81 . Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

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Fernsprecher Wr. 2S.

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Auflage 2600 .

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Mit dem Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

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Magokd, Donnerstag dw 16. Mai

1S07

Amtliches.

Vichmarktv erbot!

Der auf 20. Mai 1907 in Klosterreichenbach fällige Biehmarkt ist nach Mitteilung des K. Oberamt Freuden - stadt verboten worden.

Nagold, den 15. Mai 1907.

K. Oberamt.

Mayer, Reg.-Afs.

Seine^Königliche Majestät haben am 24. April dS. Js. aller- gnädigst geruht, die evangelische Pfarrei Großheppach, Dekanat- Waiblingen, dem Pfarrer Schick in Gültlingen zu übertragen.

UoWische Weversicht.

Ueber die deutsch-englischen Verhandlungen

wegen der strittigen Punkte aus Anlaß des südafrikanischen Aufstandes, die jüngst in London stattfanden, besagt eine offiziöse Mitteilung: Das Ergebnis berechtigt zu der Hoff­nung, daß auch künftig durch Verhandlung von Gouverne­ment zu Gouvernement eine Verständigung über etwa auf­tauchende Meinungsverschiedenheiten erzielt werden wird. Was aber das Ergebnis der obigen Verhandlungen gewesen ist, wird leider nicht verraten.

Das Verwaltungs-Provisorium in Kamerun, daß sich in die Länge zog, ist im Reichstag mehrfach be­mängelt worden. Wie nun die Nordd. Allg. Ztg. mitteilt, ist den laut gewordenen Wünschen inzwischen in zweifacher Richtung Rechnung getragen worden. Einmal ist unter Versetzung des bisherigen Gouverneurs Jesko von Putt- kamer in den einstweiligen Ruhestand, der Geheime Legations­rat Dr. Seitz, bisher Dirigent der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, vom Kaiser zum Gouverneur von Kamerun bestellt worden, der seine Ausreise baldmöglichst antreten soll. Zum anderen hat die Kolonialverwaltung Schritte unternommen, um die Wiederentsendung des Haupt­manns Dominik nach Kamerun in die Wege zu leiten.

Die Errichtung von Landwirtschaftskammern in Bayern ist in einer kürzlich abgehaltenen Sitzung der 2. Geschäftsabteilung des Landwirtschaftsrats, der auch Prinz Ludwig, und der neue Minister von Brettreich bei­wohnten, in Fluß gebracht worden. Es wurden einige Leit­sätze angenommen, die an das Plenum gehen, um sodann in den landwirtschaftlichen Kreis- und Bezirks-Ausschüssen als Grundlage weiterer Beratungen und Beschlußfassungen zu dienen. Uebrigens steht die Frage auf der Tagesordnung der nächsten Wanderrersammlung bayrischer Landwirte in Freising am 28. Mai.

Erzbischof von Abert ist über seine Stellungnahme zu dem Antwortschreiben des liberalen Pfarrers Grandinger befragt worden. Er hat sich hierbei aus den Standpunkt gestellt, daß er es nach wie vor für anstößig und im katho­lischen Volk ärgerniserregend erachten müsse, wenn ein katho­lischer Priester sich als liberaler Kandidat aufstellen lasse, selbst wenn dies als Hospitant geschehe. Von dieser Ansicht werde er sich durch keinerlei Gegenvorstellung abbringen

lassen und in diesem Sinn werde er auch in den nächsten Tagen dem Pfarrer Grandinger eine Antwort zukommen lassen. Es kommt jetzt also nur noch darauf an, ob Pfarrer Grandinger fest bleiben und die weiteren Folgen der erz- bischöflichen Ansichten abwarten wird. Die Oeffentlichkeit darf schließlich auf diese Ansichten gar so großen Wert vor­läufig nicht legen, da ja nach den feierlichen Erklärungen des bayrischen Zentrums gelegentlich der letzten Reichstags­wahlen die politischen Aeußerungen eines Erzbischofs als Privatanschauungen anzusehen sind. Ob sie das wirklich sind, kann sich erst zeigen, wenn Grandinger auch gewählt wird, und zwar darin, ob ihm der zur Ausübung des Man­dats erforderliche Urlaub erteilt werden wird oder nicht. Wird ihm dieser Urlaub verweigert, dem Dr. Schädler aber gewährt, so wird man wissen, woran man ist und was man von Herrn Dr. von Abert zu halten haben wird.

Die Zweite holländische Kammer bewilligte dieser Tage 100000 Gulden für den Empfang der Friedenskon­ferenz im Haag. Die Debatte hierüber zeitigte einige in­teressante Momente. Im Gegensatz zu seinen ausländischen Kollegen bezeichnete der Sozialist Schaper die Konferenz als eine Komödie. Liberale Redner fanden, daß der Name Friedenskonferenz schlecht passe, die Bezeichnung Völkerrechts­konferenz zutreffender wäre und der Augenblick für den Zu­sammentritt der Konferenz sehr übel gewählt sei. Der Minister sagte zu, daß er die Aufmerksamkeit der hollän­dischen Delegierten zur Friedenskonferenz auf eine Anregung hinlenken werde, wonach der Konferenz die Frage der Ein­schränkung der Heeresdienstzeit vorgelegt werden soll.

