81- Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der von»- und Festtage.

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Amtliches.

Die Ortsbehörde« für die Arbeiterverfichernng werden darauf aufmerksam gemacht/ daß gemäß Z 7 der Ministerialversügung vom 7. Dez. 1903 (R.-Bl. S. 535)

die Litze« der fingierte« Steurrkapitale dir fpLtefteir 1. Setzt. 1907 hierher vorzulegen find.

Nagold, 26. Aug. 1907.

K. Oberamt. Reg.-Aff. Mayer.

Bek«mrtmachn«g.

Dem Prokuristen der Firma Paftageburea« Ro- minger i« Stuttgart, Theodor Schtoeikardt, welcher von der K. Regierung des Neckarkreises mit Beschränkung auf diesen Kreis die Erlaubnis erhalten hat, in Vertretung der Firma Paffagebureau Romiuger für den Norddeutschen Lloyd eine Auswanderungsagentur zu betreiben, ist lt. Crlaß der K. Kreisregieruug Reutlingen vom 2S Aug. LSV7, Nr. «S7« die Ausdehnung dieses Geschäftsbetriebs auf de« Schwarzwaldkreis ge­stattet worden.

Es wild dies zur öffentlichen Kenntnis gebracht.

Nagold, den 26. Aug. 1907.,'

K. Oberamt.

Mayer, Reg.-Aff. A. B.

Matiormlstoh.

Eine alte Klage national gesinnter Männer gilt der nationalen Unzuverlässigkeit der Deutschen. Während andere Völker die Fähigkeit haben, die Eigenart ihrer Heimat auch unter den fremdesten Verhältnissen festzuhalten, hat der Deutsche nur zu oft in verkehrter Weise seine Ehre darein gesetzt, seiner Nationalität zu entsagen und sich als Ange­höriger einer anderen Nationalität aufzuspielen. Während nachweislich mehr Einwanderer aus Deutschland als aus England nach Amerika gegangen sind, gehört doch Amerika der englischen Sprache, und man muß damit rechnen, daß das dortige Deutschtum in nicht allzu ferner Zeit verschwun­den sein wird, da die Engländer sich nie bequemen werden, deutsch, wohl aber die dortigen Deutschen, englisch zu reden. Schon heute ist das Deutsch-Amerikauisch ein fast zu einem Viertel mit englischen Worten versetztes Deutsch. Man kann daher nicht genug Hochachtung bekunden vor jenen Führern der Deutschamerikaner, die unter diesen schwierigen Umständen immer wieder die Fahne des Deutschtums, in Amerika Hochhalten und die Erinnerung an die gemeinsame deutsche Abstammung unter den neuen amerikanischen Bürgern nicht erschlaffen lassen wollen.

Gewöhnlich behauptet man, daß die nationale Schwäche der Deutschen zurückzuführen sei auf die Zeit des deutschen Niederganges seit dem dreißigjährigen Kriege, mit dem naturgemäß auch das deutsche Nationalgefühl verschwinden mußte. Daß das aber kein ausreichender Grund ist, be­weist das hochgespannte Nationalgefühl einer Anzahl anderer Völker, die sich in einem noch viel bedeutenderen Nieder­gänge befinden, wie zum Beispiel der Spanier und der Portugiesen. Gerade sie würden es für eine schmachvolle Zumutung halten, sich in der traurigen Zeit des Nieder­ganges ihres Vaterlandes sich nicht zu ihm zu bekennen, und ebenso finden wir, daß eine Anzahl kleiner zersprengter Volksgruppen, wie die Tschechen in Böhmen oder auch die Polen, die auf drei Reiche verteilt an Zahl nur etwa ein Viertel so stark sind wie die Deutschen, es fertig bringt, uns, die wir geeint vor der Welt in einem mächtigen Reiche dastehen, nicht nur an der Grenze Boden abzugewinnen, sondern sich selbst im Innern des Landes, wo sie sich dörfer­weise ansiedeln, gegenüber der deutschen Ueberzahl zu halten.

