8§. Jahrgang.

Auflage 2KSV.

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Mit dem Plauderstübchr» und

Gchwäb. Landwirt.

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Magold, Donnerstag den 12. September

1907

Amtliches

Verfügung des Ministeriums des Innern betreff, das Verbot des im Umherzieheu erfolgende» Handels mit Geflügel.

Vom 10. September 1907.

Mit Rücksicht darauf, daß die Verbreitung der Geflügel­cholera und der Geflügelpest im Laufe des Monats August abgenommen hat, wird das in 8 1 der Verfügung des Ministeriums des Innern vom 22. Juli 1907 (Reg.-Bl. S. 241) mit Wirkung bis zum 30. September d. Js. er­lassene Verbot des Handels mit Geflügel im Umherzieheu mit Wirkung vom 16. September ds. Js. ein­schließlich an aufgehoben.

Diese Verfügung ist durch die Ortsvorsteher zur Kenntnis der beteiligten Geflügelhändler zu bringen.

Stuttgart, den 10. September 1907.

K. Ministerium des Innern.

Für den Staatsminister: Scheurlen.

UoMifche Hleberficht.

Der Kaiser erließ nach Beendigung der Flottenmanöver eine Kabinettsorder an den Prinzen Heinrich, in der es u. a. heißt:Als ich Eure königliche Hoheit vor Jahresfrist auf den wichtigen Posten des Flottenchefs berief, deutete ich in meiner Order vom 13. September vorigen Jahres in kurzen Zügen die vielseitigen und hohen Aufgaben an, die Eurer königlichen Hoheit in dem gegenwärtigen Stadium unserer Flottenentwicklung harrten. Die soeben zum Abschluß gebrachten Flottenmanöver haben zu meiner großen Freude und Genugtuung in allen Phasen mein Vertrauen in Ihre seemännischen nnd militä­rischen Fähigkeiten sowie in Ihre Führereigenschaften in vollstem Maß gerechtfertigt. Es drängt mich, Eurer könig­lichen Hoheit aus vollstem und wärmstem Herzen zu dem in so kurzer Zeit Erreichten Glück zu wünschen, Ihnen zu danken für die Hingabe, mit der Sie sich der Erfüllung der Aufgabe als Flottenchef gewidmet haben und Eurer königlichen Hoheit auszusprechen, daß ich der weiteren Ent­wicklung der Hochseeflotte in Eurer königlichen Hoheit Händen voll freudiger Zuversicht entgegensehe. Indem ich mir die Besprechung der Einzelheiten für die Kritik Vorbehalte, er­suche ich Sie, den Admiralen, Kommandanten und Offizieren meine vollste Anerkennung und den Mannschaften meine volle Zufriedenheit mit ihrem Eifer, ihrer Haltung und ihren Leistungen auszusprechen. Zu besonderer Freude und Ge­nugtuung gereicht es mir, daß das Maschmenpersonal in voller Hingabe an seinen Beruf und in zäher Ausdauer Hervorragendes geleistet und sich den höchsten Anforderungen gewachsen gezeigt hat."

Der franzöfische Ministerrat beschäftigte sich am Montag mit der Frage der aus den Ereignissen in Casa­blanca abgeleiteten Entschädigungen. Der Ministerrat nahm auf Präzedenzfälle Bezug, namentlich auf die Beschießung

von Alexandria im Jahr 1882, und kam zu dem Beschluß,

daß die marokkanische Regierung verantwortlich zu machen und die Höhe der Entschädigungen für materiellen Schaden durch eine internationale Kommission festzusetzen sei. Der Minister des Aeußern, Pichon, wurde beauftragt, die An­gelegenheit weiter zu verfolgen.

Die Türket will wieder einmal einen Anlauf zur Sanierung ihrer Finanzen unternehmen. Aus Konstanti­nopel wird gemeldet, daß der englische Botschafter neuer­dings auf die schlechte Finanzwirtschaft des Reichs hinwies, was großen Eindruck gemacht habe. Die Minister der Finanzen, des Handels und der Landwirtschaft wurden beauftragt, ein Projekt zur Sanierung der Finanzen aus­zuarbeiten. Bei dem Projekt bleibt es dann natürlich auch diesmal wieder.

