81. Iahrgang.
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I«»rrspv»ch«» M». SV.
Auflage 260V.
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Mit dem Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
^ 190
Nagold, Donnerstag dm 15. August
1907
Amtliches.
Vekarmtruachnug.
Durch Verfügung der K. Kreisregieruug Reutlingen vom 12. ds. Mts. ist für die Zeit bis IS. September ds. Js. die Floßsperre auf der Nagold verhängt worden. Nagold, den 15. August 1907.
K. Oberamt.
Reg.-Aff. A. V. Mayer.
Lei den an den Oberrealschulen abgehaltenrn Reifeprüfungen haben «. a. nachstehende Prüflinge da- Zeugnis der Reife erlangt: Miller, Jalob, S. d. Landwirts in Bollmaringen; Müller, Hermann, iv. d. Bauern in Besenfeld; Ruoff, Antonie» Tochter d»S vrrst. HofdomänenpächterS in Sindlingen.
Wonarchenöegegnung in WilhetmsWe.
Kassel, 14. Aug. Auf Schloß Wilhelmshöhe wurde mir am heutigen Vorabend des Besuchs des Königs Eduard aus der diplomatischen Umgebung des Reichskanzlers die Auffassung bestätigt, daß dieser Besuch ein weiterer Schritt auf dem guten Wege des Einvernehmens sei, der mit dem Besuch der englischen Journalisten, des Lord Mayor von London uud der englischen Bürgermeister und Kommunalpolitiker in Deutschland angebahnt worden ist. Der Besuch König Eduards in Wilhelmshöhe beim Kaiser beweist von vornherein, daß die Verstimmung, die früher einmal zwischen beiden Herrschern bestanden haben mag, die aber sicherlich von der öffentlichen Meinung übertrieben aufgefaßt wurde, nunmehr völlig gewichen und beglichen ist. Besonders bedeutsam wird die Zusammenkunft von Wil- helmshöhe dadurch, daß sie unmittelbar auf die Begegnung von Swinemünde folgt, und daß sie dem Besuch König Eduards in Ischl beim Kaiser Franz Josef vorausgeht. Es liegt in der Natur der Sache und in den höfischen Formen, daß ein bestimmtes Programm für die Besprechung zwischen König Eduard und Kaiser Wilhelm nicht festgesetzt ist. Außerdem existieren zur Zeit keine besonders hervortretenden schwebenden Fragen zwischen Deutschland und England. Zum Zwischenfall von Casablanca hat die französische Regierung die ausreichendsten Erklärungen gegeben und die Haltung der deutschen Regierung in dieser Frage hat Frankreich ebenfalls vollkommen zufrieden gestellt. Von der Zuckcrkonvention wird zwischen den beiden Fürsten nicht die Rede sein. Diese Frage ist rein wirtschaftlicher Natur und fällt deshalb nicht in das Nächstliegende Gebiet der Besprechung bei solchen Zusammenkünften. Man muß sich vorerst mit der zuversichtlichen Gewißheit begnügen, daß die Begegnung von Wilhelmshöhe gute deutsch-englische Beziehungen weiter ausbaut. In der Begleitung des Königs von England befindet sich außer dem Unterstaatssekretär Sir Charles Hardinge noch General Sir Stanley Clarke und Major Ponsonby. ^ (Frkf. Ztg.)
Wilhelmshöhe, 14. Aug. Um 1 Uhr begab sich der Kaiser in der Uniform eines englischen Feldmarschalls
vom Schloß nach dem Bahnhof zum Empfang des Königs von England. Um 1.15 Uhr lief der Zug des Königs von England ein. Die Musik der Ehrenkompanie spielte die englische Hymne. König Eduard von England in der Uniform des 1. Gardedragoner-Regiments „Königin Viktoria von England" entstieg dem Wagen. Die Monarchen begrüßten sich aufs allerherzlichste und fuhren dann unter stürmischen Hochrufen des Publikums ins Schloß.
Wilhelmshöhe, 14. Aug. Die Kaiserin besuchte den König von England bei seiner Ankunft im Schloß und wohnte dann mit den Monarchen, der Prinzessin Viktoria Luise und dem Gefolge dem Vorbeimarsch der Truppen bei. Hierauf wurde das Frühstück eingenommen. Um 4'/, Uhr machten die Majestäten und das Gefolge im Automobil einen Ausflug nach Schloß Wilhelmstal, wo der Tee eingenommen wurde. Im ersten Automobil hatten Platz genommen der Kaiser, der König und der Reichskanzler. Die Majestäten und sämtliche Herren trugen Zivil.
Wilhelmshöhe, 14. Aug. Nach dem Tee im Schloß Wilhelmstal besuchten die Majestäten das Gestüt in Beverbeck und fuhren gegen 8 Uhr wieder in Schloß Wilhelmshöhe ein. Um 9 Uhr fand im Schloß Wilhelmshöhe eine Tafel statt. Hiebei saß der König von England links neben der Kaiserin. Gegenüber saß der Kaiser, links vom Kaiser Unterstaatssekretär Sir Charles Hardinge, links vom König von England Reichskanzler Fürst Bülow.
