81. Jahrgang.
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Aevnspvechev Wv. 29.
Aernspvechev Hlv. 29.
Auflage 2tzOV.
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Mit dem Plauderstübche» und
«chwäb. Landwirt.
^ 213
Hlagold, Mittwoch dm 11. September
1907
Amtliche».
Die Schrrltheitzerrämter,
welche mit dem am 29. v. Ms, Gesellschafter Nr. 203, verlangten Bericht über das Auftreten und die Maßregeln zur Vertilgung der Feldmäuse noch im Rückstand find, wollen den fraglichen Bericht in Bälde anher vorlegen.
Bemerkt wird, daß sich als sehr wirksames Bekämpfungsmittel die Verwendung vo« Mäufetyphusbazille« erwiesen hat und daß die Anstalt für Pflanzenschutz in Hohenheim die Kulturen zum Selbstkostenpreis abgibt.
Nagold, den 10. Sept. 1907.
K. Oberamt. Ritter.
-Uotttische Keberficht.
Der Kaiser wohnte de» Tchlnßgefechten der Flottenmanöver an Bord der „Deutschland" bei, mit der er am Freitag abend in Wilhelmshaven eintraf. Er begab sich hier alsbald an Bord der „Hohenzollern", wo er am Sonnabend früh Kritik über die Flottenmanöver abhielt. Am Nachmittag begab sich der Kaiser zur Kaserne des 2. Seebataillons, dem er mit einer Ansprache ein Fahnenband überreichte. Nach der Ueberreichung führte der Großherzog von Oldenburg das Bataillon in Parademarsch vor, worauf der Kaiser unter dem Jubel der Bevölkerung zur „Hohenzollern,, zurückfuhr. Am Abend fand im Ofstzierkastno Paradetafel statt, in deren Verlauf der Kaiser in einem Trinkspruch den Offizieren für die geleistete Arbeit, für die Treue und das zielbewußte Wirken dankte, das zu schönen Resultaten geführt habe. Dem Prinzen Heinrich dankte der Kaiser dafür, daß er im Sinn seiner Befehle die Flotte so ausgebildet habe, wie er es sich gewünscht habe. Am Sonntag mittag reiste der Kaiser von Wilhelmshaven ab, nachdem er auf der „Hohenzollern" noch einen Gottesdienst abgehalten hatte.
Der Trabes Union-Kongreß, der in Bath tagte, wurde am Sonnabend nach Annahme einer Resolution geschlossen, durch welche die englische Regierung aufgefordert wird, die Arbeitslosenfrage dadurch zu regeln, daß sie unter Reorganisierung der Industrie auf genossenschaftlicher Basis den Arbeitslosen dauernde Arbeit schafft. In einer vorher noch zur Annahme gelangten Resolution wird verlangt, daß im nächsten Budget eine Alterspension von wöchentlich fünf Schilling für alle, die das 60. Lebensjahr überschritten haben, vorgesehen werde. Das parlamentarische Bureau wurde angewiesen, in eine lebhafte Agitation dafür einzutreten. Ebenfalls angenommen wurde eine Resolution zugunsten der achtstündigen Arbeitszeit in Bergwerken und anderen Industriezweigen. Eine Resolution, welche das Prinzip der Anrufung eines Schiedsgerichts in gewerkschaftlichen Streitigkeiten ausspricht, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Ebenso verwarf der Kongreß eine Resolution, die verlangt, daß Streitigkeiten einem Vermittlungsamt unterbreitet werden sollen, bevor ein Streik erklärt würde.
Die Haager Friedenskonferenz.