Das neue perfische Ministerium wird aus acht verantwortlichen Ministern bestehen. Es sind bisher ernannt für: Inneres: Mufchir es Saltaneh; dieser soll die Geschäfte nur bis zur Ankunft Nizam es Saltanehs aus Schiras versehen. Aeußeres: Saad ed Dauleh; Krieg: Musta ufi Mamalik; Finanzen: Kavam ed Dauleh; Justiz: Muschir el Mülk, bisher Gesandter in Petersburg; Oeffentliche Arbeiten: Muhan dis Mamalik. Unterricht ist noch nicht besetzt. Ein Portefeuille für Maid el Mülk, den Bruder des ermordeten Großwesirs Emin ed Dauleh, ist noch nicht bestimmt.

Eine Folge des Waffenstillstandes in Marokko

ist es, daß der Telegraph in den letzten Tagen etwas weniger in Anspruch genommen wurde. Es liegen nur einige wenige Meldungen von geringer Bedeutung vor. General Drude erbat von der Regierung die Schaffung zweier Medaillen, die eine für alle nach Marokko entsandten Truppen, die andere für Militär- und Zivilpersonen, die sich bei der im August begonnenen Aktion besonders ausgezeichnet haben. In Casablanca ist ein Fesselballon eingetroffen, der noch am Sonntag instand gesetzt wurde, um die Stellung der Kabylen sestzustellen. Der Ballon soll außerdem für den Fernverkehr mit dem Pariser Eiffelturm eingerichtet werden. Raisuli übersandte der britischen Gesandtschaft end­gültige Bedingungen für die Freilassung Macleans. Er fordert für sich den Schutz Großbritanniens, Ernennung zum Pascha der Gegend zwischen Tetuan und Larrasch sowie Straflosigkeit. In Casablanca sind zwei Fälle von Blattern vorgekommen. Der französische Chefarzt hat die Impfung aller Offiziere und Mannschaften angeordnet.

Der neue japanisch-chinesische Konflikt scheint doch ernsterer Natur zu sein. Nach einer Meldung der Franks. Ztg." aus Newyork sendet Japan weitere Truppen nach Kwangtu; Graf Okuma reise möglicherweise nach Peking zur Erledigung der Differenzen. Die Nachricht von der Besetzung der Pratisinsel unweit der Philippinen durch die Japaner wird bestätigt.

Nachdem die Regierungen Zentral-Amerikas

die von den Vereinigten Staaten von Mexiko vsrgeschlagene Friedenskonferenz angenommen haben, sollten am Montag die Delegierten in Washington zusammmtreten, um das Protokoll zu unterzeichnen, durch welches die Zeit und der

Ort der Konferenz festgesetzt und für etwaige von der

Unterzeichnung eines definitiven Vertrags auftauchende Schwierigkeiten die Präsidenten von Nord-Amerika und Mexiko als Schiedsrichter bestimmt werden.

Auch in Britisch-Kolumbie« find nunmehr die schon lange befürchteten afiatenfeindlichen Kundgebungen er­folgt. Aus Vancouver wird hierüber gemeldet: Infolge der Weigerung des Gouverneurs, ein Gesetz zu unterzeichnen, welches die Ausschließung der Asiaten aus dem Staat be­zweckt, hat ein Pöbelhaufe das japanische und das chinesische Viertel verwüstet. In einem Bezirk trieben die Japaner, mit Messern und Stöcken bewaffnet, die Angreifer zuruck und verwundeten etwa ein Dutzend von ihnen. Ein Japaner wurde tödlich verletzt. Der Pöbelhaufe griff auch 400 Japaner an, die gerade von einem angekommenen Dampfer an Land gingen, und warf einige von ihnen ins Wasser, die dann nur mit knapper Not gerettet werden konnten.