Die russische Duma hat vorgestern ihre Sitzungen wieder ausgenommen. Von der Regierung sind inzwischen einige Gesetzentwürfe eingebracht worden, so einer vom Finanz­minister betreffend Bewilligung eines Kredites, aus dem Ja­pan für die Unterhaltung der Kriegsgefangenen eine Ent­schädigung von ungefähr 16 Millionen Rubel erhalten soll.

Die Geburt eines spanischen Thronfolgers hat in ganz Spanien Hellen Jubel ausgelöst. Der König selbst hat in der ersten Freude zahlreiche Orden verliehen und einen Erlaß unterzeichnet, durch den außer andern Verurteilten acht zum Tod Verurteilte begnadigt werden. Ein weiteres Dekret ordnet an, daß der Thronfolgertitel von dem Jnfanten Don Carlos auf den neugeborenen Prinzen übergeht.

Die Truppe» des Sultans von Marokko haben in der Nähe von Melilla die Anhänger El Roghis ge­schlagen und etwa zweihundert gefangen genommen. Die Zahl der Getöteten soll auf beiden Seiten groß sein. El Roghi ist aufgebrochen, um sich den scherifischen Truppen, die sich auf dem Marsch nach Marchica befinden, entgegen­zustellen. Man beobachtet von den Anhöhen um Marchica aus in der Ferne Rauch und glaubt, daß der Ort in Brand steht. Eine andere Meldung besagt, die Sultanstruppen Hausen mit Plünderungen und Brandstiftungen im Gebiet des Roghi, der sich von Zeluan auf Kebdana zurückzieht.

Der in England tagende russische Sozialisten­kongretz, dem etwa 350 Delegierte, darunter einige Duma­abgeordnete, beiwohnen, hat am Sonnabend in Jslington >

eine erste Versammlung abgehalten. Aus Italien ist Maxim

Gorki eingetroffen, um an dem Kongreß teilzunehmen.

Die wiederhergestellte Freundschaft zwischen Japan und Amerika wird zurzeit durch einen Besuch des Generals Kuroki im Land der Yankees bestegelt. Dieser Tage waren Kuroki und sein Gefolge beim Präsidenten Roose- velt und seiner Gemahlin zur Tafel geladen, an welcher auch der Herzog der Abruzzen teilnahm. Nachher fand bei dem japanischen Botschafter Empfang statt.

Die brasilianische Republik fühlt sich durch einen Kronprätendenten bedroht. Vor Rio de Janeiro traf Prinz Louis von Orleans, der Enkel des ehemaligen Kaisers Dom Pedro ein, und zwar gerade am Vorabend des Jahrestages der Sklavenbefreiung. Die Regierung vermutete nun vielleicht ganz richtig, daß der Prinz geheime politische Absichten habe und verbot ihm die Landung. Unter Be­rufung auf sein brasilianisches Bürgerrecht protestierte der Prinz gegen dieses Verbot. An Bord seines Dampfers hatte er sodann längere Besprechungen mit den Führern der monarchistischen Partei. Prinz Louis von Orleans ist 29 Jahre alt und dient in einem ungarischen Husarenregiment. Er ist der Sohn der einzigen Tochter Dom Pedros, die mit dem Grafen Gaston v. Eu verheiratet war.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 13. Mai.

Ohne Debatte stimmt das Haus dem Anträge betr. Vertagung des Reichstages bis 19. Nov. bei. Der Auslieferungsvertrag mit Griechenland wird angenommen, ebenso debattelos das Handelsprovisorium mit Amerika. Die Reichsbeamtengesetze werden en bloc angenommen.

Beim Etat des Auswärtigen Amtes kommt Bass er­mann (natl.) auf die Angelegenheit der Entschädigungsan­sprüche deutscher Staatsangehöriger aus dem Burenkriege zurück.

Müller-Meiningen (frs. Vp.) bringt die Entschädig­ungsansprüche der Deutschen in Rußland zur Sprache.

Staatssekretär Tschirschky: Rußland lehne jede Ent­schädigung aus Anlaß des Aufstandes ab.

Beim Etat des Reichsamts des Innern erinnert Hue (Soz.) an die Explosion der Roburitfabrik bei Witten im Nov. und ihre traurigen Folgen für die Umwohner. Das schlimmste sei, die Feuerverstcherungsgesellschaften lehnten ihre Haftpflicht ab, da es sich nicht um Feuerschaden handle.

Staatssekretär Posadowsky: Die Ablehnung der Feuerverficherungsgesellschaften zu zahlen, müsse zivilrechtlich ausgetragen werden.

Graf Oriola (natl.) undv. Maltzahn (k.) wünschen einen höheren Zuschuß zur Förderung der Obstzucht.

Müller-Meiningen (frs. Vp.) wünscht, daß die Be­stimmungen für die Kontrollversammlungen liberaler würden.

Beim Kolonial-Etat zieht Lattmann (w. Vg.) eine Resolution zur Unterstützung von Missionsschulen zurück.

