«1. Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich stier 1 mit Träger­rohn 1.20 im Bezirks- und 10 k«r Verkehr 1.2S im übrigen Württemberg1.W MonatSabonnemeutS nach BerhältniS.

Amts- md L«M-SlÄ fll i>m OdmmIs-SeKK Wld.

Kernfpvechev Wv. 29.

Jevnfpvecher Wv. 29.

Auflage 2600.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ifpalt. Zelle «S gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchr» und

Gchwäb. Landwirt.

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Bekanntmachung der Königlichen Baugewerkschule, die Anmeldung betreffend.

Die Anmeldungen für das Wintersemester haben vor dem 1. Oktober zu erfolgen. Später eintreffende Aufnahme­gesuche haben keinerlei Anspruch auf Berücksichtigung. Stuttgart, den 5. September 1907.

Die Direktion. Schmohl.

Sun» Majestät der König haben durch Allerhöchste Ordre vo« S. Gept. d. I. jdem vr. Nägele, KtabSarzt in der Schutztruppe für Südwestafrika, (früher im Pionierbataillon Nr. IS und Gene­sungsheim Waldrck), da» Ritterkreuz I. Klaffe de» FriedrichS-Orden» z« verleihen geruht.

Ire Akte von Algeciras.

Bis zu diesem Augenblick sind die Akten von Algeciras intakt. Die Ereignisse in Casablanca waren veranlaßt durch dort vorgekommene bedauerliche Zwischenfälle, hatren aber einen rein provisorischen Charakter, und haben die Akte von Algeciras und die durch sie geschaffene rechtliche Situation in nichts geändert. Vor einigen Tagen kam nun von Paris die Nachricht, die französische Regierung habe den maroka- uischen Kriegsminister in Tanger gefragt, ob er die Garantie dafür übernehmen könne, daß die marokkanischen Soldaten der zu gründenden Polizei sich nicht an ihren französischen oder spanischen Instrukteuren vergreifen würden. Bekannt­lich ist cs in der Akte von Algeciras vorgesehen, daß die Polizei der marokkanischen Häfen aus eingeborenen Sol­daten und aus einer limitierten Zahl von französischen und spanischen Unteroffizieren bestehen soll. Der marokkanische Kriegsminister hat auf die französische Anfrage natürlich geantwortet, er könne eine solche Garantie nicht übernehmen. Natürlich, kein Mensch kann eine solche Garantie überneh­men. In dieser Antwort scheint nun nach demTemps" und Aeußerungen des französischen Ministers Pichon die französische Diplomatie ein neues Faktum zu erblicken, wo­raus sie für sich das Recht abzuleiteu scheint, die Polizei nicht aus marokkanischen, sondern aus französischen und spanischen Soldaten zu gründen. Wenn dies tatsächlich ge­schieht, so ist damit allerdings ein Zustand geschaffen, der den Bestimmungen der Akte von Algeciras direkt entgegen­gesetzt ist. Natürlich weiß die französische Regierung das und hat infolgedessen, wie die Zeitungen melden, den Groß­mächten eine Note überreicht, in der sie ihren Plan darlegt. Zwar kann ohne weiteres angenommen werden, daß die Franzosen nicht beabsichtigen, die Polizei für alle Ewigkeit aus französischen und spanischen Soldaten zu bilden; der Plan kann offenbar nur dahin verstanden werden, daß bis zu dem Augenblick, wo die Marokkaner ruhig genug ge­worden sein werden, um als Soldaten unter französischen Offizieren Polizeidienst verrichten zu können, diese Polizei provisorisch aus französischen und spanischen Soldaten be­stehen soll. Trotz dieses provisorischen Charakters ist aber immerhin eine Situation geschaffen, welche einige Besorgnis über das Schicksal der Akte von Algecuas erwecken muß. Es hängt natürlich alles davon ab, wie die Großmächte die französische Note beantworren werden. Die französischen

" Lustschiffahrt.

Die neueste«Lenkbaren"; Ballouwettfahrteu.

(Fortfttz««».) (Nachdr. verb.)