Die Etatsbewillignng durch die sozialdemokratische Fraktion der Zweite« Kammer

gab in einer Parteiversammlung des sozialdemokratischen Vereins Stuttgart wiederum Anlaß zu einer längeren De­batte. Im Anschluß an ein Referat, das der Abg. Fischer über die Tätigkeit des Landtags erstattete und worin er sich auf die Ausführungen des Abg. Keil in Cannstatt be­zog, wies Genosse Ko Wald darauf hin, daß die Zustim­mung zum Etat im Widerspruch zu der früheren Haltung der Fraktion stehe, weshalb darüber gesprochen werden müsse. Ausgefallen sei schon, daß die Fraktion zur Eröff­nung und Beeidigung durch den König gegangen sei. Aber das seiGeschmacksache", und er wolle deshalb nicht weiter darüber reden. Die Duldung des Internationalen Kon­gresses durch die Regierung sei aber kein Akt, auf den ein danke schön" notwendig gewesen wäre. Die württ. Regie­rung habe übrigens durch den neuesten Beamtenerlaß ge­zeigt, daß sie nicht mehr soziales Verständnis habe als die Regierungen anderer deutschen Bundesstaaten. Einer solchen Regierung solle die Sozialdemokratie kein Vertrauensvotum ausstellen. Abg. Hildenbrand erwiderte: Gewiß steht den Genossen das Recht zu, nach den Motiven zu fragen, die uns bewogen haben, für das Budget zu stimmen. Aber von den Beschlüssen der 15 Genossen, denen Sie'Jhr Ver­trauen geschenkt, müssen Sie auch so viel Respekt haben, daß Sie mit ihrem Urteil warten, bis wir die Motive klar ge­legt haben. Sonst ist die Konsequenz, daß wir unser Man­dat niederlegen müssen. Das Mißtrauen gegen uns ist in der gewissenlosesten Weise weit ins Land hinausgetragen worden. (Oho!) Ja, nicht nur in parteigenösstschen Kreisen hat man so gewirkt: dafür habe ich Beweise. Die Frage der Budgetabstimmung ist von der Fraktion wohl noch nie so eingehend behandelt worden, wie in diesem Falle. Daß Meinungsverschiedenheiten vorhanden waren, ist klar; das war immer so. Nicht um eine Prinzipienfrage handelt es sich hier, nicht um einen Vertraueusakt für die Regier­ung, sondern um einen rein geschäftlichen Akt. In der

LufischiffahrL.*)

Die neueste«Lenkbaren"; Ballouwettsahrteu.

(Nachdr. vrrb.)

Wenn die Ballontechntk für einige Zeit in Gefahr schien, von dem Prinzip des?1v8 lourä qus l'air" in den Hintergrund gedrängt zu werden, d. h. von dem Grund­sätze, daß nur ein Apparat, der schwerer als die Luft ist, sich in ihr mit Sicherheit und Erfolg bewegen kann, so steht die Sache heute beinahe wieder umgekehrt. Ein paar glückliche Konstruktionen, die einige frühere Mißerfolge ausglichen, haben den Anhängern des Ballons für den Angenblick wieder recht gegeben, und obwohl eines ihrer be- deutensten Mitglieder, Santos Dumont, zur Flugmaschine sich bekehrt hat, verlassen sich doch die Kreise, auf die am meisten ankommt, vor allem die Militärbehörden, nach wie vor allein auf den Ballon mit Gasinhalt.

Die neuesten Erfolge scheinen ihnen recht zu geben. Zwei große, höchst brauchbare Luftschiffe haben in Frank­reich, zwei andere in Deutschland im letzten Jahre ihre Fahrten angetreten und den Beweis geliefert, daß sie, wenn auch noch nicht als das geträumte Transportmittel der Zu­kunft, so doch als Hilssorgan des Krieges wichtige Dienste leisten können, ist es ein Wunder, wenn den Militärbe- hörden diese greifbaren Fortschritte die wichtigsten sind und

*) Mit Erlaubnis de- Verlegers entnommen aus .Jahrbuch »er Erfindungen« Jahrg. 1907. «erlag von Karl Proschatta. Leipzig, Preis 1.VV ^

! sie es der privaten Erfindungskunst überlassen, die Flng- ! Maschine ebenso weit zu fördern, bevor sie auf staatliche Unterstützung rechnet?