Beim Etat des Reichseisenbahnamtes entspinnt sich eine

Das Testament des Bankiers. '

Kriminalroman von A. M. Barbour. !

Autorisiert. Nachdruck verboten. >

(Fortsetzung.) - !

Als ich nach Verlauf einer halben Stunde zurückkehrte, ^ hörte ich durch die Tür, daß mein Mann nicht allein war. i Ganz deutlich vernahm ich, wie er jemand anfuhr: ,Sie sind ! ein Lügner und Betrüger!' worauf eine vor Wut bebende Stimme erwiderte: ,Nein, du bist das und ein Dieb dazu. § Wenn deine Schandtaten ans Licht gekommen wären, säßest du heute hinter Schloß und Riegel oder in der Verbrecher- kolonie in Australien.' Darauf drangen nur noch wütende zischende Laute zu mir; Worte konnte ich nicht mehr ver- ! stehen, trotzdem ich noch eine Weile horchend stehen blieb. Endlich gab ich das Warten auf und kehrte in mein Zimmer zuruck."

Wie ein Alp hatte es sich während dieser Aussage von Frau La Grange auf die Zuhörerschaft gelegt, und fast keiner wagte zu atmen, als der Coroner die Stille unter­brach:

Erschien Ihnen die Stimme des mit Herrn Main- waring Streitenden bekannt?"

Ein boshaftes, fast grausames Lächeln umspielte die Lippen der Zeugin, als sie mit einer gewissen Genugtuung fest und bestimmt antwortete:

Die Stimme war etwas verstellt, doch unverkennbar die des Herrn Geheimsekretärs Skott!"

Diese Worte trafen die Ohren des jungen Mannes wie ein Schlag. Sie wirkten beinahe betäubend auf ihn, weniger aber ihrer ungeheuerlichen Anschuldigung halber, als wegen des seltsamen Umstandes, daß sie ihm wie eine Wiederholung der Worte vorkamen, die er seinem Prinzipal entgegengeschleudert hatte, als er ihm während der Nacht in Gedanken mit dem von ihm aufgefundenen alten vergilbten Papier gegenübergetreten war. Diese Szene mit allem Bei­werk von gegenseitigen Anschuldigungen und Beschimpfungen, wie Lügner, Betrüger, Dieb, hatte er sich so ausgemalt, wie sie sich jetzt nach der Darstellung von Frau La Grange tatsächlich abgespielt hatte, und deshalb fuhr es jetzt Skott einen Augenblick wirr und zweifelnd durch den Kopf, ob er die Szene nicht nur im Geiste, sondern, ohne es zu wissen, in Wirklichkeit durchlebt haben könnte. Erst die in starrem Entsetzen auf ihn gerichteten Blicke der Anwesenden brachten ihn wieder zur klaren Besinnung. Flammende Zornesröte trat auf sein Gesicht, er bemeisterte aber diese Aufwallung schnell und gewann seine frühere Ruhe wieder.

Sie haben seit gestern Zeit gehabt," fuhr der Coroner zur Zeugin gewandt fort,über das von Ihnen Gehörte nachzudenken. Sind Sie auch heute noch der Meinung, daß es Herrn Skotts Stimme war, die Sie hörten?"

Mehr noch wie gestern. Mein Glaube ist inzwischen noch bestärkt worden."

Wodurch? Durch eigene Wahrnehmungen oder durch Mitteilungen anderer?"

Durch Mitteilungen einiger Leute des Dienstpersonales."

:Sahen Sie, wie Herr Skott die Bibliothek wieder

! verließ?" iNein."

!Zu welcher Stunde fand das von Ihnen gehörte

Gespräch statt?"

Als ich mein Zimmer wieder betrat, fehlten zehn Minuten an ein Uhr."

Vernahmen Sie später noch irgend ein auffälliges Geräusch?"

Nein. Es herrschte überall Ruhe. Der Teil des

! Hauses, den mein Mann bewohnte, liegt von allen übrigen ! Schlafzimmern auch zu entfernt, als daß man von dort ! etwas hätte hören können."

j Nach einigen weiteren Fragen, die nichts Wichtiges

i mehr zutage förderten, entließ der Coroner die Zeugin, sah ! nach der Uhr und sagte:

Herr Whitney, ist Hardy schon zurück?"

-Ja; er ist soeben gekommen."

!Nun, Hardy, dann treten Sie noch einmal vor. Was ! bringen Sie für Nachrichten?"

!In der Fremdenliste des Hotels Arlington fand sich ein Herr Namens Carruthers nicht verzeichnet. Als ich aber den Herrn, so gut ich wußte beschrieb, meinte der Kellner, ein großer Mann mit dunkler Brille wäre allerdings gestern abend ins Hotel gekommen, hätte im Speisesaal gegessen und dann noch gegen eine Stunde Zeitung gelesen. Nach­her aber, etwa zwischen sieben und acht Uhr, sei er wieder fortgegangen und nicht zurückgekehrt. Darauf ging ich nach ! dem Hotel Riverside, um mich wegen des anderen Herrn