Eine naturgemäße Folge dieser mangelnden Selbst- der Deutschen ist der Umstand, daß uns auch andere nicht achten, daß man uns mit Widerwillen begegnet und uns duldet, nicht weil wir Deutsche sind, sondern trotzdem wir Deutsche sind. Ein großer Teil der Abneigung, der wir auch auf politischem Gebiet in der Welt begegnen, ist auf drestn Umstand zurückzuführen. Es fehlt uns die Selbst­verständlichkeit, die anderen Völkern mit größerem National­bewußtsein eigen ist, sich in der Welt zu behaupten.

Mit dieser eben behandelten Frage befaßt sich ein kürz­lich in derDeutschen Monatsschrift" erschienener Aufsatz von Dr. Karl Peters, dem auch seine ärgsten Feinde nicht werden absprechen können, daß er durch und durch deutsch gesinnt ist. Der Aufsatz gibt auf die Frage nach der Ur­sache der betrübenden Erscheinung keine klare Antwort, und ebenso wenig verspricht sich der Verfasser eine Heilung dieser

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Auftage 2600.

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Mit dem Planderstübchrn und

Schwab. Landw'.r'.

Nagold, Dienstag dm 27. August

1S07

Mißstände lediglich davon, daß man das Hochhalten der nationalen Fahne als eine Ehrenpflicht bezeichnet. Das sei ein Grund, der nur auf eine kleine Minderzahl hochstehen­der Geister wirke. Denn die Mehrheit werde sich stets fragen, warum sie denn immer nur Opfer für eine Nation in der Ferne bringen solle, die ihrerseits ihr keinen Vorteil biete. Ein Verschwinden dieses Nationalsehlers erwartet Peters nur von einer weltumspannenden kolonialpolitischen Betätigung, die auch allen im Auslande lebenden Deutschen zugute komme. Der Heilungsprozeß dieses Nationalfehlers müsse im Vaterlande selbst angeregt werden, die im Aus­lande zerstreuten Deutschen würden dann gern folgen.

Uocitische ZleSerficht.

Im nächste» Reichshanshaltsetat wird sich eine Neuerung in bezug auf die Ausgaben des Reichs für die Kolonien vorfindcn. In der Kolonial-Verwaltung besteht nämlich die Absicht, für Reisen der Parlaments-Mitglieder in die Kolonien eine Summe in den Etat einzustellen. Für diesen Plan sind folgende Gesichtspunkte ausschlaggebend: Von den früheren Reisen in die Schutzgebiete schloß sich das Zentrum aus mit der Begründung, daß man dadurch in eine gewisse Abhängigkeit von Reedereien käme. Früher hatte die Firma Woermann Erleichterungen für Pie Reise gewährt, das Zentrum hatte aber damals noch einen An­griff auf diese Firma im Sinn. Die Ablehnung der Be­teiligung an der Fahrt war daher beim Zentrum erklärlich. Um nun diesen Einwurf zu beseitigen, sollen die Reisen künftig auf Kosten des Reichs gemacht werden. Durch den Besuch der Kolonien wird manches erreicht, was sonst nicht eintritt, nicht nur die lebendige Anschauung der Gebiete tritt hervor, sondern es bilden sich Beziehungen zu den Kolonien, die von vielfachem Einfluß sind. Schon die bisherigen Reisen von Abgeordneten in die Kolonien haben da-on einen Begriff gegeben, noch vielmehr wird sich das fühlbar machen, wenn größere Abteilungen daran teilnehmen, und wenn auch die Parteien, die bisher grollend bei Seite standen, sich anschließen.

