81. Jahrgang.
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Mit dem Plauderstübchen ^ und
Schwab. Landwirt.
^ 114
Wagokd, Ireitag dw 17. Mai
1S07
Amüiches.
Nagold.
Anshebung der Militärpflichtigen.
Das diesjährige Aushebungsgeschäft findet am Mittwoch den SS. Mai vormittags von 8 /» Uhr an und am Donnerstag den SS. Mai d. I. vormittags von 8 Uhr an auf dem Rathaus in Nagold statt.
Es haben auf dem Rathaus in Nagold zu erscheinen: am Mittwoch den SS. Mai vorm. 8 Uhr:
Die Reklamierten mit ihren Angehörigen, die als dauernd untauglich erklärten, die zum Landsturm und zur Ersatzreserve vorgeschlagenen Militärpflichtigen, sowie sämtliche Schneider, insbesondere auch die als tauglich bezeich- neten Schneider;
am Donnerstag de» SS. Mai vorm. V-8 Uhr:
Sämtliche als tauglich bezeichneten Militärpflichtigen mit Ausnahme der schon auf Mittwoch vorgeladenen Schneider.
Die Ortsvorsteher erhalten die Weisung, die vor die K. Oberersatzkommission zu beordernden Militärpflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukommen werden, mit dem Anfügen vorzuladen, daß sie bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen und Rechtsnachteile an den genannten Tagen vormittags 8 Uhr bezw. 1-8 Uhr auf dem Rathaus in Nagold zu erscheinen haben. Auch sind die Militärpflichtigen auf die Bestimmungen der Wehrordnung W 65 Z. 3, 71 Z. 7 und 72 Z. 3 aufmerksam zu machen, wonach Versuche Militärpflichtiger zur Täuschung gerichtlich bestraft werden, die Entscheidungen der K. Oberersatzkommission endgültig sind und jeder in den Grundlisten des Aushebungsbezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt ist, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Oberersatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen.
Ferner haben die Ortsvorsteher darauf hinzuwirken, daß die Militärpflichtigen mit reingewaschenem Körper und reiner Wäsche erscheinen. Diejenigen Militärpflichtigen, welche an Schwerhörigkeit zu leiden behaupten, haben das Innere der Ohren gründlich zu reinigen, um eine Untersuchung derselben zu ermöglichen.
Ortskundige Fehler der Militärpflichtigen (geistige Beschränktheit, Epilepsie rc.) sind — soweit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht wurden — vor der Aushebung dem Unterzeichneten anzuzeigen. Bei Schwerhörigen, Nervenleidenden, Stotterern, Geisteskranken oder Taubstummen verlangt die K. Oberersatzkommission Vorlage von ärztlichen Zeugnissen.
Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß Familienverhältnisse halber ein Militärpflichtiger niemals zum Train bestimmt wird und daher derartige Gesuche wertlos sind.
Die Eröffnungsurkunden der Vorladung der Militär- Pflichtigen sind unter Anschluß der Losungsscheine spätestens bis IS. Mai d. I. hieher vorzulegen. Ueber sämtliche vorhandenen Schneider (tauglich und nicht tauglich) sind Arbeitszeugnisse alsbald anher vorzulegen.
Militärpflichtige, welche sich auswärts aufhalten, dürfen
nicht von anderen Bezirken hieher zur Aushebung berufen werden, sind vielmehr zu belehren, daß sie sich am Orte ihres dauernden (nicht bloß vorübergehenden) Aufenthalts zur Stammrolle anzumelden und zur Aushebung zu stellen haben.
Sodann haben die Ortsvorsteher darauf zu achten, daß keine Scheinverzüge Vorkommen. Bei denjenigen Militärpflichtigen, welche vor der Aushebung sich wieder nach Hause begeben, ist sich daher zu vergewissern, ob sie nicht in der Absicht gekommen sind, um an der Aushebung teilzunehmen und hernach wieder an ihren früheren Ort zurückzukehren. Es ist daher von jetzt an bei jeder Neuanmeldung zu berichten, ob nicht ein Scheinverzug des Militärpflichtigen vorliegt.
Von der Beiziehung der Ortsvorsteher zum Aushebungsgeschäft wird auch Heuer abgesehen.
Endlich werdendieOrtsvorsteherbeauftragt, dieStamm- rollen pro 1SS5, ISS« «nd 1SS7 nebst den Beilagen zum Zweck der Prüfung durch den Zivilvorsitzenden der Kgl. Oberersatzkommission zuverlässig bis IS. Mai d. Js. an das Oberamt einzusenden.
Sollten in neuerer Zeit Strafen gegen Militärpflichtige anerkannt worden sein, so wären solche in den Stammrollen nachzutragen und dem Oberamt in besonderem Bericht anzuzeigen.
