81. Zahrgang.
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Auflage 2500.
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Mir dem Plauderstübchen und
Echwäb. Landwirt.
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Aehrenthak und Wtorri.
Desto, 15. Juli. Die Minister Littoni nndAehren- thal unternahmen heute vormittag eine Spazierfahrt im Park der Villa Tittonis, um 11 Uhr hatten die beiden Minister eine Besprechung miteinander.
Rom, 15. Juli. Die „Agenzia Stefam" veröffentlicht folgende aus Desto datierte Note vom 15. Juli: In der Unterredung, die heute Vormittag zwischen dem österreichisch- ungarischen Minister des Auswärtigen, Freiherr von Aehren- thal und dem italienischen Minister des Auswärtigen, Littoni, stattgefunden hat, sind die Gefühle sehr herzlicher Freundschaft zum Ausdruck gebracht und bestätigt worden, die infolge des Bündnisses der beiden Regierungen die beiden Länder vereinigen. Die Prüfung der allgemeinen europäischen Lage, sowie all' der verschiedenen Fragen, die für Oesterreich-Ungarn und Italien besonderes Interesse haben, gestattete beiden Ministern, mit gegenseitiger Genugtuung ihr vollkommenes Einvernehmen sestzustellen. Dieses Einvernehmen, dessen Grundlage immer das Prinzip des Gleichgewichts, die Aufrechterhaltung des 8tatu8 gno bleibt, bezieht sich nicht nur auf die Gegenwart, sondern auch aus alle Eventualitäten der Zukunft.
Desto, 15. Juli. Unter den hier anwesenden Politikern wird viel besprochen, daß die offizielle Mitteilung über die Zusammenkunft Tittonis mit Aehrenthal den Wert des Abkommens zwischen Oesterreich und Italien auch für alle zukünftigen Fälle betont. Da der Dreibund im wesentlichen nur die Erhaltung des stntns gno Vorsicht, fragen einzelne, ob etwa eine entsprechende neue Abmachung getroffen sei.
Wocitische NsSsvsichL.
Der ständige Ausschuß des deutschen Laud- wirtschaftsrats hat in Schwerin auch beschlossen, bei dem Reichskanzler zu beantragen, daß, wenn England die Brüsseler Konvention kündigt, auch das deutsche Reich dieselbe kündigen möge. Der Ausschuß hält es nicht im Interesse der deutschen Zuckerindustrie und Landwirtschaft gelegen, England die Ausnahmestellung in der Konvention zu gewähren, prämiierten Zucker zollfrei einführen zu dürfen. Der Ausschuß behält sich aber vor, im Fall der Verhandlungen über Abänderung der Konvention besondere Vorschläge zu machen. Der Landwirtschaftsrat bittet von neuem den Reichskanzler, die Herabsetzung der Zuckersteuer von 14 auf 10 ^ herbeizuführen. Die Dringlichkeit dieser Herabsetzung würde durch eine Auflösung der Brüsseler Konvention noch erhöht werden.
Die Bestrebungen, alle Liberalen zn einige«,
gehen rüstig weiter. In Mannheim hat sich für den elften badischen Reichstagswahlkreis ein gemeinsames Aktionskomitee gegründet, das die Nationalliberalcn, Junglibcralen, Freisinnigen, Demokraten und Nationalsozialen umfaßt. Von der Erfchrung ausgehend, daß die vielen kleinen Ver-
Naz-kd, Mittwoch Le» 1?. I«N
eine als Parteiorganisationen auf die Dauer nicht lebensfähig sind und sich zum Teil in unverwünschter Weise das Wasser abgraben, hat man dort den Grundsatz proklamiert, daß von nun an keine Einzelparteigründungen mehr vorgenommen werden sollen, sondern nur noch schlechthin liberale Volksvereine, die den Forderungen sämtlicher liberalen Parteien im wesentlichen gerecht werden.
In de« deutsche« Schutzgebieten wird nun voraussichtlich in absehbarer Zeit das deutsche Maß- und Gewichtssystem eingeführt werden. Der Staatssekretär des Kolonialamts hat auf die bezügliche Eingabe der Hauptversammlung der deutschen Kolonialgesellschaft erwidert, daß die Anregung ihm Veranlassung gegeben habe, in erneute Erwägungen der Frage einzutreten. Bisher habe in den Schutzgebieten das deutsche Maß- und Gewichtssystem infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingeführt werden können. Aber es solle geprüft werden, ob sich nunmehr die Einführung empfehle.
Der vorläufige Entwurf eines Scheckgesetzes wird im „Reichsanzeiger" veröffentlicht. Die Ausarbeitung, die, soweit tunlich, an den Entwurf von 1892 anknüpft, hat der abschließenden Beratung innerhalb der Reichsver- waltung noch nicht unterlegen, wird aber gleichwohl schon jetzt zur öffentlichen Kenntnis gebracht, um den beteiligten Kreisen die rechtzeitige Geltendmachung ihrer Interessen zu ermöglichen.
