81- Jahrgang.

Auflage 2600.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger­lohn ILO im Bezirks­und 10 Km-Berkehr 1.28 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.

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JevnfpvecHer Wr. 29.

Jevnfpvecher Fkr. 29.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

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Kagokd, Samstag den 8. Juni

1907

Amtliches.

Bekanntmachung,

betr. die Säuberung der Obftbäume insbesondere der Steinobftbäume von Raupe«.

Die Besitzer von Obstbäumen, insbesondere von Stein­obstbäumen, werden hiemit aufgefordert, ihre Obstbäume von den in diesem Jahr wieder auftretenden Raupe» ohne Ver­zug zu reinigen und die Reinigung in angemessenen Zeit­abschnitten solange zu wiederholen, als sich diese Insekten auf den Bäumen zeigen.

Die Herren Ortsvorsteher wollen diese Anordnung in ortsüblicher Weise bekannt machen, die Baumbesttzer ev. entsprechend belehren, die Ausführung dieser Anordnung überwachen und die Säumigen zur Verantwortung und ev. zur Strafe ziehen, (ekr. § 367 Ziff. 2 R.-St.-G.-B.)

Nagold, den 7. Juni 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Bekanntmachung,

Amtsversammlnng betreff.

Die diesjähr. Amtsversammlnng findet voraussichtlich am 13. Juli d. I. statt. Etwaige Anträge oder Gesuche an dieselbe wollen in aller Bälde anher eingereicht werden. Nagold, den 7. Juni 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Parlamentarische Nachrichten.

Württemberg »scher Landtag.

r. Stuttgart, 6. Juni. In der Nachmittagssitzung hat die zweite Kammer die Beratung über das Kapitel Straßenbau fortgesetzt. Minister v. Pischek machte auf eine Anfrage des Berichterstatters Hang die Mitteilung, daß wegen einer 2. Brücke über die Donau zwischen Ulm und Neu-Ulm gestern Verhandlungen zwischen Bayern und Würt­temberg stattfanden. Bayern will Neu-Ulm einen Beitrag gewähren, der aber die für Bayern vorgesehene Höhe von 200 000 ^ nicht erreichen würde. Die Schaffung eines Ersatzes für diesen Ausfall müffe noch erwogen werden. Württemberg leiste 200 000 ^ ebenso die Stadt Ulm. Schmid-Neresheim (Ztr.) begründete einen Antrag, in das dem Etat angefügte Verzeichnis der in der Etatsperiode vorgesehenen Verbesserungen und Neubauten im Straßenbau künftig nur diejenigen Straßen aufzunehmen, welche nach Maßgabe der von der Regierung angeforderten Mittel in der Etatsperiode wirklich zur Ausführung gelangen sollen. Dieser Antrag wurde angenommen. Minister v. Pischek erwiderte, auf eine Anfrage des Abg. Rembold-Gmünd über die Grundsätze bei der Ausführung der Straßenbauten, daß diese nach der Verkehrsdringlichkeit unterstrichene Be­rücksichtigung der Interessen aller Landesteile erfolge. Wetter- Hin kamen Klagen zum Ausdruck, über den Schaden den die Flößerei zu Zeiten niederen Wasserstandes der Industrie erzeugt. Mnister v. Pischek äußerte sich über die beabsichtigte Auf­hebung der Flößerei. Diese solle aus der Enz bis Pforz­heim bestehen bleiben, auf der Nagold aber in etwa 4 Jahren aufhören, wogegen dann die Straßen und Holzver­ladestellen verbessert werden würden. Beim Kapitel 41 Neckarschiffahrt entspann sich zunächst eine Erörterung darüber, ob in die Beratung der Schiffahrtsabgaben und der Neckarkanalisation eingetreten werden soll. Minister v. Pischek betonte unter Hinweis aus eine am nächsten Dienstag stattfindende Konferenz in Heildronn, wo u. a. über die sehr wichtige Frage entschieden werden soll, nach welchem Maßstab unsere event. Beteiligung an den Erträg­nissen der Schiffahrtsabgaben erfolgen soll, daß die Staats­regierung es ablehne, zur Zeit weitere Mitteilungen zu machen. Gegen eine Beratung des Hauses habe er nichts emzuwenden. Das Haus beschloß darauf, in diese Beratung emzutreten.

Der Abg. Elsas (Vp.) begründet sodann folgende Resolution seiner Partei: Die Kammer der Abgeordneten erachtet die Hebung der Schiffahrt auf dem Rhein und die Schiffbarmachung des Neckars und Mains für ein allzu lang vernachlässigtes Bedürfnis der vom Meer abgelegenen südlichen und südwestlichen Teile Deutschlands. Sie hält die Befriedigung dieses nationalen Bedürfnisses für eine gemeinschaftliche Aufgabe der beteiligten deutschen Staaten.

Die dadurch verursachten Kosten sollten grundsätzlich nicht durch Abgaben der Rheinschiffahrt beschafft, sondern aus allgemeinen Staatsmitteln bestritten werden.

