8!- Jahrgang.
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Jevrrspvecher Wv. 29.
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Ikevnfpvechev Wr. 29.
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Mit dem Plauderstübchen und
Schwab. Landwirt.
IW
Votttifche Hlebsrflcht.
Zwischen Deutschland und Norwegen wurde am 7. März ein Zusatzvertrag zum Auslieferungsvertrag vom 19. Januar 1878 abgeschlossen. Die Ratifikationsurkunden sind am Samstag ausgetauscht worden. Der Zusatzvertrag tritt am 4. Juni in Kraft.
Die dem braunschweigische» Landtag zugegangene Vorlage wegen der Festsetzung der Zivilliste für den neuen Regenten rechnet bereits offen mit der Wahl des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg. Es heißt in der Vorlage nämlich in bezug aus eine beabsichtigt gewesene Herabsetzung der Zivilliste, es sei von den Beauftragten des Herzogs die Ansicht vertreten worden, „daß es im Fall der Wahl Seiner Hoheit zum Regenten dessen Stellung nachjaußen hin Abtrag tun müsse, wenn der seit dem Jahr 1888 gezahlte Zuschuß schon vor Uebernahme der Regierungsverwesung herabgesetzt werden sollte u. daß daher einer solchen Herabsetzung von Seiner Hoheit nicht zugestimmt werden könne. Wohl aber sei Seine Hoheit bereit, später auf Grund eigener Erfahrung über die Möglichkeit einer Herabminderung des Zuschusses zur landes- sürftlichen Rente Erwägungen eintreten zu lassen und eventuell nach eigner Ermessung eine Herabminderung zu verfügen." Die Beratung der Vorlage fand gestern, die Regentenwahl heute statt. Wenn man in Betracht zieht, daß die Zivilliste in Braunschweig 1125 320 jährlich beträgt, so macht das Feilschen um einen Zuschuß von ganzen .80 000 einen wenig schönen Eindruck. Die erste Vorlage wollte nämlich 220 000 Zuschuß bewilligen, wogegen der neue Regent 300 000 ^ verlangt, weil Prinz Albrecht so viel erhalten hat.
Der italienische« Deputiertenkammer wurde der Bericht über das Marinebudget vorgelegt. Es wird darin angekündigt, daß die Regierung für den Bau von vier Panzerschiffen neue Kredite in Höhe von 200 Millionen verlangt. Zur Erinnerung an den 100. Geburtstag Garibaldis, der in diesem Jahr gefeiert wird, brachte Ministerpräsident Giolitti einen Gesetzentwurf ein, durch den ein Kredit von einer Million Lire für arme Veteranen, die unter Garibaldi gedient haben, gefordert wird.
In ihrer Marokko-Affäre veröffentlicht die französische Regierung eine ausführliche Note, in der ihre an den Sultan gerichteten Forderungen unter genauester Spezialisierung wiederholt und die zu den einzelnen Punkten erteilten Zusagen milgeteilt werden. In einem kurzen Resümee heißt es dann: „Die Antwort der marokkanischen Regierung offenbart in der Tat das Bestreben, uns in allen Punkten Genugtuung zu geben; aber es bleibt noch übrig, die Zusagen in die Wirklichkeit umzusetzen, besonders bezüglich der Jnhaftsetzung und Bestrafung der Schuldigen, die Organisation der Polizei und die Inkraftsetzung der Grenzverwaltung, wie sie in unseren Vereinbarungen vorgesehen ist." Um die Umsetzung in die Wirklichkeit soll sich der französische Gesandte in Tanger energisch bemühen, da, wie es am Schluß der Note heißt, die Differenzen mit dem Wachsen nur durch Taten endgültig beigelegt werden können.
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von A. M. Barbonr.
Antoristert. — Nachdruck verboten.
(Fortsetzung.)
„Es hat also niemals zwischen Herrn Mainwaring und Ihnen irgend eine Uneinigkeit oder eine erregte Szene stattgefunden?"
„Niemals."
„War Ihre letzte Unterredung mit ihm auch freundlicher Art?"
„In jeder Weise."
„Wie vereinigt sich nun das aber mit der Aussage von Frau La Grange, die behauptet, in der Todesnacht einen heftigen Wortwechsel zwischen Ihnen und Herrn Mainwaring gehört zu haben?"
„Darauf kann ich nur erklären, daß ich diese Behauptung aus das entschiedenste als unwahr bezeichne."
„Das heißt also, Sie wollen die Aussage der Zeugin als durchaus aus der Luft gegriffen bezeichnen?"
„Das gerade nicht. Es kann ja ein so zorniges Gespräch, wie die Zeugin angibt, startgefunden haben, aber ich bestreite, daß sie meine Stimme gehört hat, und daß ich zu Mer Zeit oder zu irgend einer anderen, die sich über ungefähr zwanzig Minuten nach zwölf erstreckt, in der Bibliothek gewesen bin."
„War das die Zeit, zu welcher Sie sich auf Ihr Zimmer begaben?"