Nagold, 7. Mai 1907.
K. Oberamt. Ritter.
Bekanntmachung.
Nachdem die Wahl des Gemeinderats und Landwirts Adam Rath in Egenhausen zum Schultheißen dieser Gemeinde durch Entschließung der K. Regierung des Schwarzwaldkreises vom 30. v. Mts. be- flätigt worden ist, wurde Rath am IS. d. Mts. als Ortsvorsteher der Gemeinde Egenhausen beeidigt «nd in sei» Amt eingesetzt, was hiemit zur öffentl. Kenntnis gebracht wird.
Nagold, den 16. Mai 1907.
K. Oberamt. Ritter.
An die Schnltheißenämter betr. Maßregeln gegen die Maikäfer.
Da ein schadenbrjngendes Auftreten der Maikäfer wahrzunehmen ist, werden die Schultheißenämter angewiesen,
die in dem Ministerial-Erlatz vom S4 März I8NS (Amts-Dl. S. 8«) znr Vertilgung der Maikäfer angeordnete» Maßregeln auch Heuer wieder in Vollzug zu setzen.
Die Herren Ortsvorsteher wollen sich hienach
mit den Bestimmungen dieses Erlasses alsbald bekannt machen und diejenigen öffentlichen Diener, welche sich Berufshalber häufig im Freien aufzuhalten haben, wie Straßenwärter, Feld- und Waldschützen u. s. w. zur Beobachtung und Anzeige ihrer Wahrnehmungen in Betreff des Vorhandenseins von Maikäfern in größerer Menge bei dem Schultheißenamt auffordern.
Sobald die Tatsache des Vorhandenseins von
Maikäfern in größerer Menge erhoben ist, wol
le» die Schultheißenämter ungesäumt nach Maßgabe des oben erwähnten Ministerialerlasses vom Jahr 1890 Einleitung zum Sammeln der Maikäfer treffe» und hierüber dem Oberamt eingehenden Bericht erstatten. Nagold, den 16. Mai 1907.
Bekanntmachung,
betr. die Maul- «nd Klauenseuche.
Nach Mitteilung des K. Oberamts Horb ist von heute
an das Haufierverbot mit Wiederkäuern und Schweinen aus die Gemeinden Altheim, Grunmett- stetten, Lutzenhardt, Salzstetteu, Bildechinge«, Eutingen, Göttelfingen, Baisingeu, Bollmarmgen, Hochdorf «nd Gündringen eingeschränkt worden.
Die Ziffer S der oberamtlichen Bekanntmachung vom 1. Mai 1907 im Ges. Nr. 102 wird hienach aufgehoben. Nagold, den 16. Mai 1907.
K. Oberamt.
Seine Königliche Majestät haben am 29. Apnl dS. I». aller- gnädigst geruht, dem Stadtschultheißen Welker in Altensteig die Verdienstmedaille deS KronenordenS zu verleihen.
Tittoui über Rapallo-Atheu-Gaöta.
Rom, 15. Mai. In der Deputiertenkammer wurde heute das Budget des Aeußern beraten.
Der Minister des Auswärtigen, Tittoni, hielt hiebei eine Rede, in welcher er einleitend bemerkte, nach seinen ausführlichen Darlegungen über die auswärtige Politik im Dezember des vorigen Jahres, auf die er sich in allen Stücken beziehe, werde er sich heute auf wenige Worte, die nur neue Ereignisse und neue Kundgebungen betreffen, beschränken. Der Minister ging dann auf die Unterredung in Rapallo, den Besuch in Athen und die Zusammenkunft in Gaöta ein und widersprach der Auffassung, als ob ein Besuch oder eine Unterredung der anderen, vermöge einer kunstvollen Aneinanderfügung, gefolgt sei und ein Ereignis das andere aufheben sollte. Niemanden sei es in den Sinn gekommen, eine solche Politik zu treiben. Zwischen Rapallo, Athen und Gaöta bestehe kein Gegensatz, sondern eine Harmonie. Es seien Namen und Daten, die keinen Mißklang untereinander ergäben, sondern sich ergänzten und eine würdevolle Friedenspolitik zusammenfaßten, die von Italien mit Aufrichtigkeit und Loyalität betrieben werde. Es sei keine ungewisse Zickzackpolitik, sondern eine klare und bestimmte Politik, der auch bisher der Erfolg gelächelt hätte trotz aller düsteren Vorhersagungen. Indem er auf die Behauptungen über angebliche Unvereinbarlichkeiten zwischen dem Bündnis mit Deutschland und der Freundschaft mit England Bezug nahm, sagte der Minister, die wirksamen Worte Bülows seien zur rechten Zeit gekommen. Sie seien klar und offen gewesen, so daß man sagen könne, sie hätten für immer jede Befürchtung und jeden Zweifel beseitigt. Danach wollten Deutschland und England ihre Jnteressenfragen unter Vermeidung
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von A. M. Barbonr.
