81« Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger­lohn 1.20 ^,im Bezirks­und 10 Irm-Berkehr 1.28 im übrigen Württemberg 1.95 »O. Monatsabonnements nach Verhältnis.

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Auflage 2600.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!. Schrift oder! deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

147

Nagold, Mittwoch dm 26. Juni

1»07

Bezttgseiuladung.

Mit dem I. IM 1907 tri»

Der Gesellschafter^

in das 3. Quartal seines 81. Jahrgangs ein.

Der Gesellschafter mit dem Unterhaltungsblatt Das Plauderstübchen" und der BeilageSchwäbi­scher Landwirt" kostet bei jedem Postamt im Bezirks­und 10 stm-Verkehr

1 Mark »5 Pfennig

im übrigen Württemberg

1 Mark 3S Pfennig vierteljährlich

für Nagold mit Trägerlohn 12V Mk., ohne Träger­lohn 1 Mk.

Der Leserkreis des Gesellschafters umfaßt in Stadt, Bezirk und Umgegend zahlreiche Mitglieder aus allen Ständen. Es finden daher auch Anzeige» in unserem Blatte eine wirksame Verbreitung.

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Amtliches.

Königliche Bangewerkschule in Stuttgart.

Im Wintersemester 1907/08 soll für soche Schüler, denen es besonders schwer fällt, die Schule im Sommer­semester zu besuchen, wieder eine Abteilung der Ul. Klasse für Bautechniker eingerichtet werden. Da in diese Abteil­ung nur eine beschränkte Zahl von Schülern Aufnahme finden kann, so muß die Zulassung der Angemeldeten von der Bedürftigkeit, dem Alter und dem vorangegangenen Schulbesuch abhängig gemacht werden. Meldungen sind bis spätestens 15. Juli einzureichen. Denselben sind außer den Schul- und Berufszeugnissen von der Heimatgemeinde aus­gestellte Vermögenszeugnisse beizulegen. Diejenigen Schüler, die für das Wintersemester in diese Abteilung ausgenommen find, werden bis zum 1. August hievon benachrichtigt.

Stuttgart, den 20. Juni 1907.

Die Direktion:

S ch m o h l.

Den Schultheißenämtern

geht unter Hinweis aus den oberamtl. Erlaß vom 4. August 1905 (Gesellsch. Nr. 18l) mit heutiger Post je ein Nach­trag zur Marschgeldertabelle behufs Ausfolge an den

Gemeindepsleger mit der Weisung zu, solchen der Marsch­geldertabelle anzuheften.

Der Vollzug ist im Schultheißenamtsprotokoll vorzu­merken.

Nagold, den 25. Juni 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Me Messe in Kriegszeiten.

Nachdem Kapitänleutnant v. d. Knesebeck im Mai­hefte der Marine-Rundschau angeregt hatte, schon im Frieden ein Kriegsnachrichten-Bureau einzurichten, damit in Kriegs­zeiten der Presse die richtigen Wege gewiesen werden könnten, veröffentlicht das genannte Fachblatt in seinem Juniheste einen Meinungsaustausch zu dem ThemaDie Presse in Kriegszeiten". Dr. H. Mantler, Direktor des Wolffschen Bureaus, verspricht sich weniger von einer bloßen Verschärf­ung des Paßgesetzes als von einer regen Fühlung zwischen den beteiligten Amtsstellen und der Presse, einer Fühlung, die außerhalb der eigentlichen Kriegszeit und außerhalb offenkundiger Spannungsperioden zu wünschen sei. Auf die fruchtbare Tätigkeit des Nachrichtenbureaus im Neichsmarine- amte hinweisend, tritt Dr. Mantler für die Errichtung von Jnformationsbureaus ein, die mindestens am Sitze eines jeden Korpskommandos bestehen sollten. Auch Professor Dr. E. Francke legt den Nachdruck auf ständige und ver­trauensvolle Beziehungen zwischen Regierungsorganen und Presse vor einem Kriege und während desselben. Von Strafbestimmungen verspricht sich Francke gleichfalls nicht viel, und die Begründung einer Organisation kurz vor dem Ausbruch oder während der Dauer des Krieges hält er für ausgeschlossen. Francke empfiehlt schließlich, durch eine Konferenz, die von Vertretern des Kriegsministeriums, des Reichsmarineamts, der Zivilbehörden und der Presse be­schickt werden solle, die Einrichtung des Nachrichtendienstes im Kriege und ihre Vorbereitung im Frieden zu erörtern. Ein Marine-Fachmann untersucht in einem dritten Bei­trage zu dem fraglichen Meinungsaustausch die verschieden­artigen Bedingungen, die für das Verhalten der Presse in Japan, England und Deutschland von Einfluß seien. Dabei wird die mustergültige Schweigsamkeit der japanischen Presse auf die außerordentliche Strenge der Zensur zurückgeführt, die nur die Veröffentlichung der amtlichen Kriegsberichte gestattete. Als vorbildlich wird von dem Fachmann sicherlich mit Recht die von den Japanern zeitweilig geübte Verheimlichung von Menschenverlusten behandelt. Gerade in diesem Punkte wird ein europäisches Zeitungs­publikum noch sehr viel zu lernen haben, namentlich das deutsche, welcheshäuslicher" ist als manches andere, und das wegen seines lebendigen Familiensinnes eine inhumane Vernachlässigung staatsbürgerlicher Privatinteressen erblickt, wo nur dem Staatsinteresse sein Recht wird. In England fehlt es nicht an einer Bewegung, diesem Staatsinteresse über das Nachrichtenbedürsnis der Presse mit Hilfe der Gesetzgebung zum Siege zu verhelfen. Einstweilen aber ist es zu keinem gesetzgeberischen Vorgehen gekommen, weil Vorberatungen mit Vertretern der Presse insofern ein nega­