Die Natnrdeukmalpfiege soll in Preußen provinziell ansgestaltet werden. Nach den Grundsätzen dafür, die der Kultusminister den Oberprästdenten zugehen ließ, soll zunächst für jede Provinz ein Provinzialkomitee gebildet werden, wozu nach Bedarf noch Bezirkskomitees für die Regierungsbezirke oder Landschaftskomitees für sonstige größere Bezirke treten. Außerdem ist es erwünscht, daß von den schon bestehenden naturwissenschaftlichen und anderen Vereinen die Förderung der Naturdenkmalpflege übernommen wird. Die Komitees werden im Weg freier Verständigung gebildet, wobei als Mitglieder vornehmlich Vertreter der zuständigen Behörden und der beteiligten wissenschaftlichen Anstalten und Vereine, sowie besonders interessierte Privatpersonen in Betracht kommen. Für jedes Komitee wäre etwa ein Vorsitzender und ein Geschäftsführer, am besten ein naturwissenschaftlich durchgebildeter Fachmann, zu wählen, deren Tätigkeit eine ehrenamtliche ist. Die Komitees haben mit der staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege dauernde Verbindung zu halten und deren Wünsche nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Der Minister hält es für wünschenswert, daß die Oberpräsidenten bezw. Regierungspräsidenten selbst den Vorsitz der Provinzialkomitees bezw. Bezirkskomitees übernehmen.
Das ungarische Amtsblatt veröffentlicht jetzt einen königlichen Erlaß betreffend die Zurückziehung des Erlasses vom 9. Juli 1906, welcher das Verbot der Einfuhr griechischer Waren und die Erhebung von Repressivsteuern von den in Rumänien ansässigen Griechen anordnet. — Die Mitglieder der Koalitionspartei im kroatischen Landtag haben ein Manifest veröffentlicht, in welchem sie sich nament-
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lich gegen die Vertagung des Landtags entschieden ver
wahren, da es ihnen dadurch unmöglich geworden sei, über das Vorgehen der Abgeordneten im ungarischen Rerchtag einen Beschluß zu fassen und die angekündigte Gesetzesvorlage über das allgemeine Wahlrecht zu beraten. Die Abgeordneten appellieren an die Unterstützung des Volks, damit eine neue Regelung des Verhältnisses zwischen Ungarn und Kroatien durchgeführt werden könne. Die kroatisch-serbische Koalition will energisch die Revision des 1868 zwischen Ungarn und Kroatien abgeschlossenen Ausgleichs anstreben, und sie will einen neuen Ausgleich nur auf einer solchen Basis eingehen, daß die Selbständigkeit und Freiheit des Königreichs Kroatien in jeder Beziehung gewährleistet wird.
Der Fürst von Bulgarien hat das ihm von dem Militärstaatsanwalt vorgelegte Urteil des Kriegsgerichts gegen Petrow, den Mörder des Ministerpräsidenten Petkow,
bestätigt, unter Verwerfung des Begnadigungsgesuchs Petrows.
Die Revisionsgesuche der mit Petrow verurteilten Mitschuldigen sind zurückgewiesen worden.
Der Sultan von Marokko scheint gegen Raisuli ernstlich Vorgehen zu wollen. Er hat stärkere Truppen- abteilungen aufbieten lassen, die nun gegen Raisuli marschieren. Von Eingeborenen ist nach Tanger berichtet worden, diese Truppenbewegung mache großen Eindruck auf die Stämme, und die Machtentfaltung der Regierung werde Raisuli wahrscheinlich veranlassen, Maclean im letzten Augenblick auszuliefern, wenn ihm selbst persönliche Sicherheit verbürgt werde. Von derselben Seite wird weiter gemeldet, Kriegsminister Guebbas habe von Raisuli die Nachricht erhalten, Raisuli werde sich mit Maclean auf den Weg nach Alcazar machen, um die Regelung der Frage der Auslieferung Macleans zu beschleunigen.
Berkehrsordnnngs-Reformpläne zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn.
Wien, 14. Juli. Die deutsche Regierung bereitet schon seit längerer Zeit eine vollständige Umarbeitung der Eisenbahnverkehrsordnung vor, die den gegenwärtigen Verkehrsbedürfnissen vielfach nicht mehr entspricht. Da bisher auf die Uebereinstimmung der deutschen Verkehrsordnung mit dem österreichisch-ungarischen Eisenbahnbetriebsreglemem nicht nur wegen der lebhaften Vcrkehrsbeziehungcn zwischen den hierbei beteiligten Staaten, sondern auch aus dem Gesichtspunkt Wert gelegt worden ist, weil sich diese als wichtige Grundlage für die Fortbildung des internationalen Transportrechtes bewährt hat, wurde seitens der deutschen Regierung dem Wunsche Ausdruck gegeben, es möge behufs Aufrechterhaltung der weiteren Uebereinstimmung des beiderseitigen Reglements noch vor der endgültigen Feststellung des Entwurfes der neuen deutschen Verkehrsordnung in dieser Angelegenheit eine Besprechung zwischen den Delegierten des Deutschen Reiches, Oesterreichs und Ungarns stattfinden. Die Regierungen Oesterreichs und Ungarns sind auf diese Anregung bereitwillig eingegangen.