Für die Teilnahme des Kaisers an de« Herbst­manövern der Hochseeflotte ist nunmehr folgendes Programm aufgestellt worden. Die unter dem Befehl des Prinzen Heinrich stehende Hochseeflotte liegt am 3. Septbr., morgens, in der Jademündung verankert. Der Kaiser hält am 2. Septbr. die Herbstparade über die Gardetruppen ab und tritt am 2. Sept. die Reise nach Wilhelmshaven an, wo er am 3. Septbr. eintrifft. Unmittelbar nach der An­kunft schifft sich der Kaiser auf derHohenzollern" ein und dampft mit ihr die Jade abwärts, um über die in der Jademündung auf der sogenannten Schillig-Reede liegende Flotte, die etwa 90 Fahrzeuge umfaßt, Parade abzuhalten. Es wird dies das größte maritime Schauspiel sein, das die deutsche Flotte jemals erlebt hat. Am Nachmittag wird die Hochseeflotte taktische Uebungen vor dem Kaiser abhalten. Am 4., 5. und 6. werden dann die großen Herbstmanöver abgehaltcn, die bei Borkum beginnen und am 6., nachmit­tags, mit einem Angriff auf Wilhelmshaven endigen. Am 6., abends, kehrt der Kaiser mit derHohenzollern" nach Wilhelmshaven zurück und verbleibt dort am 7. und 8. September. Am 7. wird der Kaiser der Einweihungsfeier der nach ihm benannten größten Drehbrücke Deutschlands, die den Hafen mit der Stadt verbindet, beiwohnen. Am gleichen Tag wird der Kaiser im Offizierkasino ein großes Festmahl geben. Am 8. Sept. reist der Kaiser nach Höxter ins Manövergelände. Für die Flotte beginnen gleichzeitig die Landungsmanöver bei Apenrade.

Die mecklenburgischen Staatsbahne« sollen der preußisch-hessischen Staatsbahn-Gemeinschast angeschlossen werden. Wie offiziell gemeldet wird, sind bereits Verhand­lungen wegen dieses Anschluffes im Gang.

Ueber de« Besuch des dentsche« Kaiserpaares in London und den Gegenbesuch des Königs und der Königin von England in Berlin sagt dieDaily Mail", daß die Ankunft des deutschen Kaisers in der englischen Königsstadt bestimmt für den 11. November zu erwarten stehe, md daß der Besuch sich bis zum 15. ausdehnen werde. Die Jagden würden bei dieser Gelegenheit in besonders großartiger Weise abgehalten werden, und für einen Tag sei jein Besuch der City vorgesehen, während die Abende von den üblichen Hofsestlichkeiten eingenommen werden würden. Fürst Bülow werde, soweit bisher bestimmt sei, den Kaiser begleiten. Ferner sei sicher, daß das englische Königspaar der deutschen Hauptstadt bald einen Besuch ab­statten werde, aber noch sei über das eventuelle Datum und die Einzelheiten absolut nichts bestimmt.

Die Proklamier«»- Mnley Hafids zum Sultan

von Marokko ist jetzt auch der französischen Regierung durch den Admiral Philibert in einem Telegramm vom Freitag bestätigt worden. Dieses Telegramm sagt weiter: In Mar- rakesch (wo die Proklamierung zuerst erfolgte) herrsche Ruhe. In Casablanca seien am 21. August 260 Kanonenschüsse abgegeben worden. Die Verluste der Marokkaner seren äußerst groß gewesen. Die Truppen des Generals Drude unternahmen später eine Rekognoszierung bis fünf Kilometer südlich der Stadt. Bei dieser Rekognoszierung wurden, nach einer Meldung desReuterschen Bureaus", keine feindlichen Truppen angetroffen. In Fez sind Ruhestörungen aus- gebrochen, infolge deren die Europäer die Stadt verlassen. - In Marseille ist Freitag der DampferAdmiral" der deutschenOstafrika-Linie angekommen mitungefähr 30 fluchtigen spanischen und französischen Juden an Bord, dre er im Hafen von Tanger ausgenommen hatte.

Bo« dem Streik der amerikanischen Tele- graphiste« ist es in den letzten Tagen sehr still geworden. Es scheint, als ob der Ausstand sehr wenig Erfolg hat, der Generalausstand ist jedenfalls völlig mißlungen. Nach einer Mitteilung derFrankfurter Zeitung" aus Montreal ist auch die Gefahr eines allgemeinen Streiks der kana­dischen Telegraphisten vorüber. Die Beamten des Bahn­systems der Canada-Pacific-Bahn haben erklärt, auf ihren

Tittoni und Aehreuthal.

