8^. Jahrgang,
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
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JevnfpvecHer Wr. LS.
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Mernsprechev Av. LS.
Auflage 2600.
Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Mit dem Plauderstübchen und
Schwab. Landwirt.
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Htagokd, Irettag dm 21. Juni
1S07
Bei der kürzlich »orgenommenen ersten höheren Justizdienst» Prüfung ist u. a. Kandidaten für befähigt erkannt worden: Sieger, Karl von Nagold (Abokobi, Wrstafrika).
'Folitische Hleverficht.
Ueber neue Steuerpläne der Reichsregieruug
verbreitete jüngst eine Korrespondenz alarmierende Nachrichten, die in einem Teil der Tagespresse gläubige Ausnahme fanden. Man sprach von einer „ganzen Reihe neuer Steuern", die insgesamt 250 Millionen Mark ergeben sollten. Diese Behauptungen finden nun einen Widerspruch in der offiziösen „Nordd. Allg. Ztg.", die feststellt, daß zurzeit noch nicht einmal die Höhe des Deckungsbedarfs für 1908 ermittelt ist, und daß schon aus diesem Grund auch alle Mitteilungen über die an maßgebender Stelle wegen der Auswahl der Dcckungsmittel angeblich bestehenden Absichten und getroffenen Entschließungen in das Gebiet freier Erfindung zu verweisen sind."
Ueber die »ach dem Reichshaushaltsetat für
1SV7 ungedeckten Matrikularumlagen werden in Zentrumsblättern Mitteilungen verbreitet, die übertrieben sind. Es wird darin mit einer Summe von 111 Mill. Mk. gerechnet und diese so gefunden, daß zu der Spannung zwischen den
290.6 Millionen Mark Gesamtmatrikularumlagen und den
203.6 Millionen Mark Ueberweisungssteuern die 23,2 Mill. Mark hinzugcrechnet werden, die nach 8 7 des neuen Etatgesetzes den ordentlichen Ausgaben im Etat für das Rechnungsjahr 1909 hinzutreten, soweit sie nach der Rechnung des Rechnungsjahres 1907 .keine Deckung finden. Diese Rechnung ist falsch. Die 23,2 Millionen Mark sind in den 290 6 Millionen Gesamtmatrikularumlagen enthalten und dürfen deshalb nicht noch einmal in Rechnung gestellt werden. Es handelt sich bei der Feststellung der Höhe der ungedeckten Matrikularumlagen für 1907 nur um die Differenz zwischen 290,6 und 203,6 Millionen Mark. Diese aber macht 87 und nicht 111 Millionen Mark aus.
In bezug auf die deutsch-spanischen Handelsbeziehungen wird die Verlängerung des mockim vivouät jetzt auch deutscherseits amtlich bekannt gegeben.
Gegenüber der kroatischen Obstruktion im ungarischen Abgeordnetenhaus wegen der Eisenbahnvorlage ergriff am Montag Ministerpräsident Wekerle das Wort. Er führte aus, die Regierung habe gegenüber Kroatien gegenwärtig so großes Entgegenkommen bewiesen wie seit 40 Jahren nicht; die kroatischen Abgeordneten schienen die Situation jedoch völlig verkennen und durch Obstruktion jede Beratung unmöglich machen zu wollen, Redner ersuchte das Haus, weiterhin Langmut und Kaltblütigkeit gegenüber diesem Treiben zu bewahren; allein auch die Geduld habe ihre Grenzen; es müßten gegen einen derartigen Ansturm auch andere Waffen angewendet werden. Der Ministerpräsident erklärte schließlich, er wende sich im Ton der Bitte an die kroatischen Abgeordneten, das Einvernehmen mit Ungarn nicht zu stören. Falls dir. Bitte wirkungslos bleiben sollte, müsse man andere Mittel gegen die Obstruktion ergreifen.