Einen endlichen Erfolg nach langem Ringen und vielem Mißgeschick hat das abgelausene Jahr dem Schöpfer des bekannten Ricsenballons auf dem Bodenfce, dem Grafen Zeppelin, gebracht. Wir haben seine Versuche bis zu den ersten Fahrten des neuen Modells im Jahre 1906 begleitet und konstatieren müssen, daß auch dieses Luftschiff leider wiederum ein Opfer seiner starren Konstruktion wurde. Es landete bet seiner Fahrt am 17. Jan. infolge Havarie der Motoren unfreiwillig nicht aus dem Wasser, sondern auf dem Lande bei Kißlegg im Algäu. Da nun das ungeheure, von eurer straffen Hülle überzogene Almniniumgestell sich natürlich nicht, wie ein elastischer Ballon, zusammrmollen und fortschaffen ließ, so fiel es dem in der nächsten Nacht auftretenden orkanartigen Winde zum Opfer und wurde stark deformiert. Die Willenszähigkeit des Erbauers hat aber selbst von diesem neuen Fehlschlag sich nicht einen Augenblick entmutigen lassen. Auls neue wurden Mittel gesammelt, aufs neue die Arbeiten begonnen und dem Phönix ans der Asche gleich entstand noch im selben Jahre das nene Zeppeliusche Luftschiff, welches in Bau und Größe dem vorigen gleich, doch noch wieder einige neue Verbefser-

Magold, Areitag den 13. Septemöer

Zeitungen behaupten allerdings, diese Antwort der Groß­mächte sei schon Freitag, uud zwar in zustimmendem Sinn erfolgt. Dem fit aber doch nicht so. Bis Sonntag war, soweit bekannt, erst die Antwort von deutscher Seite abge­gangen, und die Meldungen desTemps", welche schon den Inhalt dieser Antwort zu erraten glaubten, waren wohl verfrüht.

Man kann nicht erwarten, daß die deutsche Regierung die marokkanischen Angelegenheiten in einem für Frankreich unfreundlichen und hinderlichen Sinn behandeln würde. Sie hat durch ihre Haltung bei Gelegenheit der Casablanca- Vorgänge gezeigt, daß ste nicht ohne Verständnis für die eigenartige und schwierige Situation ist, in welcher die Franzosen, wie wir annehmen können, wider ihren Willen in die jetzige Situation hineingedrängt worden sind. Man kann aber andererseits von Deutschland schwerlich verlangen, daß es Frankreich seine förmliche Zustimmung gibt, die Akte von Algeciras zu brechen und das einzige Dokument, das die verschiedenen Interessen der Großmächte in Marokko definiert, begrenzt, und so gut es geht mit einander versöhnt, wertlos zu machen. Schwerlich kann die Erklärung des marokkanischen Kriegsministers, Marokko könne den Franzosen nicht garantieren, daß die marokkanischen Polizisten sich nicht gegen ihre Offiziere vergehen würden, wie derTemps" meint, als ein nouveau kalt angesehen werden, daraus man ohne weiteres eine Möglichkeit, die Akte von Algeciras nicht zu achten, ableiten könne.

Es ist zu hoffen, daß, wenn sich hierauf eine Meinungs­verschiedenheit zwischen den Großmächten ergeben sollte, diese nicht zu diplomatischen Unstimmigkeiten und Preßfehden führen werden. Das ist sicher zu vermeiden, vorausgesetzt, daß jeder Teil vorsichtig, ruhig und sachlich zu Werk geht und jeder Teil weiß, was er dem andern zumuten kann.

WoMifche Meöersicht.

Zu der Tatsache, daß der Reichskanzler sich in Nor­derney mit einem der Führer der Linksliberalen dem Rrichs- tagsabgeordneten Payer über die politische Lage ausge­sprochen hat, erregt im Lager des Zentrums schlechtverhehlten Aerger, der sich in witzelnden Auslassungen imDeutsch. Volksblatt" und in derKöln. Volksztg." Lust macht. Früher wars anders als der Reichskanzler gezwungen war mit dem Zentrum Fühlung zu nehmen; da betrugen sich aber die Liberalen ernst und ruhig mit dem Bewußtsein, daß in zielbewußtcr Auffassung der Dinge schließlich doch eine Wendung kommen werde, die der parlamentarischen Gewalt­herrschaft des Zentrums den Hals brechen würde. Daher jetzt der große Aerger bet der vom Reichskanzler boykot­tierten Partei.

