81. Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Bonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger- lohn 1.20 «6, im Bezirls- und 10 Km-Berkehr 1.W im übrigen Württemberg 1.38.0. MonatsabonnementS »ach Verhältnis.
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Auflage 2800.
Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile auS gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung IS g, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Mit dem Plauderftübchen und
Schwab. Landwirt.
196
Wagold, Donnerstag den 22. August
1807
Amtliches.
Die Ortsbehörden für die Arbeiterversichernng
UoMische MeSerfichi.
4. Altersrenten-Quittungen:
5. Jnvalidenrenten-Quittungen:
6. Krankenrenten-Qutttungen:
erhalten hiemit den Auftrag, ihren Bedarf an nachstehend aufgeführten Formularien für das Jahr 1908 bis S«. d. M. hierher anzuzeigen:
1. Quittungskarten: Formular
„ L,
2. Verzeichnissen über die ausgestellten Quittungskarten:
Formular H.: 1. Kopfbogen,
2. Einlagebogen,
Formular L: 1. Kopfbogen,
2. Einlagebogen,
L. Aufrechnungsbescheinigungen: Formula^. ^,
»
a) laufende,
b) einmalige,
a) laufende,
b) 'einmalige, a) laufende, k) einmalige,
7. Beitragsrückerstattungs-Quittungen,
8. Urkunden über den Bezug von Beitragsmarken gegen
Bezahlung: s) für die Ortsbehörden, .
b) für die Krankenkaffen,
9. Protokollen:
a) für Jnvalidenrenten-Auträge,
b) „ Altersrenten-Anträge, e) „ Heilverfahrens-Anträge,
Formular 1 u (für Mitglieder der Krankenkaffen und Krankenpflege-Versicherung)
Formular 1 d (für Versicherte die weder einer Krankenkasse noch einer Krankenpflege-Versicherung angehören).
10. Beitragserstattungen:
Formular 4, Jnv.-V.-Ges. § 42,
,, 5, „ „ § 43,
„ 6, „ „ 8 44 Abs. 1,
„ 7, „ „ 8 44 Abs. 2 Satz 1,
„ 8, „ „ 8 44 Abs. '
„ 9, „ „ 8 44 Abs.
11. Protokolle!! für Anträge auf Rückerstattung
recht bezahlter Beiträge:
Formular 10.
Es wird ausdrücklich bemerkt, daß der Bedarf der Formulare nach Stück (nicht Bogen) anzugeben ist.
Dabei werden die Ortsbehördcn auf den Erlaß des Vorstandes der Versicherungsanstalt vom 15. Juli 1904 (Amtsblatt des Vorstands der V.-A.-W. Nr. 5 Seite 33) aufmerksam gemacht und angewiesen, bei der Formn- larienbestellnng ans die vorhandene« Bestände Rückficht z« nehme» nnd «nr diejenige Anzahl Formulare zn bestelle«, welche im Lanf des Jahres LSV8 voransfichtlich anfgebrancht wird.
Nagold, 20. Aug. 1907.
K. Oberamt.
Regierungsasseffor Mayer.
2 Satz 2, Satz 3, zu Un-
Der Kaiser wird bekanntlich im Herbst nach England reisen. Ein englisches Blatt bemerkt jetzt dazu: Im Nov. wird Kaiser Wilhelm der Gast Königs Eduard sein. Der „von Haus zu Haus-Besuch" wird dadurch komplett. Da wir Engländer aber jetzt den deutschen Kaiser voll und ganz verstehen, so werden wir ihm den großartigen und populären Empfang bereiten, den er verdient hat.
Der Bertretertag der »ationalliberale» Partei findet vom 4. bis zum 7. Oktober in Wiesbaden statt. Nach der jetzt veröffentlichten Tagesordnung werden sprechen in den ordentlichen Versammlungen Abgeordneter Äaffermann über „Des Reiches Politik" und Abgeordneter Dr. Strese- mann über „Die Penfionsversicherung der Privatbeamten" und in zwei öffentlichen Versammlungen Abgeordneter Dr. Osann über „Fragen der Reichspolitik", Abgeordneter Dr. Friedberg über „Tätigkeit und Stellung der nationalliberalen Partei in Preußen", Abgeordneter Dr. Paasche über „Rückblicke und Ausblicke auf die Reichspolitik" und Abgeordneter Dr. Schiffer über „Fragen der preußischen Landespolitik".
Der Geburtstag des Kaisers Franz Joses von Oesterreich ist in der ganzen Monarchie überaus festlich begangen worden, in Marienbad wohnte der König von England dem Tedeum bei und empfing die höheren Beamten und Offiziere. Abends gab der König eine Festtafel, bei der er einen herzlichen Trinkspruch aus den Kaiser ausbrachte. Im Bezirk von Persen in Südtirol veranstaltete die deutsche und italienische Landbevölkerung eine große Kaiser- Geburtstagsfeier, um zu zeigen, daß sie den Jrredentismus verabscheue. Reichsdeutsche Villenbesitzer hatten geflaggt. Eine zahlreiche Gendarmerie verhinderte irredentistische Ruhestörungen.