Haag, 9. Sept. Die Landkriegkommission beriet heute neuerdings den auf deutschen Antrag hin durch die vorgestrige Plenarsitzung an sie zurückverwiesenen Entwurf betr. die Behandlung neutraler Personen in den Staaten Kriegführender. Der Berichterstatter Borrel beantragte, den ganzen Entwurf fallen zu lassen und nur Artikel 66 betr. das Eisenbahnmaterial Neutraler aufrecht zu erhalten und in die Kriegskonvention aufzunehmen. Frhr. von Marschall (Deutschland) schloß sich diesen Ausführungen an. Von anderer Seite wurde hervorgehoben, daß es sich empfehle, das 1. Kapitel des Entwurfs, welches eine Definition des Begriffes „Neutral" enthält, und ebenso Bestimmungen über das Verlorengehen der Neutralität aufrecht zu erhalten. Auch deutscherseits wurde dieser Auffassung nicht widersprochen, welche insbesondere von Nelidoff vertretm war. Schließlich wurdeu die Artikel 61, 62 »ud 63 Sder de» Begriff der „Neutralität" und Art. 66 (»eutrale» Eiseubuhumateriul) eiustimmig äuge- «o««e». Dagegen wurde der gauze übrige Entwurf, eut- sprecheud de» deutscheu Aureguageu »it aroßer Mehrheit fallen gelaffen. Sodann beantragte Eyschen-Luxemburg, es möge als Wunsch der Konferenz ausgesprochen werden, daß die Staaten ihre Gesetzgebung möglichst im Sinne des ursprünglichen deutschen Entwurfs ausgestalten und daß überhaupt der Handel und der Verkehr der „Neutralen" durch die Kriegführung so wenig als möglich beeinträchtigt werde. Der Antrag wurde von Nelidoff unterstützt, angenommen und die Abfassung einer entsprechenden Resolution dem Berichterstatter übertragen.
Der Stuttgarter SoziaUsten-Kongreß
hat jetzt in Frankreich sein Nachspiel gehabt, und zwar in Paris in einer großen Versammlung, in der Jaurss über die Kongreffe von Nancy und Stuttgart berichtete. Der nominelle Führer der geeinigten Sozialisten hat zwar den Antimilitaristen Hervö stets mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Meinungsfreiheit gedeckt, aber in der Sache selbst hielt er sich in gemessenem Abstand von ihm und teilte mehr die Anschauungen der deutschen Sozialisten. In der erwähnten Versammlung nun hat sich Jaurss ganz auf die Seite der Hervsisten drängen lassen. Schon zum Beginn der Versammlung machte er die Wahrnehmung, daß die Herveisten in der Mehrzahl waren, denn sie machten sofort Lärm, wenn er einen Satz begann, der sich gegen die Antimtlitaristen zu richten schien. Darauf erklärte er folgendes: „Wenn ein Konflikt am Horizonte sich zeigt, werden wir sagen: „Ihr Diplomaten verständigt Euch, um ihn zum Verschwinden zu bringen!" Wenn die Diplomaten nichts erreichen, werden wir den Regierungen sage«: „Geht vor ein internationales Gericht"! Und wenn sie das nicht annehmen, werden wir sagen: „Ihr seid eine Regiemng von Schuften, Banditen und Mördern! Jetzt ist es Pflicht der Proletarier, sich gegen Euch aufzulehnen und die Flinte zu behalten, die Ihr in ihre Hände gelegt HM!" Laute Rufe: „Es lebe Hervö" begleiteten diese
Erklärung und sie schwollen zu unbändigen Jubelausbrücheu
an, als Jaurös fortfuhr: „Es wird sich nicht mehr um die Frage handeln, wer der Angreifer ist! Der Feind des Proletariats wird die Regierung sein, die das Schiedsgericht verweigert, und die Pflicht des Proletariats wird darin bestehen, sich der Flinten zu bedienen, um auf revolutionärem Wege die Verbrecher-Regierung niederzuschmettern!" Jetzt erschollen Hochrufe auf Hervö und Jaurss zugleich. Jaurös sprach dann noch gegen die Gefahren der Marokko-Affaire und schließlich wurde eine Tagesordnung angenommen, in der die antimtlitärischen Erklärungen der Stuttgarter Resolution und ein Protest gegen die Expedition in Marokko zusammengefaßt waren. Unter dem Rufe das 1a 8«- srre" und den Tönen der Internationale gingen dann Her- veisten und Jauroststen Arm in Arm auseinander. Damit ist bewiesen, daß der national-französische Sozialismus, wie ihn Jaurös bisher vertreten hat, in den Herrschen Antimilitarismus und Anttpatriotismus überzugehen im Begriffe ist. Zur Stärkung des französischen Sozialismus überhaupt wird diese Entwicklung schwerlich beitragen.