In Frankreich hat im abgelaufeneu Jahre das Le- baudysche Luftschiff Patrie gerechtfertigtes Aufsehen erregt, welches seine Einrichtungen und guten Eigenschaften in erster Linie dem Ingenieur Juillot verdankt, während die be kannten Brüder Lebaudy die Mittel zu den vorhergängigen Versuchen hergegebeu haben. Die Patrie selbst ist allerdings in den Werkstätten der Lebaudy direkt auf Bestellung des französischen Kriegsministeriums gebaut worden, und zwar als Nachfolgerin des ähnlichen, von derselben Behörde schon früher übernommenen Dirigeable, der sich ausgezeichnet be­währt hatte. Patrie übertrifft indessen ihr Vorbild in jeder Beziehung. Bei 60 m Länge und 10.8 m Durch­messer, hat der Ballon einen Faffungsraum von 300 ebm, was für die Mitnahme einer Nutzlast von ungefähr 500 k^, ohne den Motor, Brennstoff u. dgl., ausreicht. Ein 70- pferdiger Panhardmotor treibt zwei Luftschrauben, die ihren Platz zu beiden Setten des Rahmenwerkes erhalten haben, an dem die Gondel hängt. Am 16. Nov. 1906 trat Patrie ihre Probefahrten an, deren Ergebnisse für die Abnahme des Ballons entscheidend sein sollten. Nach einwöchigen Versuchen, wobei sieben freie Ausflüge mit vollem Erfolge ausgeführt wurden, ging das Luftschiff in den Besitz des Kriegsministetiums über und wurden die Fahrten von der Militär-Lufischifferabteilung ohne die Lebaudysche Mann­schaft fortgesetzt. Am 15. Dezbr. unternahm der Ballon eine größere Fahrt gegen den Wind, wobei von Meudon

, über Versailles nach dem Parke von Chalais eine Strecke von 52 km zum TeU bei 17 m Windstärke in der Sekunde zurückgelegt wurde. Bei günstigem Wetter kann der Ballon 45 km in der Stunde entwickeln^ d. h. mehr, als die bis­her schnellsten Paffagierdampfer leisten.

Aber inzwischen ging fchon wieder ein neuerLenk­barer", noch etwas größer als Patrie, seiner Vollendung entgegen, die ebenfalls für die franzöfische Regierung be­stimmte, von Henry Deutsch gebaute Bille de Paris. Der Ballon ist 62 m lang, 10.5 m im Durchmesser und von 3200 cbm Faffungsraum. Die Form ist vorn ztgarreu- mäßig, mit einem Hinteren zylindrischen Ansatz, an den sich ringsum vier merkwürdige, ebenfalls gasgesüllte Wülste oder Schläuche ansetzen. Ihr Zweck ist wohl hauptsächlich die Erhöhung der Stabilität, vielleicht sollen sie ähnlich wie die Schlingerkiele der großen Dampfer, das Rollen deS Ballons bei unregelmäßig bewegter Luft verhindern. Der ziemlich tief unter dem Ballon hängende Rahmen hat ein doppeltes Horizontal- und ein ebensolches Vertikalsteuer, ist etwa 52 m lang und trägt einen 70pferdigen Motor von 900 Umdrehungen pro Minute, die sich durch eine Ueber- tragung von 5:1 dem Propeller Mitteilen. Dieser sitzt an der Spitze des Rahmens und besteht aus einer zweiflügligey Schraube mit veränderlicher Steigung. Zur Erhaltung Form des Ballons und um bei seiner Ausdehnung durch die Sonnenstrahlen das Entweichen von Gas zu verhindern, ist in ihm ein kleineres sog. Ballonet angebracht, das ist ein runder luftgefüllter Ballon, der durch einen langen Schlauch mit der Gondel in Verbindung steht und den Bo-