VoMijche Meberficht.
Im Reichsamt des Inner« werden zurzeit bekanntlich verschiedene Vorschläge über Regelung des Verkehrs mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Wegen und Plätzen geprüft. Diesen Erwägungen liegt aber nicht, wie die „Tägl. Rdsch." erfährt, der Plan einer von Reichs wegen vorzuuehmenden Abänderung der betreffenden Bundesratsvorschriften zugrund. Es könne heute, wo die neuen, bekanntlich dem Landesgesetz und den Landesbehörden der einzelnen Bundesstaaten vorbehaltenen Verordnungen erst seit 1. Ott. 1906 in Kraft find und sich noch in keiner Weise übersehen läßt, inwieweit sie vielleicht einer Abänderung bedürfen, nicht davon die Rede fein, hier etwa wie bei der Ausdehnung der Haftpflicht für von Kraftfahrzeugen angerichtete Schäden reichsgesetzlich vorzugehen. Dagegen werde die vom Reichsamt des Innern eingeleitete Statistik über Kraftwagen-Unfälle und den Bestand an Kraftwagen, welche erstmalig im Juni d. I. (im Vierteljahrsheft für Statistik des Deutschen Reichs, herausgegeben vom kaiserlichen Statistischen Amt) erschien, einen außerordentlich geeigneten Anhalt für das künftige Verfahren bieten. Das heißt also nur aufgeschoben, aber nicht ausgehoben.
Der französische Kriegsminister Picqnart hat
in Rochefort bei der Enthüllungsfeier eines Denkmals für Grimaux, Mitglied des „Institut de France", eine Rede gehalten, in welcher er das Zusammenhalten des Landheeres und der Seestreitkräfte hervorhob, die beide mutig
ihre Pflicht in Marokko erfüllten. Redner hob dcmn rüh-
mend die Rolle hervor, die Grimaux in der Revision des Drehfus-Prozesses gespielt habe. — Aus Anlaß des Kongreffes der Lehrervereinigung in Clermont-Ferrand fand in der dortigen Arbeitsbörse eine Versammlung statt, welcher viele Lehrer und Lehrerinnen beiwohnten. Der wegen seiner Beteiligung an der Syndikatsbewegung abgesetzte Volksschullehrer Nögre und andere Redner griffen die Regierung und insbesondere dm Unterrichtsminister Briand sehr heftig an. Die Versammlung nahm einstimmig einen Beschlußantrag an, in welchem unter heftigen Ausfällen gegen Briand und Clemenceau die Lehrerschaft aufgefordert wird, in ihrem Kampf um daS Syndikatsrecht auszuharren. Zum Schluß sangen die Teilnehmer die Internationale.
Während der jüngste» Unruhe« in Belfast
sind 25 Soldaten einschließlich zweier Offiziere verwundet worden. Das Militär mußte wiederholt mit gefälltem Bajonett gegen die aufrührerische Menge Vorgehen. Zahlreiche Verhaftungen sind vorgenommmen worden.
Der spanische Minister des Aeußeru hat erklärt, Frankreich und Spanien seien über die in Marokko zu treffenden Maßnahmen und über die Notwendigkeit der schleunigen Organisation der Hafenpolizei völlig einig. Die französisch- spanische Aktion sei von dem Gedanken durchdrungen, die Souveränität des Sultans, die Freiheit des Handels, die Sicherheit der Europäer und die Unverletzlichkeit des marokkanischen Gebiets aufrecht zu erhalten. Der Minister des Innern erklärte, daß die Regierung in Anbetracht der Ereignisse in Marokko sich entschlossen habe, außer den Kriegsschiffen Truppen in größerer Anzahl zu mtsenden und zu landen, die den Auftrag haben, die Europäer gegen die Anschläge der Eingeborenen zu schützen.
Behufs Reorganisation der koreanische» Regierung find drei Mitglieder des Stabes Jtos zu Vizepräsidenten der drei koreanischen Staatsdepartemmt gemacht worden. Jto ist mit acht Mitgliedern der Verwaltung Koreas, Japanern und Koreanern von Söul nach Tschemulpo abgereist und wird sich von dort nach Tokio begeben. Zum stellvertretenden japanischen Generalresidenten ist General Hasegawa ernannt worden. — Die koreanischen Truppen in Hondschu Md Wondschu haben sich empört, japanische Kavallerie ist von Söul aus zur Unterdrückung des Aufstands abgesandt worden. In Wondschu ist die Lage besonders ernst, da bürgerliche Elemente sich den Truppen, welche die japanischen Offiziere verjagt haben, angeschlossen haben.
Ans Casablanca wird über Tanger vom 12. d. M. gemeldet: General Drude, der Befehlshaber der französischen Truppen, ist der Ansicht, daß er eine Verstärkung von drei- bis viertausend Mann unbedingt brauche. Die Haltung und Manneszucht der algerischen Schützen habe allerdings auf die Marokkaner einen tiefen Eindruck gemacht. Die Fremdenlegionäre, die sich in der Stadt allzu rücksichtslos erwiesen, wurden auf Vorposten gestellt. Tie jüdischen Bewohner wurden requiriert, um die in den Straßen herumliegenden, die Lust verpestenden Leichen zu beerdigen; da jedoch die
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von M. M. Barbonr. »ntorlstM. — Nachdrn«! verboten.