Die angebliche Rnhe in Casablanca «sw. ist
eine Ruhe vor dem Sturm gewesen. Die offiziöse „Agence Havas" meldet: Am Sonntag hatten die franz. Truppen bei Casablanca von 7 bis 11 Uhr vormittags einen außerordentlich ernsten Angriff auszuhalten. Es wurde auf einer Front von sechs Kilometern gekämpft. Der Angriff wurde durch Geschütz-, Mitrailleusen- und Gewehrfeuer zurückgewiesen. Die Spahis waren mit den Arabern in einen Kampf Mann gegen Mann verwickelt. Die Geschütze der „Gloire" unterstützten die Truppen. Die Verluste sranzöstscherseits sind: ein Hauptmann und zwei Mann verwundet, zwei Mann tot. Das Bureau Reuter meldet über diesen Kampf: Am 18. ds. Mts. griffen die Marokkaner vormittags Casablanca an. Die Franzosen verblieben einige Zeit im Lager, doch wurde schließlich eine Abteilung unter dem Schutz der Artillerie der Kriegsschiffe vorgeschickt. Die Marokkaner schaffen auf die Abteilung aus dem Hinterhalt. Die sofort ausgeschickten Verstärkungen trieben den Feind zurück. Dem Pariser „Temps" zufolge herrscht in militärischen Kreisen die Ansicht, daß es sich bei diesem Angriff auf Casablanca um eine einfache Erkundung der Eingeborenen gehandelt habe und daß das Gros der Stämme sechs Kilometer von der Stadt entfernt in Geländefalten ver
borgen sei. Das Blatt meldet weiter, man habe unter den Araber-Gruppen die roten Dolmans der regulären marokkanischen Truppen bemerkt, doch sei es ungewiß ob man es mit Soldaten im Dienst oder mit Deserteuren zu tun habe.
Gclges-Meuigkeiten.
Ass TLsdt Md L«md.
Nagold, 22. August.
* Vom Rathaus. Vorgetragen wird, daß die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel gegen die Wahl des Gemeinderats Kläger zum Vorsteher des städt. Eichamts nichts erinnert hat. Derselbe wurde bereits vom Ortsvorsteher verpflichtet. — Durchgesprochen werden die städtischen Etats pro 1907/08. — Einem Gesuch des Zimmermeisters Spöhr um Einreihung in den Turnus der Vergebung städt. Regiearbeiten soll entsprochen werden, sobald der Gefuchsteller seinen ständigen Wohnsitz hierher verlegt haben wird. — Vergeben werden die-Dachdeckungsarbeiten des Knaben- fchulgebäudes an Firma Wohlleber L Weimer und der Präparandenanstalt an Werkmeister H. Benz. — Genehmigt werden ein Baugesuch des I. Breuning, die Neuaufrichtung der Schloßbergfahne mit einem Kostenaufwand von rund 300 Wegen der Anschaffung einer zweiten mechanischen Leiter von 10 Meter Länge an Stelle der abgängigen Bockleiter für die freiwillige Feuerwehr sind noch wettere Erhebungen anzustellen. — Damit ist die öffentliche Sitzung geschloffen.
Eisenbahnfache. Von der Generaldirektion der württ. Staatsbahnen wurde zur Vorbeugung einer mißbräuchlichen Ausnutzung des seit 1. Mai eingeführten Gepäcktarifs bestimmt, daß bei Vorzeigung von 2 Fahrkarten mit besonderer Vorsicht zu Verfahren sei; es sei nämlich die Wahrnehmung gemacht worden, daß Reisende an Stelle einer Fahrkarte für die Klaffe, die sie benützen wollen, eine Fahrkarte der nächst niederen nebst einer halben Karte als Zusatzkarte oder neben ihrer Fahrkarte noch eine halbe Karte 4. Klaffe, die sie als Fahrausweis überhaupt nicht benützen wollen, lediglich zu dem Zweck lösen, um durch Vorzeigung von 2 Fahrkarten eine billigere Fracht für ihr Reisegepäck zu erzielen — sei es, um für 25 llZ die Berechnung nach der Vorstufe zu erlangen, sei es, um für das 200 übersteigende Gewicht die doppelte Anrechnung zu umgehen. Wenn also halbe Fahrkarten (Kinderfahrkarten) mit anderen Fahrkarten bei der Gepäckabfertigung vorgelegt werden, ohne daß ein zugehöriges Kind anwesend sei, so sei der Reisende zu befragen, ob die Kinderfahrkarte tatsächlich von einem Kind benützt wird. Hiebei sei besonders darauf aufmerksam zu machen, daß nur in diesem Fall die Anrechnung bei der Gepäckabfertigung in Anspruch genommen werden dürfe.
Wildberg, 22. Aug. Das hiesige Schloß wurde beim gestrigen Verkauf dem Herrn Architekt Schittenhelm zum Preis von 20000 ^ zugeschlagen.
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von M. M. Barb»«r.
