schluß aus der Gesellschaft diktiert war, der seitherige Vor­sitzende C. A. Fischer einstimmig wiedergewählt und ebenso die übrigen Mitglieder des Elferrats, soweit sie bisher diesem Rat angehörten; auch die Neueintretenden wurden einstimmig gewählt, sodaß wieder völlige Harmonie herrscht. Der Elferrat beschloß dann, den durch die Untreue eines Mitglieds und Billetverkäufers entstandenen Abmangel in der Kasse gerichtlich von dem bisherigen Kassier einzufordern oder aber, wenn dieser von, Gericht nicht haftbar gemacht werden würde, den fehlenden Betrag selbst freiwillg aufzu­bringen.

r. Stuttgart 17. Juni. Zwischen dem Verband der Schneider, Filiale Stuttgart und dem Arbeitgeberverband für das Schneidergewerbe wurde ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen. Die Lohnerhöhung beträgt bei Großstück 5°/° 7°/«, bei Kleinstück 6°/»10°/». Der Tarif tritt spätestens am 1. Juli in Kraft Der am Sonntag von hier nach Freudenstadt abgelassene Sonderzug beförderte 363 Personen.

Tübingen, 19. Juni. Der vor etwa 14 Tagen ge­meldete lheberfall auf ein Mädchen von Nagold an der Oberjettingerstraße scheint sich nicht ganz so ereignet zu haben, da das Mädchen jetzt andere Angaben gemacht hat. Die Saatsanwaltschaft hat die Sache in Behandlung. WaS heute in verschiedenen Zeitungen darüber gemeldet wird, ist nicht verbürgt.

Knittlinge» O.A. Maulbronn, 17. Juni. Hier er­eignete sich auf eigentümliche Weise ein bedauerlicher Un­glücksfall. Der 12jährige Ernst Braun von hier, der bei der Heuernte mithalf, wurde von einem Stier seines Ge­spanns, der sich auf dem Boden wälzte, erfaßt und ihm ein Bein abgedrückt.

Gerichtssaal.

r. Stuttgart, 18. Juni. (Schöffengericht). Die Milchhändlerin Anna Bischofs von Untertürkheim wurde wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zu 30 Geldstrafe verurteilt. Sie hatte, wie sie selbst zugibt, von Mitte Januar bis Ende März die von ihr nach Stuttgart gebrachte Milch beinahe täglich entrahmt und die im Fett­gehalt stark herabgeminderte Milch als Vollmilch an ihre Kunden verkauft. Der Vertreter der Anklage hatte 10 Tage Gefängnis beantragt.

Waldshut, 16. Juni. Anonyme Briefe brachten die 53 Jahre alte Emma Kramer von Obereggingen vor die hiesige Strafkammer wegen Urkundenfälschung. Um ein Verlöbnis zu Hintertreiben, schrieb die Angeklagte unter dem Namen einer Verwandten Briefe an den Bräutigam und die Eltern der Braut, in welchem die Braut in einem sehr schlechten Lichte dargestellt wurde. Das Gericht erblickte in diesem Vorgehen eine ganz niedrige Handlung und verur­teilte die Angeklagte wegen Urkundenfälschung zu drei Monaten Gefängnis.

München, 19. Juni. In dem großen Wucherpro­zeß ist heute abend nach sechswöchiger Dauer das Urteil gefällt worden. Der Angeklagte Hartmann erhielt 2 Jahre 6 Monate Gefängnis und 3000 ^ Geldstrafe, Oiser 2 Jahre 3 Monate Gefängnis und 3000 ^ Geldstrafe, Maf- fei sen. 1 Jahr 3 Monate Gefängnis und 600 ^ Geld­strafe, Maffei jun. 1 Jahr 6 Monate Gefängnis und 500 Mark Geldstrafe. 6 weitere Angeklagte erhielten 3 bis 6 Monate Gefängnis nebst entsprechenden Geldstrafen. Haertlin, Biber, Schmidt und Ebner wurden freigesprochen.

Deutsches Reich. .

Berlin, 19. Juni. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Der Feldwebel der Schutztruppe Franz, bisher Leiter der Nebenstelle Jkombe im Bezirk Langenburg, hat Andru Kerani, einen Schwarzen, welcher nach eigenem Geständnis m der Nacht zum 1. Januar 1905 die Stationskaffe mit mehreren Tausend Rupien gestohlen hatte, zum Zweck der Wiedererlangung des Geldes in grausamer Weise ge­peinigt. Kerani starb auf dem Weg nach dem Gericht in Langenburg. Das Kriegsgericht hat aus die Anzeige

vom Februar 1907 im Mai gegen Franz verhandelt, den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Peinigung und dem Tod Keranis nicht angenommen und Franz wegen einfacher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 300 ^ verurteilt. Der Gerichtsherr hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Angelegenheit kommt daher in Merlin demnächst erneut zur Verhandlung.

