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lebt" von I. M. Bach. Als Solisten traten auf Frln. Fanny Staelin und Hr. Ludwig Sch üz. Erstere sang mit Gefühl und richtigem Verständ- nis 2 LiederO großer Schmerzensmann" von Vopelius undHerr zu dir will ich mich retten" von Fel x Mendelssohn, letzterer die Cavatine aus dem Oratorium PaulusSei getreu bis in den Tod" mit geschulter, kräftiger und wohllautender Stimme. Hr. Stadtmusikus Speidel spielte 2 Violin­stücke. wovon das Adagio von Beethoven einen ausgezeichneten Eindruck machte. Die Orgelpartien waren in den bewährten Händen des Hrn. Organisten Vin § on, der sämtliche Begleitungen übernommen hatte und sie auch mit Geschick ausführte, wie er sich denn wieder in den einzelnen Orgelvorträgcn, besonders bei der schwierigen Toccate von Sebastian Bach, als einen Meister der Orgel bewies. Die Ausführung währte nahezu 2 Stunden. Die großartigen Werke unserer Altmeister Bach und Händel und anderer Komponisten stehen bis sitzt unübertroffen da und machen auf den aufmerksamen Zuhörer immer einen tiefen und mächtigen Eindruck.

su) Gestern nachmittag erfreute uns der Kirchengesangverein unter Leitung seines unermüdlichen Dirigenten Herrn F. Gundert mit einem Konzert, drffen Programm ebenso inhaltsreich und belehrend zusammengestellt wie pünktlich und gewrffenhaft eingeübt war. Die Reihenfolge der Nummern gab in allgemeinen Zügen ein Bild von der Entwicklung der kirchlichen Musik vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart und brachte die verschiedenen Stilarten der geistlichen Komposition recht hübsch zur Anschauung. Hiebei kamen die erläuternden Bemerkungen auf dem Programm dem Hörer sehr zu statten. Am einleuchtendsten ist der Fortschritt in der Entwicklung des Orgelspiels, welches in Bach einen solchen Höhepunkt erreicht hat, daß weder vor noch nach ihm irgend jemand auch nur von ferne an ihn heranreicht. In der Ausführung der großen Toccata (k ckur) hatte Herr Vinyon Ge­legenheit seine Meisterschaft auf dem großartigsten aller Instrumente zu bekunden. Dis Ausbildung der Kunst in der Komposition der Chöre läßt sich vom Laien im Rahmen eines einzigen Konzerts natürlich nicht genau verfolgen; dazu wurde ein viel reicheres Anschauungsmaterial erfordert. Aber deutlich wird doch der große Unterschied empfunden, wenn man das Ecce von Gallus mit dem 23. Psalm von Ritte vergleicht. Dort langge­haltene, von Disharmonieen nicht unterbrochene Accorde, die durchweg den Ein­druck himmlischer Weihe machen; hier ein stets pulsierendes Leben, jeder Ge­danke in neuer Tonart, der Uebergang von der einen zur andern überraschend und origimll. Zwischen beiden äußersten Punkten liegt ein zunehmender Reichtum der musikalischen Ausdrucksmittel, der Behandlung der verschiedenen Stimmen, welche immer selbständiger werden und dadurch in Verwicklungen geraten, deren Lösung bewundernswürdige Kunst verlangt, deren Ausführung aber neben der Reinheit der Tonbildung noch eine wachsende Menge anderer Anforder, ungen stellt, Taktsicherheit, peinliche Sorgfalt in der Abstufung der Stärke- verhältmffe, und doch dabei Wärme der Stimmung, die unter der gespannten Aufmerksamkeit auf die sachlichen Schwierigkeiten, nicht eben leicht festzuhalten ist. Fast schmerzlich für den Hörer ist es, d^ß das alles so schnell vorüber rauscht; kaum hat er bemerkt, auf wie vieles zu achten ist und wie viele Schönheiten zu genießen sind, so ist das Stück zu Ende und ein neuer Stil verlangt neue Aufmerksamkeit. Namentlich ein Eccard, Schütz, Bach, vor allen Johann Sebastian, aber auch die andern Glieder der reich begabten Familie, erfordern eingehendes Studium, oder zum mindesten oftmaliges Hören. Vielleicht läßt sich der rührige Verein nicht umsonst darum bitten? Eine genauere Kenntnis der zum Teil sehr großen Schwierigkeit der gehörten Kompositionen läßt erst die Leistungen des Chors und seines Dirigenten richtig würdigen. An Reinheit der Intonation, Genauigkeit und Klarheit der Zeitmaße, Abrundung und Zusammengehen der Stimmen wußten wir wenig auszusetzen; immer bildete der Chor ein Ganzes, und auch an den schwieligsten Stellen kam nie ein Gefühl der Unsicherheit über den Zuhörer. Der Verein darf auch diesen Abend zu seinen ai genehmsten Erinnerungen

Sie verriet keinerlei Ueberraschung über diese Bemerkung, schaute ihn aber etwas fragwürdig an.

