8;. Jahrgang.
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Kevnfprechev Wr. 28.
Kernsprecher Nr. 28.
Auflage 2000.
Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Mit dem Plauderstübchen * und
Schwab. Landwirt.
^ 135
Nagold, Areitag den 31. Mai
1907
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Amtliches.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung von Unterrichtskursen in Obst und Gemüseverwertung für Frauen und Mädchen an der K. Weinbauschule in Weinsberg.
In den Wochen vom 29. Juli bis 3. August und vom 26. bis 31. August d. I., im Bedarfsfall auch in den Wochen vom 5. bis 10. August und vom 2. bis 7. September werden an der K. Weinbauschule in Weinsberg fechstägige Unterrichtskurse, in welchen über Ernten, Sortieren, Verpacken und Dörren von Obst und Gemüse, über Herstellung von Marmeladen, Gelees, Pasten, Obstsäften,' Konserven usw. praktische und theoretische Unterweisung erteilt werden wird, abgehalten werden.
Der Unterricht in den Kursen ist für Württemberger- innen unentgeltlich. Die Teilnehmerinnen, welche das 16. Lebensjahr zurückgelegt haben müssen, haben für Wohnung und Kost während der Dauer des Kurses selbst zu sorgen.
Anmeldungen zu den Kursen sind bis 10. Juli d. I. an die Weinbauschule in Weinsberg zu richten, wo auch weitere Auskunft erteilt werden wird.
Stuttgart, den 21. Mai 1907.
I. V. Krais.
UoNtische Hlsbersicht.
Der Vertretertag der nationalliberalen Partei,
der in diesem Jahr einem Beschluß des Goslarer Parteitags zufolge in Kassel abgehalten werden sollte, wird neueren Meldungen zufolge nach Wiesbaden cinberufen werden. Als maßgebend für diesen Programmwechsel wird angeführt, daß Gründe vorliegen, die sich aus der innerpolitischen Lage ergeben.
Die deutschen Geschäfte in Konstantinopel versieht während der Zeit der Abwesenheit des als Delegierter nach dem Haag gesandten Botschafters Marschall v. Bieberstein der Bukarester Gesandte v. Kiderlen. Er ist dieser
Tage dort eingetroffen. — Nach einem Bericht in der „Frkf. Ztg." ist im türkischen Marineministerium unter dem neuen Marineminister eine regere Tätigkeit bemerkbar. Der „neue Mann" beabsichtigt, am Schwarzen Meer in der Richtung auf Bulgarien einige Häfen, unter diesen Jniada, mit Befestigungen zu versehen. Eine Jacht bereist gegenwärtig in Begleitung zweier Torpedoboote das Schwarze Meer, um die nötigen Inspektionen vorzunehmen.
Ueber die Errichtung von Landwirtschaftskammer» in Bayern führte Minister v. Brettreich in der Schlußsitzung der Freisiuger Wanderversammlung bayrischer Landwirte aus: Die Staatsregierung ist bereit, unter der Voraussetzung, daß tatsächlich die überwiegende Majorität der Landwirte eine Aenderung auf diesem Gebiet wünscht, mitzuarbeiten und sie in die Wege zu leiten. Sie legt aber den größten Wert darauf, daß diese neueOrganisation sich möglichst an die alte wieder anschließt, insofern, als nicht etwa »ur Landwirtschaftskammern und eine landwirtschaftliche Zentralkammer geschaffen werden, sondern daß die bisherigen Be- zirksvcrbände auch in Zukunft den äußeren Verwaltungsorganen beratend zur Seite stehen.
Das braunschweigische Interregnum hat nun endlich durch die bereits gemeldete Wahl des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg zum Regenten einen wohl in jeder Beziehung befriedigenden Abschluß gefunden. Herzog Johann Albrecht wird als eine sympathische Persönlichkeit geschildert, die außer den erforderlichen repräsentativen Eigenschaften eine unermüdliche Arbeitslust und großen Pflichteifer besitzt. Der neue Regent des Herzogtums Braunschweig steht im 50. Lebensjahr; er ist am 8. September 1857 als der dritte Sohn des im Jahr 1883 verstorbenen Großherzogs Friedrich Franz I!. und dessen erster Gattin, einer geborenen Prinzessin Auguste Reuß-Schleiz-Köstritz, geboten. Bis zum Jahr 1895 war er aktiver Offizier; schied als Major im Potsdamer Husaren-Regiment und ist seitdem bis zum General der Kavallerie avanciert. Seine militärische Laufbahn fand eine einjährige Unterbrechung, die dem juristischen Studium diente. Aus dem aktiven Militärverhältnis schied er seinerzeit, um die Präsidentschaft der deutschen Kolonialgesellschaft zu übernehmen, und seitdem hat er viele und große Reisen unternommen und sich in kolonialen Fragen einen bedeutenden Ruf erworben. Verheiratet ist Herzog Johann Albrecht mit der jüngsten Tochter des verstorbenen Großherzogs Karl Alexander von Sachsen-Weimar und dessen Gattin Prinzessin Sophie der Niederlande. Seine Ehe blieb kinderlos. Schon einmal hat Herzog Johann Albrecht eine Regentschaft geführt, und zwar für seinen Neffen, den jetzigen Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, der bei dem 1897 erfolgten Tod seines Vaters noch minderjährig war und erst 1901 die Regierung übernehmen konnte. — Nach der Wahl des Herzogs zum Regenten bestimmte der Landtag drei Mitglieder des Hauses, die nach Wiligrad entsandt werden sollen, um dem Herzog Mitteilung von der erfolgten Wahl zu machen.