Das französisch-japanische Abkommen über Ostasie» ist jetzt veröffentlicht worden. Sein Inhalt entspricht den Mitteilungen, die bisher gemacht wurden. Der wesentlichste Punkt lautet: Die Regierungen von Frankreich und Japan stimmen darin überein, die Unabhängigkeit und Unversehrtheit Chinas sowie den Grundsatz der Gleichheit der Behandlung in diesem Land für den Handel und für die Staatsangehörigen aller Nationen zu respektieren. Da sie ein besonderes Interesse daran haben, die Ordnung und den friedlichen Stand der Dinge, namentlich in denjenigen Gebieten des chinesischen Reiches gewährleistet zu sehen, welche den Gebieten benachbart sind, in denen sie das Recht der Souveränetät, des Schutzes oder der Besetzung ausüben, verpflichten sie sich, sich gegenseitig zu unterstützen, um den Frieden und die Sicherheit in jenen Gegenden sicherzustellen.
In der belgischen Kammer richtete der Sozialist Vandervelde Angriffe gegen den Kaiser von Rußland wegen Auflösung der Duma. Er beschuldigte den Kaiser, daß er dem russischen Volk ein Wahlsystem auszwinge, welches den Willen des russischen Volks fälsche. Finanzminister Libaert legte im Namen der Regierung Verwahrung ein gegen die Einmengung in Angelegenheiten, die Belgien nichts angingen.
Znrn englisch-französisch-spanischen Abkomme« hat man sich nun auch in Madrid geäußert. In Erwiderung auf eine Anfrage erklärte der Minister des Aeußern in der Deputiertenkammer, daß die zwischen Frankreich und Spanien ausgetauschteu Noten die Aufrechterhaltung des 8ts>tirs guo für die respektiven Besitzungen im Mittelländischen Meere und im Atlantischen Ozean erstrebten, ohne die Beziehungen zwischen den Mächten zu ändern. Das Abkommen sei wesentlich ein See-Abkommen.
Die Krisis in den französischen Weinbaudistrikten wurde am Dienstag in der Deputiertenkammer zum Gegenstand einer Interpellation gemacht. Man wünschte Auskunft über die Maßnahmen, die von der Regierung gegen die aufsässigen Weinbauern ergriffen worden sind. Clemen- ceau lehnte die Auskunftserteilung vorläufig ab und beantragte die Vertagung der Angelegenheit bis zum Freitag. Er erklärte, er werde Entgegenkommen üben, zuerst aber müßten die Gesetze geachtet werden. Der Protest des Südens werde jetzt ungesetzlich; eine längere Duldung desselben würde das Ende Frankreichs bedeuten. In der Debatte sprach Jaurös der Regierung die erforderliche Kaltblütigkeit ab und warnte die Kammer, sich von der Regierung auf den Weg des Bürgerkriegs führen zu lassen. Clemenceau erwiderte, daß nur die Staatsgewalt zur Verfügung des Gesetzes gestellt worden sei. Angesichts einer regionalistischen Regierung, die Entlassungen durch Schrecken erzwingen wolle, sei die Stunde der Anwendung des Gesetzes gekommen. Der Vertagungsantrag Clemenceaus. fand schließlich Annahme, nachdem auch Ribot die Partei Clemenceaus ergriffen und erklärt hatte, seit 37 Jahren habe man keine ähnliche Lage gesehen; die Stunde sei ernst, alle Parteien müßten sich um die Regierung scharen. Mittlerweile ist die Erregung unter den Winzern noch größer geworden, weil die Kammer die Erhöhung der Zuschlagssteuer auf zur Weiubereitung bestimmten Zucker auf 65 Frank abgelehnt
hat. Andererseits sind die vom Ministerrat beschlossenen
Maßregeln in vollem Gang. Die Zugänge nach ArgellierS sind durch Husaren und Dragoner besetzt worden, und nach Montpellier usw. wurden weitere Gendarmerieverstarkungen gesandt. Die Weinbauern von Argellier protestierten gegen die Truppenzusammenziehung, die sie als eine Herausforderung der öffentlichen Meinung bezeichneten. Wie werter gemeldet wird, hat der Unterstaatssekretär Sarraut, der Deputierter für Narbonne ist, sein Amt niedergelegt, Werl die Ereignisse, deren Schauplatz sein Wahlkreis gegenwärtig sei, ihm nicht erlaubten, seine Mitarbeit an der Regierung fortzusetzen, und ihn der Möglichkeit beraubten, die Sache derer, die ihn als ihren Adoptivsohn angenommen hätten, im Schoß der Regierung zu verteidigen. Ju der Kammer erklärte Sarraut, seine Demission bedeute keine Mißbilligung der Politik der Regierung, der er treu bleibe.