Berlin, 18. Juni. Aus Wien wird dem Lokal-An­zeiger gemeldet: Wie die Wiener Allgemeine Zeitung von zuverlässiger Seite erfährt, wird im Laufe dieses Sommers zwischen dem König von England und Kaiser Wilhelm eine Zusammenkunft stattfinden. König Eduard habe den deutschen Kaiser eingeladen, ihn zu besuchen, und der Kaiser habe die Einladung bereits angenommen. Ein genauer Ter­min des Besuchs ist noch nicht bestimmt. Ferner verlautet, daß König Eduard im Herbst dem Sultan in Konstan­tinopel einen Besuch abstatlen werde und daß ebenso Kaiser Wilhelm den Sultan danach besuchen werde.

r. Pforzheim, 18. Juni. Die Schützengesellschaft ver­kaufte ihr großes Anwesen, das bei Dillweißenstein gelegen ist um 350 000 Der Verkauf dieses Geländes ist für die Weiterentwicklung der Stadt bedeutsam.

Mannheim, 18. Juni. Infolge Reißens des Sicher­heitsgürtels stürzte gestern abend im Hause Q 7 25 der Telegraphenarbeiier Karl Vogt von einer Leiter und blieb mit zerschmettertem Kopfe liegen.

Frankfurt a. M., 18. Juni. Ein Arbeiter aus Halberstadt rannte am Hanptbahnhof in selbstmörderischer Absicht mit dem Kopf gegen einen Briefkasten und trug eine Gehirnerschütterung davon.

Trier, 19. Juni. In der Nacht vom Montag zum Dienstag ist in der Eifel die Temperatur auf den Ge­frierpunkt gesunken, aus vielen Gegenden laufen Mel­dungen über Frostschäden ein. Die Temperatur verblieb mehrere Stunden unter 0. Auch in der Provinz Schles­wig-Holstein ist ein starker Temperatur-Umsturz eingetreten. Stellenweise ist das Thermometer in der letzten Nacht auf Frost gesunken. In Christiansfeld wurde 1 Grad Kälte gemessen.

Deutscher Journalisten- und Schriftstellertag.

Bei der diesjährigen Hauptversammlung des Verbandes der Deutschen Journalisten und Schriftstellervereine in Dresden sprach in der Eröffnungssitzung am Sonntag Dr. Wenzel vom Verein Berliner Presse über soziale Fürsorge für Redakteure und Schriftsteller. Dazu wurden mehrere Anträge gestellt, die aber zugunsten folgender Resolution des Chefredakteurs Steinbach-Wien nach längerer Debatte sämtlich zurückgezogen wurden:Der Delegiertentag be­zeichnet es als dringende Notwendigkeit, daß jene Verleger, welche für ihre journalistische Mitarbeiter nicht bisher schon in ausreichender Weise für den Alters- und Todesfall vor­gesorgt haben, ihre Redakteure und dauernden Mitarbeiter sowie deren Angehörige für den Alters- nnd Todesfall bei der Pensionsanstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller standesgemäß versichern." Die Resolution wurde einstimmig angenommen. Gestern nachmittag wurden das Präsi­dium des Delegiertentages und die Obmänner der Pensions­anstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller vom König im Residenzschloß in Audienz empfangen.

Feuerwehrleute als Brandstifter. Vor dem

Schwurgericht in Freiberg i. S. gelangt ein sensationeller Massenprozeß zur Verhandlung. In dem in der Nähe ge­legenen Städtchen Siebenlehn, das wegen seiner Schuh­macherfachschule bekannt ist, entstand in den letzten zehn Jahren eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Bränden, 43 im ganzen, durch die 65 Gebäude eingeäschert wurden. Nur einige davon waren nach der allgemeinen Ansicht auf Brandstiftung zurückzuführen, und die Täter sind bereits in früheren Verhandlungen zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt worden. Durch eine solche Verhandlung hat sich aber herausgestellt, daß alle 43 Brände böswillig ver­anlaßt waren, um die hohen Versicherungssummen zu er­halten. Die sofort eingeleitete Untersuchung ergab, daß die ganze Stadt von Brandstiftern durchsetzt war, daß das