In der Sprachenfrage hat die ungarische Regierung im neuen Eisenbahngesetz den kroatischen Forderungen nun doch noch bedeutende Zugeständnisse gemacht.
Die äußere Dienstsprache soll kroatisch sein, ebenso der Ver
kehr mit den kroatischen Aemtern, und es sollen nach Möglichkeit nur Kroaten angestellt werden. Trotz dieser Zugeständnisse sind die kroatischen Abgeordneten noch nicht zufrieden und die kroatische Landesregierung hat sich mit ihnen solidarisch erklärt. Die weiteren Verhandlungen wurden infolgedessen von der ungarischen Regierung abgebrochen.
— Im ungarischen Abgeordnetenhaus legte Ministerpräsident Wekerle einen Gesetzentwurf vor, der zur Erinnerung an die vor 40 Jahren erfolgte Krönung des Königs Franz Joseph die Errichtung eines Arbeiterkrankenhauses und einer Reihe von Volksakademien, bestehend aus einem Arbeiterheim und einer Bibliothek in Budapest und in der Provinz, in Aussicht nimmt. Ferner sieht der Gesetzentwurf die Errichtung einer Kirche an der Grabstätte Arpads in Obuda und die Erweiterung des Handelsmuseums in Agram vor. Für diese Stiftungen wird ein Kredit von 3 400 000 Kronen gefordert. Wekerle teilte ferner mit, daß aus Anlaß des Jubiläums die Prägung von Goldmünzen zu 100 Kronen angeordnet worden sei. Sie werden auf der Reversseite eine die Krönung darstellende Gruppe mit der Inschrift „Zur 40. Jahreswende der Krönung" aufweisen.
Zur Herbeiführung einer wirtschaftlichen deutsch-französischen Annäherung hat soeben der Advokat Lucien Eoquet in Paris einen Schritt unternommen, indem er durch eine Zuschrift an unsere Handelskammern vom 23. d. M. zu einer Meinungsäußerung über folgende Sätze ersucht: 4.. Unterhandlung über ein deutsch-französisches kommerzielles Einvernehmen, nachdem die Handelskammern beider Länder ihre Meinung abgegeben haben. 8. Schaffung einer deutschen Handelskammer in Frankreich und einer französischen Handelskammer in Deutschland. 6 Ausarbeitung einer deutsch-französischen Zollkonvention, welche die Einrichtung einer gemischten Zoll- uud statistischen Kommission, sowie die Etablierung eines Schiedsgerichts in sich schließt.
— Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß unsere kaufmännischen und Handels-Vertretungen dieser Anregung sympathisch gegenüberstehen und dem Herrn Eoquet eine ermunternde Antwort zu teil werden lassen.
Im französischen Minifterrat teilte Pichon über das japanisch-französische Abkommen mit, daß das Einvernehmen tiunmehr vollkommen ist und die Unterzeichnung des Abkommens in sehr kurzer Frist erfolgen werde.
Dem englischen Unterhaus wurde ein Gesetzentwurf vorgelegt, durch den für eine vermehrte Anzahl kleiner Landgüter gesorgt werden soll. Diese Gesetzesmaßregel soll der Entvölkerung der ländlichen Bezirke Einhalt tun und die mit der Entvölkerung verbundenen Mißstände beseitigen. Die Bill ermächtigte die Grafschaftsräte, Land zur Errichtung kleiner Landgüter zu erwerben, entweder durch Pachtung oder Kauf, und zwar nötigenfalls durch Expropriation. Falls ein Grafschaftsrat nicht die von der Bill vorgesehenen Vorkehrungen trifft, soll das Ackerbauamt Kommissare ernennen, die an Stelle des Grafschaftsrates handeln, und von diesem die gemachten Ausgaben einziehen. Die Bill stellt die wichtigste Agrarmaßnahme der Regierung in der gegenwärtigen Tagung dar.
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von A. M. Barbour. »urorifiert. — Nachdruck verboten.
(Fortsetzung.)
Der Anwalt fuhr daher fort: „Mögen Sie aber auch erfahren haben, was Sie wollen, ich glaube, daß es in Ihrem Interesse liegen wird, das, was Sie aus der Vergangenheit des Toten wissen, für sich zu behalten."