Die Schaffung eiuer Reichsbehörde für Volksbildung und Volksschulwesen strebt der deutsche Lehrerverein in neuerer Zeit mit größerer Entschiedenheit an. Er hat darum auch seinen Verbänden für die nächste Tagung neben der Erörterung des ThemasDer Lehrer­mangel nach seinen Ursachen und Wirkungen" auch die Beratung jenes Gegenstandes zur Pflicht gemacht. Der Magdeburger Lehreroerctn ist der erste, der dieser wichtigen Frage gründlichere Aufmerksamkeit widmet und sic schon in

s ungen anfwies. Der starre, aus «luminirrmrippm gebaute > und mit straffgespanntem Stoffe überzogene Ballonkörper ist 126 in lang, hat fast 12 m Durchmesser, einen 16eckigen Querschnitt und ziemlich scharf zugespitzte Enden. Im Innern dieser Hülle befinden sich die 16 Kammern, waffer- stoffgefüllte Ballons, die auf diese Weise gegen die Wirk­ungen der Sonnenstrahlung und Abkühlung geschützt find, und deren Gesamtinhalt über 10000 ebm beträgt. Die beiden, vorn und hinten unter dem Ballon schwebenden Aluminiumgondeln sind ebenfalls mit ihm und unter sich starr verbunden und schwimmfähig gemacht, so daß sie, auf dem Wasser treibend, die ganze Konstruktion tragen können. Für gewöhnlich denkt man sich nämlich diesen Ballon nur vom Wasser abschwebend und ebendort landend, wenigstens vorläufig, bis oftmalige Versuche und lange Uebung der Bedienungsmannschaften ein sicheres stoßfreies Landen auch auf festem Boden ermöglichen. Die Triebkraft der beiden Motoren beträgt 170 Pferdekräfte, jeder setzt zwei große dreiflüglige Luftschrauben in Bewegung, die seitlich an der unteren Hälfte des Ballonkörpers angebracht sind. Große Horizontal- und Vertikalsteuer vervollständigen den Beweg- ungsmechanismus des gewaltigen Luftschiffes, das alle bis­her gebauten Lenkbaren drei- bis viermal an Größe über­trifft. Die große Horizontalsegel oder Gleitflächen ermög­lichen es, mit dem Zeppelinschen Ballon rein dynamisch auf­zufahren, d. h. sich, ohne daß ein Auftrieb des Gases vor-

1907

nächster Zeit eingehend erörtern wird. Der Referent über das Thema wird hierbei folgende Begründung geben: Wenn das deutsche Reich mit Erfolg Weltpolitik treiben will, muß es zu der wirtschaftlichen Einigung auch die geistige Einheit erstreben. Es darf darum nicht nur daS höhere Schulwesen beachten, sondern muß auch gesetzliche Bestimmungen für Volksbildung und Volksschule erlassen. Das Material für diese Gesetzgebung wird am vollständig­sten und einwandfreiesten sein, wenn es von einer Reichs­behörde gesammelt und gesichtet wird. Die ReichSschul- behörde übt nicht Aufsichtsbesugniffe aus, sondern wirkt als beobachtende und beratende Zentralinstanz."

Welche Stellung die deutsche Regierung gegen­über dem französischen Vorschlag auf Einsetzung einer internationalen Kommission zur Erledigung der marokkam- fchen Entschädigungsfrage einnehmen wird, läßt sich noch nicht erkennen. Außer Zweifel scheint aber zu stehen, daß man den Vergleich mit der Lage nach dem Bombardement Alexandriens für ebenso bedenklich ansieht, wie die Ange­legenheit mit der provisorischen franzöfisch-svanischeu Polizei in Marokko. Bedenklich ist der Vergleich schon insofern, als die Engländer seinerzeit Aegypten okkupierten. Da die Erledigung der Frage der Entschädigungspflicht noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, will die deutsche Reichs­regierung, wie der Berliner Korrespondent derFrkf. Ztg." erfährt, den durch daS Bombardement von Casablanca ge­schädigten deutschen Reichsangehörigen sofort auf die ihnen zustehende Entschädigung einen Vorschuß von 250000 Mk. auszahlen.