Die gemeinschaftlichen Besprechungen mit den deutschen Delegierten, an denen Seitens der österreichischen Regierung
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von «. M. Barbonr.
Autorisiert. — Nachdruck? verboten.
(Fortsetzung.)
Wilson prüfte einen Augenblick aufmerksam die Schriftzüge, dann sagte er fest und bestimmt: „Ich will beschwören, daß dies die Unterschrift Herrn Mainwarings ist, trotzdem sie mit zitternder Hand geschrieben ist und dadurch etwas unsicher aussieht. Ebenso erkenne ich genau die Unterschrift Herrn Butlers. Selbst der Klecks bei seinem Namen ist mir nicht unbekannt, da Herr Butler sich ärgerte, ihn gemacht zu haben. Die Unterschrift Hobsons dagegen ist mir fremd, weil ich em Schriftstück von ihm nie gesehen habe, indessen," fugte der Alte mit schlauem Lächeln hinzu, „da sein Name dieselbe Handschrift zeigt, wie das Testament, das er vor meinen Augen schrieb und Unterzeichnete, wird es wohl auch mit seiner Unterschrift volle Richtigkeit haben."
„Sie wollen also beschwören, daß dies — seinem Inhalt und seinen Unterschriften nach — dasselbe Testament ist, das in jener Nacht aufgesetzt wurde?"
„Mit gutem Gewissen."
„Haben Sie zu irgend jemand von dem Testament gesprochen?"
„Nur zu meinem Sohne. Ich wagte es nicht, Herrn Hugh nach seinem Bruder zu fragen. Nachdem ich durch den Tod des alten Herrn meine Stellung verloren hatte, erhielt ich eine Wohnung im Ort und hoffte immer auf die
Heimkehr Herrn Harolds, denn ich dachte doch, daß er benachrichtigt werden würde. Ihm hätte ich alles erzählt, was sich in seiner Abwesenheit zugetragcn hatte. Als dann aber die Nachricht kam, daß er umgekommen wäre, da hielt ich es für unnütz, darüber zu reden, und erst wie der junge Herr plötzlich kam, erzählte ich ihm alles."
Wilson wurde nun entlassen und Hobson aufgerufen.
„Herr Zeuge," fuhr der Vorsitzende nach den Generalfragen fort, „haben Sie in der Nacht vom 17. zum 18. Novbr. 18.. das Testament des Herrn Ralph Maxwell Mainwaring ausgenommen?"
Hobson tat, als ob er sich erst besinnen müßte. „Hm — es ist mir so."
„Antworten Sie gefälligst bestimmt. Ja oder nein?"
„Nun denn — ja."
„Hatten Sic Kenntnis, daß das Testament jetzt noch existierte?"
„Kenntnis?" wiederholte er langsam. „Nein. Nur unsichere Vermutungen."
„Aber Sie erinnern sich noch an seine Form, die Ausdrücke und Bestimmungen?"
„Ganz deutlich."
„Sie bestätigen also die Richtigkeit des von mir vorgelesenen Testaments?"
Hobson merkte, daß er sich verfahren hatte. Er suchte nach einem Ausweg, zauderte, zuckte mit den Achseln und stotterte endlich: „Nach so viel Jahren —"
„Aber," warf Sutherland schnell ein, „Sie erklärten doch soeben, Sie erinnerten sich ganz deutlich."
„Nun ja, indessen kann ich trotzdem nur sagen — ich glaube, daß das vorgelesene Testament der Form nach dem damals aufgestellten entsprechen kann."
„Gut," fuhr der Vorsitzende fort, „dieser Zweifel läßt sich ja augenblicklich beheben, wenn Sie Ihre Handschrift und Namcnsunterschrist anerkennen. Treten Sie heran."
Der Vorsitzende brenete das Dokument vor sich aus und ließ den Zeugen Hineinblicken. Dieser setzte sich die Brille auf und prüfte bedächtig. Nach einer Weile sagte er langsam:
„Ja, allerdings, meine Handschrift scheint es zu sein, beschwören aber kann ich es nicht, da sie so veränderlich ist, daß ich es schon oft schwierig fand, sie eidlich zu erhärten."
„Vielleicht," fiel hier Herr Barton mit leisem Spott ein, „vielleicht bin ich in der Lage, dem Zeugen behilflich sein zu können; ich besitze zufällig einige Schriftstücke von seiner Hand, die ungefähr aus derselben Zeit wie das Testament stammen."
Damit überreichte er dem Vorsitzenden ein Päckchen mit dem Hinzufügen: „Ein Vergleich der Handschrift dieser Paviere mit der des Testaments wird den Beweis liefern, daß es dieselbe Hand war, die dies schrieb."
Das Richterkollegium überzeugte sich davon, und auch Hobson ließ sein Zugeständnis erkennen, da ein kurzer Blick in die Schriftstücke ihn in die größte Bestürzung versetzte.
„Geben Sie zu, diese Briefe geschrieben zu haben?" fragte der Richter.
„Ja," antwortete Hobson stumpf.
„Und Sie erkennen damit das vorliegende Testament