AstorifirrL. — Nachdruck serdsten (Sorts,»m,g>)
Ich stürzte in das Turmzimmer, um jetzt vor allem das Testament meines Vaters zu vernichten. In fliegender Hast öffnete ich den Geldschrank und riß den Juwelenkasten heraus, worin ich das Dokument verborgen hatte. Mit zitternden Händen schob ich die mir entgegen funkelnden Edelsteine beiseite, doch als ich das von ihnen verdeckte geheime Fach öffnete, prallte ich zurück — es war leer. Ich wollte meinen Augen nicht trauen. In der Angst suchte ich da und dort, griff immer wieder nach denselben Stellen Muck, strich und tastete mit den Fingern überall umber, ließ selbst das Atlasfutter nicht undurchsucht — alles war vergeblich; das Testament war fort! Mein Bruder hatte die Wahrheit gesagt — das Dokument und damit der Beweis für meinen Betrug befand sich zweifellos im Besitz seines Sohnes.
Es wurde mir dunkel vor den Augen, und alles schien sich um mich zu drehen, als ich in die Bibliothek zurückwankte. Wie gelähmt starrte ich dort wieder auf mein Ebenbild, bis mir die grausame Vorstellung kam, ich schwebe als körperlicher Geist über meinem eigenen Leichnam. Dieser schreckliche Wahn quälte mich wie ein Alp. Eine Einbildung verlor sich traumhaft in die andere, und ich hätte bei diesem Brüten und Stieren wohl den Verstand verloren,
wenn mir nicht aus dem Chaos wirrer Gebilde plötzlich ein Gedanke aufgestiegen wäre, der mir wie eine Eingebung erschien: „Es ist Hugh Mainwaring, der da liegt," sagte ich zu mir. — „Hugh Mainwaring verübte heute nacht Selbstmord!"
Mein fiebernder Kopf wurde nun mit einemmale kühl, mein Puls ruhig. Meine Nerven zeigten sich wieder vollkommen fest, als ich mich anschickte, sogleich nach meinen Gedanken zu handeln. Neben dem Toten niederkniend, untersuchte ich die Wunde. Die Kugel war über dem rechten Auge eingedrungen Md nach unten gehend am Hinterkopf herausgekommen. Aus beiden Oeffnungen sickerte langsam das Blut. Ich nahm mein Taschentuch und band es fest über die beiden Wunden. Darauf trug ich die Leiche in das Turmzimmer, sicherte alle Türen und ging nun an die wettere Ausführung meines Entschlusses. Ich zog mich und den Toten aus, bekleidete ihn mit meinen Sachen, sowie mit dem Schlafrock, den ich gewöhnlich trug, wenn ich mich zurückgezogen hatte, und legte dafür seinen Anzug an. Hierauf brachte ich den Leichnam in dieselbe Lage, in die er ! nach dem Schaffe gefallen war, und um ihm den Schein ' des Selbstmordes zu verleihen, nahm ich ihm den Verband ab und legte meinen eigenen Revolver, dessen eine Kammer ich zuvor geleert hatte, neben seine rechte Hand.
Nachdem ich in dieser Weise einen neuen Betrug ins Werk gesetzt hatte, traf ich Vorbereitungen zu meiner Flucht, j Ich nahm aus dem Geldschrankc alles vorhandene bare - Geld; Wechsel und Wertpapiere ließ ich unberührt, denn sie ! hatten nur für Hugh Mainwaring Wert, und der war tot. j
Da indessen daS Geld für meine Bedürfnisse nicht lange
reichen konnte, entschloß ich mich nach reiflicher Ueberlegung, die Familienjuwelen mitzunehmen, obschon ich mir nicht verhehlte, daß sie zu meiner Entdeckung führen könnten, wie es ja nun auch geschehen ist. Ich packte fie in ein kleines Kästchen, das ich in gewöhnliches Packpapier wickelte, um so wenig Aufmerksamkeit als möglich zu erregen. In denJu- welenkasten verschloß ich das blutige Taschentuch vom Kopf des Toten und die Privatschlüsiel zu meiner Bibliothek. Darauf legte ich den Bart und die schwarze Perücke sowie den Ueberzieher des Toten an, warf noch einen letzten Blick auf die vertrauten Räume und das Opfer meiner Tat und stahl mich mit dem leeren Juwelenkasten und meinem Päckchen geräuschlos hinaus in die Nacht. Ich nahm den Weg nach dem kleinen See, in den ich den Juwelenkasten schleuderte, dann folgte ich dem Pfade, der durch den Hain nach der Stadt führt. Im Parke begegnete ich meinem Kutscher, doch er erkannte mich nicht. Direkt nach dem Bahnhofe eilend, kam ich dort kurz vor Abgang eines Zuges an, der mich nach Newyork und bald Wetter nach dem Westen trug.
Doch wohin ich auch floh, meinem Gewissen konnte ich nicht entfliehen. Das Bild meines gemordeten Bruders verfolgte mich auf Schritt Md Tritt, im Wachen wie im Traume. Und um meine Qualen noch zu erhöhen, fand ich bald nach meiner Flucht in einer Tasche seines Anzuges einen Brief an seinen Sohn, den er, wie ich ersah, an meinem Pult im Turmzimmer geschrieben hatte, während er auf mich wartete.
(Schluß folgt.)