8). Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
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Jevnfprecher Hlr. LS.
Jevnspuecher LV.
Auflage 2600.
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Mit dem Plauderstübchen und
Schwab. Landwirt.
145
Bagold, Montag dm 24. Juni
1S07
Bezugseinladnng.
Mit dem 1. Juli 1907 tritt
„Dev Gesellschafter"
in das 3. Quartal seines 81. Jahrgangs ein.
Der Gesellschafter mit dem Unterhaltungsblatt „Das Plauderstübchen" und der Beilage „Schwäbischer Landwirt" kostet bei jedem Postamt im Bezirks- mid 10 Kw-Verkehr
1 Mark »5 Pfennig
im übrigen Württemberg
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Der Leserkreis des Gesellschafters umfaßt in Stadt, Bezirk und Umgegend zahlreiche Mitglieder aus allen Ständen. Es finden daher auch Anzeigen in unserem Blatte eine wirksame Verbreitung.
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Seine Königliche Majestät haben allergnädigst geruht, dem früheren hiesigen Präparandenlehrer Weiß die ReallehrerSstelle an der Realschule in Metzingen zu übertragen.
Möenregierungen und Kamarilla.
Wer der Liebling eines Fürsten ist, kann sicher sein, daß diese Tatsache genügt, ihm den Haß und die Mißgunst einer größeren Anzahl seiner lieben Mitmenschen zuzuziehen. Nicht die im Leben niedrig Gestellten sind es, es sind hauptsächlich hochgestellte Personen mit niedriger Gesinnung, die den Gedanken nicht ertragen können, daß der „Freund" des Souveräns ihnen vielleicht den Rang abläuft, vielleicht sogar ihr Vorgesetzter wird, daß er ihnen Schaden bringen und ihre Pläne durch seinen Einfluß kreuzen kann. Bald geht eine von einem kräftigen Haß genährte Geschäftigkeit los; in Zeitungsartikeln, in Gesprächen mit dem Fürsten, meist hinten herum, wird der Vielgehaßte angegriffen, dem man ins Gesicht mit grinsender Liebenswürdigkeit entgegenkommt; gibt er nicht durch seine Persönlichkeit einen Anhalt — und er kann sicher sein, daß alle Schlupfwinkel seiner Vergangenheit von seinen guten Freunden ausgestöbert werden —, ihn zu verdächtigen und herunterzuziehen, so werden andere Register gezogen, es wird der patriotisch staatsmännische Ladenhüter hervorgeholt, alle Schrecken einer „Nebenregierung" werden auf die Leinwand vor die Augen des Fürsten projiziert, die Gefahr für das Vaterland wird mit den
grellsten Farben gemalt, wenn der Souverän sein Ohr neben
seinen Ministern auch seinen persönlichen Freunden leiht, die nicht verantwortlich sind. So feiern unter dem Deckmantel der treuen Besorgtheit um das Staatswohl miserable Gesinnungen, schäbige Mißgunst und gelber, blasser Neid ihre Orgien. Ist nun der betreffende Fürst nicht ein sehr Heller Kopf oder treibt ihn vielleicht die Eitelkeit, dem geliebten Volk zu zeigen, wie er um des öffentlichen Wohls willen seine eigenen Empfindungen zurückstellt und selbst den treusten, besten Freund nicht schont, dann geht der Günstling und Freund klanglos in den Orkus hinab und die „edlen Patrioten" triumphieren. Zu beneiden ist allerdingst ein Fürst nicht, der um solcher Kreaturen willen oder um seiner Eitelkeit zu frönen, seinen wahren Freund verläßt und vielleicht noch mißhandelt zum Dank für dessen treue und bewährte Gesinnung.