Autorisiert. — Nachdruck verboten.
(Fortsetzung.)
Das -Netz wird gesponnen.
Die Aufsehen erregenden Nachrichten der Morgenzeitungen lockten wieder eine Menge Neugieriger zu dem Hause der Mordtat. Schon lange vor der zur Fortsetzung der Vernehmungen festgesetzten Stunde herrschte in Schöneiche eine lebhafte Bewegung.
Der Verhandlungssaal bot in bezug auf die Anwesenden und deren Gruppierung fast ganz dasselbe Bild wie tags zuvor, nur Harry Skott hatte seinen Platz mehr in der Nähe des Coroners genommen. Er bemerkte wohl die vielen mit Argwohn und Mißtrauen aus ihn gerichteten Blicke und war auch darauf vorbereitet, daß er wahrscheinlich noch mehr belastet werden würde; trotz alledem zeigte er aber eine Sorglosigkeit und Sicherheit, die jeden in Erstaunen setzte. Niemand konnte in ihm noch einen Angestellten des Hauses erkennen. Seine Miene und Haltung war die eines in stolzer Unabhängigkeit sich fühlenden Mannes. Sogar Herr Whitney wußte nicht mehr, was er von ihm denken sollte.
Dicht neben Skott, aber in der Stuhlreihe hinter ihm, saß Herr Sutherland. Den beiden Herren gegenüber, ziemlich alle Anwesenden vor Augen habend, lehnte, scheinbar
teilnahmslos und uninteressiert, Herr Merrick an einem Pfeiler.
Als erster Zeuge wurde der Portier Johnson aufgerufen. Er sagte zunächst über sein Zusammentreffen mit dem Kammerdiener Hardy aus, wobei Neues nicht zutage kam, Md der Coroner fuhr fort:
„Auf den Wunsch Herrn Whitneys hielten Sie sich nun vor der Bibliothekstür-auf, um niemand außer der Verwandtschaft Herrn Mainwarings einzulassen; Sie sahen also, wie nach und nach infolge der Schreckensnachricht das ganze Haus herbeieilte. Können Sie angeben, wie lange ungefähr es gedauert haben mag, bis sich alle zusammengefunden haltend"
„Hardy schlug kurz nach sieben Uhr Lärm. Die Dienerschaft kam gleich und bald darauf folgten auch die Herren. Bis die Damen erschienen, mögen aber wohl so an die zwanzig bis dreißig Minuten vergangen sein. Nur Frau La Grange kam erst eine ganze Weile nach acht."
„Mit ihrem Sohne?"
„Nein. Den Herrn Walter habe ich überhaupt den ganzen Vormittag nicht gesehen."
„War er denn nicht im Hause?"
„Das weiß ich nicht, es muß aber wohl so gewesen sein, denn vor dem zweiten Frühstück habe ich ihn nicht zu Gesicht bekommen."
„Wann sahen Sie Herrn Mainwaring zum letztenmal?"
„Vorgestern abend, kurz nach 11 Uhr. Da war ich gerade in der großen Halle, als er von draußen hereinkam, und Herr Skott eben hinausgehen wollte; ich hörte, wie er
dann sagte, Herr Skott solle später noch einmal in die Bibliothek kommen."
„Bemerkten Sie dabei in dem Tone Herrn Mainwarings oder in dem Verhalten Herrn Skotts irgendeine Mißstimmung?"
„Nicht die Spur. Sie waren beide ganz wie sonst."
„Haben Sie vorgestern noch einen andern Fremden inS Haus gelassen, außer den beiden, die gestern hier erwähnt wurden?"
„Nein."
„Sie warteten beim Frühstück mit auf und werden da gehört haben, wie das Gespräch auf Herrn Hobson kam. Fiel Ihnen hierbei an Ihrem Herrn etwas auf?"
„Hm na — die Sache war ihm wohl nicht ganz recht; nach Aufhebung der Tafel trat er an mich heran und fragte mich leise, ob Herr Hobson nach ihm gefragt hätte."
„Ließen Sie den Mann auch ein, als er abends wiederkam?"
„Am Portal nicht; ich wies ihn nach dem Seiteneingange an der Südseite."
„Wohl auf Geheiß von Frau La Grange!"
„Ja die hatte es so angeordnet."
„Gab sie einen besonderen Grund dafür an"
„Nun, sie sagte nur: ,Johnson, wenn der Herr Hobson heute abend wiederkommt, lassen Sie ihn durch die Seitenpforte ein, ich möchte nicht, daß er noch einmal bemerkt wird, weil sein Besuch heute morgen zu so viel Gerede Anlaß gegeben hat/" (Fortsetzung folgt.)