Ueber die Minifterznsammenknust auf de« Semmering ist der Politischen Korrespondenz folgende Mitteilung zugegangen:Um die in diesen Tagen sich Ms dem Semmering abspielende Neubegegnung der Minister des Aeußern Italiens und Oesterreich-Ungarns richtig zu bewerten, muß man sich vor Augen halten, daß sie die Erwiderung eines kürzlich vorangegangenen Besuchs bedeutet, dessen nicht hoch genug einzuschätzender Verlauf bereits zu einer voll­kommenen Verständigung über die internationalen Richtungs­linien der beiden Nachbarstaaten geführt hatte. Somit bedürfen keine damals übrig gelassenen Reste der nachträg­lichen Bereinigung und es handelte sich auf dem Semmering und in Ischl nicht um eine Vervollständigung, sondern um die Besiegelung des in Desto und Racconigi Gewonnenen. Es ist ferner festzuhalten, daß zwischen den Besuch und Gegenbesuch der beiden Minister jene drei Monarchenbegeg­nungen fallen, welche dem Sommer 1907 sein historisches Gepräge geben. Durch die Aussprache zwischen den Herrschern Deutschlands und Rußlands, Deutschlands und Englands, Englands und Oesterreich-Ungarns hat sich seither eine Art harmonischer Uebereinstimmung auf das ganze Staatensystem erstreckt und ist sozusagen zu einer gesamteuropäischen ge­worden, denn das russisch-französische Bündnis Md die Entente der Westmächte sichern den Einschluß Frankreichs in dies Gesamtbild, auch ohne daß dessen leitende Staats­männer persönlich an den Begegnungen teilgenommen hätten. Uebrigens hat die soeben in Marienbad Ms Initiative des Königs Eduard von England stattgehabte Unterredung des Königs mit dem französischen Ministerpräsidenten Cltzmen- ceau auch diese äußerliche Lücke in dankenswerter Weise ausgefüllt. Man darf sagen, daß der allgemeine Friedens­wille in diesem Jahrhundert bisher noch niemals zu so imposantem, jeden Zweifel niederschlagendem Ausdruck ge­langt ist. Ebenso ist die mächtige Bürgschaft, welche das Friedensinteresse der Welt an den großen Herrscherhäusern Europas besitzt, kaum je zuvor so sinnfällig geworden, wie in dem denkwürdigen Sommer 1907. Die Leiter der aus­wärtigen Politik Italiens und Oesterreich-Ungarns finden demnach bei ihrer neuen Zusammenkunft ein fertiges Bild vor, dem neue Züge von wesentlichem Belang schwerlich einzufügen sein dürften. Es ist das Bild aufrichtiger enger Freundschaft zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien in dem bewährten festen Rahmen des Dreibunds auf der einen Seite und auf der anderen Seite das einer allgemeinen Staatenannäherung auf der ganzen Linie und eines allge­meinen Verständigungsbedürfniffes, das sich jeder Wendung gegenüber durchsetzen zu wollen scheint. Wie der Besuch des Freiherrn von Aehrenthal in der Lombardei die Ouver­türe dieser sommerlichen Entwicklung gebildet hatte, so bildet nunmehr der Gegenbesuch des Ministers Tittoni in dm österreichischen Alpen den Schlußakkord."

Wie«, 26. Aug. DiePolitische Korrespondenz" ver­öffentlicht ein Interview mit Tittoni, der u. a. eülärte, die ausgezeichneten vertrauensvollen Beziehungen der beiden Mächte bedmten eine Garantie der Wohlfahrt. Die Be­ziehungen Italiens zu England bllden kein Hindernis für die Zugehörigkeit zum Dreibund. Auch Oesterreich unterhält sehr warme Beziehungen zu England, ebenso sei das Ver­hältnis zwischen England und Deutschland ein sehr gutes,