Ist das wahr?" Dann müssen Sie sich auf dem Lande sehr gelangweilt haben?"

Durchaus nicht, aber ich habe überall nur an Sie gedacht. Sie sind nicht so leicht zu vergessen."

Sie nickte ihm mit nachlässiger Anmut zu, während sie ihren Sitz wieder ein­nahm.Ich danke Ihnen. Ich muß gestehen, daß ich es gern höre, wenn mir Artigkeiten gesagt werden, und Sie verstehen dies ganz vortrefflich."

Wirklich? Aber in diesem Falle war keineswegs eine Schmeichelei beabsich­tigt, sondern ich konstatiere nur eine Thatsache."

Ei, solche ,Thatsachen' wurden mir schon von den verschiedensten Männern konstatiert."

Daran zweifle ich nicht, aber gewiß meinten es nur wenige so aufrichtig, als ich es thue."

Sie zuckte leicht die Achseln und es leuchtete etwas wie Spott in ihren Augen auf.

Ich bin kein Kind mehr, Hauptmann Lynwood, und ich kann Sie versichern, daß ich nicht nur alt genug bin, sondern auch hinreichende Lebenserfahrung habe, um die Aufrichtigkeit der Männer richtig beurteilen zu können; und da muß ich Ihnen offen gestehen, ich glaube nicht an die Treue eines Mannes!"

Sie nahm einen Fächer aus bunten Federn zur Hand und begann sich lang­sam damit zu fächeln, und Otto sagte sich im Stillen, daß sie fast wie eine orien­talische Königin aussehe.

So viel er überhaupt im Stande war. Jemanden zu lieben, so viel war er in sie verliebt. Sie konnte eigentlich nicht schön genannt werden, aber sie besaß eine mit Anmut gepaarte Fülle, welche mächtiger auf seine Sinne wirkte, als eine tadellose Schönheit es vermocht hätte. Sein sonst so ruhiges Herz begann heftiger zu schlagen und in seiner Aufregung beachtete er die Zurückweisung nicht, die in ihren Worten lag. Sie war, wie sie gesagt hatte, kein Kind mehr, und eine innere

zählen. Auch die Solisten haben sich den Dank des Publikums gesichert; Herrn Speidel gelang namentlich das Beethovenffche Adagio schön; Frln. Staelin sang besonders ergreifend das LiedHerr zu Dir" von Mendels­sohn, und in Herrn L. Schüz lernten wir einen Sänger kennen, dessen angenehme, wohlgeschulte Stimme wir noch recht oft zu hören wünschen. Dem Konzert wäre ein zahlreicherer Besuch wohl zu gönnen gewesen. Die edelste aller Künste, mit der sich zu beschäftigen für Herz und Geist reichen, unersetzlichen Gewinn bringt, ist es wahrlich wert, im ausgiebigsten Maß geschätzt zu werden. Wer sie ehrt, der ehrt sich selbst, und den Gott, der sie gegeben hat.

Nagold, 14. Febr. In letzter Nacht brannte die Benz'sche Säg­mühle unterhalb der Stadt an der Calwer Landstraße vollständig nieder. Die hiesige Feuerwehr machte zwar einen Löschungsversuch, aber da bei der grimmigen Kälte die Spritzen eingefroren, blieb ihr nicht anderes übrig, als das isolierte Haus seinem Schicksal zu überlaffen und nur das viele Holz in der Umgebung des Hauses zu retten. Das Feuer soll im Dachraum in einem Kleiderkasten ausgebrochen sein. Ob Brandstiftung oder Fahrlässigkeit vorliegt, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden. Leiber hat sich die Hoff­nung, daß Sturm und Schneegestöber mit der tückischen Diphtheriti» energisch aufräumen werden, vorerst noch nicht erfüllt. Täglich macht der gefürchtete Gast von sich reden, wenn auch sein Charakter entschieden gutartiger zu sein scheint, als er früher bei trocken kalter Witterung war. W. Ldztg.

Stuttgart. Am Donnerstag starb im Alter von 37 Jahren der langjährige Prokurist des Hangleiter'schen Baugeschästes Karl Daiber, Sohn des verstorbenen Realanstaltsrektors Daiber in Cannstatt. Während seine Frau und seine beiden Kinder von dem Scharlach auf dem Wege der Reconvalescenz sich befanden, wurde der besorgte Gatte und Vater gleichfalls von dieser Krankheit ergriffen, welcher er zum Opfer fiel. Ein ähnlicher Fall der Ansteckung durch Scharlach mit rötlichem Erfolg ereignete sich kürzlich in der Marunstraße. Ein etwa 30jähriger Kaufmann hat sein an Scharlach erkranktes Kind, während demselben das Bettchen hergerichtet wurde, zu sich ins Bett genommen. Auch hier erfolgte Ansteckung, welche mit dem Tode des Kaufmanns endete. Darum größte Vorsicht in solchen Fällen.