Skott, der bisher mit halb nach dem Fenster gewandtem Gesicht wie träumerisch zugehört hatte, drehte sich jetzt plötzlich dem Anwalt voll zu. Eine auffallende Veränderung war mit ihm vorgegangen. Noch niemals hatte Herr Whitney einen ähnlichen Ausdruck auf diesem Gesicht gelesen, das chm plötzlich sonderbar bekannt vorkam. Es schien ihm gar nicht mehr der Sekretär, der da vor ihm stand und mit kaltem L-pott in den Augen und in der Stimme zu ihm sprach:
„Ich bin Ihnen für den freundlichen Rat, den Sie mir erteilen, sehr verbunden, doch glaube ich selbst zu wissen, was in meinem Interesse liegt. Mich dünkt, Sie werden vollauf zu tun haben, Ihre ganze Aufmerksamkeit und Sorge den Interessen Herrn Ralphs Mainwarings zuzuwenden."
Damit schritt er, ohne eine Antwort abzuwarten, in stolzer Haltung durch die nach der Veranda führende Glastür ins Freie.
Herr Whitney stand einen Augenblick wie versteinert.
Dann murmelte er, dem sich Entfernenden starr nachblickend: „Donnerwetter, das war unverschämt! Und dieser Blick! Wo in aller Welt habe ich den schon gesehen? Wahrhaftig, Ralph Mainwaring scheint am Ende doch eine ziemlich feine Nase zu haben und nicht mit Unrecht hinter dem Menschen etwas zu wittern."
Aehnliches dachte auch Herr Merrill. Er war gerade an die Tür der großen Halle gekommen, als Skott nach der Veranda schritt, und hatte unbemerkt dessen letzte Worte gehört. Die Treppe zur Bibliothek hinaufsteigend, sprach er zu sich: „Ja, Whitney ist gewiß ein Heller Kopf, aber dieser junge Mensch ist ihm doch über und wird noch allen eine Nuß zu knacken geben. Mir ahnt, er wird mit dem, was er weiß, zu einer Zeit zum Vorschein kommen, wo die anderen es am wenigsten erwarten."
Eine halbe Stunde später, als der Detektiv die Bibliothek verließ und durch die südliche Halle die Treppe hinunterging, drangen Töne an sein Ohr, die aus dem Zimmer von Frau La Grange zu kommen schienen. Unmittelbar diesem Zimmer gegenüber befand sich eine tiefe, durch einen Vorhang verdeckte Fensternische. In diese huschte er hinein. Zunächst vernahni er nur durch die nicht fest geschlossene Tür eine sanfte Stimme. In der einen erkannte er die Stimme von Frau La Grange, in der anderen die Hobsons. Dieser schien auf und ab zu gehen, denn der Klang seiner Stimme änderte sich fortwährend. Frau La Grange war offenbar sehr aufgeregt, denn sie sprach immer lauter und lauter und endlich ganz verständlich.
„Sie sind durchaus nicht unverwundbar," hörte Mer-
rick sie plötzlich in vollem Zorn sagen. „Sie können nicht leugnen, daß Sie ein Mitschuldiger in der Sache waren!"
Hobson war jetzt jedenfalls dicht an der Tür stehen geblieben, denn deutlich vernehmbar klang es zurück: ^Damit werden Sie mich nicht einschüchtern. Sie wissen ganz genau, daß Sie keinen Beweis gegen mich haben. Wozu denn also eine solche Drohung? Wir kennen uns doch wahrhaftig schon zu lange, als daß Sie Lust verspüren sollten, eines Ihrer kleinen Kunststückchen an mir zu versuchen, Sie spielen ein hohes Spiel, Madame, aber noch halte ich die Trümpfe in Händen!"
„Pah! die fürchte ich nicht. Vielleicht habe ich meine Karten besser gemischt, als Sie denken. Geben Sie sich keinen Illusionen hin; Sie dürften eine starke Gegnerin in mir finden!"
„Sehr schöne Worte, verehrte Frau, sie führen aber zu keinem Ende. Verstehen wir doch einander: Sie wünschen meine Dienste in dem bevorstehenden Prozeß und stellen mir Bedingungen. Ich lehne diese entschieden ab und erkläre, nicht anders Ihre Sache zu übernehmen, als wenn Sie sich meinen Forderungen fügen. Darum allein handelt es sich!"
Die Erwiderung war unverständlich, offenbar jedoch für Hobson befriedigend, denn als er die Tür öffnete und vorsichtig ehe er hinaustrat, den Flur entlanglugte, lag ein triumphierendes Lächeln auf seinem Gesicht. Frau La Grange begleitete ihn bis zur Haustür. Hobson blieb hier noch einmal stehen und zischelte:
„In zwei oder drei Tagen komme ich wieder zu Ihnen.