Wenn das nach dem wetteren Gang der Verhandlungen aussichtslos sein sollte, dürste von Württemberg der Ein­

führung von Abgaben nur unter folgenden Bedingungen zugestimmt werden:

1. daß dieReichsverfassung ordnungsmäßig geändert werde,

2. daß ein wirtschaftlicher Zweckverband gebildet wird, der die Erträgnisse der Abgaben nicht fiskalischen Zwecken, sondern ausschließlich der Hebung der Binnenschiffahrt und insbesondere der Schiffbarmachung des Neckars und des Mains für 1000 bis 1200 Tonnenschiffe und der Verbesserung der Rheinwasserstraße zuführt und durch die Beteiligten beaufsichtigt wird;

3. daß die durch Vereinbarung auf niedrigster Grenze festzulegenden Sätze gebunden werden derart, daß der Widerspruch jedes einzelnen Beteiligten die Erhöhung ausschließt und daß die Abgaben sich Mit Verminderung

, der Ausgaben vermindern;

4. daß für Kosten auf der Bergfahrt ein besonders niedriger Tarif eingeführt und ebenso forst- und landwirtschaft­lichen Produkten des Landes eine diese Produkte be­günstigende Ausnahmestellung eingeräumt wird.

Falls diese Bedingungen in wesentlichen Punkten nicht erreicht werden, soll Württemberg einer Aenderung der Verfassung widersprechen.

Der Redner betonte, daß wenn der Vertrag mit Preußen nicht zustande komme, der Kanal in Württemberg gebaut werden müsse. Betz (Vp.) erging sich in geschichtlichen Be­trachtungen und verlas seine Rede, in der er den Antrag seiner Partei unterstützte. Sodann wurde die Weiterberat­ung auf morgen vertagt.

Stuttgart, 8. Juni. In der gestrigen Kammer- fitzung sprach der Abg. Schaible bei der Etatsberatung zu Kapitel 40 Titel 7n Wegbauten wegen Aufhebung derFlößerei auf Enz und Nagold. Wegen Mangel an Zeit Md Raum mußten wir die Wiedergabe der Aus­führungen bis zur nächsten Nummer d. Blatts verschieben.

Tages-Weuigkeiten.

Aus Stadt uud Land.

Nagold, 8. Joni.

Bom Rathaus. Auszug aus dem Gemeinderats­protokoll Blatt 183 äcko. 7. Juni 1907. Normalzahl: 13. Anwesend vom Gemeinderat: Der Vorstand und 7 Mitglieder.

8 1 .

Auf den Artikel im Bezirksamtsblatt Gesellschafter Nr. 130 mit der Ueberschrift

Bom Rathaus.

In eigener Sache!

der sich auf einen Vorgang in der Gemeinderatssttzung vom 5. d. Mts. in welcher der anwesende Redakteur Paur von dem Gemeinderatsmitglied Bernhardt direkt Vorhaltungen wegen eines Artikels im Gesellschafter Nr. 125 gemacht wurden bezieht, hat der Vorsitzende aus Antrag des Herrn Bernhardt eine Sitzung behufs vertraulicher Besprechung der Angelegenheit auf heute anberaumt:

Das Ergebnis derselben ist:

1. Der Gemeinderat spricht sein Mißfallen über die in Abs. 3 des Artikels gegen Gemeinderat Bernhardt ge­machten gehässigen Angriffe aus; wenn das Vorgehen desselben gegen den Redakteur in öffentlicher Sitzung auch nicht ganz korrekt war, so entspricht ein derartiger Angriff keineswegs diesem Vorgehen, denn in dieser Sitzung war außer dem Redakteur kein Publikum an­wesend, er brauchte daher das was ihm hier gesagt wurde nicht als öffentlichen Angriff zu betrachten, wäh­rend sein Angriff gegen ein Gemeinderatsmitglied in die breite Oeffentlichkeit gekommen ist, das stets bemüht war seine Ansicht offen und rückhaltlos auszusprechen und das was aus der Uebertragung verschiedener städti­scher Aemter hervorgeht nicht verdient in den Vergleich mit einem Realschüler gezogen zu werden.

2. Daß der Gemeinderat nach wie vor der Ansicht ist, es wäre mehr im Interesse des Ansehens des Collegiums und des Friedens in der Gemeinde gelegen die Redaktion würde ihre Spalten abfälligen und witzelnden Urteilen über die Verhandlungen der Gemeindecollegien nicht öffnen, denn wenn auch noch keine Beleidigung vorliegt, so ist doch zu sagen, daß solche Urteile eben kein Hös- lichkeitsakt, sondern darauf berechnet find lächerlich zu machen und das verdient ein Collegium das sich bemüht soviel an ihm liegt nach allen Seiten gerecht zu han­deln sicherlich nicht, besonders nicht von solchen Seiten, die gerne Artikel schreiben, ohne sich überhaupt vorher nach den Motiven der Beschlußfassung umgesehen zu haben.

Die Sitzungsberichte sind wohl in den wenigsten Fällen derart ausgedehnt, um nach dieser Richtung genügende Anhaltspunkte zu geben.