Stuttgart. Wegen Körperverletzung, Beleidigung und Hausfriedens­bruch, begangen an dem Redakteur desNeuen Tagblattes", Neuberg, wurde heute der 34 Jahre alte Privatier August Mann aus Koblenz zu 6 Wochen Gefängnis und in sämtliche Kosten verurteilt. Auf dem Neckar bei Cannstatt hat Freitag mittag 12 Uhr der Eisgang begonnen. Derselbe ist ohne jeden Unfall verlaufen.

Folgendes intenssonte Jagdvorkommnis wird aus Uhlbach geschrieben: Der dortige Jagdpächter, Herr G. Schaber, hatte im Jahr 1880 auf einer Fuchsjagd einen jungen Fuchs lebend eingefangen und m seinem Gehöft an eine Kette gelegt. Noch im gleichen Jahre gelang es jedoch dem schlauen Freund Reinccke die goldene Freiheit wieder zu erlangen; er hatte sich von der Kette losgeriffen. Im vergangenen Monat verschwanden aus den Giflügelställen des Uhlbacher Pfarrhofes und des Herrn Schaber Hühner und man vermutete, daß ein Fuchs nächtlicherweile dem Federvieh einen Be­such abstatte. Diese Voraussetzung erwies sich als richtig, denn Herrn Schaber gelang es, den frechen Räuber bei einer solchen nächtlichen Exkursion durch drei wohlgezielte Schüsse zu erlegen. Wie erstaunte der glückliche Schütze aber, als er in dem geschossenen Fuchs den Ausreißer vom Jahre 1880 er­kannte. Reinecke hatte als Zeia en seiner früheren Gefangenschaft noch ein eisernes Halsband um und hat sich mit diesem demnach noch volle 8 Jahre in der Freiheit Herumgetrieben. Das erlegte Tier wog 15 Pfund und das eiserne Band hat demnach keineswegs die Entwickelung des Fuchses gehindert.

Oberndorf, 14. Febr. Ein schönes Naturspiel konnte heute morgen hier beobachtet werden. Am Westen der Stadt, einige hundert

Stimme sagte ihr, daß er an diesem Abend in einer bestimmten Absicht gekommen war und daß es zwischen ihr und ihm eine Scene geben würde, wenn sie es nicht verhinderte; darum hatte sie so abwehrend gesprochen.

Aber Otto war zu sehr von reinen Wünschen beherrscht, um Etwas zu merken. Er war im Anfang von ihrem großen Reichtum angezogen gewesen und, wo die Notwendigkeit, eine reiche Frau zu nehmen, für ihn noch dringender geworden, war er entschlossen, einen kühnen Versuch zu machen. Selbst wenn alle seine Hoffnungen auf die Besitzung von Lynwood vergeblich sein sollten, gewann er sich nur dieses Mädchen zur Gattin und damit ihren Reichtum, so war er geborgen.

Sie müssen in Ihrem allgemeinen Unglauben, die Treue der Männer be­treffend, eine Ausnahme machen," sagte er deshalb als Anwort auf ihre letzte Be­merkung.Darf ich hoffen, daß Sie meinen Versicherungen Glauben schenken?"

Sie versetzen mich mit dieser Frage in eine etwas unangenehme Lage," ver­setzte sie mit einem schnellen Aufblick.Soll ich die Wahrheit der Höflichkeit opfern oder umgekehrt?"

Ich hatte gehofft, daß cs eines solchen Opfers nicht bedürfe und daß Sie meinen Worten unter allen Umständen Glauben schenken würden!" rief er, ihre Hand ergreifend, aus.Jsabella, ich liebe Sie, ich habe Sie seit Monaten geliebt. Wollen Sie meine Gattin werden?"

Sie machte sich ruhig von ihm frei und rückte etwas zur Seite.

Es thut mir leid, daß das geschehen ist, Hauptmann Lynwood, sehr leid, aber wahrlich, ich kann mich nicht tadeln! Sie sind mir als Freund sehr lieb, aber lange nicht so sehr, daß ich Sie zu heiraten vermöchte."

Otto schaute sie verblüfft an; auf diese Antwort war er nicht vorbereitet gewesen.

Aber, Miß Farquhar, Jsabella," rief er dann aus.Sie meinen doch nicht etwa, daß Sie mich rundweg abweisen?"

Ich fürchte, daß ich das meine, Hauptmann Lynwood."

(Fortsetzung folgt.)