Im Zusammenhang mit der Dnmaauflösnng
sind bis jetzt zwölf sozialdemokratische Abgeordnete verhaft tet worden, darunter zwei Führer der Partei. Aber auch mehrere Mitglieder der Arbeitsgruppe, gegen die eigentlich nichts vorlag, sind in Haft genommen worden. Der zweiten Duma war übrigens ein längeres Leben beschieden als der ersten, die nur zwei Monate und elf Tage, nämlich vom 10. Mai bis zum 21. Juli, zusammen war. Die zweite Duma hielt sich vom 5. März bis zum 16. Juni, also 3 Monate und 11 Tage. An den Präsidenten des Verbandes der „echt russischen" Leute sandte der Zar am Tag nach der Dumaauflösung folgendes Telegramm: „Sprechen Sic allen Abteilungspräsidenten, sowie den Mitgliedern des Verbandes meinen Dank aus für ihre Ergebenheit und Bereitwilligkeit, den Thron zu schützen zum Segen des Vaterlandes. Ich bin überzeugt, daß alle wahrhaft russischen Leute, die das Vaterland grenzenlos lieben, noch mehr untereinander verknüpft werden und ihre Reihen sich noch immer mehr vergrößern, und daß sie mir helfen werden an der friedlichen Erneuerung Rußlands, sowie bei der Vervollkommnung des russischen Wesens. Möge der Verband für alle und in allem ein Beispiel sein der Gesetzlichkeit und Ordnung." Welche guten Beispiele der Verband bisher gegeben hat, ist sattsam bekannt. Mit solchen Hilfstruppen bei der Erneuerung Rußlands wird der Zar nicht allzu großen Staat machen können. — Wie aus Kiew gemeldet wird, brachen unter dem dortigen Militär und bei den Sappeuren in Bandi- jewka Meutereien aus, die erst durch ein Feuergefecht niedergeworfen werden konnten. Ein Offizier wurde getötet.
Die neueste Schandtat der Simon Kopper- Leute findet in der Presse eine sehr erregte Erörterung. Während gar zu pessimistische Geister in der Ermordung des Farmers Duncan ein Wiederaufflackern des Aufstandes erblicken wollen, ineinen andere, daß hinter dem Streich jene englischen Kapelemente stehen, die an der Fortdauer der Kämpfe in Südwestafrika ein sehr lebhaftes Interesse haben. Gemeint sind jene unsauberen bnsiusss muksr, die durch Waffenschmuggel und Munitionslieferung an die aufständischen Eingeborenen .ihr Schäfchen scheren, und denen der ermordete Farmer Duncan als Kundschafter der deutschen
Das TeÜamenL des Bankiers.
Kriminalroman von A. M. Barbonr.
Autorisiert. — Nachdruck verboten.
(Fortsetzung.)
„Halt!" unterbrach der Detektiv. „Sehen Sie, das ist eben der springende Punkt. Sie glauben an die Schuld der Frau, weil sie, ohne den geringsten rechtlichen Anspruch darauf zu haben, durchaus Erbin werden wollte. Haben Sie denn aber niemals daran gedacht, daß es auch noch andere Menschen geben kann, deren Interesse an dem Tode des reichen Mannes ein viel größeres war, weil sie rechtmäßige Erben sind?"
Das ist mir allerdings noch nicht in den Sinn gekommen, ' erwiderte der Rechtsanwalt erstaunt.