Oberhaupt der Stadt, der frühere Bürgermeister Barthel, davon wußte, falsche Berichte an die Regierung darüber erstattete und die Brandstiftungen sogar befahl. Aber was noch schöner ist: Die Hauptschuldigen waren alle Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr, die die Häuser ruhig abbrennen ließen und sogar noch andere dazu anstcckten, um, wie sich jetzt bei der Zeugenvernehmung herausstellte, ungestört in den brennenden Gebäuden stehlen zu können. Vier Ange­klagte, darunter zwei Frauen, wurden während der jetzigen Periode in Etnzelverhandlungen zu Gefängnisstrafen von zwei Jahren und zu Zuchthausstrafen von zwölf Jahren verurteilt. Jetzt wird noch gegen 13 Angeklagte insgesamt verhandelt. Fortgesetzt werden aber Zeugen wegen Ver­dachtes der Mittäterschaft verhaftet. Gegen den früheren Bürgermeister, der sich in Untersuchungshaft befindet, ist die Voruntersuchung noch nicht abgeschlossen. Er wird mit anderen später abgeurteilt werden. Wenn man die Ver­handlungen verfolgt, muß man staunen, wie die Sache so lange hat verheimlicht werden können. Wie der als Zeuge vernommene Gendarm äußerte, müßte man, um alles auf­zudecken, die ganze Stadt vor Gericht laden. Auch ein Stadtverordneter befindet sich unter den Brandstiftern. Nach mehreren Bränden wurde von seiten der Stadt für die tapfere Feuerwehr ein Festmahl veranstaltet. Als König Friedrich August aus seiner Privatschatulle 500 ^ für die durch Feuer Geschädigten stiftete, erhielten davon die Brandstifter Prämien in Höhe von 30 ^ durch den Bürgermeister aus­gehändigt. Einzelne Zeugen sagen aus, daß die Feuer­wehr wie eine Räuberbande hauste. Die Versicher­ungsgesellschaften wurden samt und sonders betrogen, da die unrichtigen Verzeichnisse der verbrannten Gegenstände von der Ortsbehörde bescheinigt wurden. Vielfach waren auch die Möbelstücke am Boden befestigt, um ein Hinaus­schaffen zu verhindern.

Ausland.

Paris, 19. Juni. Hier erhalten sich die Gerüchte, der Führer der Winzerbewegung Marzellin Albert und Ferrout seien Dienstag vormittag verhaftet und nach Mont­pellier gebracht worden. Aus Agde, Bordeaux und anderen Städten sind Truppen nach dem Süden abgegangen. Aus Toulouse wird gemeldet, daß zahlreiche Militärzüge dort durchgekommen sind. Ministerpräsident Clemenceau bleibt nachts über in seinem Bureau im Ministerium, wo er sich ein Bett hat aufschlagen lassen. Auch der Direktor der allgemeinen Sicherheit, Hennion, verläßt das Ministerium nicht. Man folgert daraus, daß die Ausführung der von der Regierung getroffenen Maßnahmen unmittelbar bevorsteht.

Narbonne, 19. Juni. Seit der Verhaftung Ferrouls hat die Erregung zugenommen. Die Stadt ist von 10000 Mann Militär besetzt. Die Offiziere werden von der Menge ausgepfiffen und verhöhnt. Alle Läden nnd Werkstätten, selbst die Banken sind zum Zeichen der Trauer geschlossen.

Petersburg, 19. Juni, lieber Soldatenumuhen in Kiew werden folgende Einzelheiten gemeldet: 500 Sol­daten des Geniebataillons bemächtigten sich nachts des Zeughauses. Sie erbeuteten scharfe Patronen nnd gaben eine Salve in die Luft ab. Der herbeieilende Batail­lonschef mit noch drei anderen Offizieren wurden ge­tötet. Von den Soldaten wurden 60 verwundet und 250 verhaftet. Gegen 190 entflohen. In Kiew wird der Generalstreik vorbereitet; 98 Personen wurden des­halb bereits verhaftet.

London, 19. Juni. Das Torpedoboot Nr. 99 ist in der Tor-Bay gesunken. Die Mannschaft ist ge­rettet.

Newyork, 19. Juni. Nach einer Meldung der New- york Times ist der Rücktritt des deutschen Botschafters Frhrn. Speck von Sternburg wegen seines leidenden Zustandes sicher.

Und dieser Herr Carruthers, wenn er nicht Carrol war, gibt auch zu denken," fügte Whitney bei.Warum fuhr er plötzlich mit dem Morgenzug nach der Stadt zurück, da er doch dem Sekretär gesagt hatte, er würde zwei bis drei Tage im Arlington-Hotel bleibend"

Na, das würde mich nicht gerade so sehr wundern. Das Sonderbare aber an der Sache ist, daß sich ein Mann seines Aussehen allerdings ein Billet nach Newyork löste, nach der Aussage der Zugschaffner jedoch den Zug nach Newyork nicht benützte. Er muß also plötzlich seinen Ent­schluß geändert haben. Dagegen erfuhr ich von einem Schaffner des fünf Minuten später nach Norden abgehenden Zuges, daß, als der Zug sich eben in Bewegung setzte, ein Herr auf den meine Beschreibung genau paßt, noch schnell angelaufen kam und in den Zug sprang. Der Schaffner sah ihn spater mit tief in das Gesicht herabgezogenem Hut in einer Ecke des Rauchwagens sitzen."