Die Ueberfälle auf Deutsche in Sndtirol
am 2. und 27. Juli d. I. in Perfen und Tallinns waren der erste Verhandlungsgegenstand des am Samstag in Wiesbaden zusammengetretenen Alldeutsche« Ber- bandstags.
Rechtsanwalt Putz-München
betonte, daß die Täter fast ausschließlich aus eigens zu deu Ueberfälleu zugereisten Trientinern und Rovreitern bestanden und daß die eingeborene ländliche Bevölkerung sich gänzlich fern gehalten habe. Diese Ueberfälle seien durchaus vereinzelt und durch manche Uebertreibungen bei der Turnfahrt veranlaßt worden, vor allem aber durch den Haß der Jrre- dentisten gegen den Führer der Turner, Professor Dr. Edgar Meyer, dem Gründer von Ortsgruppen des Tiroler Volksbundes im italienischen Sprachgebiete an der Südgrenze Tirols. Die Ueberfälle hätten nicht stattfinden können, wenn die Verwaltungsbehörden nicht wieder ihre gewohnte Schwäche gegenüber der reichsfeindlichen Jrredenta gezeigt hätten. Hoch'ersreulich sei die Wirkung dieser Vorgänge auf die einheimische Bevölkerung, die ihren wichtigsten Eindruck in einer lange angestrebten Verbrüderung der deutsch und italienisch sprechenden Landgemeinden gefunden habe. Der Redner wandte sich daher mit aller Schärfe gegen den verschiedentlich aufgetauchten Vorschlag eines Boykotts Welschtirols, verlangte vielmehr im Gegenteil verstärkte« Besuch durch deutsch bewußte Reisende, da gerade durch gesteigerten Fremdenverkehr die arme ländliche Bevölkerung sich von den Jrredentisten wirtschaftlich frei machen könne. Die Jrredentisten würden durch einen Boykott nicht geschädigt werden, da sie ihre Einnahmen aus landwirtschaftlichem Grundbesitz ziehen. (Beifall.)
Die Versammlung nahm folgende Kundgebung zu diesem Punkte an: Der alldeutsche Verband drückte seine Entrüstung aus über die feigen Ueberfälle deutscher Turner durch irredentistische Horden und beklagt es, daß die ösfeut-
Hin Hefchrvisterkinö.
von Maximilian Schmidt.
(Schlup.) (Nachdruck verboten.)
Der General konnte seinem Aerger nicht weiter Luft mache«, denn zum Glücke für die Ordonnanz klopfte eS an der Tür und die Exzellenz erschien mit freundlichem Gruße.
Der General eilte entgegen.
„Eure Exzellenz sehen mich ganz konsterniert — es ist zum Schlag treffen! Dieser Mensch sollte den Platzfeldwebel Bischofs holen und — kehrt Euch! Die Strafe folgt «ach!" herrschte er Meier an.
Der Unteroffizier taumelte wie betäubt zur Tür hinaus. Er dachte im Vorzimmer darüber nach, ob Erschießen, lebenslänglicher Kerker oder Selbstmord sein nächstes Schicksal fein werde. Aus seiner Verzweiflung riß ihn nur das Lachen der Herren im inneren Zimmer.