- . " verschiedenen zuverlässigen Quellen habe ich er- fahren, fuhr der Detektiv fort, „daß Ralph Mainwaring einen lungeren Bruder, Harold, besitzt, der auch das Geld sehr liebt, aber kem Geschäftsmann, sondern ein indolenter, nur seinen Passtonen lebender, grundsatzloser Mensch ist, der sein Vermögen durchgebracht hat. Gleich seinem Bruder soll auch er schon lange nach der fetten amerikanischen Erbschaft gespäht haben. Gestern wurde mir gekabelt, daß er seit der Abreise seines Bruders verschwunden ist. Seine Klubgenossen in London nahmen an, daß er mit dem nächsten Amerikadampfer abgefahren ist, um feine eigenen Erbansprüche geltend zu machen."
„Und Sie denken," fiel der Anwalt fast atemlos ein, „daß
Der Detektiv schüttelte den Kopf und sprach weiter:
„Ich bin bei meinen Nachforschungen auch hinter das Geheimnis Hugh Maiuwarings gekommen, auf Grund dessen Hobson seine Erpressungen verübte, und habe dabei entdeckt, daß er die Hauptsache gar nicht kennt. Da Sie ein intimer Freund Mainwarings waren, enthalte ich mich näherer Mitteilungen darüber. So viel aber möchte ich Ihnen sagen: Es existieren, wahrscheinlich gar nicht weit von hier, Erben, deren Ansprüche nicht nur der Familie Ralph Mainwaring voranstehen, sondern auch seinerzeit dem Erbrechte Hugh Mainwarings vorangestanden haben."
Der Rechtsanwalt starrte den Detektiv an, als wenn er sich erst besinnen müßte, ob er richtig gehört hätte. Endlich die Sprache wiederfindend, sagte er:
„Merrick, ich kenne Sie nur als einen überlegenden, wahrheitsliebenden Mann, der niemals Behauptungen auf- stellt, die er nicht zu beweisen vermag, und ich muß Ihnen also Glauben schenken. Ueber Ihre hiermit verbundenen Folgerungen werden Sie sich vermutlich jetzt noch nicht näher äußern wollen, eine Frage indessen werden Sie mir vielleicht beantworten: Glauben Sie, daß dieser Harold Main- waring oder jene anderen möglichen Erben, die Sie erwähnten, persönlich erscheinen oder ihre Ansprüche durch Anwälte vertreten lasten werden?"
„Das läßt sich augenblicklich noch gar nicht absehen. Vorläufig müssen Sie sich mit dem Winke über die möglichen Streitfragen begnügen, die der Fall noch bringen
kann. Zwei Hinweise indessen will ich Ihnen noch für Ihre weiteren Erwägungen geben: Glauben Sie ja nicht, daß Hobson sich für Frau La Grange in irgendwelche Gefahr stürzen wird. Erstens arbeitet er immer nur für sich und erst in zweiter Linie für den, der ihn am besten bezahlt. Und dann: Achten Sie den Privatsekretär nicht für zu gering. Meiner Meinung nach wird er Ihnen und Ihren Klienten eine Nuß zu knacken geben, an der Sie sich alle miteinander die Zähne ausbeißen werden. „Haben Sie nie eine Aehnlichkeit in seinem Gesicht entdeckt?"
„Sie nehmen mir die Frage vom Munde weg. Dasselbe wollte ich Sie fragen. Schon seit einiger Zeit ist mir in seinem Gesicht eine Aehnlichkeit mit irgend jemandem aufgefallen, ich konnte aber nicht dahinter kommen mit wem. Endlich heute bei Tische wurde es mir klar. Es ist Hugh Mainwaring, dem er ähnelt. Sollte er am Ende gar ein Sohn von ihm sein, von dem niemand etwas ahnt?"
„Was? — Hugh Mainwaring ähnlich?"
„Nun, ist es denn nicht das, worauf Sie mich aufmerksam machen wollten?"
„Nein. Wie hätte ich dazu kommen sollen? Sie vergessen, daß ich Hugh Mainwaring lebend nie gesehen habe."
„Sapperment, ja das ist wahr! Wen meinen Sie denn?"
In diesem Augenblick hörte man den Kutscher die Treppe heraufkommen. Der Detektiv antwortete daher nur kurz:
Wenn Sie von dem Ausdruck absehen, haben Sie Zug für Zug das Gesicht von Frau La Grange!"