Das kann doch nur Carrol gewesen sein!" rief Whit­ney lebhaft.

Oder ein anderer," entgegnete der Detektiv trocken. Ja, mein Lieber, an Problemen fehlt es uns nicht. Lösen S,e doch nur einmal das eine: Sie sind überzeugt, daß Brown den Kasten und den Revolver in den See warf Ich sage: kann sein, kann nicht sein. Ich frage: wer war der Mann, den Brown kurz vor drei morgens am See stehen sahd Was machte er da? Browns Beschreibung -aßt ebensogut auf Carrol wie auf Carruthers. Welcher von beiden war es? Warf der Mann etwas in den See? And wenn was war cs?"

Whitney wiegte langsam den Kopf. Dann sagte er:

Merrill, alle Achtung vor Ihrem Scharfsinn und Ihrer skrupulösen Detailarbeit, in eine solche kann ich mich aber nicht einlaffen; darin habe ich zu wenig Erfahrung. Ich muß mich von den Hauptpunkten des Falles leiten lassen."

Nun gut, so wollen wir einmal die Hauptpunkte be­leuchten. Also, welche Gründe haben Sie, Frau La Grange und Hobson mit dem Morde in Verbindung zu bringen, die nicht ebensogut auf gewisse andere Leute anwendbar wären?"

Welchen Grund? Aber Merrick! Haben wir denn nicht jeden Grund, dieses Weib für die Anstifterin des ganzen Unheiles zu halten? Ist es nicht seit siebzehn oder acht­zehn Jahren ihr einziges Bestreben gewesen, Hugh Main- warings Vermögen für sich und ihren Sohn zu erlangen, weil sie ein Recht darauf zu haben glaubt und"

,_ (Fortsetzung folgt.)

Wie die Nationen sich auf Reisen benehmen,

dürste bei der jetzt beginnenden Reisezeit interessant zu er­fahren sein. Einer, der viel gereist ist, und seine Beob­achtungen in einem BüchleinDas Hotelwesen der Gegen­wart" niedergelegt hat, will folgendes als wahr und erwiesen angesehen wissen: Der Engländer will überall wie zu Hause sein, überall seine geregelte Lebensweise beibehaltcn, ohne die er keinen Genuß kennt. Naturschönheiten und Sehens­würdigkeiten kommen für ihn erst in zweiter Linie in Be­tracht. Eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Engländer hat in dieser Beziehung der Holländer, der außerdem ein Feind

des Treppensteigens ist, aber von den Hotelwirten gerne gesehen wird, weil er treue Kundschaft hält. Der Franzose wirft infolge seiner souveränen Verachtung aller geographischen Kenntnisse Staaten, Berge, Seen und Flüsse bunt durch­einander, er weiß nie, wo er sich befindet und selten, wohin die Reise geht. Vor allem sucht er lustige Gesellschaft und ist selbst stets mit einem Witzwort bei der Hand, um sich aus der Klemme zu ziehen oder über eine schwierige Situa­tion hinwcgzuhelfen. Der Amerikaner erscheint stets mit der Bleifeder. Alles schreibt er auf, alles berechnet er, alles drückt er in Zahlen aus und nach allem fragt er. Dabei zeichnet ihn die größte Rücksichtslosigkeit aus. Die Russen reisen meistens in größerer Gesellschaft mit ihren Familien und bezahlen entweder sehr gut oder sehr schlecht. Die Italiener sind lustige Reisende, machen sich aber im allgemeinen wenig aus Naturschönheiten. Zum Schluß noch ein Wort über die Deutschen, die eine sehr schlechte Zensur erhalten. Sie sind angeblich der unruhigste Gast, der vor lauter Unschlüssigkcit und Fragen zu keinem rechten Genuß kommt.Der Deutsche will alles sehen, kritisiert alles mit lauter Stimme und ist niemals zufrieden!" Also gehet in euch und tut Buße, liebe Landsleute! Aber im Vertrauen gesagt: So schlecht, wie euch derVielgereiste" macht, seid ihr doch nicht. Ohne euch, die Rcistelnstigften unter den Nationen, würden die Hotelbesitzer wohl kaum auf einen grünen Zweig kommen.