Bei näherer Betrachtung ist aber die sogenannte Gefahr einer Nebenregierung ein Unsinn. Jeder Fürst wird doch nach seiner Ueberzeugung regieren. Er läßt sich Vortrag von seinen Ministern und Räten halten und faßt danach seine Entschließungen. Er liest Broschüren, Bücher, Zeitungen und spricht mit anderen Menschen über öffentliche Angelegenheiten. Kommt er dadurch zur Ueberzeugung, daß er von seinen Ministern schlecht oder falsch beraten ist, so entläßt er sie und sucht sich andere, die mit seinen eigenen Ansichten übereinstimmen. Ist ihm daraus, daß er ein offenes Auge und Ohr hat Md daß er nicht zu allem und jedem, was seine Minister ihm Vorschlägen, „Ja" sagt, ein Vorwurf zu machen, kann um deswillen, daß er auch die Ansichten anderer, die sein Vertrauen genießen, anhört, die Auffassung Platz greifen, daß diese anderen eine Nebenregierung bilden, die unverantwortlich und deshalb von Uebel ist, oder handelt es sich nicht lediglich und allein darum, daß es dem Monarchen völlig freistehen muß, wie und von wem er sich beraten lassen will, um sich eine eigene Ueberzeugung zu bilden und danach seine Regierungsmaßnahmen einzurichten? Es ist nicht nur nicht ein Fehler eines Regenten, wenn er außer seinen Ministern auch die Ansichten anderer intelligenter Leute und Sachverständigen einholt und sich so innerlich frei hält und nicht einfach der Kopfuicker seiner Minister wird, es ist das sogar seine unabweisbare Pflicht. Daß seine Minister nicht erfreut sind, wie ihre Allmacht ihre Schranken in der Selbständigkeit findet, mit der der Regent seine Entschließungen vorbereitet, ist ja sehr menschlich, wenn sie aber direkt oder indirekt ein großes Geschrei erheben über die staatsrechtliche Ungebühr einer unverantwortlichen Nebenregierung, so ist daß ungereimt; fühlen sie, daß der Souverän nicht mehr das nötige Vertrauen zu ihnen hat, so mögen sie gehen, und solche, die keine Kleber, sondem selbstbewußte Staatsmänner sind, tun dies auch oft genug. Aber gerade die Kleber sind es, die es nicht vertragen können, wenn auch andere Freunde des Herrschers dessen Ohr besitzen und die deshalb alle Hebel in Bewegung setzen, um die sogenannte Kamarilla zu stürzen und sich so angeblich um den Staat wohlverdient machen, während sie ! nur ein egoistisches Eigenintresse verfolgen. Ein innerlich ! starker Monarch wird auch seine bewährten Freunde hören
und sie nicht im Stich lassen, wenn geschäftlicher Neid sie zu verdrängen sucht; er wird nach seiner Ueberzeugung regieren und diese schöpfen, wo es ihm gutdünkt, unbekümmert um das Geschrei über eine Nebenregierung. Die wahre Kamarilla aber ist die durch die schäbigsten Leidenschaften zusammengeschweißte Bande, die unausgesetzt bestrebt ist, den Fürsten ihre besten Freunde zu verekeln. _
UoMische Hleberficht.
Zwischen Deutschland und Montenegro ist ein
die Meistbegünstigung im Handels- pp. Verkehr zwischen Deutschland und Montenegro festsetzender Vertrag zustand gekommen.
Im ungarische« Abgeordnetenhaus beantragte der Jmmunitätsausschuß wegen der letzten Uebertreibungen der kroatischen Obstruktion die Ausschließung eines Abgeordneten auf 30 Tage. Das Haus lehnte den Antrag zwar ab, entschied aber dahin, daß der betreffende Abgeordnete feierliche Abbitte zu leisten habe. — Das österreichische Herrenhaus wählte eine 21 köpfige Kommission, die beauftragt wurde, dem Haus baldigst Vorschläge über die Stellungnahme gegenüber der Thronrede zu unterbreiten.
Die luxemburgische Kammer trat am Donnerstag in die Beratung des Gesetzes ein, das die Erbfolge in neuer Weise regeln soll. Vom Grafen Merenberg war ein neuer Protest telegraphisch eingegangen. Staatsminister Eyschen wandte sich energisch gegen diesen Protest. Die Beratungen konnten noch nicht zu Ende geführt werden.
Die Ruhe in Rußland hält an, wozu vielleicht auch die in den letzten Tagen vorgenommenen außerordentlich zahlreichen Verhaftungen beigetragen haben. In Petersburg allein beträgt die Zahl der Verhaftungen 5500. Die Gefängnisse sind unter diesen Umständen natürlich überfüllt. In Warschau wurden am Donnerstag 20 Mitglieder eines sozialdemokratischen Bureaus verhaftet. Eine Proklamation über die Auflösung der Reichsduma wurde beschlagnahmt. Auf einer Konferenz der Petersburger Sozialdemokratie wurde die Frage, wie das Proletariat auf die Auflösung der Reichsduma reagieren solle, dahin beantwortet, daß mit Rücksicht auf die mangelnde Organisation des Proletariats jetzt ein Generalstreik scheitern würde und deshalb nicht zu veranstalten sei.
Die Vorgänge in Portugal beginnen, das allgemeine Interesse in höherem Maß in Anspruch zu nehmen. In Lissabon wurden wieder Kundgebungen veranstaltet, die alsbald von der Polizei unterdrückt wurden; zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Ministerpräsident Franco hatte eine Besprechung mit dem König, in der er über die allgemeine Lage Mitteilung machte und die erforderlichen Maßnahmen vorschlug, um einen ruhigen Gang des öffentlichen Lebens zn gewährleisten. Die Regierung soll gewillt sein, besondere Maßregeln gegen die Führer der Oppositionsparteien zu ergreifen.
Im Sofiaer Prozeß Petrow wegen Ermordung K-K Alpieam aeftand Betrow
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von A. M. Barbonr.
Autorisiert. — Nachdruck verboten,
(Fortsetzung.)