(Forts»tzm,,.x
Das Gespräch wandte sich jetzt anderen Dingen zu, Ralph blieb aber übellaunig und antwortete sichtlich zerstreut, denn mehr als er sich gestehen wollte, verstimmten ihn die Worte Thorntons, die auf ihn den Eindruck einer bösen Weissagung machten.
Inzwischen hatten sich Harold und Lizzy begrüßt; zuerst stumm, mit Blick und Hand. Wie oft spricht nicht ein Händedruck — ein Blick Auge in Auge mehr von Herzen zu Herzen als irgendein Wort. Dann, dem allgemeinen Trubel sich etwas entziehend, begann das junge Mädchen ont strahlendem Gesichte:
Du schriebst zuletzt so stegeszuversichtlich, und dein Aussehen zeugt davon, doch ich wäre auch gekommen, wenn du gar keine Hoffnung auf einen guten Ausgang gehabt hättest."
„Daran habe ich nicht gezweifelt, mein Liebling," erwiderte er innig, „nun aber wird deine Anwesenheit die Freude am Sieg verzehnfachen."
„Ach, ich kann es gar nicht erwarten, daß du mir erzählst. Nach deinen Andeutungen müssen sich ja Wunderdinge ereignet haben. Natürlich kommst du heute abend zu uns. Doch ehe ich's vergesse, ich habe dir auch etwas mit
gebracht, was dich sehr interessieren wird. Denke dir, eine
eigenhändige Niederschrift Hughsüber das strittige Testament."
„Das wäre!" rief Harold überrascht. „Wie gelangtest du zu dem Schriftstücks"
„Aus ganz sonderbare Weise — du wirst es kaum glauben — durch Merrick! Er sandte es mir hier aus Amerika wenige Tage — vor meiner Abreise. Ich begreife gar nicht," fügte sie mit lieblichem Erröten hinzu, „wie der Mann dazu kommt, zu vermuten, daß ich mich besonders für dich interessiere."
„Zum Teil werde ich dir dieses Rätsel erklären können. Die Sache ist nämlich — —"
„Ha! Ihr Kinder, werdet ihr denn gar nicht fertig?" tönte die lustige Stimme Onkel Williams aus dem Wagen, indem er mit dem Regenschirm drohte.
Lachend sprangen die beiden herbei. Unter weiteren Scherzworten des Onkels half Harold seiner Braut beim Einsteigen, und als der Wagen davonrollte, bog sie sich noch einmal heraus: „Komme nur nicht zu spät!"
Der Abend vereinigte die beiden Brautpaare in den von William Thornton bezogenen Räumen des Savoyer Hofes, und als Harold und Lizzy endlich Gelegenheit fanden, sich etwas abzusondern, übergab letztere ihrem Bräutigam den Brief Merricks samt der Aufzeichnung Hugh, einem kaum weniger vergilbten Papier als das Testament. Harold entfaltete es hastig uud las in den ihm bekannten Schriftzügen seines früheren Prinzipals: „Das beiliegende Testament verfaßte mein Vatft, Ralph Maxwell Mainwaring, in der Nacht vor seinem Tode als Ungültigkeitserklärung
seines ersten Testaments Md Widerruf der darin ausgesprochenen Enterbung meines älteren Bruders. Harold diese letztwillige Urkunde zuzustellen, erwies sich aber als unmöglich, da er ins Ausland gezogen und sein Aufenthalt nicht zu ermitteln war. Hugh Mainwaring."
Unmittelbar darunter befand sich mit einem viel späteren Datum folgender Zusatz:
„Da es zur positiven Gewißheit geworden, daß mein Bruder Harold nicht mehr am Leben ist und er Leibeserben nicht hinterlassen hat, trete ich nunmehr als nächst Erbberechtigter in alle ihm durch das Testament überkommenen Rechte. Obwohl hierdurch das Dokument wertlos geworden, bewahre ich es doch auf, da es vielleicht noch zu brauchen ist, den Schurken Hobson zum Schweigen zu bringen, falls er wieder mit Enthüllungen aus der Vergangenheit droht. Hugh Mainwaring."
„Hm," machte Harold, das Schriftstück nachdenklich zu sich steckend. „Ich ahne jetzt, wie es in Merricks Hände gekommen sein wird. Ganz sicher hat es bet dem Testament im Juwelenkasten gelegen, und ich in meiner Hast und Aufregung habe es übersehen, während er es nach der Auffischung des Kastens darin fand."
„Wie mag Merrick aber darauf gekommen sein, es mir zu schicken?"
„Weil der Pfiffikus dich an meiner Angelegenheit ebenso interessiert hielt, wie mich selber. Ich weiß, daß er mit einem amerikanischen Detektiv in Verbindung stand, der mit uns zusammen auf der Campania nach London snhr, und den er gebeten hatte, dich und mich zu beobachten. Was