Die deutsche Antwort aus de« srauzösische« Vorschlag einer französisch-spanischen Polizei in Marokko hat in Frankreich eine recht widerspruchsvolle Ausnahme gefunden. Während man sich in Regierungskretsen und in der ihnen nahestehenden Presse mit der deutschen Antwort als durchaus befriedigt erklärt, spiegelt sich in den übrigen Kommentaren eine merkbare Empfindlichkeit. Man erkennt zwar an, daß die französischen Wünsche eigentlich vollkommen erfüllt wurden, daß Frankreich und Spanien nunmehr freie Hand zur Besetzung der marokkanischen Hafenstädte haben, aber der leise Hinweis auf die in Casablanca begangene Uebereilung, der Ratschlag, sofort mit genügenden Truppen- maffen zu operieren, wenn man zur Besetzung schreitet, hat eine gewisse Verstimmung erzeugt. Auch fehlt es nickt an Stimmen, die hinter der deutschen Zustimmung die Absicht vermuren, Frankreich tiefer und tiefer in die Marokkoaffäre zu verwickeln. Figaro" dagegen vergleicht das entschiedene deutsche Veto in der Marokkoangelegenheit vor 2 Jahren mit den wohl­meinenden brieflichen Ratschlägen von heute und meint, daß die wesentliche Besserung der deutsch-französischen Beziehungen der französischen Regierung gestatte, mit großer Besonnen­heit alle Bedenken gegen die Errichtung der Reformpolizei mit ausschließlich französisch-spanischem Personal zu prüfen, wie dies in der deutschen Note ausgesprochen sei.

Vertragsschluff zwischen Russland und Japan.

Der am 5. September 1905 zwischen Rußland und Japan in Portsmouth geschloffene Friedensvertrag, mit dem eine neue Grundlage für die Gestaltung der Machl- verhältnifse im fernen Osten geschaffen wurde, hat fast genau

Händen ist, vom Wasser mit Hilfe der Schrauben zu er­heben. Die Gleitflächen werden mit der Vorderkante etwas aufrecht gestellt, die Motoren in Bewegung gesetzt; das Luftschiff, rasch über die Wasserfläche hinschießend, auf wel­cher es ruht, bekommt Wind unter die Flügel und da es, was Eigengewicht und Gasauftrieb betrifft, im genauen Gleichgewicht steht, so muß der geringste Druck von unten auf die Segelflächen es zum Steigen, wie umgekehrt der geringste Druck von oben zum Sinken bringen. Hierauf beruht seine wertvollste Eigenschaft, nämlich ohne große Gasverluste oftmals landen und sich wieder erheben zu können. Im Oktober 1906 unternahm Zeppelin mit diesem neuen Modell wiederum mehrere gelungene Auffahrten, die die Stabilität, Lenkbarkeit und große Eigengeschwindigkeit des Fahrzeuges glänzend bewiesen. Seine Schwäche da­gegen, die Schwierigkeit des Landen? auf dem Festen mit einem so ungeheuren starren und dabei jedem Windstoße als Spielball preisgegebenen Körper, ist natürlich durch diesen Erfolg nicht beseitigt und kann leicht immer wieder einmal zu einer plötzlichen Zerstörung des ganzen Fahrzeuges führen.

Zum bevorstehenden Aufstieg des Zevpelin'schen Luftschiffs wird dem Schw. M. geschrieben: Nachdem durch eine bedeutende Verspätung in der Lieferung des Bau­materials eine unvorhergesehene Verzögerung in der Auf­richtung der schwimmenden Ballonhalle des Grafen Zeppelin