Aagold, Mittwoch dm 29. Mai
— Mit Raisuli werden durch Vermittlung des Vertreters des Sultans Mohammed el Torres Verhandlungen gepflogen, um zu einer Verständigung zu gelangen. Ein Unterhändler ist zu diesem Zweck nach Fez abgegangen. Es heißt, Raisuli werde den Schutz einer fremden Macht erlangen. Vor einem Monat wird in seiner Angelegenheit keine Entscheidung erwartet.
Der norwegische Verteidigungsminister Generalmajor Olffe« ist von seinem Posten zurückgetreten, weil er in einzelnen Verteidigungsfragen nicht die genügende Unterstützung innerhalb der Regierung gefunden habe. Der Staatsrat bewilligte den Rücktritt.
Wegen des griechischen und serbischen Bandenunwesens haben die Botschafter der Entente-Mächte bei der Pforte Schritte unternommen, um Maßregeln zur Unterdrückung dieses Unwesens zu erwirken. — Wie aus Beldgrad gemeldet wird, 'find infolge der Greueltaten al- banesischer Plünderer bereits 50 serbische Familien aus Altserbien nach Serbien geflüchtet, während noch über 200 Familien die Flucht vorbereiten.
Die Deutschlandsreise der englischen Journalisten.
Bremerhaven, 27. Mai. Nach angenehmer Fahrt ist der Lloyddampfer „Zielen" mit den englischen Journalisten an Bord heute früh um 2 Uhr hier eingetroffen. Die Landung erfolgte um 7 Uhr, die Weiterreise nach Bremen um 7 Uhr 53 Minuten.
Vor der Landung sprach Gardiner (Daily News) dem Norddeutschen Lloyd den Dank für die Gastfreundschaft aus. Konsul Achelis erwiderte, indem er die Hoffnung äußerte, daß der Aufenthalt an Bord des Schiffes und in Deutschland überhaupt bei den Gästen einen angenehmen Eindruck hinterlassen werde.
Beim Verlassen des Schiffes spielte die Schiffskapelle die Königshymne, worauf die Journalisten ein dreifaches Hurrah ausbrachten. Der Kapitän und die Offiziere salutierten. Alle Lloyddampfer haben über die Toppen geflaggt. Bremerhaven ist reich geschmückt.
Bremen, 27. Mai. Die englischen Journalisten sind kurz nach 9 Uhr hier eingetroffen und von einer Abordnung des Senats begrüßt worden. Die Stadt trägt reichen Flaggcnschmuck.
Zur Haager Friedenskonferenz.
Berlin, 27. Mai. Die japanischen Delegierten für die Haager Konferenz treffen im Lauf des heutigen Tages in Berlin ein.
Paris, 27. Mai. Für die Haager Konferenz ist als militärischer Delegierter der General Amour el, als Rechtsbeistand der Advokat Fromageot beigeordnet. Den drei Bevollmächtigten Leon Bourgeois, Destournelles und Renault sind als Sekretäre der Botschaftsrat Delvincourt von der französischen Botschaft im Haag, der Gesaudtfchasts- sekretär Sillac, der schon der ersten Konferenz beiwohnte und der Baron Claucel, Mitglied der Botschaft in London
„Ziemlich genau, da mein Gespräch mit Herrn Mainwaring nicht länger als zehn Minuten gedauert hat."
„Um welche Zeit legten Sie sich zu Bett?"
„Ich war in jener Nacht noch sehr lange auf. Mein Kopf war mit persönlichen Angelegenheiten so beschäftigt, daß ich keine Müdigkeit verspürte. Ich steckte mir eine Zigarre an und vertiefte mich derart in meine Gedanken, daß ich nicht merkte, wie die Zeit verging. Erst ein Geräusch auf dem Hofe, wie von leisen Fußtritten herrührend, entriß mich meinem Sinnen. Ich sah nach der Uhr und war erstaunt, daß sie fast drei zeigte. Da warf ich mich, wie ich war, auf das Sopha, schlief ein und erwachte erst durch den am Morgen mich aufschreckenden Lärm vor meiner Türe."
Es folgten nun noch einige Fragen deren Beantwortung vollständig mit früheren Aussagen ubereinstimmte, und die Vernehmung ging nunmehr auf die Verwandten des Hauses über.
Das Zeugnis Ralph Mainwarings und seines Sohnes bot nicht Erwähnenswertes, und Herr Thornton machte nur Angaben über sein zufälliges Zusammentreffen mit Hobson und über dessen Ruf. Es blieb jetzt nur noch der weibliche Teil der Verwandtschaft übrig und der Coroner sagte:
„Obgleich kaum zu erwarten steht, daß die Damen imstande sein werden, irgendeine Auskunft zu erteilen, die mehr Licht in die Sache bringt, muß ich doch der Form genügen und auch sie vernehmen."
Die Damen folgten nun schnell hintereinander. Keine
1907
beigeordnet. Die französische Delegation wird ihren Wohn
sitz in Scheveningen nehmen.