^ wünschte, daß, wie er, auch der. General
das Mißverständnis von der heiteren Seite nehme und es den Aermsten nicht entgelten lasse. Und als ihm dann der General in der Folge mitteilte, daß heute mittag die Verlobung seiner Tochter mit einem braven Offizier gefeiert werde, bat der hohe Kirchenfürst, der Braut persönlich seine Glückwünsche darbrtngen zu dürfen.
Der General geleitete ihn nach der sich im oberen Stocke befindenden Familienwohnung, und eine Viertelstunde später wieder hinab zum Wagen, wo sich beide Herren in
der freundlichsten Weise verabschiedeten. AlS der General ins Ordonnanzzimmer zurückkam, stand der Unteroffizier in Achtung, aber mit schlotternden Beinen da.
Der General trat ganz nahe an ihn heran, blickte ihu eine Weile scharf an und sagte dann sarkastisch: „Hm, hm! Ich wäre doch neugierig, Näheres über Ihre Abstammung zu hören. Sagen Sie einmal, woher stammen Sie denn eigentlich?"
„Von Trimsfelden, Herr General," entgegnete Meier, leichter atment. „Mei' Vater is Viehhändler. Der Herr Oberleutnant Felhuber is mei' G'schwisterkind;" und sein Gesicht zu freundlichem Grinsen verziehend, setzte er hinzu: „Jhna Fräuln Tochter wird nächstens mei' Basl wer'n, soviel i weiß."
Diese Nachricht traf den General wie ein Donnerschlag. Entsetzt ließ er sich auf einen Stuhl nieder.
„Was?" rief er. „Da mache ich die ganze Geschichte rückgängig." Er erhob sich, ging einigemale im Zimmer auf und ab und blieb dann wieder vor Meier stehen. Lachend sagte er jetzt: „Auf diese Weise würde ich ja gar Ihr Vetter?"
Jetzt lachte auch Hans, indem er meinte: „Jawohl, Herr General, mi freut's! Die Dummheit mit 'n Bischof wär' mir nit passiert, wenn der Herr General gleich deutlich befohlen hätten, ich sollt' den Platzfeldwebel hol'n, i Hab' nit g'wußt, daß der aa r a Bischof is."
Das war so richtig gesagt, daß der General nicht umhin konnte, sich schließlich selbst die Schuld an dem Miß
verständnis zuzuschreiben. Er sagte deshalb i« ruhigem Tone: „Sie haben nicht ganz unrecht. ES ist nicht genug, zu befehlen, der Befehl muß auch verständlich sein."
Nach einer Welle fragte er dann: „Wie lange haben Sie noch zu dienen? Oder wollen Sie beim Militär bleiben?"
„Nein, Herr General," erwiderte der Unteroffizier rasch. „I Hab' mir schon g'nug. Zum Litnant bring i 's nit und in drei Monat is mei' Zeit um."
„Ich werde veranlassen, daß Sie sofort in Urlaub kommen — wenn Sie wollen."
„Das wär mir die größte Freud, und mei' Herr Vetter, der Oberlitnant, wird auch nix dagegen hab'n."
„Ich glaube nicht," meinte der General. „Für heute brauche ich Sie nicht mehr, Sie können einrücken. Vom Verlobungsschmause wird Ihnen etwas zugeschickt werden, und Ihre künftige Basl — die darf ich wohl von Ihnen grüßen?" fragte der General lachend.
„Ja, wenn i bitten dürft, Herr Vetter!" erwiderte Hans mit unbeschreiblich freundlicher Miene, machte „kehrt" und verließ im Dienstschritt das Zimmer. Der General lachte jetzt hell auf.-
Beim Verlobungsschmause gab er die Geschichte zur allgemeinen Erheiterung zum besten. Felhuber zeigte zuerst eine gewisse Verlegenheit, dann aber lachte er auch mit.
Als sich schon am nächsten Tage Meier als beurlaubt zur Heimkehr anschickte und sich bei Oberleutnant Felhuber verabschiedete, sagte dieser lachend zu ihm: Vetter, ich bin stolz auf dich! Was du alles vollbracht, das bringt nicht