3. Protokollauszug der Redaktion des Gesellschafters und

dem Gemeinderat Bernhardt zu erteilen.

Z. B. Gemeinderat

Brodbeck. Hettler. Rentschler. Rapp. Mayer. Klaeger. Buob. Weitbrecht.

Diesen Auszug beglaubigt Nagold, den 7. Juni 1907.

Stadtschultheiß und Ratsschreiber: Brodbeck.

Vor die Wahl gestellt bringe ich diesen Protokoll- Auszug freiwillig in die breite Oeffentlichkeit; ich hege das Vertrauen zur öffentlichen Meinung, daß sie sich über obiges und über die ganze Angelegenheit das richtige Urteil bilden werde. Betreffend den Eintrag im Protokoll­buch des Gemeinderats würde es gerecht sein, diegehäs­sigen" Angriffe in Form meines ArtikelsIn eigener Sache" dem Protokolleintrag behufs Beutteilung durch später Nach­lesende beizufügen. Die Entscheidung über Aufnahme von Einsendungen bleibt selbstverständlich ganz dem Ermessen des Verlegers und des verantwortlichen Redakteurs des Gesellschafter" überlassen.

* Zum Fischereitag. Noch eine kurze Spanne Zeit und unsere Stadt wird im Festkleid prangend viele wette Gäste aus nah und fern in ihren Mauern begrüßen. Ein­stimmig haben die Stadtväter in der letzten Rathaussttzung die Mittel zu einer einfachen aber würdigen Dekoration der Hauptstraßenzüge bewilligt. Das Festkomitee ist schon einige Wochen mit den Vorbereitungen beschäftigt, um den Be­suchern des württemb. Fischereitags und den Gästen bei der gleichzeitig abzuhaltenden Jubiläumsfeier des 10jährigen Bestehens des Bezirksfischereivereins Nagold den Aufenthalt angenehm nnd interessant zu machen. ES unterliegt keinem Zweifel, daß die Einwohnerschaft Nagolds, eingedenk früherer schöner Feste, auch diesmal alles daran setzen wird, durch Schmuck ihrer Häuser, durch Herzlichkeit des Empfangs ihrer Gäste, den alten guten Ruf als Feststadt wieder zu betätigen. _

r. Calw, 7. Jni. Am 11. Juli ds. Js. findet hier eine staatliche Bezirksrindviehschau statt, wobei Farren mit vier Preisen 140 bis 80 ^ und Kühe mit fünf Preisen 120 bis 40 prämiert werden.

r. Stuttgart, 6. Juni. Der Widmannsche Tiergarten zur Doggenburg wird andauernd stark vom Publikum aus allen Kreisen frequentiert. Tägliche Tiersendungen bringen viel Neues und Interessantes: stattliche Perlhuhn- und Per­rückentaubenpaare und viele Kriechtiere sind neu eingetroffen, ebenso ein von Hagenbeck-Hamburg geschenkter, schlanker, weißgetupfter sibirischer Hirsch, ein sehr wertvolles und sel­tenes Exemplar, das einen Ankaufswert von 2000 be­sitzt. Das Tier setzt zur Zeit ein neues Geweih (10 Ender) auf. Heute nachmittag stattete die Großfürstin Wera mit ihrer ganzen Familie dem Garten einen Besuch ab. Die kleinen Prinzen, Enkelkinder der Großfürstin vergnügten sich durch Reiten auf den kleinen, erst eingetroffenen Ponnys. Die Tierchen haben besondere Kindersättel erhalten und es ist ein Vergnügen, namentlich Sonntags die Kinder fich auf den munteren Pferdchen tummeln zu sehen. Mädchen fahren in einer kleinen Kutsche.

r. Tubiuge«, 7. Juni. Gestern fanden Studenten beim Spaziergang gegen den neuen Tierpark einen Mann in den mittleren Jahren an einem Apfelbaum erhängt. Die Persönlichkeit ist nicht festgestellt.

r. Reutliuge«, 7. Juui. Infolge einer Eingabe an die Abgeordnetenkammer, ans Grund verschiedener Vorgänge bei der Wahl in Betzingen (Unvollständigkett der Wähler­listen rc.) die Wahl des Abg. Kurz (Soz.) Reutlingen-Amt für ungültig zu erklären, hatte s. Zt. die Legitimations- kommisfion der Abgeordnetenkammer bekanntlich beschlossen, Erhebungen hierüber anzustellen. Wie nun verlautet, ist das Ergebnis der amtlichen Erhebungen derart, daß an eine Ungültigkeitserklärung der Wahl des Abg. Kurz nicht zu denken sein wird.

r. Kirchheim «. T., 7. Juni. Der am letzten Mon­tag mit der Bahn hier angekommene, aber vom Markt zurückgehaltene Rindviehtransport eines auswärtigen Händ­lers, der wegen Verdachts der Maul- und Klauenseuche unter amtliche tierärztliche Beobachtung gestellt und isoliert wurde, ist nunmehr wieder freigegeben worden, da sich der Verdacht als grundlos erwies. Das Vieh ist gestern von hier abtranspottiert worden.