Ans dem Haag, 27. Mai. „Daily Telegraph" meldet von hier, daß die holländischen Delegierten auf der Friedens-Konferenz einen Antrag stellen wollen, die Sitzungen der Konferenz öffentlich abzuhalten.
Parlamentarische Nachrichten.
Württemb erlisch er Landtag.
r. Stuttgart, 28. Mai. Die Zweite Kammer
hat heute nachmittag nach kurzer Pfingstpause ihre Tätigkeit wieder begonnen und die Beratung des Etats des Innern beim Kapitel38 Zentralstelle für Gewerbe und Handel fortgesetzt. Die allgemeine Aussprache zu diesem Kapitel, zu dem insgesamt 12 Anträge vorliegen, eröffnete heute der Abg. Schmid-Neresheim (Ztr.), der mildere Vorschriften fiir Gesuche um die Genehmigung von lästigen Fabrikanlagen wünschte. Minister v. Pischek gab zu, daß die Genehmigung oft erst nach längerer Zeit erfolgen kann; daran seien aber nicht die gesetzlichen Vorschriften, sondern die Einsprachen gegen die lästigen Anlagen schuld. Der Abg. Kübel (D. P.) begründete einen Antrag auf Berücksichtigung des Standes der kaufmännischen und technischen Angestellten bei Berufung der Beiräte für die Zentralstelle. Der Abg. Keil (Soz.) vertrat einen Antrag, wonach den Vertretern der Handels- und Handwerkskammern im Beirat der Zentralstelle eine gleich große Anzahl von Vertretern der in Industrie, Handel und Gewerbe beschäftigten Lohnarbeitern zur Seite gestellt werden soll und wonach die von den Arbeitern gewählten Vertreter nicht in einem gewerblichen Betrieb des Landes beschäftigte Lohnarbeiter zu sein brauchen. Ferner stellte Keil hinsichtlich der Abbestellung der Mißstände im Submissionswesen den Antrag, zu veranlassen:
1) Daß die Unternehmer an die Tarifgemeinschaften oder ähnliche Vereinbarungen, die zwischen Verbänden der Arbeitgeber und Arbeiter bestehen, gebunden werden und im übrigen bei Erteilung des Zuschlags die Betriebe bevorzugt werden, welche die günstigeren Arbeitsbedingungen bieten;
2) Daß Unternehmer, welche Lehrlinge in übergroßer Zahl beschäftigen, von dem Mitbewerb bei Vergebung der öffentlichen Arbeiten und Lieferungen ausgeschlossen werden.
Als Keil einen Antrag des-Bauernbunds gegen die Konsumvereine als den gesunden Menschenverstand beleidigend bezeichnete, wurde er zur Ordnung gerufen. Minister von Pischek bat um Ablehnung der Keilschen Anträge. Die Zentralstelle habe gutächtliche Aeußerungen abzugeben, in denen auch die Meinung einer Minderheit zur Geltung komme. Die Erhöhung der Zahl der Arbeitervertreter von 4 auf 13 würde das Gesamtkollegium der Zentralstelle auch zu groß machen. Gegen den Antrag Braunger (Ztr.) betr. die Konzessionspflicht für den Flaschenbierhandel machte der Minister vor allem Gründe der Gewerbefteiheit geltend. Der Abg. Fischer (Soz.) begründete einen Antrag Ms
; wußte etwas, nur Fräulein Carleton, die die Reihe beschloß, j machte eine Ausnahme. Sie erzählte:
„Es war beinahe 11 Uhr, als ich in Gesellschaft meiner Cousine Thornton mein Zimmer betrat. Wir waren beide noch nicht müde und wollten miteinander noch etwas plaudern. Meine Cousine verließ mich erst, als wir hörten, daß Herr Skott, der mein Zimmernachbar ist, seine Stube betrat. Da blickten wir auf die Uhr und sahen, daß es schon etwas über Uhr war."
„Haben Sie bemerkt, gnädiges Fräulein, ob Herr Skott in der nächsten halben Stunde sein Zimmer wieder verließ?"
„Ich weiß genau, daß er sein Zimmer, solange ich auf war, nicht mehr verlassen hat; ich legte mich erst wenige Minuten vor 1 Uhr zu Bett. Bis dahin und auch später, solange ich noch wach war, hörte ich ihn ununterbrochen in seinem Zimmer auf und ab gehen."
Diese Aussage wandte die Stimmung sehr zugunsten des Sekretärs. Viel freundliche Blicke wurden ihm zugeworfen, er beachtete sie aber nicht.
Alle Versammelten hielten nunmehr die Verhandlung für beendet. Doch der Coroner machte Herrn Witney ein Zeichen, und zur größten Ueberraschung aller erschien der Portier mit einem großen hageren Mann, aus dessen leichen- haft fahlem Gesicht ein paar kleine, dunkle Augen unruhig umherspähten, während er mit kriechendem Wesen zum Tisch Vorschrift.
„Sie sind Herr Richard Hobson?" fragte der Coroner.