„Nein, das ist aber doch zu häßlich, so zu verschwinden," rief Edith Thornton. „Es war ein so netter, interessanter Mensch. Wir alle fingen an, ihn gern zu haben."
„Alle?" warf Fräulein Jsabella verächtlich ein. „Ich wüßte wirklich nicht, daß wir alle so verzaubert von ihm gewesen wären, wie du es zu sein scheinst. Hier nimmt man zum Zeitvertreib eben mit jedem vorlieb, der etwas zur Unterhaltung beiträgt, und unterhaltend war er, das will ich zugeben."
„Natürlich, dir könnte ein Engel vom Himmel herunterfallen, und du würdest noch etwas an ihm auszusetzen haben," bemerkte ihr Bmder spitzig. „Skott ist ein durch und durch vornehmer prächtiger Kerl; mir wird er sehr fehlen."
Fräulein Carleton äußerte sich nicht, denn was sie dachte, wollte sie sich selbst kaum sagen. Sie fühlte sich enttäuscht und verletzt über die Art, wie Skott sich entfernt hatte. Daß er, scheinbar ohne einen Gedanken an sie fort- gehen würde, hatte sie nicht erwartet. Nach der Freundschaft und dem Vertrauen, die sie ihm bezeigt hatte, hätte er ihr doch wenigstens einen Abschiedsgruß schicken müssen.
Am lautesten ließ sich Herr Mainwaring Ms. „Ich, für meine Person," sagte er zu dem Detektiv, „bedaure gar nicht, daß er das Beispiel des Kutschers befolgt und sich
aus dem Staube gemacht hat. Er wird auch seine guten Gründe gehabt haben, so eilig zu verschwinden, und was das für Gründe waren, werden wir schon noch entdecken."
„Unzweifelhaft!" stimmte der Detektiv mit großem Nachdruck bei.
„Du irrst dich vollständig in Skott, Vater," rief der junge Mainwaring lebhaft. „Er ist so echt wie Gold. An ihm ist kein Falsch, und wenn er Gründe hatte, uns in dieser Weise zu verlassen, so sind es sicher nicht solche, wie du dir sie vorstellst."
„O, ich weiß, dir hat er ein L für ein U vorgemacht, an mir aber hat er seine glatte Zunge nie versucht, denn er ahnte wohl, daß ich ihn durchschaute. Er ist das richtige Muster eines amerikanischen Hochstaplers, und nur hierzulande ist es möglich, solch einen Burschen in der Gesellschaft von Gentlemen zu dulden!"
„Aber, bitte um Verzeihung, Herr Mainwaring," berichtigte der Detektiv, „Herr Skott ist gar kein Amerikaner; er hat kaum zwei Jahre hier gelebt."
Diese Erklärung erregte allgemeine Verwunderung, und Fräulein Carleton rief so laut: „Was? kein Amerikaner? Dann kann er nur ein Engländer sein!" daß Whitney, der neben ihr saß, betroffen von dem freudig klingenden Ruf, einen schnellen Blick auf sie warf. Dann fragte er:
„Merrick, wißen Sie das ganz sicher?"
„Ganz sicher; sonst hätte ich es nicht gesagt."
Hiermit endete das Gespräch über Skott, denn Ralph Mainwaring, sichtlich sehr unangenehm berührt, begann plötzlich von dem Testament zu reden.
proxos, Whitney," fragte er, „wie steht es mit
ifferer Eingabe an das Gericht?"
„Ich habe sie heute nachmittag persönlich dem Richter bergeben und den Bescheid erhalten, daß wir nächste Woche irgeladen werden würden."
„Mein Gott, wie lange zieht sich das noch hin!" rief rau Mainwaring. „Dann aber treten wir doch endlich e Rückreise an? Wie?"
„Ei!" lachte Thornton, „das bezweifle ich stark. Selbst i besten Fall, wenn uns die Erbschaft nicht streitig ge- acht wird, kann es noch Monate dauern, ehe wir die Ver- lgung über den ganzen Kram erhalten. Kommt es aber im Prozeß, na, dann könnte sich die Sache wohl gut ein rar Jahre hinziehen. Was, Herr Whitney?"
Der Rechtsanwalt lächelte. „Freilich, ein Prozeß ürde sehr aufhalten. Länger als ein paar Monate aber um, denn ich wüßte in der Tat keine Gegenpartei, deren
zessieren."
„Guter Himmel, Ralph!" fuhr Frau Mainwaring erschrocken auf, „und du würdest mit Hugh so lange hier bleiben wollen?"
„Wenigstens auf ganz unbestimmte Zeit," entgegnete er ausweichend. „Aber das braucht dich und die anderm nicht zu binden. Ihr könnt reisen, wmn ihr wollt."
„Das hättest du mir aber früher sagen können; ich und Jsabella wärm dann schon lange fort. Wir habe« nur auf dich gewartet. Nun bleibe ich auch keinen Tag länger als nötig. — Wilson, bringen Sie mir die Morgen-