tives Ergebnis hatten, als einwandfreie Beschlüsse über eine

wirksame Beschränkung des Nachrichtendienstes im Kriege nicht gefaßt wurden. Auch in Bezug auf unsere deutschen Verhältniffe bezweifelt der Gewährsmann der Marine-Rund­schau die Möglichkeit einer gesetzlichen Verschärfung des Preßgesetzes, solange Presse und Reichstag keine Nergmig dafür verspüren. Um so nachdrücklicher betont jener Ge­währsmann, daß vom Augenblicke der Kriegsgefahr an un ganzen deutschen Blätterwalde sich ein undurchdringlicher Kriegsnebel" über die SpalteMilitärisches" legen muffe. Das deutsche Volk selbst sei der unerbittliche Zensor dafür, diesen Nebel nirgends lüften zu lassen, indem es sich, wie das japanische sage:Es ist unser Krieg, wir führen ihn nicht für die Zeitungen." Was das Publikum zu er­fahren ein Anrecht habe, werde von einer die gesamte deutsche Presse gleichmäßig behandelnden Stelle, und nur von dieser, möglichst schnell und möglichst eingehend ver­öffentlicht. . ^

Damit kommt auch dieser Marine-Fachmann auf den Vorschlag der Errichtung eines Kriegsnachrichtenbureaus zurück, den Kapitänleutnant v. d. Knesebeck früher ge­macht hat. T. Ehr.

politische Hlsöerficht.

Der Kaiser hatte sich während seines jüngsten Auf­enthalts in Hamburg an Bord derOceana" den national­liberalen Reichstagsabgeordneten Semler vorstellen lassen, und längere Zeit über Kolonialfragen mit ihm gesprochen. Am Sonnabend empfing der Kaiser in Kiel den japanischen Admiral Jjuin mit dessen Stab und die Kommandanten der beiden japanischen KreuzerTsukaba" undTschitose", die am Morgen zum Besuch der Kieler Woche eingetroffeu waren, mit Salut empfangen wurden und in der Nähe der Hohenzollern" vor Anker liegen. Der Admiral überreichte dem Kaiser ein Geschenk, welches japanische Matrosen vor dem Erscheinen des Kaisers auf dem Deck derHohenzollern" aufgestellt hatten. Es war eine größere, etwa einen Meter hohe Gruppe aus dunkler Bronze von feinster japanischer Arbeit, einen Adler, mit ausgebreiteten Schwingen aus einer Felsklippe sitzend, darstellend. Gestern hielt der Kaiser Gottesdienst auf der ^Hohenzollern" ab und nahm dann an Bord der JachtMeteor", die wiederum siegreich war, an der Regatta teil.

Die Penfione« der Reichsbeamte« werden nach dem neuen Pensionsgesetz künftig auf drei Monate im vor­aus gezahlt. Diese Bestimmung wird zum 1. Juli d. I. zum erstenmal ausgeführt werden. Das Reichsschatzamt hat die betreffenden Anweisungen an die Kassen bereits erlassen. DerReichsanzeiger" weist amtlich darauf hin, daß die günstigere Pensionsabstufung, die die Novelle zum preußi­schen Pensionsgesetz vom 27. Mai gewährt, auch für die schon vor dem 1. April in den Ruhestand getretenen Kriegs­teilnehmer Wirkung haben soll. Die Verrechnung der Pen­sionen der Kriegsteilnehmer geschieht von Amts wegen, ohne daß es einer Eingabe bedarf. Keinesfalls erwächst den Be­treffenden ein pekuniärer Verlust; auch bei verspäteter Fest-

Das Testament des Bankiers.

Kriminalroman von A. M. Barbour.

Autorisiert. Nachdruck verboten.

(Fortsetzung.)

