiateufeiudlicheu Vorgänge« i» Baucouver wird berichtet, daß die Erregung noch immer sehr groß ist. Am Mittwoch hängte der Pöbel eineu Chinesen. Gegen tausend Japaner sind in Schiffen nach
Lufischiffayrt.
Die neuestes „Lenkbaren"; Ballonwetlfahrteu.
(Schluß.) (Nachdr. verb.)
Auch tu Italien ist kürzlich ein Graf, Almerico d Schio, mit einem lenkbaren Luftschiffe hervorgetreten, we ches durch die Beteiligung des Königspaares an den Koste und Versuchen ein gewisses Aufsehen erregt hat. Da e aber weder an Größe (1200 edm) noch an Kraft uu Schnelligkeit im geringsten den Vergleich mit den neuere französischen und deutschen Leistungen aushalten kann, s können wir es hier mit seiner Erwähnung bewenden lasier Eine Neuerung ist es, daß der Ballon an der untere» Seil «ne Stoffbahn aus Gummi erhielt, die den Ausgleich bl Temperaturveränderungen und Gasverlusten übernehme md den Ballon beständig straffgespannt erhalten soll. TX Instrukteur will dadurch die oben angeführten Ballonet überflüssig machen.
Weder das lenkbare Luftschiff noch die Fluamaschtt haben bisher den simplen schwebenden Ballon zu verdränge vermocht, die sich nach wie vor als ein unübertreffliche Sportsahrzeug und ein treffliches Hilfsmittel zur Schulun der angehenden Aviatiker wie der Leuker und Erbauer vo lenkbaren Motorballons erweist. Selten aber haben di Fahrten der Luftsportler in dem Maße die Aufmerksamkei weiterer Kreise ms sich gezogen, wie 1906, in dem Jahr der internationalen Wettfahrten durch die Löst, Am meisten Teilnahme fand natürlich Las am 30. Oktobe
abgehaltene Fahren um den von Gordon-Bennett gestifteten Wanderpreis. Sechzehn Ballons, sieben verschiedene Nationen und fast sämtliche namhaften Aeroklubs der Welt nahmen an diesem Rennen teil, welches in den Pariser Tuilerieu begann und sieben von den beteiligten Ballons über den Kanal bis weit nach England führte. Den Preis errang der amerikanische Leutnant F. P. Lahm in dem Ballon „United States", der in 22'/- Stunden bis Flyng Hall in Aorkshire gelangte, eine Entfernung von 650 Kw, die sicherlich von vielen Teilnehmern überboten worden wäre, wenn nicht der herrschende Wind Vorsicht geboten hätte.
Ein zweites Ballonrennen fand von Mailand aus bei Gelegenheit der Ausstellung zur Feier des vollendeten Stmplontunnels statt, ein drittes in Berlin, wobei namentlich die Verfolgung der BallonS durch Automobile Aufsehen und teilweise» Widerspruch beim Publikum fand. Indessen braucht eine solche Verfolgung, die im Kriege zuweilen von größter Wichtigkeit sein kann, durchaus nicht, wie vielfach befürchtet wurde, in ein wüstes Drauflosrasen auszuarten, und wir meinen, gerade auf diesem Felde ließe sich durch Uebung der Geschicklichkeit im Bestimmen und Verfolgen der vom Ballon etngeschlagcven Richtung viel erreichen. Denn im Kriege der Zukunft wird der Luftballon ohne Zweifel eine große, heute noch gar nicht zu übersehende Rolle spielen. Nicht unerwähnt wollen wir lasten, daß Santes Dumont, der sich an der erst erwähnten Wettfahrt beteiligte, seinen Ballon mit einem Motor ausgerüstet Hatte, der einzige Motorballon, der an der internationalen Wettfahrt teil- uahm. Es war indessen nur eine 6pferdige Maschine, deren
Zweck es nur sein sollte, die Richtung des BallonS ln unerwünschten Luftströmungen zu beeinflußen. Die Einrichtung kam leider nicht zur Geltung, da .Santos Dumont daS Mißgeschick hatte, in der Nähe des Kanals Havarie an dem Motor zu erleiden Md sich selbst dabei leicht zu verletzen, so daß er genötigt wurde von der Fortsetzung der Fahrt abzustehen.
Noch andere größere Pläne führt dieser Meister des Luftmeeres, der sich neuerdings sogar mit dem Bau von Flugmaschinen beschäftigt, im Schilde. Wie er in einem Artikel der Fortnightly Rewiew erzählt, ist er jetzt mit dem Bau einer „Luftjacht" beschäftigt, die alles Bisherige an Luftschiffen weit hinter sich läßt. Dieses Wunder von einem Ballon erhält außer der Maschine und Schraube, die ihn mit mäßiger Geschwindigkeit vorwärts treiben sollen, einen kleinen Dampfkessel mit Petroleumheizung, der den Zweck hat, das sich zur Nachtzett abkühlende Gas wieder zu erwärmen und so den Verlust des Ballons an Auftriebskraft immer wiederherzustellen. Es reicht zu diesem Zwecke eine Dampfleitung von der Gondel bis in den Ballon Md verzweigt sich innerhalb desselben in «in Netz von Aluminium- röhren, die die Wärme an dm Gaskklhalt des BallonS ausstrahlen. Hat der Dampf diese Arbeit verrichtet, so kühlt er sich ab und kehrt in der Form von Wasser wieder in dev Kessel zurück.
„Diese 20 Wasser," sagt Sautos Dumont, „bleiben stets ein Teil des ursprünglichen Gewichtes meines Ballons, aber jedesmal, wenn fie mit Hilfe eines Kilogramm Petroleums den Kreislauf der Verdampfung machen, gewinne ich