Fräulein Carleton dachte, es würde wohl ein Schiffs­offizier sein, der sie in den Armen habe; ein kurzer Blick belehrte sie aber, daß sie in den Armen des Mannes mit der beinahe über die Ohren gezogenen Mütze und dem herauf­geschlagenen Rockkragen lag. Als sie bei dieser Entdeckung ihr Gesicht schnell wieder abkehrte und dabei Licht darauf fiel, hörte sie den unterdrückten Ausruf:

Himmel, kann es möglich sein?"

Bei diesem Tone zuckte sie förmlich zusammen; gespannt lauschte sie, ob er noch mehr sprechen würde. Das geschah nicht, dagegen entging es ihr nicht, mit welcher fast zärt­lichen Sorgfalt er sie die Treppe hinuntertrug und der Stewardeß übergab. Bei den wenigen Worten, die er hier­bei sprach, klang seine Stimme verändert.

Während der folgenden 24 Stunden, in denen Fräu­lein Carleton krank auf ihrem Lager lag, beherrschte sie fast ausschließlich der Gedanke, wer der Passagier sei. Ihre Neugier wurde nur insoweit befriedigt, als man ihr sagte, daß es ein allein reisender, augenscheinlich reicher Herr sei, der außer einem englischen Offizier keinen Bekannten an Bord zu haben scheine. Sie beschloß, ihm bei nächster Ge­legenheit für seine Hilfe zu danken, zumal er, wie sie ver-

s nahm, mehrmals Erkundigungen über ihr Befinden hatte einziehen lassen.

Sonntag nachmittag, an dem vierten Tage der Fahrt, hörte der Sturm aus, und das Wetter begann sich wieder zu klären. Zwar noch etwas blaß, aber sonst völlig her­gestellt, ging Fräulein Carlelon auf Deck, um Luft zu schöpfen. Sie fand das Promenadedeck belebt von Passa­gieren, ihre suchenden Augen konnten aber zunächst nichts von dem Gegenstände ihrer Neugierde entdecken. Endlich sah sie ihn in kurzer Entfernung in Unterhaltung mit dem großen dunkeläugigen Manne, mit dem Herr Merrick ge­sprochen hatte. Er war diesmal nicht so vermummt wie während des Sturmes, und auf der Stelle erkannte sie jetzt das edle, in seiner Schönheit fast klassische Profil des Sekretärs. Ihr Herz begann heftig zu schlagen. Sie fühlte ein Beben der Freude, dabei aber auch den Stich, den sie vor wenigen Tagen bei der Nachricht von seinem Fortgehen empfunden hatte. Einen Augenblick war sie unschlüssig, was sie tun sollte, dann aber sagte sie sich:

Ich will ihm wenigstens danken. Ich bin doch kein liebesieches Bauernmädchen, das ihre Gedanken zur Schau trägt!" Damit schritt sie ruhig auf ihn zu.

Schon hatte sie ihn unbemerkt fast erreicht, als ein junger englischer Marineoffizier an ihn herantrat, ihm ver­traulich auf die Schulter klopfte und rief:

Nun, Mainwaring, mein Junge, du hast dir deine alten Seebeine gut erhalten!"

Der große Mann mit den dunklen Augen entfernte sich, und Fräulein Carleton kehrte völlig verblüfft langsam um.

, Mainwaring! Was bedeutete das? Ganz deutlich war der Name an ihr Ohr geklungen, und er hatte ihn als etwas Selbstverständliches hingenommen. Ruhig und heiter hatte er darauf erwidert, als ob er nie einen anderen getragen hätte. Was sollte sie jetzt denken? Die muntere Stimme des Kapitäns entriß sie ihrem Sinnen.

Ah, Fräulein Carleton, freue mich. Sie zu sehen! Gratuliere zur schnellen Genesung. Wie befinden sich die anderen Damen? Wie geht's meinem alten Freund Thornton?"

Heiter plaudernd, spazierten sie ein paarmal hin und her, dann blieb sie auf einmal stehen und sagte, dem herz­gewinnenden, von fröhlicher Laune übersprudelnden alten Seebären ins Gesicht blickend:

Her Kapitän ich möchte sie um etwas bitten."

Schießen Sie los, mein liebes junges Fräulein; be­willigt, alles im voraus bewilligt, bis auf die Hälfte meines Königreiches!"

Ich wollte gern die Liste der Kajüttenpafsagiere sehen."

Aha!" Ein schalkhaft blinzelnder Blick lachte aus den von buschigen Brauen überschatteten.lustigen Augen. Begreife, begreife. Begierig zu erfahren, ob ein besonders lieber Freund an Bord ist. Sprach mich schon neulich abends jemand an, der nach Ihnen fragte."

Da bin ich doch neugierig," sagte Fräulein Carleton anscheinend leichthin, aber eine ganze Welt voll Fragen lag in ihren Augen.